'Jenseits der Ngong Berge' - Seiten 307 - 388

  • In diesem Abschnitt schreitet Karens Beziehung zu Denys voran, sie liest sich hier erst sehr glücklich und in sich ruhend. Dass Denys Bitte wegen der Beerdigung nicht so viele Jahre später nachgekommen werden muss, ahnen beide noch nicht...


    Ich habe mich immer wieder gefragt, wie weit die Farm von den Ngong Bergen entfernt ist und wie weit von Nairobi. Die damaligen Fahr- und Transportzeiten sind ja den damaligen Straßenverhältnissen und Transportmitteln geschuldet und daher entsprechend lange.


    Später habe ich gelesen, dass die Berge so um die 25 km von der Farm entfernt sind und wenn ich mir auf Google die Lage von „Karen“ ansehe, könnte ich mir vorstellen, dass es so in etwa auch dieselbe Strecke von der Farm nach Nairobi sein könnte.


    Maren Gottschalk ist das so?


    Karens Gefühle sind stärker als seine. Will sie deswegen ein Kind von ihm? Damit etwas von ihm zurückbleibt, wenn er einmal nicht mehr bei ihr ist? Ich denke, das Thema „Kind“ hat einen ersten Keil in die Beziehung getrieben, der nie mehr ganz entfernt werden konnte. Ich bin mir hier ziemlich sicher, dass die Fehlgeburten, die Karen hatte, aus der Syphilis und dem daraus resultierenden maroden Gesundheitszustand Karens resultieren.


    In diesem Abschnitt zeigt sich auch wieder die „dänische Karen“: als ihre Mutter sie besuchen kommt, schickt Karen ihr eine lange und überaus anspruchsvolle Wunschliste mit Luxusgegenständen. Dabei hat die Familie bereits jetzt schon über eine halbe Million Kronen in die Farm gepumpt. Welche Summe das heute in Euro wäre, möchte ich lieber erst gar nicht wissen...


    Doch nur wenig später kommt wieder die „afrikanische Karen“ zum Vorschein, die sich um ihre Leute sorgt und die auf eigene Kosten Abdullahi zur Schule nach Mombasa schickt.


    Ruths Frage, wie die einzelnen Puzzleteilchen, die Karens Leben ausmachten, zusammen passen sollen, finde ich durchas berechtigt.


    Die Diskussion (ca. S. 333?) fand ich spannend: Karen sieht wohl die Umstände und Ungerechtigkeiten, kann sich aber alleine nicht gegen das System stellen und tut daher das, was in ihren Möglichkeiten liegt – und das ist allemal besser als gar nichts zu tun.


    Ich finde das trifft es auch heute noch bei vielen der aktuellen Probleme wie Klimawandel etc.: Keiner kann im Alleingang die Welt retten. Wenn aber jeder für sich das, was er tun kann, einbringt, sind wir schon einen Schritt weiter in der richtigen Richtung.


    Hier gefällt mir auch Denys zunehmend kritische Haltung gegenüber der Großwildjagd – die er aber leider nach wie vor noch ab und an betreibt – und den Plan, künftig nur noch Foto Safaris zu machen.


    In diesem Abschnitt taucht Beryl Markham auf, die mir durch ihre Fliegerei durchaus ein Begriff ist. Karen ist hier reichlich verbittert, denn wie es scheint, hat Beryl Affären mit Bror UND mit Denys. Kein Wunder, dass sie verletzt ist und sie bis zum heutigen Tag ein rotes Tuch für sie ist.


    "Gilgil" ist für mich quasi der Inbegriff dessen, was am Kolonialismus so verwerflich ist. Ein Sodom und Gomorrha und man kann sich kaum vorstellen, dass im Afrika der 20/30er Jahre so ein Sündenpfuhl existierte. Aber sehr wohlhabend und fern der Heimat - da kann man natürlich die Sau rauslassen, ohne zuhause sein Gesicht zu verlieren. :bonk


    Auch die Beziehung zu Denys wandelt sich – er ist ein Freigeist, der sich nicht „einsperren“ lassen will. Doch für mich wirkt es so, dass die „Spielregeln“ ihrer Beziehung eher ihm nutzen als Karen. Auch die gemeinsamen Flüge, durch die Karen ihn besser verstehen „lernt“, bringen sie nicht wieder zueinander. Die Beschreibung des ersten gemeinsamen Fluges fand ich allerdings wunderbar und hier hatte ich auch wieder die Filmszenen vor Augen.


