Rath – Volker Kutscher

  • Piper, 2024

    624 Seiten


    Kurzbeschreibung:

    Familie Rath steuert auf ein dramatisches Ende zu: Gereon hat nach der Rückkehr aus den USA ein Versteck in Rhöndorf bei Bonn bezogen und schlägt sich nach Berlin durch, um Charly beizustehen. Sie muss Hannah Singer aus den Wittenauer Heilstätten befreien und Fritze verteidigen, der unter Mordverdacht gerät. Der Judenhass wächst und mit der Reichspogromnacht kulminiert eine Entwicklung, die Charly vorhergesehen und Gereon lange geleugnet hat.

    Damit ist beiden klar: Ein Leben in Deutschland ist so nicht mehr möglich, Widerstand ist geboten. Haben sie eine gemeinsame Zukunft und wo würde die liegen? Mit gewohnt hoher Spannung, historischer Tiefenschärfe und psychologischer Figurenzeichnung bringt Volker Kutscher seine Erfolgsserie zu einem erschütternden Abschluss.


    Über den Autor:

    Volker Kutscher arbeitete nach dem Studium der Germanistik, Philosophie und Geschichte als Tageszeitungsredakteur und Drehbuchautor, bevor er seinen ersten Kriminalroman schrieb. Er lebt als freier Autor in Köln und Berlin.

    Mit dem Roman Der nasse Fisch, dem Auftakt seiner Krimiserie um Kommissar Gereon Rath im Berlin der Dreißigerjahre, gelang ihm auf Anhieb ein großer Erfolg. Die Reihe ist die Vorlage für die internationale Fernsehproduktion Babylon Berlin.


    Mein Eindruck:

    Es ist 17 jahre her, seit ich den ersten Teil der Gereon-Rath-Reihe gelesen habe: Der nasse Fisch - Volker Kutscher

    Und jetzt den Abschluß mit dem zehnten und letzten Teil, der ziemlich geladen und rasant ist.


    Gereon ist zurück, obwohl er weiterhin als tot gilt. Er muss sich verbergen, kann sich zwar mit Charly treffen, aber nicht offen mit ihr zusammenleben.

    Der Roman heißt Rath. Wie Kutscher in einem Interview betonte, geht es aber nicht nur um Gereon sondern auch um andere Mitglieder der Familie, z.B. sein Bruder Severin und Charly heißt ja jetzt auch Rath.

    Und es ist Charly mit ihrer offenen und engagierten Art, die zu Anfang die eigentliche Hauptfigur ist. Sie will sich einsetzen für Hannah, die aber leider tot ist. Zuvor hat Hannah aber ein Baby von Fritze bekommen, der in diesem Teil als angeblicher Mörder gesucht wird. Charly sucht also nicht nur Fritze, um ihm zu helfen sondern auch das Baby, das Hannah direkt nach der Geburt weggenommen wird.


    Eine Überraschung wird es geben, indem Charly tatsächlich zur Polizei zurückkehrt.


    Mehrere Handlungsstränge folgen. Das Buch ist voll, aber nicht direkt überfrachtet. Dazu ist Volker Kutscher ein zu geschickter Autor. In über 600 Seiten kann man ja auch einiges machen.

    Viele bekannte Nebenfiguren tauchen noch einmal auf. Das freut den Leser, aber das Tempo des Romans lässt einen kaum Zeit für sie, denn geradlinig und konzentriert geht es voran.


    Mehr darf erst einmal nicht verraten werden.


    Der Roman ist stark und wirklich packend!


    ASIN/ISBN: ‎3492074103

  • Das war er also. „Rath“. Der letzte Teil aus der Reihe um Volker Kutschers unangepassten Berliner Kommissar Gereon Rath mit Wurzeln in Köln. Lang ersehnt – und doch mit einem halb weinenden Auge zu lesen begonnen, da das Ende der Reihe mit diesem Band feststeht. Und was ist das für ein Ende! Einmal angefangen, kann, nein, will man dieses Buch nicht mehr aus der Hand legen, so fesselnd sind die unterschiedlichen Handlungsstränge, dass man fast schon atemlos die Seiten umblättert.


    Gereon Rath kehrt zurück nach Deutschland. Sein Vater liegt im Sterben, doch der endgültige Abschied zieht sich hin. Und während er untergetaucht in Rhöndorf bei Bonn auf den Tod des Vaters wartet, überschlagen sich die Ereignisse in Berlin; Fritze gerät unter Mordverdacht und Charly versucht, seine Unschuld zu beweisen. Das ist in der „neuen Zeit“, die in Deutschland herrscht, nicht so einfach. Wer ist Freund, wer Feind? Das zu unterscheiden ist kaum mehr möglich. Die politischen Zusammenhänge werden immer bedrohlicher. Und Gerechtigkeit, die darf man schon länger nicht mehr erwarten, wenn man nicht das richtige Parteiabzeichen trägt.


    Volker Kutscher versteht es wieder einmal gekonnt, Fakten und Fiktion so zu verbinden, dass am Ende eine packende und überaus stimmige Geschichte entsteht, die die deutsche Geschichte in all ihren schrecklichen Facetten lebendig werden lässt. Dieser Roman ist keine leichte Kost. Wir schreiben das Jahr 1938 und für nicht arische oder unangepasste Zeitgenossen wird das Leben in Berlin immer schwieriger. Schikanen erfolgen täglich und Denunziationen führen ungeprüft in den Strafvollzug. Es ist eine trostlose und zugleich angespannte Atmosphäre, die man als Leser aushalten muss – nicht zuletzt, weil Peinigungen schonungslos beschrieben werden.


    Die dichte Erzählung steuert auf einen Höhepunkt zu, an dem die deutsche Obrigkeit völlig entfesselt wird. Die Geschehnisse am 9. November 1938 machen viele zu Schuldigen: Die, die aktiv handeln und auch die, die tatenlos zusehen. Hoffnungslos sind die Opfer und hoffnungslos ist am Ende auch (ohne hier zu viel zu verraten) das Schicksal der Familie Rath. Der Autor bleibt sich treu und beschönigt nichts, sondern zeichnet ein erschreckendes und düsteres Bild von einem Deutschland, das hoffentlich niemals wiederkehrt.


    Dieser Roman ist ein runder Abschluss der Reihe, die zu dem Besten zählt, was ich in den letzten Jahren gelesen habe. Volle Punktzahl.