Matthias Jügler - Maifliegenzeit

  • Matthias Jügler - Maifliegenzeit


    Verlag: Buchfunk

    Erscheinungsdatum: 2024

    Hörzeit: 2 Stunden 12 Minuten

    ASIN: B0CWVM6JCR


    Über den Autor:

    Matthias Jügler, geboren 1984 in Halle an der Saale, studierte Skandinavistik und Literarisches Schreiben und arbeitet als Herausgeber, Schriftsteller und freier Lektor.

    Für seine Arbeit erhielt er unterschiedliche Stipendien im In - und Ausland. Für "Maifliegenzeit" wurde Matthias Jügler mit dem Rheingau Literatur Preis ausgezeichnet.


    Über den Sprecher:

    Jörg Schüttauf, geboren 1962 in Chemnitz, absolvierte nach einer Ausbildung zum Bühnentechniker ein Schauspielstudium in Leipzig.

    Neben Tätigkeiten am Theater ist Jörg Schüttauf aus Film- und Fernsehproduktionen bekannt und wurde u.a. mehrfach mit dem Grimme Preis ausgezeichnet.


    Über den Inhalt (nach Amazon):

    Für Katrin und Hans wird der Alptraum aller Eltern wahr: Nach der Geburt verlieren sie noch im Krankenhaus unweit von Leipzig ihr erstes Kind – und kurz darauf auch sich als Paar. Denn Katrin quälen Zweifel an der Darstellung der Ärzte, Zweifel, von denen Hans nichts wissen will. Als Katrin Jahre später stirbt, wird klar, dass sie mit ihren Befürchtungen womöglich Recht hatte. Bei seinen Recherchen, die ihn tief in die Geschichte der DDR führen, stößt Hans auf Ungereimtheiten und eine Mauer des Schweigens. Klären kann er all seine Fragen in Zusammenhang mit dem Tod des Säuglings nicht, doch der Gedanke daran, in einem entscheidenden Moment seines Lebens versagt, etwas versäumt, einen Fehler begangen zu haben, lässt ihn künftig nicht mehr los. Da klingelt eines Tages das Telefon und sein Sohn ist am Apparat. Aufgewachsen in einer Adoptivfamilie, unterscheidet sich seine Vorstellung von der Vergangenheit grundlegend von dem, was Hans ihm erzählt. Wird sich die Kluft, die das Leben in einem Unrechtsstaat und vierzig fehlende gemeinsame Jahre gerissen haben, wieder schließen lassen?

    Matthias Jügler zeichnet das bewegende Porträt eines traumatischen Verlustes, erzählt von folgenschweren Zweifeln, von der Kraft des Neubeginns und dem heilsamen Erleben der Natur. Ein feinsinniger Familienroman über ein dunkles Kapitel ostdeutscher Geschichte.


    Mein Eindruck:

    Mathhias Jügler nähert sich mit seinem Roman "Maifliegenzeit" einem bewegenden und traurigen Stück ostdeutscher Geschichte.

    Hans ist überglücklich, als er Katrin kennenlernt und nach Abschluss ihrer Ausbildung beschließen sie, gemeinsam eine Familie zu gründen. Ihrem Glück wird jäh ein Ende gesetzt, nachdem ihnen nach der Entbindung mitgeteilt wird, dass ihr Sohn Daniel verstorben sei.

    Während Katrin Zweifel an Daniels Tod plagen, verdrängt Hans die Situation, schließlich hat er doch ein Grab für sein verstorbenes Kind ausgehoben.

    Matthias Jügler lässt Hans seine Geschichte und die seines Kindes aus der Ich-Perspektive erzählen und so folgt der Leser einem fast durchgängigen Monolog eines Mannes, der mit dem Tod seines Sohnes abschließen möchte und doch leise Zweifel hegt.

    Auf sehr behutsame Weise nähert sich der Schriftsteller einem weitgehend unbekannten und noch längst nicht aufgearbeitetem Thema von vorgetäuschten Kindstoden an, in dem Eltern der Säulingstod mitgeteilt und ihr Kind anschließend zur Adoption freigegeben wurde.

    Wie schwierig der Umgang mit diesem Thema auch heute noch ist, kam kürzlich in einem Leserbrief an die FAZ zur Sprache, in dem die Landesbeauftragte zur Aufarbeitung der SED-Diktatur Sachsen-Anhalts sich zu Matthias Jüglers Roman äußerte, was dazu führte, dass eine betroffene Frau, die ihr Kind wiederfand, sich kritisch auf diesen Leserbrief äußerte.

    Im Zuge dieser öffentlichen Auseinandersetzung sagte Matthias Jügler eine Lesung im Literaturhaus Leipzig ab, da er zuor aufgefordert wurde, Fälle von vorgetäuschten Säuglingstoden zu belegen.

    Mehr dazu: https://de.wikipedia.org/wiki/…_J%C3%BCgler#cite_note-18


    Hans, der sich immer weiter von Katrin entfernt, geht dem Angeln und Naturbeobachtungen nach, in denen er seine Ruhe findet.

    Seine intensiven Beobachtungen zur Maifliegenzeit, dem namensgebenden Titel, machen den Erzähler wacher, ebenso wie die Fische, die das Schlüpfen der Maifliegen an der Oberfläche wahrnehmen und herausspringen.

    Als es zu einem letzten Treffen mit Katrin kommt, bittet sie Hans, wachsam zu sein. Als Hans Bemühungen, Daniel zu finden scheitern, erhält er eines Tages einen Anruf.

    Matthas Jügler versteht es, Hoffnung ebenso wie einen Spannunsbogeng aufzubauen und so wünscht sich der Leser gleich dem Erzähler, dass es zu einem Treffen zwischen Vater und Sohn kommen wird. Doch im Leben wie im Roman verläuft es nicht immer so, wie man es sich erhofft hat.

    Dem Ich-Erzähler Hans verhilft in diesem Hörbuch Jörg Schüttauf zu einer Stimme, passend zum Handlungsort Sachsen mit leicht dialektgeprägter Sprache und durchaus überzeugend.

    Mit "Maifliegenzeit" hat Matthias Jügler ein trauriges Kapitel der DDR-Geschichte aufgestoßen, das feinfühlig eine klug komponierte Geschichte mit gelungener Figurenzeichnung ohne Nostalgie und Pathos erzählt und das Zeug dazu hat, in meine Bestenliste des Jahres 2024 aufgenommen zu werden.


    ASIN/ISBN: 3328602895