'Don't kiss Tommy' - Seiten 001 - 109

  • Man kommt gut in die Geschichte rein. So ganz kann ich die zwei Hauptdarstellerinnen noch nicht einschätzen. Anne kommt ein wenig überheblich daher. Mich wundert, dass sie so gar keine "Schuldgefühle" als Deutsche hat. Aber das ist natürlich aus meiner Warte auch schwer zu beurteilen, wie man sich als Deutsche damals gefühlt haben muss, als die Sieger sich "breit gemacht" haben. Wie viel wussten die Menschen wirklich von dem, was wir heute wissen? Eigentlich war doch Deutschland der Agressor. Ähnlich wie heute Russland in der Ukraine. Aber die Russen sehen das ja auch ganz anders. Also ist Annes Zorn und ihr Gefühl von Ungerechtigkeit wahrscheinlich realistisch. Dass sie tatsächlich überlegt, in der Barackensiedlung ein Gästehaus aufzumachen, das nenn ich mal geschäftstüchtig. Hut ab. Unterkriegen lässt sie sich nicht.


    Der Mann ihrer Schwester, der ist ein ekelhafter Typ. Da fürchte ich, da kommt noch Ungemach auf die Familie zu. Erst mal wird er weggesperrt. Ausgerechnet von dem Mann, den Iris geliebt hat. Da bin ich gespannt, ob man dem Ehemann etwas nachweisen kann. Das dürfte ja, trotz allem, schwierig gewesen sein. Vor allem, da man ja alle Deutschen überpüfen musste. Da konnte man gar nicht alle Nazis erwischen. Sind ja bekanntlich viele so durchgerutscht und hatten nachher noch genauso wichtige Positionen inne. Und eigentlich musste man die ja denunzieren, damit da was passierte. Schwierig für die Deutschen. So schnell wollte sich doch keiner dem ganzen stellen. Die Menschen waren ja eher mit überleben beschäftigt.


    Dass die ganze Stadt von den Briten annektiert wurde ist schon heftig. Hab ich so noch nie gehört. :/


    Rosalie scheint sehr patent zu sein. Muss sie auch. Sie ist ja ganz alleine. Das ist echt hart. Da kann man nicht wählerisch oder zimperlich sein. Beste Idee von ihr sich auf einem Bauernhof einzuquartieren.

    Hollundergrüße :wave



    :lesend


    Heumahd - Susanne Betz


    (Die Freiheit des Menschen liegt nicht darin,

    daß er tun kann, was er will,

    sondern daß er nicht tun muß,

    was er nicht will - Jean Rousseau)

  • Dem kann ich nur zustimmen, dass man sehr gut in die Geschichte reinkommt.


    Anne wirkt auf mich ziemlich kämpferisch, aber auch etwas naiv. Sie hat doch tatsächlich geglaubt, etwas bewegen zu können, wenn sie mit dem britischen Militär spricht. Aber keine Chance. Das Margaretenhotel können sie und ihre Familie nicht wie gewohnt weiterführen, es wieder herrichten etc.


    Die Menschen fügen sich weitgehend in ihr Schicksal, als die Amerikaner die Stadt besetzen, welche dann später von den Briten besetzt wird als deren Hauptquartier.
    Auch Anne und ihre Familie müssen gehen, sie können noch sehr viel mitnehmen im Gegensatz zu vielen anderen Menschen. Und so kommen sie in einer Baracke unter und Anne hat die Idee, dort ein Gasthaus zu eröffnen. Ich bin mal gespannt, ob das klappt. Mitten in der Nacht wird der Mann von Annes Schwester mitgenommen, ausgerechnet den Iris geliebt hat. Auch ich finde Iris‘ Mann total unsympathisch.


    Rosalie lässt sich aber auch nicht unterkriegen und findet zum Glück Unterschlupf auf einem Bauernhof. Zum Glück hat Helmut es ihr angeboten auf dem Friedhof.

