Hey guten Morgen, wie geht es dir? – Martina Hefter

  • Klett Cotta, 2024


    Kurzbeschreibung:

    Tagsüber hilft Juno ihrem schwerkranken Mann Jupiter dabei, seinen Alltag zu meistern. Außerdem ist sie Künstlerin, tanzt und spielt Theater. Und nachts, wenn sie wieder einmal nicht schlafen kann, chattet sie mit Love-Scammern im Internet. Martina Hefter hat einen berührenden Roman über Bedürfnisse und Sehnsüchte im Leben geschrieben. Und darüber, wie weit man bereit ist, für die Liebe zu gehen.

    Juno schreibt online mit Männern, die Frauen online ihre Liebe gestehen und so versuchen, sie um ihr Geld zu bringen. Doch statt darauf hereinzufallen, werden genau diese Männer zu einer Form von Freiheit für Juno. In den Gesprächen kann sie sein, wer sie will und sagen, was sie will – und das vermeintlich ohne Konsequenzen. Ganz im Gegensatz zu ihrem sonstigen Leben, in dem sie immer unterwegs, immer besorgt um Jupiter, immer beschäftigt und eingebunden ist. Also flüchtet Juno ab und zu vor ihrem Alltag ins Internet und spielt dort Spielchen mit Männern, die sie anlügen. Sie selbst wird zur Lügnerin. Aber ist es nicht so, dass man sich beim Lügen zuallererst selbst belügt? Eines Tages trifft Juno auf Benu, der ihre Behauptungen ebenso durchschaut wie sie seine. Und trotz der Entfernung zwischen ihnen entsteht eine Verbindung. »Hey guten Morgen, wie geht es dir« ist ein tiefgehender Roman, aber so leichtfüßig wie eine Komödie.


    Über die Autorin:

    Martina Hefter lebt als Autorin und Performerin in Leipzig. Ihre Texte bewegen sich zwischen Gedicht, szenischen Schreibformen und Roman. Viele ihrer Texte setzt sie in Zusammenarbeit mit anderen Künstler*innen szenisch um. Sie veröffentlichte drei Romane und – im kookbooks-Verlag Berlin – fünf Gedichtbände. Zuletzt erschien 2021 »In die Wälder gehen, Holz für ein Bett klauen«.


    Mein Eindruck:

    Es handelt sich um einen interessanten Roman mit relevanten Themen.

    Die Performancekünstlerin Juno lebt in Leipzig mit ihrem Mann, der MS hat und pflegebedürftig ist. Das ist oftmals nicht einfach. Sie kann nachts nicht schlafen und um sich abzulenken, lässt sie sich im Internet auf ein gefährliches Spiel ein.

    Sie chattet mit Männern, die ganz offensichtlich Frauen um ihr Geld betrügen wollen, indem sie ihnen Liebe vorspielen. Juno ist selbstbewusst und spielt ihr Spiel mit den Männern und trickst sie aus.

    (Ich persönlich halte das für sehr riskant und kann nur abraten)

    Mit einem dieser Lovescammer bleibt der Dialog aber aufrecht, auch nachdem er weiß, dass er enttarnt ist, Benu erzählt mehr von sich. Er lebt in Nigeria. Eine Freundschaft entsteht. Aber als Leser ist man sich nicht sicher, ob Benu nicht doch ein Spiel mit Juno treibt.

    Mich hatte diese Handlung gepackt.


    Das Buch hat offen autobiografische Elemente. Man kann die Autorin in ihrer Figur wieder erkennen.


    Ein ziemlich gutes Stück Prosa.


    ASIN/ISBN: 3608988262

  • Ich gebe ja zu, dass mich hier allein der unsagbar bescheuerte Buchtitel (der sicher gut zum Buch passt) abgeschreckt hat. Allerdings hat mich auch die Leseprobe überhaupt nicht dazu animiert, das Buch zu lesen. Es mag sein, dass es wirklich gut ist - aber es sieht nicht so aus wie ein Buch, das mir gut gefällt. :gruebel

    Lieben Gruß,


    Batcat


    Ein Buch ist wie ein Garten, den man in der Tasche trägt (aus Arabien)

  • "Hey, guten Morgen, wie geht es dir?"

