Die unendliche Reise der Aubry Tourvel - Douglas Westerbeke

  • Die unendliche Reise der Aubry Tourvel von Douglas Westerbeke


    Hardcover, 464 Seiten

    Harper Collins, 1. Auflage, Hamburg, Juni 2024

    Originalausgabe "A Short Walk Through a Wide World", Avid Reader Press, New York 2023

    aus dem amerikanischen Englisch von Alexander Weber


    Buchbeschreibung (Rückseite):


    Als die junge Aubry von einem Tag auf den anderen von einer rätselhaften Krankheit befallen wird, die es ihr unmöglich macht, länger als ein paar Tage an einem Ort zu bleiben, muss sie ihre Heimatstadt Paris verlassen. Mit jedem Schritt ins Unbekannte wird Aubrys Mut auf die Probe gestellt, und mit dem Herzen einer Entdeckerin stellt sie sich den Schatten, die in der Dunkelheit lauern. Von den Eisfeldern der arktischen Wüste bis zu den dichten Dschungeln des Kongo folgt sei einem unergründlichen Pfad, stets auf der Suche nach innerer Ruhe und Erfüllung. Die Hoffnung auf ein Heilmittel führt sie in deine geheimnisvolle Bibliothek und zu anderen Suchenden, die, wie sie selbst unfreiwillig getrieben, vom Wunsch erfüllt sind, endlich anzukommen.


    Der Autor (Buchklappentext):


    Douglas Westerbeke ist ein amerikanischer Drehbuchautor. Er arbeitet in einer der größten Bibliotheken der USA und liebt es zu reisen. Die letzten zehn Jahre war er Mitglied der Jury des International Dublin Literary Awards. Sein Debütroman Die unendliche Reise der Aubry Tourvel war auf der Shortlist mehrerer Wettbewerbe, unter anderem der des Page Turner Awards.


    Meine Meinung:


    Die Idee und der Beginn des Buches haben mir sehr gefallen: eine junge Französin leidet unter einer mysteriösen Krankheit, die sie dazu zwingt, pausenlos durch die Welt zu reisen.


    Doch die Anfangseuphorie hat leider nicht angehalten. Zwar fand ich die Geschichte nach wie vor interessant, doch verliert sie sich für mich in zu vielen Einzelepisoden, die der Reihe nach oder auch durcheinander erzählt werden. Natürlich bleiben wir dabei immer ganz eng bei der Hauptperson Aubry und begleiten sie auf ihrem Lebensweg, doch haben mir die Querverbindungen zwischen den einzelnen Begebenheiten gefehlt. Menschen und Dinge tauchen auf und verschwinden wieder, als hätte es sie nie gegeben. Das fand ich schade, als Leserin wurde ich immer wieder neugierig gemacht – und dann oft ohne Erklärung stehengelassen.


    Am Ende schafft es der Autor dann doch, die Kurve zu bekommen und aus den vielen Einzelteilen ein großes Ganzes zu machen. Für mein Empfinden kam das zu spät, da hatte ich den Spaß am Buch schon verloren.


    Dazu kommt, dass mir Aubry fremd geblieben ist, obwohl ich so viel (Lese-)zeit mit ihr verbracht habe. Im Endeffekt weiß ich nichts weiter von ihr, als dass sie eine Getriebene des Schicksals ist. Gut gefallen haben mir dagegen die unterschiedlichen Handlungsorte weltweit. In die Orte und auch in die beschriebene Zeit (um 1900) konnte ich mich gut hineinversetzen. Hierbei orientiert sich der Autor sehr an der Realität, an anderen Stellen wird das Buch dagegen sehr mystisch.


    Fazit: Eine ungewöhnliche und faszinierende Geschichte, die für mich aber viel zu sehr zerfaserte. Deswegen nur 7 (von 10) durchschnittliche Eulenpunkte von mir.


    ASIN/ISBN: 3365004858

    "Alles vergeht. Wer klug ist, weiß das von Anfang an, und er bereut nichts." Olga Tokarczuk (übersetzt von Doreen Daume), Gesang der Fledermäuse, Kampa 2021

  • Voyage, Voyage


    Vorab:

    Die Umschlaggestaltung des Buches ist einfach wunderschön. Eigentlich bin ich keine „Coverkäuferin“, hier hat aber schon das verspielte Design mein Interesse (und meine Leselust) geweckt!


    „Dann liegt sie rücklings auf dem Deck, klatschnass, in einer Pfütze aus Flusswasser und dünnem Blut. Presst ihren Gehstock fest an sich, so wie Nonnen ihre kleinen goldenen Kreuze.“


    Worum geht’s?


    Hier wird ein Genremix aus Reisebericht, Magischem Realismus (man denke etwa an Allendes „Geisterhaus“) und Historoman präsentiert.

    Paris, 1885: Das Leben ist eine Reise – im neunzehnten Jahrhundert zwingt eine mysteriöse Krankheit das Mädchen Aubry Tourvel, ständig in Bewegung zu bleiben, denn sie kann höchstens eine Woche lang an einem Ort verweilen, ohne schlimme Schmerzen zu haben. Die Protagonistin muss daher stets geliebte Menschen verlassen. Einzig eine versteckte Bibliothek könnte ihre Linderung verschaffen, daher gibt Aubry die Hoffnung nicht auf…


    Ich hatte mich vor der Lektüre auf ein phantastisches Abenteuer mit philosophischen Ansätzen eingestellt. Die Exposition las sich noch flüssig, der weitere Handlungsverlauf konnte mich jedoch nicht ganz überzeugen. Zwar fand ich es gut, dass der Eindruck eines reinen Reiseromans durch das Stilmittel der nicht-linearen Erzählweise abgemildert wurde, doch insgesamt fand ich die Figurenzeichnung nicht stimmig und den plot trotz Ortswechseln irgendwie spannungsarm. Französinnen, die „O mon dieu!“ ausrufen, sind ein wandelndes Klischee in meinen Augen. Auch das pacing war seltsam. Beim Lesen musste ich an „Sophies Welt“ von Jostein Gaarder denken, Gaarders Publikation macht für mich jedoch mehr Sinn als das Debut des Bibliothekars Douglas Westerbeke. Leider finde ich, dass in „Die unendliche Reise der Aubry Tourvel“ (unfreiwillig) Elemente von schlechter Sick Lit eingebaut wurden; ich bin kein Fan dieses Genres und gepeinigte Frauen als Protagonistinnen mochte ich schon in Lars von Triers Filmen nicht.

    "Literatur ist die Verteidigung gegen die Angriffe des Lebens."


    "...if you don't know who I am - then maybe your best course would be to tread lightly."