  • Die Geschichte liest sich gut, der Schreibstil gefällt mir, nur mit den Hauptdarstellerinnen werde ich so gar nicht warm, Anne wirkt auf mich sehr überheblich, es gibt doch in eine Land, wo es quasi an allem fehlt, Wichtigeres als die Neueröffnung eines Hotels und dann ist da ja auch noch Iris, heiratet einen der Obernazis im Ort nachdem der Freund aus Deutschland geflohen ist, also entweder ist die Gute strohdoof oder so egoistsich, dass sie quasi über Leichen geht um nur ja ein gutes Plätzchen zu ergattern.


    Und Rosalie kann ich ihre erste Reaktion auf Helmuts Angebot nicht verzeihen, Madam ist sich zu fein für Stallarbeit ...

  • Ich hätte zwar noch in Miriam Georgs neuem Roman die Hälfte zu lesen gehabt, doch habe ich es nun gern für die Leserunde zur Seite gelegt.


    Ich lebe in der ehemaligen englischen Besatzungszone Hannover, etwa 100 km von Bad Oeynhausen entfernt. Daher und weil mir die Gutsherrin-Saga so gut gefallen hat, bin ich sehr gern Teil der Mitlesenden. In Bad Oeynhausen war ich schon einige Male, bietet es sich mitunter an, auf Urlaubsreisen dort noch einmal schnell, vor dem Zuhause, eine Pause einzulegen. Aber auch beruflich hat es mich dort schon hingeführt. Ich hab daher ein paar Bilder während des Lesens vor Augen.


    Ich hab ab der ersten Seite den Roman sehr gern weitergelesen. Ich mag die parallelen Erzählstränge mit den beiden Protagonisten Anne und Rosalie. Bin gespannt, wie die beiden Personen aufeinander treffen werden. Ich mag auch Helmut, wie gut, dass Rosalie sich getraut hat, zu deren Hof zu laufen und, dass Helmuts Vater sie tatsächlich aufnimmt. Ich bin optimistisch, dass dies ihr gut tut und möchte nicht daran denken, dass ihr womöglich körperliche Gewalt angetan werden könnte. Ich hoffe einfach, in diesem Roman nicht lesen zu müssen, dass Besatzungssoldaten sich vergreifen oder Liebe zu einem deutschen Mädchen so endet, dass sie schwanger verlassen wird.


    Ich lese deshalb so gern Historische Romane aus der Zeit, weil man, obwohl man schon viel über die Zeit erzählt bekommen und gelesen hat, immer wieder neue Puzzleteile der Vergangenheit dazu kommen. So gefällt mir die Situation vom nahen Bad Oeynhausen mithilfe dieses Romans zu erfahren.


    Es war damit zu rechnen, dass Diethard aufgestöbert und festgesetzt wird. Ich bin grsp

    Manche Bücher müssen gekostet werden, manche verschlingt man, und nur einige wenige kaut man und verdaut sie ganz.
    (Tintenherz - Cornelia Funke)

  • Die Geschichte liest sich gut, der Schreibstil gefällt mir, nur mit den Hauptdarstellerinnen werde ich so gar nicht warm, Anne wirkt auf mich sehr überheblich, es gibt doch in eine Land, wo es quasi an allem fehlt, Wichtigeres als die Neueröffnung eines Hotels und dann ist da ja auch noch Iris, heiratet einen der Obernazis im Ort nachdem der Freund aus Deutschland geflohen ist, also entweder ist die Gute strohdoof oder so egoistsich, dass sie quasi über Leichen geht um nur ja ein gutes Plätzchen zu ergattern.


    Und Rosalie kann ich ihre erste Reaktion auf Helmuts Angebot nicht verzeihen, Madam ist sich zu fein für Stallarbeit ...

    Da fällst du aber ziemlich harte Urteile - so kann ich das nicht sehen.


    Ich denke, Anne versucht mit der einzigen Arbeit, die sie kennt - Zimmer vermieten - etwas Geld zu verdienen, damit es ihnen irgendwann besser geht und sie erst mal etwas zu essen und zum Anziehen kaufen können. Das ist eine gute Idee, denn bald werden wieder Leute reisen und da sehr viel Wohnraum von den Briten besetzt ist, werden Hotels als Mangelware bald wichtig sein.