    Als ich den Titel las, stellte ich mir vor, ich hätte das Buch im Regal stehen; nicht ordentlich einsortiert, sondern mit dem Cover zur Vorderseite des Regals. Jeden Morgen, wenn ich an dem Regal vorbei gehen würde, hätte ich ein Buch, das mich auf diese Weise begrüßt, und diesen Gedanken fand und finde ich sehr sympathisch. Ich habe das Buch jedoch als e-book gelesen und so begrüßt mich das Cover nur, wenn ich meine Bibliothek auf dem Reader öffne…


    Die Meinungen zu dem Buch gehen nicht unbedingt alle in eine Richtung, doch bei einem Buch, das mit dem deutschen Buchpreis ausgezeichnet wurde, scheint das normal zu sein.


    Worum geht es in diesem Roman? Martina Hefter erzählt von Juno, einer Künstlerin, die zusammen mit ihrem an MS erkrankten Mann Jupiter in einer Wohnung lebt. Es gibt viele Glastüren in der Wohnung, so dass sie sich nicht aus den Augen verlieren können. Juno kann sofort sehen, wenn Jupiter Hilfe braucht. Sie muss sich mehr und mehr um ihn kümmern, denn seine Gesundheit verschlechtert sich mit jedem Schub. Der Fokus liegt aber nicht auf der Krankheit des Partners, sondern auf Juno. Es ist ihr Leben, sind ihre ungewöhnlichen Gedanken und Erfahrungen, um die es geht.


    Sie kann nachts oft nicht schlafen und chattet aus Langeweile mit Love-Scammern, deren Motive sie sofort erkennt. Ihre Antworten auf deren Freundschaftsanfragen und Komplimente sind gedankliche Driften in die Astronomie; eigentümliche Gedanken-Konstrukte, die für sie typisch sind. Bisher haben sie alle Scammer nach ein paar Antworten blockiert, doch einer bleibt. Benu aus Nigeria, dem sie sagt, dass sie seine Absichten kennt, findet sie trotzdem interessant und es entwickelt sich in vielen nächtlichen Chats eine Art Beziehung, bis einer von beiden doch Gefühle entwickelt…


    Juno ist eine total sympathische Hauptfigur. Sie hat sehr spezielle Gedankengänge, der Schreibstil der Autorin ist ebenfalls speziell und macht aus Juno eine ganz besondere Person. Ich habe sie als eine sehr einsame Frau gesehen, die irgendwie verloren durch ein von ihr geschaffenes Universum driftet und nie so wirklich bei sich und anderen ankommt. Schon als Kind und Jugendliche war sie eine Außenseiterin und seitdem kämpft sie sich durch ein Leben, das nicht einfach ist.


    Das Buch ist ungeheuer intensiv geschrieben, es scheint autobiografische Passagen zu geben und es hat mich sehr berührt. Ob es um Kolonialismus geht oder um Frauen über fünfzig, die gegen die Unsichtbarkeit ankämpfen müssen, um Liebe, die nicht sein darf oder einfach nur den Sternenhimmel über Nigeria; was in anderen Romanen als zu viel oder zu gewollt rüberkommt, ist in diesem Buch wohldosiert und passt ganz einfach perfekt. Ich weiß, nicht jeder wird so empfinden, aber ich habe dieses Buch beim Lesen geliebt und gönne ihm den Buchpreis von Herzen…

  • Juno ist eine Außenseiterin, schon immer anders gewesen und scheint als Performance Künstlerin auch nur mäßig erfolgreich zu sein. Ihre einzige Leidenschaft ist der Film „Melancholia“, der ständig erwähnt wird, in dem Planeten auf die Erde prallen und dadurch das Leben auf der Erde zerstört wird.


    Das Buch las sich im Großen und Ganzen flüssig.