    Doch ihre Zeit in Kenia läuft unweigerlich ab: Denys' Tod zerschneidet auch das letzte Band zueinander und für mich fällt hier – trotz der Trennung – noch mal ein Grund weg, in Kenia bleiben zu wollen. Mit der Farm geht es ja auch endgültig bergab – sie wird verkauft und Karen muß wohl oder übel ihre Koffer langsam packen und nach Dänemark zurück... Zumindest schafft sie es noch, dass ihre Kikuyu-“Familie“ zusammen eine neue Siedlung gründen dürfen.


    Hier fand ich den geschichtlichen Kontext spannend: aus dem Land soll ja ein neuer Vorort für Reiche entstehen, der Karen genannt wird – und es auch heute noch wird.


    Sehr spannend fand ich in diesem Abschnitt so um S. 357 rum die Diskussion mit Ruth, als es um die abwertenden Vergleiche von Menschen mit Tieren geht. Das wird ja auch heute noch gemacht, weil man so gleich ein Bild vor Augen hat: Augen wie ein Luchs, so schnell wie ein Hase, wie eine Blindschleiche etc. Aber ja, man kann das auch abwertend benutzen, z.B. mit Kuhaugen oder einer lahmen Ente etc.


    Hier würde ich noch mal unterscheiden, ob man etwas negatives an einem Menschen beschreibt oder ob man den Menschen damit wirklich herabsetzt, verletzt, beleidigt... ich hoffe, ich bin gerade verständlich. Mir fehlen ein wenig die Worte, wie ich es beschreiben soll. Da gibt es für mich schon einen Unterschied zwischen „man sagt eben mal etwas nicht Nettes“ (wir sind nicht immer alle nett, auch wenn wir das vielleicht gerne wären, aber wir sind ja alle nur Menschen...) und „da würdigt jemand seine Mitmenschen herab“ (weil diese Person ein Arxxx ist oder ein Rassist oder meint, er wäre was Besseres als seine Mitmenschen)


    Allerdings sind Vergleiche mit Tieren ja nur eine Facette einer bildhaften Sprache, meist nutzt man ja alles Mögliche für Vergleiche wie z.B. sich wie vom Laster überrollt fühlen. Schwierig wird es halt, wenn solche Vergleiche nur benutzt werden, um jemand anderen diskriminierend oder rassistisch abzuwerten.


    Aber ja... solche Vergleiche kann man natürlich auch abwertend benutzen, um andere Menschen zu diskriminieren. Ich denke, es kommt auch immer auf den Inhalt, den Ton, den Kontext an und wer solche Vergleich in welcher Art benutzt. :gruebel

    Lieben Gruß,


    Batcat


    Ein Buch ist wie ein Garten, den man in der Tasche trägt (aus Arabien)

  • Dieser Leseabschnitt hat mir wieder besser getan und sehr gut gefallen. Der Roman schafft, dass ich Karen Blixen kennenlerne und dass ich mich, mit ihr beschäftige.


    Der Lebensabschnitt "Tania Blixen lebt in Ostafrika" ist beendet. Schmerzlich gescheitert, ihr bleibt das Aufgefangenwerden im dänischen Familienschoß. Sie ist sehr verzweifelt, verständlich nach dem Verlust, von allem, was ihr dort bedeutet hat.


    Der Heuschreckenangriff tat mir sehr leid, wie er - die letzte Konsequenz - fast alles vernichtet hat und nur tatenlos zugeschaut werden kann. Ungläubig, wie diese Vernichtung möglich ist.


    Denys Tod, Karens Gefühle beim Anblick der Vogelperspektive auf die Heimat und das allmähliche sich Entfernen/Auseinanderleben des einstigen Liebespaares ist gut beschrieben. Sie waren Lebensabschnittsgefährten, hatten eine gute Zeit. Es tut Karen gut, sich wie eine Witwe um die Erfüllung der letzten Wünsche zu kümmern, um die der Geliebte sie in diesem Fall gebeten hat. Dies hilft ihr und fühlt sich für mich richtig an.


    Karen verhält sich verantwortungsvoll gegenüber den Natives. Ihr Einsatz, dass die 153 Familien ein Stück Land in der Nähe besiedeln können, die Errichtung einer Schule... sie wird bestimmt mit den Farmfamilien gerungen haben, dass diese ihren Kindern den Schulbesuch erlauben, denn sie fielen während des Unterrichts als Arbeitskräfte weg. Wobei ich davon ausgehe, dass die Kinder nur kurze Schultage haben und wenn Ernte ansteht, galt das für alle, dann wird die Schule bestimmt pausiert haben, damit alle mitgeholfen haben. Egal, wie lange der Unterricht war, wie viel sie gelernt haben. Alles ist besser als keine Lernmöglichkeit zu haben. Ich mag Karens Traumbesuche, führt der eine dazu die Antilope in Karens Haus zu holen, der andere, dass sie ihr Erspartes für den Schulbesuch in Mombasa gibt. Das ist Karen, wie ich sie mag.


