Lesen ohne "innere Stimme" / Mitsprechen im Kopf?

  • Hallo,


    mich interessiert: könnt ihr ohne "innere Stimme" lesen? Wenn ja, habt ihr das bewusst trainiert, oder ergab sich das bei euch einfach so mit der Zeit?


    Es lesen ja einige hier sehr schnell, bis zu 100 oder sogar mehr Seiten pro Stunde. Das ist vermutlich nicht möglich, indem man jedes Wort gedanklich ausspricht, oder?


    Da ich sehr langsam lese, interessiert mich die Methode, ohne innere Stimme zu lesen. Ob es mir gefallen würde, weiß ich nicht, aber ich würde es gern herausfinden. Es gibt ja im Internet Anleitungen dazu.


    Ansonsten interessiert mich noch: falls es Leser gibt, die trotz innerer Stimme beim Lesen 80, 90, 100... Seiten in der Stunde lesen - wie schafft ihr das? (Hierzu wäre dann auch interessant, zu erfahren, ob dieses Lesetempo auch bei anspruchsvollen Büchern erreicht wird).


    Vielen Dank schon mal für eure Anworten.


    Grüße, Bell

  • Ich gehöre ja zu den Viellesern... Und ich würde nicht sagen, dass ich ohne innere Stimme lese. Das gehört für mich einfach mit dazu, daraus entsteht ja auch das Kopfkino....

    Ich kann mir nicht mal vorstellen, wie das ohne das ganze Kopfkino ablaufen sollte :gruebel


    Aber natürlich kommt es immer auf das Buch an, wenn es ein anspruchsvoller Text ist lese ich natürlich langsamer. Weil ich da auch genauer lese. Bei einem reinen Unterhaltungstext erfasse ich den Satz auch nicht Wort für Wort, sondern eher Abschnittswiese. Dadurch bin ich viel schneller. Wenn dann was nicht zusammenpasst merkt man es auch, dann muss das Ganze halt ein zweites Mal gelesen werden. Aber normale Dialoge sollten so auch kein Problem sein. Das macht für mich auch ein guter Text aus, dass ich nicht Wort für Wort aneinanderhängen muss um den Kontext zu verstehen.

  • Es ist schon wie eine Art "innere Stimme", die allerdings sehr viel schneller funktioniert, als wenn man es laut vorliest. Ich stelle bei mir aber ab und an fest, dass ich beim Lesen eben tatsächlich "nur" diese Stimme höre, aber daraus keine Bilder entstehen, nichts wirklich mit dem gesprochenen Wort in meinem Kopf passiert. Das ist dann der Moment wo ich entscheide, das Lesen sein zu lassen, weil mir offenbar die Konzentration fehlt um wirklich richtig eintauchen zu können.


    Ohne innere Stimme kann ich auch nicht lesen.

    „Furcht führt zu Wut, Wut führt zu Hass. Hass führt zu unsäglichem Leid.“

    - Meister Yoda

  • Mir geht es da ähnlich wie Paradise Lost mit dem Unterschied, dass das Imaginieren der Geschichte nicht nur an fehlender Konzentration scheitern kann, sondern fast immer auch der Indikator für einen Leseabbruch ist...ohne innere Stimme lese ich, glaube ich, nie. Ich intoniere mir so die übermittelten Gefühle und brauche das für meinen Leseeindruck sehr stark. Rein "sachliches Schnelllesen" mache ich von Berufswegen mehr, wobei sich da schlichtweg Erfahrung unmittelbar auf die Lesegeschwindigkeit auswirkt, da ich sozusagen "Triggerwörter" sehe, an denen ich mich dann entlang hangele...zuhause möchte ich gar nicht schnell lesen bzw. schneller lesen.

  • Ich lese auch mit innerer Stimme. Machmal ändere ich allerdings für mich die Namen, wenn ich die gar nicht aussprechen kann.