    Wegen Iris und ihrer Motivation eben diesen Mann zu heiraten, da kommt im nächsten Abschnitt eine Erklärung, die sehr plausibel ist. Und Frank ist mitnichten der Obernazi. Ich denke, er ist durchschnittlich was seine politischen Ambitionen angeht. Man muss sich vorstellen, dass die Briten ja jahrelang der Feind waren und es nicht angenehm ist, dass nun in Deutschland eben diese Feinde das sagen haben. Das würde auch heute noch keiner toll finden und schwer zu akzeptieren. Vor allem, wenn man von den Siegern aus der Stadt vertrieben wird, die die Heimatstadt aller ist. Das ist schon heftig. Dass es da Animositäten gibt, finde ich normal. Ich mag Frank auch nicht. Aber für mich ist er mehr ein Mitläufer gewesen. Einer, der sich jetzt schwer tut, mit den neuen Gegebenheiten. Und dass sich fast alle schwer tun finde ich realistisch dargestellt.


    Rosalie hat erst mal abgelehnt und gehofft, etwas anderes zu finden. War das verwerflich? Wenn so ein 16jähriger Bengel einen Anhimmelt und mit Heim nehmen will :/?

    Hollundergrüße :wave



    :lesend


    Heumahd - Susanne Betz


    (Die Freiheit des Menschen liegt nicht darin,

    daß er tun kann, was er will,

    sondern daß er nicht tun muß,

    was er nicht will - Jean Rousseau)

  • Ich lebe in der ehemaligen englischen Besatzungszone Hannover, etwa 100 km von Bad Oeynhausen entfernt. Daher und weil mir die Gutsherrin-Saga so gut gefallen hat, bin ich sehr gern Teil der Mitlesenden. In Bad Oeynhausen war ich schon einige Male, bietet es sich mitunter an, auf Urlaubsreisen dort noch einmal schnell, vor dem Zuhause, eine Pause einzulegen. Aber auch beruflich hat es mich dort schon hingeführt. Ich hab daher ein paar Bilder während des Lesens vor Augen.

    Ah ums Eck. Ich kenne die Stadt leider nicht finde es aber toll, dass es eine Rollstuhlstadt war/ist. Ein Kurort vom Feinsten, scheint es.

    Hollundergrüße :wave



    :lesend


    Heumahd - Susanne Betz


    (Die Freiheit des Menschen liegt nicht darin,

    daß er tun kann, was er will,

    sondern daß er nicht tun muß,

    was er nicht will - Jean Rousseau)

  • Ich freue mich, dass ihr gut in die Geschichte reingefunden habt. Ich versuche, beim Schreiben immer, möglichst nah an meinen Figuren zu sein, damit es sich beim Lesen so anfühlt, als schaute man ihnen über die Schultern. Das Schwierige dabei ist, die Ereignisse und Gefühle konsequent aus der damaligen Warte zu schildern - und nicht aus dem Wissen, das wir heute haben. Wie haben die Menschen damals gedacht und gefühlt, nachdem ihnen jahrelang die Parolen der Nazi-Propaganda eingetrichtert wurden? Das ist eines der Themen von „Don’t kiss Tommy“: Wie diese jungen Frauen ganz allmählich „aufwachen“ und wie ihnen bewusst wird, was in den vergangenen Jahren in Deutschland los war. Die meisten Menschen empfanden das Kriegsende tatsächlich erst mal als „Zusammenbruch“ und nicht als „Befreiung“, wie wir heute. Für viele war es ein langer Weg zu erkennen, wie sehr sie in den Jahren der Nazi-Diktatur manipuliert wurden und was für grauenvolle Dinge geschehen sind. (Und manche haben es leider nie begriffen bzw. eingestanden.) Ich hatte das Glück, bei der Recherche für diesen Roman auf etliche Berichte und Tagebuchaufzeichnungen von Menschen zurückgreifen zu können, die das Ende des Kriegs in Bad Oeynhausen und die Übernahme der Stadt durch die Amerikaner und dann die Briten selbst miterlebt haben. Das hat mir sehr geholfen, ein Gefühl für die Stimmung in der Stadt zu bekommen, die ja durchaus widersprüchlich war. Aber etwas haben alle Einwohner gleichermaßen empfunden: Den Schock der Ausquartierung, nachdem man in den ersten Wochen nach dem Krieg so erleichtert gewesen war, dass Bad Oeynhausen die Bombennächte glimpflich überstanden hatte. Innerhalb weniger Tage musste die Leute sehen, wo sie blieben, alle Gewissheiten und Zukunftsplanungen waren über den Haufen geworfen. Das muss schon schlimm gewesen sein! - Von der Sperrzone und dem Hauptquartier der Briten dort hatte ich übrigens bis vor zwei Jahren auch noch nie etwas gehört, obwohl ich in NRW aufgewachsen bin. Erst als ich anfing, über die Nachkriegszeit in meinem Heimatland zu recherchieren, stieß ich darauf und fand, dass das eine tolle Vorlage für einen Roman ist. - Ich bin gespannt, wie es euch beim Weiterlesen geht.

