Die ersten drei Sätze eures aktuellen Buches (ab 07.06.2024)

  • Colin beendete seine Toilette. Nachdem er dem Bad entstiegen war, hatte er sich ein üppiges Frotteehandtuch umgeschlungen, nur die Beine und der Oberkörper schauten heraus. Nun nahm er den Zerstäuber vom gläsernen Regal und versprühte duftendes Öl auf seinen hellen Haaren.

    Die eigentliche Geschichte aber bleibt unerzählt, denn ihre wahre Sprache könnte nur die Sprachlosigkeit sein. Natascha Wodin

  • US-Basis "Camp Century",

    Grönland

    2. August 1967


    Paul Memphis' schwere Stuefel knirschten auf dem festgetretenen Eis des Tunnelbodens, während er den engenen Schacht entlang eilte. Durch den strengen Frost war der Untergrund so hart, dass es bei jedem Schritt klang, als liefe er über groben Schotter. Noch dazu hallte das Geräusch unnatürlich laut von den glatten Wänden wider, die den Tunnel zu allen Seiten begrenzten: zwölf Meter Eis nach oben, ein paar Kilometer in die Tiefe und je nach Himmelsrichtung 80 bus 800 Kilometer zu den Seiten.


  • Frage 1

    Was wäre, wenn wir nicht dumm wären, sondern wenn wir uns auf dumme Normen von Intelligenz geeinigt hätten?


    Frage 2:

    Was wäre, wenn wir nicht hässlich wären, sondern wenn wir uns auf hässliche Normen von Schönheit geeinigt hätten?


    Frage 3:

    Was wäre, wenn wir nicht arm wären, sondern wenn wir uns auf armselige Normen von Reichtum geeinigt hätten?


  • Warum hatte José Durand Flores ihn wohl sprechen wollen, dieses Mitglied der intellektuellen Elite Perus? Man hatte es ihm in der Pulperia ausgerichtet, die sein Freund Collau betrieb, ein kleines Lokal und zugleich Kiosk für Zeitungen und Zeitschriften, und er rief zurück, aber niemand ging ran. Collau sagte, die Nachricht habe seine Tochter entgegengenommen, die kleine Mariquita, vielleicht habe sie die Nummer nicht richtig verstanden , bestimmt würden sie sich noch mal melden.



  • Lucy

    13 Jahre alt

    Die Nacht, in der sie nicht mehr wiederkam


    Ein Schrei weckt mich von den Toten auf. Zuerst denke ich, es liegt am Fieber - schon seit Tagen kämpfe ich mit einer Atemwegsinfektion. Ich fühle mich weder schwitzig noch zittrig, aber so einen Schrei gibt es nicht im echten Leben.


  • Seit einem Vierteljahrhundert arbeite ich im direkten Kontakt mit Menschen - als Gesprächs- und Atemtherapeutin, als Heilpraktikerin mit den Schwerpunkten Psychosomatik/Psychotherapie, als Sterbebegleiterin, Kommunikationstrainerin und schließlich als Coach. In meiner Arbeit als Coach begann ich zunächst ausschließlich mit Frauen zu arbeiten. Danach wandte ich mich allen Führungskräften, Unternehmern und Selbstständigen zu.


  • Es ist schwer zu sagen, wo man mit dieser Geschichte beginnen soll, aber ich habe mich für einen gewissen Mittwoch beim Lunch im Pfarrhaus entschieden. Obwohl das Gespräch im großen Ganzen für die bewusste Angelegenheit belanglos war, fielen doch ein oder zwei Andeutungen, die den Fortgang der Ereignisse beeinflussten.

    Ich hatte gerade das gekochte Rindfleisch zerlegt (es war übrigens bemerkenswert zäh) und setzte mich wieder, da erklärte ich in einer meinem Stand ganz unangemessenen Regung, dass jeder, der Colonel Protheroe um die Ecke bringen würde, der Welt einen großen Dienst erweise.


