Radio Sarajevo - Tijan Sila

  • Klappentext (Amazon):


    „Eine Jugend zwischen Blauhelmen und Bon Jovi. Tijan Sila erzählt rau, verletzlich, unverstellt.“ (Micky Beisenherz) Brutal ehrlich beschreibt er das Leben und Überleben im belagerten Sarajevo.

    „Dies ist die Geschichte meiner Kindheit und meines Kriegs.“ Als im April 1992 der Krieg beginnt, ist Tijan Sila nur zehn Jahre alt, doch bis heute kann er sich an den Geruch von gezündetem Sprengstoff erinnern. Während Sarajevo in Flammen steht, wird aus dem Jungen, der er damals war, ein junger Mann. Er streift durch die Ruinen der ausgebombten Stadt und sammelt Dinge, die von den Geflohenen und Gestorbenen zurückgeblieben sind, um sie auf dem Schwarzmarkt gegen Essen zu tauschen. Er lernt zu überleben, und er akzeptiert die grausame neue Normalität, doch zu welchem Preis?

    Seine Geschichte ist eine Geschichte des Unerwarteten. Sie erzählt davon, wie Dichter zu Mördern werden und Mörder zu Helden. Sie erzählt von Menschen, denen jede Menschlichkeit jäh genommen wurde, und von den Spreißeln, die der Krieg im Hirn jedes Überlebenden hinterlässt.



    Meine Rezension:


    Mit den Augen eines Kindes erzählt Tijan Sila vom Krieg, mit seinen Augen, die im zarten Alter von nur zehn Jahren das Verbrechen gesehen haben. Plötzlich herrscht in Bosnien Krieg, Sarajevo wird bombardiert, während man gerade noch genüsslich sein Ohr am Radio hatte und Bon Jovi lauschte. Eindringlich beschreibt der Autor, wie es ihm damals ergangen ist und wie man sich automatisch angepasst hat an die schreckliche Situation.


    Dieses Buch spiegelt keine Szenen am Schlachtfeld wider, zeigt keine typischen Kampfhandlungen, nein, dieses Buch erzählt von einem Zehnjährigen, den der Geruch von Sprengstoff ebenso überrascht wie seine Eltern und Nachbarn, den der ohrenbetäubende Lärm ebenso in Aufruhr versetzt wie seine Freunde. Aber – er lernt damit zu leben, lernt, durch Tauschhandel an Essen zu gelangen, lernt, seine Tränen zurückzuhalten, fast fünfundzwanzig Jahre lang, denn der Krieg in einem drinnen, der hört nicht einfach auf, nur weil man nach Deutschland flieht. Sehr authentisch, wenn auch immer wieder eher sachlich und distanziert, lässt uns Tijan Sila teilhaben an seiner Freundschaft mit Sead und Rafik, Burschen, die im selben Grätzel wohnen und daher wie selbstverständlich einer gemeinsamen Bande angehören. Aber der Leser trifft auch auf väterliche Gewalt und schnelles Erwachsenwerden mit der Bürde, den kleinen Bruder zu hüten und sich in Krisenzeiten seinen Platz zu sichern. Traurig und bewundernswert zugleich, welche Strategien zum Zug kommen, wie man das Unvermeidliche zu akzeptieren sucht und zwischendrin noch Platz hat für Humor.


    Ein Roman des Verarbeitens, ein Roman zum Erinnern, ein Roman zum Aufrütteln. Kindliche Naivität trifft hier auf ganz plötzlich veränderte Anforderungen, denen man sich stellen muss. Ein erschütterndes Bild aus der Sicht eines Kindes, das viel zu schnell erwachsen wird – lesenswert.



    Titel Radio Sarajevo

    Autor Tijan Sila

    ASIN B0C3KV8W88

    Sprache Deutsch

    Ausgabe ebook, ebenfalls erhältlich als Gebundenes Buch (176 Seiten) und Hörbuch

    Erscheinungsdatum 21. August 2023


    ASIN/ISBN: B0C3KV8W88




  • Wie Kinder im Krieg werden


    Tijan Sila schafft mit seinem Roman,

    Radio Sarajevo, eine autobiografische Icherzählkunst.

    Er lässt sein 10jähriges Ich von seinen Eindrücken und Erlebnissen während des Krieges erzählen.

    Sein erster Eindruck war ein Erstaunen, bis er richtig wahrnimmt, wie der Krieg ist.

    Tijan und seine beiden Freunde erkunden immer wieder, wie sie ein wenig Profit erlangen können. Der Roman zeigt mit grausamer Klarheit, wie das Leben der Kinder gezeichnet wird. Wenn man dann bedenkt, wie viele Kinder jetzt wieder leiden müssen, macht mich traurig.

    Der Autor hat diesen Krieg überlebt, seine Eltern sind mit ihm 1994 nach Deutschland geflohen. Was er hier erlebt wird immer kurz eingeflochten.

    Interessant war der Epilog, als er seine Freunde bei einer Lesereise wieder trifft.

    Die Geschichte nimmt den Leser mit und ist unbedingt lesenswert.

  • Radio Sarajevo - Tijan Silo



    Mein Eindruck:

    Es ist die Zeit 1992 bis 1994 im belagerten Sarajevo, die Tijan Silo in seinem autofiktionalen Buch erzählt. Man erfährt vom Leben der Kinder im Krieg.

    Tijan Silo hat eine eigene Art, von seinen Erinnerungen zu erzählen. Er ist zu Anfang des Krieges ungefähr 11 Jahre alt und beschreibt viele Szenen mit Humor, zum Beispiel wenn Tijan mit seinen Freunden rumhängt und sie so einiges anstellen.

    Daneben sind aber die Kälte, Mangelernährung und Gewalt allgegenwärtig. Tragischerweise geht die Gewalt auch vom Vater aus, das ist besonders schmerzhaft zu lesen.

    Literaturkritiker Philipp Tingler betont in seiner Kritik des Buches das Tragikomische als qualitatives Element. Dem kann ich mich anschließen.