  • Ich denke, du meinst Iris' Mann Diethart - und nicht Frank, der als britischer Soldat zurückgekommen ist, oder?

  • Die meisten Menschen empfanden das Kriegsende tatsächlich erst mal als „Zusammenbruch“ und nicht als „Befreiung“, wie wir heute. Für viele war es ein langer Weg zu erkennen, wie sehr sie in den Jahren der Nazi-Diktatur manipuliert wurden und was für grauenvolle Dinge geschehen sind. (Und manche haben es leider nie begriffen bzw. eingestanden.) Ich hatte das Glück, bei der Recherche für diesen Roman auf etliche Berichte und Tagebuchaufzeichnungen von Menschen zurückgreifen zu können, das Ende des Kriegs in Bad Oeynhausen und die Übernahme der Stadt durch die Amerikaner und dann die Briten selbst miterlebt haben. Das hat mir sehr geholfen, ein Gefühl für die Stimmung in der Stadt zu bekommen, die ja durchaus widersprüchlich war.

    Genau so kommt das bei mir auch an. Rosalie, die ja nicht viel zu verlieren hatte, da sie schon vor den Briten alles verloren hatte, tut sich gefühlt leichter mit der Situation. Anne muss da schon mehr dran knabbern.

    Das sich mit der Zeit - den Monaten - einiges beruhigte, bei den Siegern und den Besiegten - kann man sich auch gut vorstellen.

    Hollundergrüße :wave



    :lesend


    Heumahd - Susanne Betz


    (Die Freiheit des Menschen liegt nicht darin,

    daß er tun kann, was er will,

    sondern daß er nicht tun muß,

    was er nicht will - Jean Rousseau)

  • Ich freue mich, dass ihr gut in die Geschichte reingefunden habt. Ich versuche, beim Schreiben immer, möglichst nah an meinen Figuren zu sein, damit es sich beim Lesen so anfühlt, als schaute man ihnen über die Schultern. Das Schwierige dabei ist, die Ereignisse und Gefühle konsequent aus der damaligen Warte zu schildern - und nicht aus dem Wissen, das wir heute haben. Wie haben die Menschen damals gedacht und gefühlt, nachdem ihnen jahrelang die Parolen der Nazi-Propaganda eingetrichtert wurden? Das ist eines der Themen von „Don’t kiss Tommy“: Wie diese jungen Frauen ganz allmählich „aufwachen“ und wie ihnen bewusst wird, was in den vergangenen Jahren in Deutschland los war. Die meisten Menschen empfanden das Kriegsende tatsächlich erst mal als „Zusammenbruch“ und nicht als „Befreiung“, wie wir heute.

    Ich finde, dass ist dir sehr gut gelungen.

    Da fällst du aber ziemlich harte Urteile - so kann ich das nicht sehen.

    Mein erstes Urteil über Anne war ein bisschen hart und das über Iris musste ich im zweiten Abschnitt auch ändern.

    Bei Diethard bleibe ich aber dabei, wer als führender Mitarbeiter bei einer Zeitung dafür gesorgt hat, dass die ganzen grässlichen Parolen unters Volk kamen ist für mich mehr als Mitläufer.

  • so, ich bin heute auch gut ins Buch gestartet. Die Geschichte von Bad Oeynhausen kenne ich auch nicht, der Name sagt mir was, das war es auch schon.


    ich finde solche Geschichten aus der unmittelbaren Nachkriegszeit immer sehr interessant. Ich denke immer, wie schwierig es dann doch immer noch war. Gerade die ersten Sommer und Winter nach dem Krieg waren ja wettertechnisch sehr extrem. da war es natürlich noch schwieriger über die Runden zu kommen.