    Schwierig auszusprechende Namen sage ich mir öfter vor bis ich eine annähendere Betonung finde, mit der ich zufrieden bin. Aber oft bleibt ein ärgerlicher Gefühl zurück und mich würde dann interessieren, wie die Autor*in den Namen sprechen würde.

    Ansonsten weiß ich nicht so recht, was hier mit "innerer Stimme" gemeint ist. Ich lese mir den Text eigentlich nicht selber vor - nur in Ausnahmefällen stelle ich mir vor, wie Dialoge sich laut anhören.

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    Von den vielen Welten, [...] ist die Welt der Bücher die größte. (Hermann Hesse)


    :lesend U. T. Bareiss: Green Lies - Tödliche Ernte

  • Schwierig auszusprechende Namen sage ich mir öfter vor bis ich eine annähendere Betonung finde, mit der ich zufrieden bin. Aber oft bleibt ein ärgerlicher Gefühl zurück und mich würde dann interessieren, wie die Autor*in den Namen sprechen würde.

    Ansonsten weiß ich nicht so recht, was hier mit "innerer Stimme" gemeint ist. Ich lese mir den Text eigentlich nicht selber vor - nur in Ausnahmefällen stelle ich mir vor, wie Dialoge sich laut anhören.

    Manchmal gebe ich die Namen auch in den Google-Übersetzer ein und lass es mir vorsprechen.

  • Ansonsten weiß ich nicht so recht, was hier mit "innerer Stimme" gemeint ist. Ich lese mir den Text eigentlich nicht selber vor - nur in Ausnahmefällen stelle ich mir vor, wie Dialoge sich laut anhören.

    :writeIch eigentlich auch nicht. Bei mir entsteht beim Lesen automatisch ein Bild im Kopf, aber ich habe nicht das Gefühl, dass ich mir dabei den Text selber "vorlesen" muss. Ich lese halt - im Kopf, ohne Stimme.


    Dafür überlese ich gnadenlos Namen und kann bei schwierigeren Namen oft nicht sagen, wie die Protagonisten eigentlich heißen. Genauso Fremdwörter. Den Sinn erfasse ich, aber ich mache mir keine Gedanken über Aussprache. Von daher habe ich wohl keine "innere" Stimme.


    Allerdings habe ich überhaupt nicht das Gefühl, dass ich schnell lese. Ich will es aber auch gar nicht, schließlich will ich das Lesen genießen und mitbekommen, was ich lese. Wobei ich auch nicht weiß, wie viel ich lese, aber 100 Seiten in der Stunde? Niemals!


    Bell Warum wäre es dir wichtig, schneller zu lesen?

    "Alles vergeht. Wer klug ist, weiß das von Anfang an, und er bereut nichts." Olga Tokarczuk (übersetzt von Doreen Daume), Gesang der Fledermäuse, Kampa 2021

  • Ja, was soll diese innere Stimme sein?

    Ich bin eine aufmerksame, konzentrierte Leserin, und die Geschichte setzt sich bei mir während des Lesens immer mehr zusammen, was ja von den Autoren sicherlich auch so gewollt ist. Somit ist die Story natürlich ständig in meinem Kopf präsent, oft auch mit entsprechenden Emotionen, z. B., wenn ich mich über Charaktere aufrege oder sogar ein paar Tränchen vergieße, was für mich eine gute Story ausmacht.

    Genauso ist diese innere Stimme dafür verantwortlich, wenn ich entnervt ein Buch abbreche.


    Für mich macht Schnelllesen absolut keinen Sinn, und es ist mir völlig egal, wie lange ich für ein Buch brauche. Ich stehe ja in keinem Wettbewerb. Was ich querlese, ist Liebesgedöns, da das fast immer eh das Gleiche ist.

    Irrlicht und Hexe (7. Hexenregel: Unterschätze nie die Kraft des Wortes - es hat eine besondere Kraft, es kann befreien, anstoßen und verändern, aber auch verletzen und zerstören)

  • Ich sage mal so: meine innere Stimme ist ein sehr aufdringliches Wesen, das mir gerne auch mal dazwischen quatscht. Natürlich liest sie mir auch vor, wenn es ihr gerade so gefällt.