    Sie erlegt Tiere, damit Fleisch zum Essen da ist UND um die Farmfamilie zu schützen.

    Denys geänderte Einstellung zur Jagd hat mir gefallen. Es ist ein Wandel zu spüren


    Baronin Blixen, geschiedene Baronin Blixen, die erste Frau Bror Blixen... Ja, Bror hat sie sehr enttäuscht und auch früh betrogen, den Ehenamen liebt sie. Sicher, Namen zählten. Verrückt, denn Familie Dinesen ist die Wohlhabendere, die Karen 17 Jahre Ostafrikatraum, der zum Alptraum wurde, finanziert hat.


    Was Namen bedeuten, "von" und "zu" habe ich vor Jahren erlebt. Es wirkt in bestimmter Umgebung wie ein Türöffner, eine Begegnung unter seinesgleichen. Manches ist mehr Schein als Sein und einiges Show.


    Interessant fand ich, das Gehalt von Karen im Vergleich zu den Jahreseinkünften der Einheimischen. Dazu die Bitte des Onkels ein niedrigeres Gehalt zu beanspruchen. Nun, ihre Mutter bleibt ihr Geldesel, "ich brauche... , schick mir...". Karens Mutter ist sehr alt geworden und ich bewundere, dass sie mit kurz vor 80 noch die Reise nach Ostafrika zweimal gemacht hat.


    Sehr atmosphärisch und schön beschrieben fand ich den Besuch in Farahs Familienhütte. Das Gespräch über "geschmückte" Töchter in Ostafrika und europäischen Jungfrauen, ohne Preis. Wobei, die Mitgift vor 100 Jahren in den Kreisen, in denen Karen in Dänemark verkehrte, ein Thema gewesen sein wird. Mir hat gefallen, wie Karen die Szene beschrieben hat.

    Manche Bücher müssen gekostet werden, manche verschlingt man, und nur einige wenige kaut man und verdaut sie ganz.
    (Tintenherz - Cornelia Funke)

  • Ich bin mir hier ziemlich sicher, dass die Fehlgeburten, die Karen hatte, aus der Syphilis und dem daraus resultierenden maroden Gesundheitszustand Karens resultieren.

    Ich denke auch, die Syphilis ist Schuld. Dazu vermutlich auch noch ihr Alter von um die 40. Ihre Gesundheit ist leider ruiniert worden, Schwanger-und Mutterschaft hätte ihrer Seele gut getan, aber ob ihre Physis es durchgestanden hätte.


    Zitat

    In diesem Abschnitt zeigt sich auch wieder die „dänische Karen“: als ihre Mutter sie besuchen kommt, schickt Karen ihr eine lange und überaus anspruchsvolle Wunschliste mit Luxusgegenständen. Dabei hat die Familie bereits jetzt schon über eine halbe Million Kronen in die Farm gepumpt.

    Du sprichst es aus. Ja, genauso habe ich auch gedacht.

    Kaum ist die Mutter abgereist, teilt Baronin Brixen der Mutter mit, ihr einen Fuchspelz ins Pariser Hotel zu senden. Himmel! Natürlich bekommt sie den frei Haus, Rechnung geht an Mama.

    Danke, Batcat, das hast Du gut in Worte gefasst. Ich verstehe Dich und denke auch in die Richtung.

    Manche Bücher müssen gekostet werden, manche verschlingt man, und nur einige wenige kaut man und verdaut sie ganz.
    (Tintenherz - Cornelia Funke)

  • Ich denke auch, die Syphilis ist Schuld. Dazu vermutlich auch noch ihr Alter von um die 40. Ihre Gesundheit ist leider ruiniert worden, Schwanger-und Mutterschaft hätte ihrer Seele gut getan, aber ob ihre Physis es durchgestanden hätte.

    Darüber habe ich mir auch Gedanken gemacht, bin mir aber dessen nicht so sicher.


    Ja, sie hat sich anscheinend rührend und liebevoll um ihre Totos gekümmert.


    Aber Mutterschaft ist eine ganz andere Sache, da muss man zumindest in den ersten Jahren sich und seine Befindlichkeiten ganz schön zurücknehmen, um die Bedürfnisse eines noch hilflosen kleinen Menschen zu befriedigen.