    Eine ganze Stadt zu räumen ist schon ganz schön heftig. Irgendwo mussten die Leute ja hin und nicht jeder hatte die Verwandtschaft in der Nähe. Rosalies Plan nach Hannover zur Tante zu gehen scheitert ja auch mit daran, dass sie gar keine Möglichkeit findet sich außer zu Fuß dorthin zu bewegen. Da ist die Lösung auf dem Bauernhof von Helmuts Familie unterzukommen schon besser. Patent ist sie ja und sie muss sich nur um sich selbst kümmern, daher geht es auch nicht anders als eben auch etwas forsch aufzutreten.


    Anne geht wohl tatsächlich einfach davon aus, dass es bald wieder so sein wird, wie vor dem Krieg. Ich denke weder bei ihr noch bei ihrer Schwester ist angekommen, was die Deutschen in der Welt tatsächlich angerichtet haben. Diethart wirkt auf mich auch wie aus der Zeit gefallen, der brave Untertan eben... (jetzt musste ich doch glatt mal googeln, wie der bei Heinrich Mann denn hiess, Diederich war der Name)


    Ich bin schon gespannt, wie es denn weitergehen wird. Die erste Zeit ist ja wirklich noch sehr hart, aber bei den Briten ging es dann ja doch schon bald in Richtung Verbesserungen. Von daher bin ich optimistisch, dass sich die Situation eher verbessern wird

  • Anne geht wohl tatsächlich einfach davon aus, dass es bald wieder so sein wird, wie vor dem Krieg. Ich denke weder bei ihr noch bei ihrer Schwester ist angekommen, was die Deutschen in der Welt tatsächlich angerichtet haben.

    Stimmt, da haben wir Deutschen eine Stufe ausgelassen. Also die der Verarbeitung oder sogar der Buße. Wenn man bedenkt, dass die Ausschwitzprozesse erst 1963 losgingen. Und davor die meisten gar nicht genau wussten, was in den Lagern passiert ist. Wir heute erinnern uns sofort an die Filme der Sieger, als sie die Lager befreiten. Aber damals hatte nicht jeder Haushalt einen Fernseher und Kino gabs auch nicht mehr - oder man hatte anderes zu tun als dorthin zu gehen. Es ist echt schwierig. Man muss sich das immer wieder ganz bewusst überlegen. Dass die Menschen nicht so informiert waren wie wir. Und es auch gar nicht sein konnten nach dem Krieg.

    Hollundergrüße :wave



    :lesend


    Heumahd - Susanne Betz


    (Die Freiheit des Menschen liegt nicht darin,

    daß er tun kann, was er will,

    sondern daß er nicht tun muß,

    was er nicht will - Jean Rousseau)

  • Ich bin mal wieder eine Leseschnecke und erst bis zum Kapitel 4 gekommen. Da ich aber übers Wochenende Besuch habe und kaum Lesezeit finden werde, hier schon mal ein paar allererste Eindrücke. Zu viel will ich auch noch gar nicht von euren ersten Kommentaren lesen, da ich mich nicht selbst spoilern will.


    Ich bin gut reingekommen und natürlich schon gespannt. Anne macht auf den ersten Blick einen patenten Eindruck. Dennoch finde ich sie auch sehr naiv im Gespräch mit ihrer Mutter: zu hoffen, dass man bereits im Sommer das Hotel wieder eröffnen kann? Ein Traum - aber einer, der nicht in Erfüllung gehen wird.


    Ihre Schwester Iris ist mit ihrem Nazigatten Diethart ganz schön gestraft. Als es an der Türe klopft und er sich weigert, seine Abzeichen abzulegen dachte ich mir: na, wenn sich Deine Einstellung nicht noch furchtbar rächen wird. Hoffentlich aber nur an ihm und nicht der gesamten Familie. Helmut Bredekamp habe ich auch schon – auf dem Friedhof – kennen gelernt. Da bin ich gespannt, welche Rolle er im Buch spielen will. Iris kann ich noch nicht recht einordnen. Da weiß ich noch nicht, was zuerst war: waren Iris und Diethart erst ein Paar und dann wurde er zum Nazi? Das wäre für mich weniger schlimm, als sich bewußt mit einem Nazi einzulassen und von den Vorteilen zu profitieren...


