Iori Fujiwara - Der Sonnenschirm des Terroristen
Kurzbeschreibung von Amazon:
An einem sonnigen Samstagmorgen im Oktober geht in einem Park mitten in Tokyo eine Bombe hoch. Es gibt zahlreiche Tote und Verletzte. Die Polizei vermutet einen terroristischen Anschlag. Im Park genehmigt sich der abgehalfterte Barkeeper und schwere Alkoholiker Shimamura gerade den ersten Whiskey des Tages, wie immer bei schönem Wetter. Nach der Detonation geht Shimamura sofort auf die Suche nach einem kleinen Mädchen, das ihn wegen seiner zitternden Hände zuvor angesprochen hatte, und sorgt dafür, dass es ins Krankenhaus kommt. Der heroische Akt hat allerdings einen Preis: die Whiskeyflasche mit Shimamuras Fingerabdrücken bleibt im Park zurück. Shimamura, der wegen der mutmaßlichen Beteiligung an einem Bombenanschlag im Zusammenhang mit den Studentenunruhen der 60er Jahre auf den Fahndungslisten der Polizei steht, lebt unter falschem Namen im Untergrund. Nun wird er wieder gejagt, von der Polizei und von mysteriösen Hintermännern. Ihm bleibt nur die Flucht nach vorne: Er beschließt, der Explosion im Park selbst auf den Grund zu gehen. Dabei bekommt er von unerwarteter Seite Hilfe – von einem Yakuza.
Mein Eindruck:
Hach, toller langsamer Aufbau der Kriminalhandlung mit ihren Hintergründen und einem Alkoholiker/Barkeeper als Ermittler, der sich aufgrund seines große Herzens und immer mehr Verwicklungen in seine eigene Vergangenheit immer mehr mit dem Fall befasst. Shimamura ist einem direkt sympathisch, weil er trotz oder gerade wegen seiner "ärmlichen Verhältnisse" mit dem Herzen zuerst sieht und sich wunderbar mit einem Kind im Park unterhält, genauso wie er später auch voller Respekt und dennoch mit Löwenmut mit dem Yakuza in Kontakt steht.
Dass das Cover und der Buchtitel auch in der Geschichte selbst mit aufgegriffen wurden, gefiel mir und war überaus stimmig.
Das Buch ist aus der Ich-Perspektive von Shimamura geschrieben, was es ebenfalls erleichtert, sich mit ihm und seiner Gedankenwelt zu identifizieren. Man bekommt einen Blick auf historische Ereignisse, manche traditionell eher unbekannter für mich als Leserin mit eher beschränktem Wissen über Japan und auch die im Buch beschriebene Zeitspanne von den 70er bis 90er Jahren (im Besonderen). Andere Ereignisse, die in anderen Ländern geschahen, waren hingegen schon ein Begriff für mich und ich fand es interessant zu sehen, wie dies mit Japan verwoben wurde.
Das Buch ist kein Thriller, es folgt eher einem klassischen Kriminalroman, ich fühlte mich aber an keiner Stelle mit Längen konfrontiert, was sicherlich an der "kauzigen" Art des Ich-Erzählers lag. Da er selbst nicht zum Polizeiapparat gehört, war es interessant durch seine Augen mit zu ermitteln und auch zu bestaunen, zu welchen Schlüssen und Ergebnissen er kam.
Auch der Yakuza (den Namen nenne ich mal bewusst nicht) gefiel mir ausgesprochen gut mit seiner Geschichte, die sich entfaltet hat und wie er immer noch am Ende das war, wofür er bereits in den 70er Jahren stand. Eine absolut klasse Figur und für mich der heimliche Held des Buchs, da er zeigt, dass man Prinzipien mit Herz treu bleiben kann - und den Umständen dabei auch trotzen kann.
Für eine doch schon ein paar Jahrzehnte alten Kriminalroman konnte mich das Buch auch jetzt bestens unterhalten.
Die Geschichte selbst ist die ganze Zeit über so spannend, dass man die Hintergründe des Bombenanschlags und die Verwicklungen mit den Hauptfiguren immer weiter mit entflechten möchte, am Ende dann zudem interessant aufgelöst und konsequent zu einem Punkt geführt. Mir gefiel das sehr gut. Es wird insgesamt wenig geschossen und viel ermittelt, natürlich geht es aber bei einem Bombenanschlag als Einstieg nicht unblutig und für manche auch explizit zu schlimm zu. Die Wucht des Ereignisses hat es in jedem Fall betonen können.
Ich habe keine Abzüge anzubringen, Stil und Geschichte haben mich richtiggehend mit auf Trab gehalten.
Grandioser Krimi, 10 Punkte.
ASIN/ISBN: 3944751159 |