    Aktuelle Lektüre: Die Anomalie - Hervé le Tellier | Tod an der Wien - Beate Maly
    SUB: 102

  • Anna Voigt war ihr Name, und sie lebte vor langer Zeit, aber nur kurz. Sie war keine Bauerntochter, keine Magd, sie gehörte nicht der Schar unbedeutender Seelen an, die diese Zeit bevölkerten – sie war die Tochter eines Gutsbesitzers. Sie musste kein Wasser aus dem Brunnen schöpfen, keine harte Arbeit in der Küche verrichten, sie konnte um frische Kirschen vom Markt bitten und um das hübscheste Häubchen, das es überhaupt zu kaufen gab.

  • Es ist schwer zu sagen, wo man mit dieser Geschichte beginnen soll, aber ich habe mich für einen gewissen Mittwoch beim Lunch im Pfarrhaus entschieden. Obwohl das Gespräch im großen Ganzen für die bewusste Angelegenheit belanglos war, fielen doch ein oder zwei Andeutungen, die den Fortgang der Ereignisse beeinflussten. Ich hatte gerade das gekochte Rindfleisch zerlegt (es war übrigens bemerkenswert zäh) und setzte mich wieder, da erklärte ich in einer meinem Stand ganz unangemessenen Regung, dass jeder, der Colonel Protheroe um die Ecke bringen würde, der Welt einen großen Dienst erweise.

  • Statt eines Vorwortes


    Heute Morgen habe ich aus einer sentimentalen Laune heraus angefangen, im Briefwechsel zwischen mir und meinem alten Freund Hachmed Ben Kibitzer zu lesen. Die Lektüre versetze mich bald in fiebrige Erregung, ich verschlang ungeduldig einen Brief nach dem anderen - fast so wie ich in meiner Jugend jeden neuen Abenteuerroman von Prinz Kaltbluth verschlungen habe. Ich vergaß darüber das Essen und das Trinken und zeitweise sogar, dass ich diese Briefe einst selber geschrieben hatte und die Hauptrolle darin spielte.


    "Drei Dinge sind uns aus dem Paradies geblieben: die Sterne der Nacht, die Blumen des Tages und die Augen der Kinder!" (Dante Alighieri)

  • Auf den ersten Blick war Maria verliebt. Verliebt in die großen schiefen Fachwerkhäuser und die engen verwinkelten Gassen mit den schmalen Durchlässen. Verliebt in die Delikatessengeschäfte und Patisserien, in deren Schaufenstern die feinsten herhaften und süßen Köstlichkeiten lagen.

    :lesend Rebecca Gablé; Die Fremde Königin (Leserunde)

    :lesend Ilona Andrews; Sweep of the Heart (eBook)

    :lesend Astrid Fritz; Der Turm aus Licht (Hörbuch: Svenja Pages)

  • Die Kamera fängt alles ein, selbst den Tod.

    Jonah sitzt auf einem der hinteren Fensterplätze des Shuttlebusses und hält sich so verkrampft an der Vorderlehne fest, dass die Adern seines rechten Arms hervortreten. Mit der linken Hand versucht er, das Blut zu stoppen, das aus seiner Nase quillt - die rote Flüssigkeit sprenkelt über den abgewetzten Sitz.


  • Im Autoradio lief Softjazz, ein Kompromiss nach langer Debatte. Lacy, die Eigentümerin des Toyota Prius und mithin auch des Radios, hasste Rap in etwa so sehr wie Hugo, ihr Beifahrer, Countrymusic. Sport, Hintergrundinfos, Oldies, Comedy und BBC waren nicht infrage gekommen, und Bluegrass, CNN, Oper und hundert andere Spartensender hatten sie erst gar nicht ausprobiert. Schließlich hatte Lacy frustriert, Hugo ermüdet aufgegeben, und so wurde eben Softjazz eingestellt.


  • Ein Einhörnchenmännchen namens Kelvin, das zusammen mit seiner Frau Thelma, vielen anderen Verwandten und Artgenossen in einem großen Kastanienbaum in einem kühlen Wald im Schatten der Finsterberge lebte, glaubte eines Tages, eine geniale Idee zu haben, welche die gesamte Einhörnchengesellschaft radikal verändern könnte. "Warum", dachte sich Kelvin, "streben wir in unserer Existenz eigentlich immerzu vorwärts? Am Ende erwartet uns ja doch nur der Tod. [...]"

    „Furcht führt zu Wut, Wut führt zu Hass. Hass führt zu unsäglichem Leid.“

    - Meister Yoda