    Dass Rosalie Helmuts erstes Angebot auf dem Friedhof erst mal ablehnt, kann ich nachvollziehen. Sie kennt ihn ja noch gar nicht und dass sie zumindest erst mal versuchen will, in ihrem eigenen Metier zu bleiben, ist noch nicht verwerflich.


    Ansonsten kann man nach 40 Seiten natürlich noch kaum was sagen...

    Lieben Gruß,


    Batcat


    Ein Buch ist wie ein Garten, den man in der Tasche trägt (aus Arabien)

  • So, nun bin ich auch mit dem ersten Abschnitt durch.


    Bisher mag ich die beiden Damen, Anne & Rosalie. Sie versuchen beide, das beste aus der momentanen Situation zu machen.

    Als arrogant kann ich sie nicht empfinden. Sie sind noch im Schock des Krieges, der ständigen Bombennächte und zumindest bei Anne hab ich das Gefühl, daß sie nicht so unbedingt mit den Nazis sympathisierte. Trotz Nazibonzen als Schwager.


    Ich denke eher, ihre ersten Gedanken galten dem Überleben und ganz langsam setzt sich die Erkenntnis durch, daß der Krieg endlich vorbei ist.

    Daß da Hoffnungen bei Anne enstehen, den Margarethenhof wieder aufzubauen, finde ich eigentlich ganz natürlich. Die Sehnsucht, wenlcih wieder ein normales Leben führen zu können und da das Hotel eben das ist, was sie gelernt hat, womit sie aufgewachsen ist, ist es nur verständlich, daß ihre Pläne in diese Richtung gehen.



    Vermutlich wird ihnen allen erst durch die Besatzuing der Engländer erst ganz langsam bewußt, wie furchtbar schuldig sich Deutschland gemacht hat.


    Ok, ich denke, Diethart wird es eh nie begreifen, aber bei den anderen sehe ich durchaus die Chance, sich dessen noch bewusster zu werden und zu verstehen, weshalb die Briten eben so rabiat sind.

    Müssen sie ja, da sie die Lage als Außenstehende sehen und eben im Fokus die Grausamkeit der Deutschen allgemein sehen und nicht jeden als Person.
    Das wird bestimmt noch kommen mit der Zeit, denke ich.


    Das mit Oeyenhausen und der abgeriegelten Stadt ist mir auch neu. Aber hochinteressant.


    Interessant, bzw. neugierig bin ich auch noch auf die Geschichte von Iris und Frank und warum sie nun ausgerechnet einen gegenzeiligen Mann geheiratet hat.

  • Ich habe den ersten Abschnitt gestern Abend beendet und bin sehr gut in die Geschichte reingekommen. Den historischen Hintergrund Bad Oeynhausens kannte ich allerdings nicht, ebensowenig wusste ich, dass es eine Stadt ohne Treppen ist (eine interessante Info am Rande - da sich in meinem Freundes- und Bekanntenkreis mehrere Menschen befinden, die auf den Rollstuhl angewiesen sind, werde ich bei so etwas hellhörig).


    Ich kann mir kaum vorstellen, wie so etwas abgelaufen ist, plötzlich eine ganze Stadt räumen zu lassen. Und wie es für die Menschen gewesen sein muss, die vielleicht gerade ein bisschen Hoffnung geschöpft hatten und dann vertrieben wurden.


    Mit den Personen werde ich noch nicht so ganz warm - Anne erscheint mir zwar einerseits sehr zupackend und zielstrebig, aber manchmal auch ein bisschen blauäugig. Andererseits brauchte es gerade in dieser Zeit solche Menschen, die sich nicht entmutigen ließen und ihre Ziele verfolgten.


    Rosalie mag ich eher -- es tut mir leid, dass ihr so gar nichts geblieben ist, und ich habe wirklich Respekt, dass sie sich nicht unterkriegen lässt.


