Svenja Flasspöhler - Streiten (Leben Band 3)

  • Svenja Flasspöhler - Streiten (Leben Band 3)


    Verlag: Hanser

    Erscheinungsjahr: 2024

    Seitenzahl: 128

    ISBN: 3446280049


    Über die Autorin:

    Svenja Flasspöhler, geboren 1975, ist promovierte Philosophin und arbeitet als Chefredakteurin des Philosophie Magazins.

    Neben ihrer journalistischen Tätigkeit sind von ihr mehrere Bücher erschienen ("Mein Wille geschehe. Sterben in Zeiten der Freitodhilfe", "Die potente Frau" u.a.).

    Die Autorin lebt mit ihrer Familie in Berlin.


    Über den Inhalt (nach Amazon):

    Wie geht Streiten heute? Svenja Flaßpöhler, eine unserer streitbarsten Denkerinnen, appelliert persönlich, philosophisch und pointiert für mehr richtigen Streit


    „Warum also streite ich? Davon und von der Frage, was Streiten heißt, handelt dieses Buch.“ Svenja Flaßpöhler gilt als streitlustig, als jemand, der gerne angreifbare Positionen vertritt. Doch in ihr wohnt eine ganz andere Erfahrung: die eines Trennungskinds, das mit der Angst vor Streit und Eskalation aufgewachsen ist. In ihrem persönlich-philosophischen Essay zeigt sie, dass über das Streiten nachzudenken vor allem heißt, sich von Illusionen zu befreien. Ein Streit ist kein herrschaftsfreier Diskurs, sondern es geht um Macht: Der Abgrund der Vernichtung ist immer als Möglichkeit präsent. Gleichzeitig ist es gerade der Streit in seiner Unversöhnlichkeit, der uns vorantreibt und Veränderung bewirkt. Ein flammendes Plädoyer für Lebendigkeit, Mut und den Eros des Ringens.


    Meine Meinung:


    (Meinungs-)Stark, persönlich und philosophisch


    Im dritten Band der Reihe Leben widmet sich die Philosophin Svenja Flasspöhler dem Thema Streiten in theoretischer und praktischer Sicht und geht der Frage nach, wie heute gestritten und warum überhaupt gestritten wird.

    Der Aufhänger dieses Essays ist klug und mit Bedacht gewählt: Die Autorin blickt in ihre Kindheit zurück, auf die Trennung ihrer Eltern und ihr Aufwachsen beim Ex-Mann ihrer Mutter. Schon früh wird Svenja Flasspöhler mit Streit konfrontiert, ring seitdem um Positionen, die anfänglich noch auf Affekten beruhen und lernt während ihres Studiums, was den Streit vom Diskurs unterscheidet und welchem Gewicht Argumente zuzuschreiben sind.

    Ausgehend von der Bedeutung des Worts Streit erklärt die Autorin in zwölf Kapiteln anschaulich, wie früher gestritten wurde, wie Philosphie und Literatur sich dem Thema nähern und welchen Einfluss soziale Medien auf die heutige Streitkultur haben.

    Zwischendurch geht Svenja Flasspöhler zurück auf ihre eigene Erfahrungen und beschreibt, wie sie Streit und die freiheitlichen Grenzen einer Diskussionskultur bei ihrer Arbeit in einem öffentlichen Rundfunksender erlebt, dem sie nach einem Jahr Tätigkeit den Rücken kehrt.

    Die promovierte Philosophin greift in einem weiteren Kapitel ihre Erlebnisse als Talkshowgast auf, bei der sie als einziger Gast die zum damaligen Zeitpunkt kontroverse und mittlerweile von der Öffentlichkeit weitestgehend akzeptierte Meinung aufgreift, keinen politischen Impfzwang auszuüben. Blessuren hat Svenja Flasspöhler zweifelslos aus dieser Sendung mitgenommen, ging es damals doch mehr um eine wissenschaftlich und politisch getriebene Sendung, die sich im Diskurs Argumenten verschloss und nur eines im Sinn hatte: einem vorbestimmten Konsens zu folgen, der jedwedes Gegenargument zunichte machte.

    Dabei tritt die Autorin nach ihren Klagen über die Unzugänglichkeit von Argumenten den Beweis an, sich und ihre Haltungen akribisch und selbstkritisch zu überdenken, um einem Fingerzeig des Lesers zuvorzukommen.

    Wie philosophisch gestritten wird, erklärt die Autorin im Kapitel "Mit Habermas im Pluriversum", in dem sie Jürgen Habermas' Ansichten denen von Carlo Schmid gegenüberstellt und denen nur leicht gefolgt werden kann, sofern der Leser die Philosophen bereits kennt.

    Im Epilog endet die Autorin mit der sehr persönlichen und versöhnlichen Erkenntnis, dass es leicht sei, im Streit zu gehen, doch sie streite, um zu bleiben.

    Nachdem gelungenen ersten Band der Reihe Leben von Elke Heidenreich und dem bedingt eingängigen zweiten Band von

    Theresia Enzensberger legt Svenja Flasspöhler eine bemerkenswert intelligente, umfassend betrachtende und unterhaltsame (Streit-)Schrift für das Streiten vor, der am Ende nur zuzustimmen bleibt, dass im Streit nicht das Vernichtende, sondern das Einende stehen sollte.


    ASIN/ISBN: 3446280049