Die ersten drei Sätze eures aktuellen Buches (ab 07.06.2024)

  • Vor zwanzig Jahren, als ein sechzehnjähriger Junge namens Robert Peter Williams, nach einem ebenso kurzen wie katastrophalen Versuch als Fensterverkäufer, bei einer Boygroup einstieg und einen neuen Namen erhielt, wurde Robbie Williams geboren. Und hier sind die Beweisfotos seiner ungewöhnlichen, aber auch wechselhaften Karriere.

    Zwanzig Jahre Singen, Songs schreiben und Konzerte geben.

    Die eigentliche Geschichte aber bleibt unerzählt, denn ihre wahre Sprache könnte nur die Sprachlosigkeit sein. Natascha Wodin

  • Jetzt kommen wieder die Zigeuner. Die erste war Leila aus der Fidler-Familie, die wurde in Polen geboren. Von dort hatte ich schon viele Bewohner.

  • Sehr geehrter Herr Willis,


    geht es Ihnen gut?

    Mit freundlichen Grüßen,

    Tilman Rammstedt


    Dass ich ihn weniger als meinen Bankberater sehen solle, sagte mein ehemaliger Bankberater bei unserem ersten Termin, sondern vielmehr als etwas anderes.


    Die eigentliche Geschichte aber bleibt unerzählt, denn ihre wahre Sprache könnte nur die Sprachlosigkeit sein. Natascha Wodin

  • 1. Zuerst bereitete die Frau ihm Schwierigkeiten und bald darauf auch der Mann.


    2. Anfangs hatte er eine völlig klare Vorstellung davon, wer die Frau ist. Sie ist gross und anmutig; nach konventionellen Massstäben kann sie vielleicht nicht als Schönheit gelten, doch ihre Erscheinung – dunkles Haar und dunkle Augen, hohes Jochbein, voller Mund – ist beeindruckend, und ihre Stimme, ein tiefer Alt, hat eine sanfte Anziehungskraft.

  • Jenny nahm die aus künstlichem Tannengrün und Bändern gedrehte Girlande von der Kommode und legte sie in das oberste Fach. Dann stopfte sie die beiden Zierkissen mit Schneemanngesichtern hinterher, schloss die Schranktür und sah sich im Zimmer um. Die grün-rot karierte Decke auf dem Lehnstuhl neben dem Fenster konnte als saisonunabhängiges schottisches Wohnaccessoire durchgehen und durfte bleiben.


  • Morgens nach dem Frühstück gehe ich an einem kleinen Marmorgedenkstein vorbei, der an einer hohen Straßenmauer angebracht ist. Ich habe den Toten nicht gekannt, und trotzdem wurden mir mit den Jahren sein Vor- und Nachname vertraut. Ich kenne Tag und Monat seiner Geburt und seines Todes.

    Die eigentliche Geschichte aber bleibt unerzählt, denn ihre wahre Sprache könnte nur die Sprachlosigkeit sein. Natascha Wodin

  • Mein idealer Ort ist eine Erinnerung:

    An das Aufwachen nach dem Mittagsschlaf in der Hängematte im Garten meiner Großmutter und ihres Freundes (mein alter Freund, sagte sie) in der Greifswalder Obstbausiedlung am ersten Tag der Sommerferien.

    Immer am ersten Tag der langen wunderbaren Sommerferien.

    Neben mich auf einen extra dorthin geschleppten Holztisch hatte dann ihr alter Freund (er war vor und im Zweiten Weltkrieg Chef der Konsumbäckerei, und seine Frau hatte sich vor dem Einmarsch der Roten Armee erhängt) ein großes Stück warmen Streuselkuchen auf einen Porzellanteller gelegt, den er zu meiner Begrüßung gebacken hatte.

    Die eigentliche Geschichte aber bleibt unerzählt, denn ihre wahre Sprache könnte nur die Sprachlosigkeit sein. Natascha Wodin

  • Noch nie hatte ich Magister John Wyclif so aufgewühlt gesehen. Selbst in heftigen Diskussionen mit anderen Lehrenden an der Universität geriet er selten in Verlegenheit. Aber einem Gelehrten die Bücher zu rauben, so erklärte er mir später, als ich sie ihm zurückbrachte, sei zutiefst verwerflich.


  • Auch wenn sämtliche Dokumente, Türschilder und Reisepässe meines Lebens – und selbst der Schutzumschlag des vorliegenden Buches diese Behauptung widerlegen: Mein Name ist Lorcan. Richtig: Ich habe mich Lorcan getauft. Zumindest für die Länge und Dauer der folgenden siebzig Mikroromane.


  • Wie ein Raubvogel taucht das Flugzeug am tintenschwarzen Himmel auf, um danach abzubremsen, kurz scheinbar regungslos zu schweben und dann zu einer weitläufigen, kreisenden Bewegung anzusetzen, so als schwanke es zwischen zwei möglichen Beuten, unentschlossen, auf welche es sich stürzen soll. Unten, in der Tiefe, zeichnen sich Lichtbänder ab, die die Dunkelheit in Streifen schneiden und über die sich andere, kleinere Lichter wie Ameisen aufeinander zubewegen, zusammenströmen, Cluster bilden und wieder ausschwärmen. Das Land außerhalb der Lichtflecken ist dunkel, ein klaffendes schwarzes Loch, sogar zu dunkel, um sehen zu können, ob es flach oder hügelig ist.

    Die eigentliche Geschichte aber bleibt unerzählt, denn ihre wahre Sprache könnte nur die Sprachlosigkeit sein. Natascha Wodin

  • Anreise
    Es ist im Grunde eine einfache Sache, ich fuhr mit meiner 14-jährigen Tochter Suki im tiefsten Winter von Berlin nach Davos in die Skiferien. Von der deutschen Hauptstadt bis dort hinauf, das ist heutzutage keine sonderlich weite Reise, dafür eine kostspielige. Hotel und Restaurants, Skipass, Ausleihgebühren für Ski, Skischuhe, Helm und was noch so dazukam: Alles war in der Schweiz entsprechend bepreist, zumal nach der Pandemie und während eines Krieges in Europa.

    Und während ich diese Sätze abschrieb, erwachte mein Langzeitgedächtnis. Ja, da war sie wieder, die andere Sprache im Original.


    Ankunft
    Ein einfacher junger Mann reiste im Hochsommer von Hamburg, seiner Vaterstadt, nach Davos-Platz im Graubündischen. Er fuhr auf Besuch für drei Wochen.
    Von Hamburg bis dort hinauf, das ist aber eine weite Reise; zu weit eigentlich im Verhältnis zu einem so kurzen Aufenthalt.

  • Herr Grimm, der Polizist von Peterswalde, war sehr schlecht gelaunt. Er saß an seinem Schreibtisch und starrte auf drei Briefblätter, neben denen drei einfache Umschläge lagen. Die Briefe waren nicht unterschrieben und bestanden aus einzelnen Buchstaben und Wörtern, die jemand aus einer Zeitung ausgeschnitten und auf die Blätter geklebt hatte.

    "Drei Dinge sind uns aus dem Paradies geblieben: die Sterne der Nacht, die Blumen des Tages und die Augen der Kinder!" (Dante Alighieri)