    Dass nun mit Frank Iris ehemaliger Verlobter auftaucht, der nach England geflohen ist und dort anscheinend bei der Armee Karriere gemacht hat, ist vermutlich ein Schock. Dass Iris nach einem jüdischen Verlobten ausgerechnet jemanden heiratet, der mit den Nazis sympatisiert ist schon ein krasser Gegensatz. Aber ich bin nicht sicher, ob ihr seine Einstellung wirklich so bewusst war, als sie ihn kennengelernt hat.

    Dass sie sich dagegen entschieden hat, mit Frank nach England zu gehen kann ich schon verstehen. Sie war damals ja noch sehr jung und hätte ihre ganze Familie zurücklassen müssen. Und sie hat sicher gehofft, dass die Situation in Deutschland nicht so schlimm werden würde. Wie ich an ihrer Stelle entschieden hätte? Ich kann es wirklich nicht sagen.

  • So, jetzt bin ich mit dem ersten Abschnitt durch.


    Rosalie erscheint mir wie ein Mensch, der sich irgendwie durch alle Schwierigkeiten des Lebens laviert. Zupackend, tüchtig, ideenreich. Ob ihr das immer zugute kommt, werden wir sehen.


    Hier habe ich mich auch gewundert, dass sie englisch spricht. Ich frage mich, ob damals Englisch-Unterricht in der Schule schon "üblich" war. Aus der Generation meiner Eltern und Großeltern kannnte ich nämlich kaum jemand, der Englisch in der Schule gelernt hat. Erst durch die Besatzer lernten sie einige Brocken kennen. :gruebel


    Iris und Diethart müssen ihr Haus verlassen. Dass auf Hitlers Portrait geschossen wurde (und vor allem Dietharts Reaktion drauf) hat mich amüsiert.


    Diethart erscheint als unsympathischer und ja, leider auch dummer, Trottel der die Zeichen der Zeit noch immer nicht erkannt hat: seine Abzeichen noch an der Uniform zu tragen etc. erscheint mir nicht sonderlich schlau und schon gar nicht irgendwie einsichtig.


    Anne empört sich, dass die Amis mit ihren Autos durch die Kuranlagen fahren. Mir deucht, es ging ihr bislang trotz allem zu gut, wenn das ihre schlimmsten Sorgen sind.

    Auch Rosalie ist ein wenig naiv – meint sie, sie kann mit dem Amerikaner schäkern, der ihr den Kaugummi gab?


    Annes Optimismus ist überwältigend, aber leider auch überwältigend naiv. Bei ihren Bemühungen, das Hotel nicht räumen zu müssen, lernt sie den Colonel Michael Hunter kennen... hier ahnt man natürlich bereits bei der ersten Begegnung, dass die beiden ihre eigene Geschichte zusammen haben werden.


    Was Frank angeht, bin ich gespannt... so wie es aussieht, hatte er das Glück gehabt und konnte sich noch rechtzeitig ausser Landes absetzen. Dass Iris damals nicht mitgegangen ist, kann ich aufgrund ihres jungen Alters noch halbwegs nachvollziehen. Aber warum heiratet man dann so einen überzeugten Nazi?

    Kann man so einen Mann wirklich lieben? Oder hat sie sich Vorteile durch seine Parteizugehörigkeit versprochen? Das eine ist so verwerflich wie das andere...


    Dass Ekel-Diethart früher oder später verhaftet wird, war zumindest mir klar... ihm und Iris aber anscheinend nicht. Ich bin gespannt, wie es mit ihm weitergeht.


    Natürlich habe ich hier auch sofort einiges über die Geschichte Bad Oeynhausens in dieser Zeit nach gelesen - eine Stadt, von der ich bislang nur den Namen kannte. Die "Stadt ohne Stufen" hatte ich noch nie vorher gehört, fand das aber klasse. Allerdings scheint das heutzutage nicht mehr so zu sein, da ich irgendwo auch einen Artikel gelesen habe, in dem es hieß, man müsse wieder mehr an die alte "Stadt ohne Stufen" an knüpfen und die Stadt wieder barrierefreier machen.

    Lieben Gruß,


    Batcat


    Ein Buch ist wie ein Garten, den man in der Tasche trägt (aus Arabien)