Vermisst in den Highlands - Sybille Baecker

  • Sybille Baecker: Vermisst in den Highlands. Kriminalroman, Köln 2024, Emons Verlag, ISBN 978-3-740-82098-5, Softcover, 336 Seiten, Format: 13,3 x 2,6 x 20,1 cm, Buch: EUR 14,00 (D), EUR 14,40 (A), Kindle: EUR 10,99.


    „Forsinain, an der A 897. Haben Sie eine Idee, was Alison in der Gegend wollte?“
    „Sie sagten, der Wagen brannte. Was ist mit Ali?“
    „Das wissen wir nicht.“ Una MacLeod holte tief Luft. „Allerdings lag im Kofferraum des Wagens eine Leiche.“
    (Seite 180)


    Das Stammpersonal: Personenverzeichnis


    Das ist Band 2 einer Reihe und man muss eine Menge Leute im Blick behalten. Deshalb stelle ich das Stammpersonal hier kurz vor:


    • Alison Dexter, geb. Johnson (36), Privatdetektivin in Inverness/Schottland.
    • Samuel Dexter (um die 40), Geschäftsmann, der auf dubiosem Weg zu seinem Reichtum gekommen ist. Alison Dexters bestens vernetzter Ex-Ehemann.
    • Jeana Johnson, Alison Dexters jüngere Schwester, Kneipenwirtin in Thybster.
    • Joyce Sandison, Jeanas Partnerin, beruflich wie privat
    • Douglas MacKeith (60), grantiger Schaffarmer, Ziehvater von Alison und Jeana.
    • Grace MacKeith, Police Sergeant, Douglas‘ Tochter, Ziehschwester und Freundin der Johnson-Schwestern.
    • Marley MacKeith, Douglas‘ Sohn, Zimmermann und Küfer.
    • Kimberley Hart, Ex-Profiboxerin aus Hamburg, Marley MacKeiths Lebensgefährtin, arbeitet auf Douglas‘ Schaffarm.
    • DCI Una MacLeod von der Police Inverness.


    Darum geht’s: Ihr letzter Fall steckt der Privatdetektivin Alison Dexter noch in den Knochen. Ihre Schwester Jeana war unschuldig zwischen die Fronten geraten und übel zugerichtet worden. Alison fühlt sich schuldig und denkt über einen Berufswechsel nach. Ihre Laufbahn als Kellnerin ist jedoch „dank“ ihres Ex-Mannes schneller zu Ende als sie gucken kann. Der Typ ist so ein A***!


    Eine Bekannte bittet um Hilfe – und verschwindet


    Dass sie die Detektivarbeit nicht bleiben lassen kann, zeigt sich schnell. Aus heiterem Himmel steht Violet, eine alte Bekannte, vor ihrer Tür und bittet verstört um Unterschlupf. Alison ist erstaunt, weil sie die Frau seit 7 Jahren nicht gesehen hat und sie nie gut miteinander ausgekommen sind.


    Als Alison von einer Verabredung nach Hause kommt, ist Violet ohne Nachricht verschwunden. Ihre Sachen sind aber noch da. Telefonisch ist sie nicht zu erreichen. Das kommt Alison sonderbar vor. Wir Leser:innen hätten vermutlich gedacht, dann soll die undankbare Trulla doch bleiben, wo der Pfeffer wächst. Wenn sie ihren Kram wiederhaben will, wird sie sich schon melden. Aber Detektivin Alison kann das nicht auf sich beruhen lassen und fährt als erstes zum Haus der Thompsons.


    Violets Mann ist ihr Schicksal egal


    „Hausdrache“ Anne will die Detektivin gar nicht erst ins Haus lassen. Violets Mann Broderick ist auch nicht kooperativ. Ihm ist egal, wo seine Frau ist, sagt er. Er habe sie rausgeschmissen. Die Geschichte, die er dann erzählt, weicht stark von dem ab, was Violet berichtet hat.


    Und noch etwas ist merkwürdig: Wozu braucht der 2-Personen-Haushalt der Thompsons neben Haushälterin Anne noch ein Au-pair-Mädchen? Noch dazu so ein verängstigtes Wesen, das kaum Englisch spricht? – Wir Leser:innen wissen, dass das angebliche Au-pair Elani heißt und ein Flüchtlingsmädchen aus Nigeria ist.


    In den Hinterhalt gelockt


    Auch wenn Alison Dexter noch nicht ganz durchschaut, wie das alles zusammenhängt, kommt sie der Wahrheit doch nahe genug – und findet sich auf einmal zusammengeschlagen und gefesselt in einer verlassenen Hochmoorlandschaft der Highlands wieder.