    Mag sein, dass die Mutterschaft "gut" für sie gewesen wäre, andererseits halte ich Karen trotz ihrer Nächstenliebe und Hilfsbereitschaft für einen sehr egoistischen Menschen. :gruebel Es gibt einfach Menschen, die die besten Tanten/Onkels der Welt sind - aber selbst keine guten Eltern wären. :gruebel


    Und ganz ehrlich - weder Bror (verantwortungslos und sprunghaft) noch Denys (zu freiheitsliebend und bindungsunwillig/unabhängig für die Vaterrolle) hätten in meinen Augen brauchbare Väter abgegeben, so dass Karen für mich in jedem Fall allein erziehende Mutter gewesen wäre. Heute oftmals der Fall, damals sicher noch ein paar Hausnummern schwieriger, zumindest gesellschaftlich.

    Lieben Gruß,


    Batcat


    Ein Buch ist wie ein Garten, den man in der Tasche trägt (aus Arabien)

  • Ich habe mich immer wieder gefragt, wie weit die Farm von den Ngong Bergen entfernt ist und wie weit von Nairobi. Die damaligen Fahr- und Transportzeiten sind ja den damaligen Straßenverhältnissen und Transportmitteln geschuldet und daher entsprechend lange.


    Später habe ich gelesen, dass die Berge so um die 25 km von der Farm entfernt sind und wenn ich mir auf Google die Lage von „Karen“ ansehe, könnte ich mir vorstellen, dass es so in etwa auch dieselbe Strecke von der Farm nach Nairobi sein könnte.


    Maren Gottschalk ist das so?

    Du kannst die Ngong Berge von der Farm aus sehen, nicht mehr so deutlich, wie es zu Karens Zeit war, aber sogar ich habe ein Foto gemacht, auf dem Du sie sie erkennen kannst. Luftlinie sind es wohl nur 9-10 km, aber wenn man mit dem Auto fährt, sind es bis zu Denys Grab ca 20-25 Kilometer. Damals gab es natürlich noch keine Straße zu dem Grab.

    Nach Nairob Center also z.b. zum Norfolk Hotel ist es eine ähnliche Entfernung 18-13 km. weil es neue Straßen gibt, die Stadtviertel umfahren.

  • Zu den Tiervergleichen: Selbst wenn man es positiv meint (geschmeidig wie eine Gazelle) ist der Vergleich in den Augen vieler doch auch in diesem Fall abwertend, weil der Mensch nahe an einem Tier verortet wird, als naturnahes Wesen. Das ist übrigens gar nicht so sehr meine Haltung, sondern die Meinung derjenigen, die Karen Blixen für ihre Tiermetaphern kritisieren. Ich wollte das gerne thematisieren im Buch und beide Meinungen dazu abbilden.

  • Karens Gefühle sind stärker als seine. Will sie deswegen ein Kind von ihm? Damit etwas von ihm zurückbleibt, wenn er einmal nicht mehr bei ihr ist? Ich denke, das Thema „Kind“ hat einen ersten Keil in die Beziehung getrieben, der nie mehr ganz entfernt werden konnte. Ich bin mir hier ziemlich sicher, dass die Fehlgeburten, die Karen hatte, aus der Syphilis und dem daraus resultierenden maroden Gesundheitszustand Karens resultieren.

    Das glaube ich auch. Denys möchte frei sein und fühlt sich von ihr in die Enge getrieben. Ein Kind würde ihn an sie binden, selbst wenn sie es vermutlich größtenteils allein großziehen müsste.


    Auch mit deiner Einschätzung, dass sie sich zur Mutter wohl nicht so gut geeignet hätte, könntest du recht haben.

  • In diesem Abschnitt taucht Beryl Markham auf, die mir durch ihre Fliegerei durchaus ein Begriff ist. Karen ist hier reichlich verbittert, denn wie es scheint, hat Beryl Affären mit Bror UND mit Denys.

    Paula McLain; Lady Africa


    Die Frau, die den Himmel bezwang. Aufgewachsen als Tochter eines Lords im afrikanischen Busch, interessiert sich die junge Beryl nicht für Seidenkleider und Etikette. Dafür ist sie stark und mutig und hat von ihrem Vater alles über Pferde gelernt. Doch im britischen Protektorat – dem späteren Kenia – der vorigen Jahrhundertwende ist kein Platz für solch ein ungezähmtes Mädchen. Bis sie in Karen Blixen eine Seelenverwandte findet – und in deren Geliebtem, dem Flieger und Großwildjäger Denys Finch Hatton, das Abenteuer ihres Lebens. Ein großes Afrika-Epos und die wahre Geschichte der Flugpionierin Beryl Markham, die als erste Frau den Atlantik überquerte.

    ASIN/ISBN: 3351036191

    Ich glaube, das Buch habe ich auch mal im Öffentlichen Bücherschrank in den Händen gehabt. Meine Bücherei hat es im Bestand.

    Manche Bücher müssen gekostet werden, manche verschlingt man, und nur einige wenige kaut man und verdaut sie ganz.
    (Tintenherz - Cornelia Funke)