    Es gibt da zwei Sprüche:


    Of course I talk to myself. Sometimes I need expert advice.


    und


    Sometimes I talk to myself and then we both laugh and laugh.


    So ist das mit mir und meiner inneren Stimme. :chen

    Lieben Gruß,


    Batcat


    Ein Buch ist wie ein Garten, den man in der Tasche trägt (aus Arabien)

  • Hallo, danke für eure Antworten. Es erstaunt mich, dass manche gar nicht wissen, was mit innerer Stimme gemeint ist!


    "In der Schule lernen wir lesen in Kombination mit der Stimme. Wir wiederholten immer wieder die Töne von Buchstaben und verbinden sie. Silben wurden zu Wörtern zusammengesetzt und dadurch fügten wir Töne zu Gesprochenem zusammen. So entwickelte sich unsere innere Stimme, die in unserem Kopf beim Lesen mit-spricht (Subvokalisieren)."

    Quelle: https://www.brainread.com/lesen-ohne-innere-stimme-so-gehts/


    Bei mit ist es so, wie bei Batcat , nehme ich an.

    Bei mir entsteht beim Lesen automatisch ein Bild im Kopf,

    Bei mir ist das bildhafte Vorstellungsvermögen nur extrem schwach ausgeprägt. Ich halte oft inne, um mir das Bild zu erarbeiten, was da beschrieben wird, ist schwer zu beschreiben.

    Was auch mein Lesen verlangsamt, ist, dass ich immer wieder innehalte, um nachzudenken, wie das eben Gelesene mit etwas zusammen passt, was ein paar Seiten vorher geschrieben wurde, z.B.

    Warum wäre es dir wichtig, schneller zu lesen?

    Also, wichtig ist es mir nicht, aber es wäre gut, weil ich durch meine Arbeit nicht so viel Kapazität mehr zum Lesen habe in der Woche (Augen und Geist sind dann müde) und bei Krimis ist es schwierig, wenn man da lange dran liest, noch alles zusammen zu bekommen (wer ist wer usw.) und auch die Spannung lässt dann nach.


    Ansonsten interessiert es mich einfach. Ich hatte nicht gewusst, dass man überhaupt ohne diese innere Stimme lesen kann und finde das sehr interessant und würde gern mal erleben, wie das ist. Aber möglicherweise ist mir das gar nicht möglich, eben weil dieser "Film vor dem inneren Auge" bei mir gar nicht entsteht auf Grund des sehr schwachen bildhaften Vorstellungsvermögens.

  • Sehr interessantes Thema, in der Tat! :) Zur Klarstellung: ich kenne durchaus eine "innere" Stimme in meinem Kopf. Die ist sehr aktiv: quatscht mir in allem möglichen rein, diskutiert mit mir, wendet Probleme und Fragen hin und her, freut sich mit mir und und und. Sehr hilfreich, nur nachts sollte sie etwas mehr schlafen ;). Batcat hat das ja auch schon schön beschrieben :-].


    Aber: beim Lesen ist Ruhe, zumindest beim Lesen von Unterhaltungsliteratur. Da denke ich aber auch nicht darüber bewusst nach. Testweise habe ich mal ein Kapitel bewusst "mit Mitsprechen" gelesen: das ist wirklich nervig. Und langsam. Weitere Tests haben ergeben: Zeitung lese ich z. B. durchaus mit "innerer Stimme", ich kenne das also doch. :grinNur war mir das vorher nie bewusst.