    Hätte die zuverlässige Alison nicht eine Verabredung mit einer Freundin platzen lassen, hätte man sie nicht einmal zeitnah vermisst. Die Freundin schlägt Alarm. Zum Glück hat Alison gute Verbindungen zur Polizei. So wird der Fall ernst genommen und sie schnell gefunden. Doch sollte jetzt jemand glauben, dass ihr das eine Warnung ist, kennt er sie schlecht! Auch wenn sie für die Suche nach Violet nicht bezahlt wird, gibt sie nicht auf.

    Sie muss der Sache auf den Grund gehen!


    Leichen, Schleuser und Vermisste


    Genau wie wir Leser:innen ist Alison bei ihren Ermittlungen ein ums andere Mal komplett auf dem Holzweg, Was sie nämlich nicht weiß: Wer hier alles verwandt, befreundet, verfeindet oder einander verpflichtet ist. Und genau das wäre sehr hilfreich. Landstreicher Sionn wüsste so einiges und möchte Alison auch gerne helfen. Wenn seine Äußerungen nur einen Sinn ergeben würden! Doch leider ist sein Oberstübchen recht unkonventionell sortiert.


    Hier ist ganz schön was los! Auch die Nebenfiguren haben Probleme, die zum Teil auf unerwartete Weise in den Vermisstenfall hineinspielen. So ist das, wenn sich alle untereinander kennen und auf vielfältige Weise miteinander zu tun haben.


    Ein Helfer aus der Hölle


    Was immer neben der Handlung herläuft, ist die seltsame Beziehung zwischen Alison Dexter und ihrem Exmann. Sam ist ein Machtmensch und kann die Spielchen nicht lassen. Für Alison ist es natürlich bequem, im Notfall auf seine Hilfe, sein Geld und seine Connections zählen zu können. Berechnend und gönnerhaft stellt er ihr alles zur Verfügung, was sie braucht. Und jedes Mal, wenn sie sich wieder auf so ein Manöver einlässt, verliert sie wieder ein Stückchen Integrität und Freiheit. Das ist wie ein Pakt mit dem Teufel. Und so kommt er mir in seiner „Allmacht“ und dem stetigen Wechsel zwischen charmant und gefährlich auch vor.


    Wenn Sam sich ständig in ihr Leben einmischt, weil er nicht will, dass sie mit ihren Aktivitäten seinen „guten“ Namen in Verruf bringt – dass eine Mrs Dexter kellnert, hat er ja sofort unterbunden – warum hat sie nicht längst ihren Geburtsnamen wieder angenommen? Sie kann auch als Alison Johnson ermitteln! Und sehe ich das richtig: Sam kann nach Belieben auf Alisons Bankkonto herumwirtschaften? Also nicht nur Geld überweisen, sondern auch welches abbuchen? Kann sie das nicht unterbinden? Oder will sie nicht?


    Interessante Figuren, komplexe Beziehungen


    Ich würde ihr dringend zur Distanz zum Ex raten. Das ist keine Beziehung auf Augenhöhe, das ist eine ganz ungute Geschichte. Andererseits ist es ja auch interessant, was der fiese Mistkerl alles so aus dem Hut zaubern kann, wenn’s hart auf hart kommt. Und auch sein Fahrer scheint über nützliche Talente zu verfügen. Er hat hier nicht mal eine „Sprechrolle“, trotzdem wüsste ich gern mehr über ihn.


    Ich mag das Romanpersonal, auch wenn’s manchmal sperrig und knurrig ist. Und mir gefällt, wie hier alles zusammenhängt. Was genau geschehen ist, kann man erst verstehen, wenn man das komplexe Beziehungsgeflecht durchschaut hat. Ich werde die Reihe auf jeden Fall weiterverfolgen. Schon allein um zu erfahren, wie es für die Personen weitergeht, die ich ins Herz geschlossen habe. Ein klein wenig bin ich in Thybster schon zu Hause.


    Die Autorin


    Sybille Baecker ist gebürtige Niedersächsin und Wahlschwäbin. Sie liebt das Ländle, ihr Herz schlägt aber auch für die Highlands und die rauen Küsten Schottlands, die sie immer wieder gern und ausgiebig bereist. Ebenso hegt sie ein Faible für den Scotch Whisky. Die Fachfrau für »Whisky & Crime« ist Autorin der erfolgreichen Krimiserie um den Kommissar und Whiskyfreund Andreas Brander. 2020 wurde sie mit dem Arbeitsstipendium des Autorinnennetzwerkes Mörderische Schwestern ausgezeichnet. www.sybille-baecker.de


    ASIN/ISBN: 3740820985

    Und was die Autofahrer denken,
    das würd’ die Marder furchtbar kränken.
    Ingo Baumgartner