Kristen Mei Chase Graceland

  • Töchter und Mütter - seit jeher ein zwiespältiges Verhältnis, Und so wird die Fahrt nach Graceland auch zu einer Fahrt und zum Verhältnis zwischen Mutter und Tochter. Die Tochter - Grace - wirft der Mutter vor, sie nicht in Schutz gegen den abusiven Vater genommen zu haben. Die Mutter hat sich in ihre Verehrung für Elvis Presley gestürzt, hat alles andere ausgeblendet und Memorabilia und Nippesfiguren von Elvis gesammelt. Dies alles kommt peu à peu während der Reise zur Sprache. Kristen Mei Chase lässt diese Erinnerungen sehr geschickt einfließen, so dass wir auf dem Weg der beiden zu Elvis und zu ihren Erinnerungen mitverfolgen können. Für beide wird es aber auch ein Weg in ein neues Leben, trotz schwerer Erkrankung der älteren und Scheidung der jüngeren.

    Ich frage mich, was für einen Impakt Elvis Presley auf seine Fans gehabt haben muss, wenn heute noch, so lange Jahre nach seinem Tod, alles aus Elvis' Leben noch so bedeutungsvoll ist. Tupelo, sein Geburtsort, da pilgern Fans hin, gehen in die kleine Kirche, in die seine Familie ging, essen in dem Lokal und am liebsten an dem Tisch, an dem er einst als Jugendlicher saß, sogar der Supermarkt, wo seine Mutter einst arbeitete ist von Bedeutung. Wieviel Privatsphäre war dem Mann wohl vergönnt?

    Im vorliegenden Roman wird Elvis Mittel zum Zweck. Auf der Fahrt zu den Stationen seines Lebens finden Mutter und Tochter wieder zueinander und bauen ihre verlorene Vertrautheit wieder auf. Je mehr sie in die Elvis Sphäre eindringen, umso mehr scheint die Mutter von ihrer Besessenheit abzukommen und wird wieder zur Mutter von Grace. Grace selbst beginnt ihre Ängste abzubauen, wird innerlich ruhiger, ihre Panikattacken verschwinden. Loralynn, die Mutter, zieht zur Tochter von El Paso nach Chicago. Gemeinsam meistern sie den Alltag. Dieser versöhnliche Ausklang des Romans klingt weder kitschig noch seicht oder an den Haaren herbeigeholt. Es ist einfach das logische Ende einer langen Reise quer durch die USA.

    Eine gute Prise Humor und treffende Bemerkungen lockern den Stil auf und machen das Buch zu einem richtigen Lesegenuß.

    Mädels, aufgepasst: Falls Ihr noch offene Streitpunkte mit Euren Müttern habt, unternehmt eine Reise mit ihnen. Muss ja nicht gleich ein lilafarbenes Cabrio sein. Das Leben ist zu kurz und zu schön, um mit der eigenen Mutter im Streit zu liegen.


    ASIN/ISBN: 3365005889

  • Dieses Buch hat mich mit so viel mehr beschenkt, als der Klappentext versprochen hat. Ich habe mich zusammen mit Grace und ihrer Mutter Loralynn auf eine Reise durch die USA gemacht, habe so einiges über Land und Leute erfahren. Einiges Skurriles, einiges Berührendes, einiges Komisches. Ich habe die beiden Frauen auf dieser Reise nicht nur kennenlernen, sondern auch in mein Herz schließen dürfen. Denn je weiter der Kilometerzähler voranschreitet, desto mehr kommt zwischen den beiden zur Sprache, was viel zu lange unausgesprochen geblieben ist. Desto mehr legen beide Frauen ihre Masken und Schutzpanzer ab und zeigen sich echt, verletzlich, natürlich. Ganz nebenbei habe ich mitgefiebert, ob die beiden es nach Graceland schaffen werden - und wenn ja, in welchem Zustand. Und ich habe den herrlich kurzweiligen und zugleich urkomischen wie tiefernsten Erzählstil der Autorin so sehr genossen. Ein einziger Kritikpunkt ist die Kürze des Buches. Ich hätte mir an so mancher Stelle gewünscht, dass noch nicht so früh aufgehört wurde, zu erzählen. Aber nichtsdestotrotz behalte ich die Geschichte mitsamt ihren sehr besonderen Charakteren in sehr lieber und guter Erinnerung. Das war einfach eine sehr schöne Reise!