    "Alles vergeht. Wer klug ist, weiß das von Anfang an, und er bereut nichts." Olga Tokarczuk (übersetzt von Doreen Daume), Gesang der Fledermäuse, Kampa 2021

  • Also, wichtig ist es mir nicht, aber es wäre gut, weil ich durch meine Arbeit nicht so viel Kapazität mehr zum Lesen habe in der Woche (Augen und Geist sind dann müde) und bei Krimis ist es schwierig, wenn man da lange dran liest, noch alles zusammen zu bekommen (wer ist wer usw.) und auch die Spannung lässt dann nach.


    Ansonsten interessiert es mich einfach. Ich hatte nicht gewusst, dass man überhaupt ohne diese innere Stimme lesen kann und finde das sehr interessant und würde gern mal erleben, wie das ist. Aber möglicherweise ist mir das gar nicht möglich, eben weil dieser "Film vor dem inneren Auge" bei mir gar nicht entsteht auf Grund des sehr schwachen bildhaften Vorstellungsvermögens.

    Wie gesagt: auch ich finde das ein sehr interessantes Thema, über das ich vorher noch gar nicht nachgedacht habe. Das Schwierige ist wohl vor allem, dass man ja nur in seinen Kopf "schauen" kann und keine/wenige Vergleichsmöglichkeiten hat.


    Mittlerweile ist mir eingefallen, dass es damit zusammenhängen könnte, welcher "Lerntyp", also welcher "Aufnahmetyp" man ist. Ich bin ein sehr visueller Typ, um mir was zu merken brauche ich Grafiken, eine Systematik und am besten eine bildliche Vorstellung. Mit Wörtern alleine kann ich nichts/wenig anfangen. Wahrscheinlich tut sich mein Gehirn deswegen leichter, mir was vorzustellen.


    Und ich denke, Müdigkeit beim Lesen kann auch eine (negative) Rolle spielen. Wie gehts dir denn mit dem Lesen, wenn du wach und fit bist Bell ?

    "Alles vergeht. Wer klug ist, weiß das von Anfang an, und er bereut nichts." Olga Tokarczuk (übersetzt von Doreen Daume), Gesang der Fledermäuse, Kampa 2021

  • Ich habe jetzt mal ganz bewusst darauf geachtet, wie ich mein aktuelles Buch lese und kann da schon so etwas wie eine Vorlesestimme im Kopf ausmachen, wenn ich mich darauf konzentriere. Aber vielleicht liegt es daran, dass das Buch der Darkover-Reihe in Englisch ist und ich das brauche, um die Fremdsprache zu verstehen. :/

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    :lesend U. T. Bareiss: Green Lies - Tödliche Ernte

  • Wie gehts dir denn mit dem Lesen, wenn du wach und fit bist Bell ?

    Ich lese hauptsächlich, wenn ich wach und fit bin (vor der Arbeit und am Wochenende), nach der Arbeit lese ich in der Regel nicht mehr viel


    Mich würde interessieren, die ohne innere Stimme lesen, hat sich das bei euch einfach so eingestellt mit der Zeit, ohne, dass es euch bewusst war? Ich vermute das mal, da ihr ja die Frage nach der inneren Stimme erst nicht nachvollziehen konntet, also ihr habt es nicht trainiert, sondern das ergab sich so im Laufe eures Leselebens?

  • Ja, das war wohl so - ist ja schon eine Weile her, dass ich lesen gelernt habe ;)

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    Von den vielen Welten, [...] ist die Welt der Bücher die größte. (Hermann Hesse)


    :lesend U. T. Bareiss: Green Lies - Tödliche Ernte

  • Zur Klarstellung: ich kenne durchaus eine "innere" Stimme in meinem Kopf. Die ist sehr aktiv: quatscht mir in allem möglichen rein, diskutiert mit mir, wendet Probleme und Fragen hin und her, freut sich mit mir und und und. Sehr hilfreich, nur nachts sollte sie etwas mehr schlafen ;).


    Ja, das denke ich mir auch oft. Das verflixte Ding braucht anscheinend weniger Schlaf als ich. :lache

    Lieben Gruß,


    Batcat


    Ein Buch ist wie ein Garten, den man in der Tasche trägt (aus Arabien)