    Mir war die Hauptfigur Juno leider nicht sympathisch, ich konnte ihre Beweggründe nicht nachvollziehen, warum sie sich auf Love Scammer einlässt, um sie dann zu belügen, bzw. mit Lügen abzuschrecken. Auch ihre Ehe mit Jupiter ist distanziert geschildert, eigentlich lebt jeder sein Leben und sie haben sich kaum was zu sagen.


    Mir erschloss sich auch nicht, warum so ziemlich jeder in diesem Buch einen Götter(ähnlichen)-Namen haben musste.


    Das Ende plätscherte so aus, ohne Knall oder ohne rund auf mich zu wirken.


    Mich konnte es nicht begeistern.


    6 Punkte von mir.

  • Ich gestehe, es hat ein wenig gedauert bis ich verstanden habe, dass Juno und Jupiter Analogien sind. Die Göttin der Geburt, der Ehe und der Fürsorge pflegt Jupiter, den größten Planeten in unserem Sonnensystem, beide gleichgesetzt mit Zeus und Hera. Nachdem der Groschen aber gefallen war, fand ich es großartig. Leider gibt es im Buch keine weiteren Bezüge dazu, das hätte mir sehr gefallen.


    Ich fand das Buch interessant. Nicht herausragend, dafür lässt es etwa nach der Hälfte dann doch zu stark nach.

    Jupiter bleibt als Nebenfigur wirklich sehr blass und am Rande, eine richtige Rolle spielt er nie so wirklich.

    Aber Juno empfand ich als komplexe Figur. Zerbrechlich und stark, mutig und ängstlich, traurig und positiv zugleich. Eine Kombination, die mich zwischenzeitlich immer wieder berührt hat.


    Es wird schnell deutlich: wirklich etwas zu sagen hat sich das Paar schon lange nicht mehr. Es ist aber ein Abhängigkeitsverhältnis entstanden. Warum Juno in diesem verharrt, wird nicht deutlich. Vielleicht, um sich nicht dem eigenen Leben stellen zu müssen? Um sich nicht fragen zu müssen, was sie sich vom Leben erhofft? Wie ihre Ziele aussehen, ihre Träume, ihre Hoffnungen? Man darf als Leser an dieser Stelle sehr viel und ganz wunderbar spekulieren.

    Der Love-Scammer Benu stellt dagegen einen Ausbruch aus ihrem Leben dar, wenn auch nur virtuell und in sicherer Distanz. Aus Junos Wissen über Love-Scammer und ihrer Fantasie entstehen Gespräche, die mitunter eine sehr große Traurigkeit bei Juno offenbaren, die sehr verletzlich zeigt und die sie schnell wieder unter beißendem Spott zu verbergen sucht. Benu bietet sich da einfach an: er ist physisch weit genug weg um eine reale Gefahr darzustellen, aber virtuell real genug um ein wenig aus dem gewohnten Leben auszubrechen.

    Wobei ich die Idee, die Love-Scammer mit ihren eigenen Waffen zu schlagen urkomisch finde. Die Chat-Nachrichten bringen eine gewisse Komik in die Geschichte.


    Und dann kommt meine Kritik: ab der Mitte geht der Geschichte für mein Empfinden einfach die Luft aus. Die Handlung tritt auf der Stelle, Junos Verhalten beginnt dann sogar ein wenig mich zu nerven, weil sich unheimlich viel ums Altern dreht. Gleichzeitig ist ihr die Gesellschaft, die so sehr auf das Äußere achtet, gar nicht so wichtig. Ja, wie denn nun? Von der zweiten Hälfte des Buches wird mir in einer Woche vermutlich nicht mehr viel im Gedächtnis bleiben. Leider, denn den Anfang fand ich wirklich gut. Wenn man es ganz nüchtern betrachtet, ist am Ende überhaupt nichts passiert.

    Einige tolle Momente, einige tolle Sätze, aber aus den Socken geholt hat mich die Geschichte leider nicht.