Wir waren nur Mädchen – Buzzy Jackson

  • Kann man die beiden Beiträge nicht einfach so stehenlassen? Dann wären alle zufrieden und gut ist. :/:anbet

    Nein, das sollte nicht so sein.

    Lieber ein Hinweis im einzigen Thread, dass das Buch sowohl als auch ist. Sozusagen ein Genremix. (So was mag ich ja total, gut dass das Buch schon subt.:))

    Hollundergrüße :wave



    :lesend


    Heumahd - Susanne Betz


    (Die Freiheit des Menschen liegt nicht darin,

    daß er tun kann, was er will,

    sondern daß er nicht tun muß,

    was er nicht will - Jean Rousseau)

  • Ich habe wirklich gedacht, ein solides Wissen über den 2. Weltkrieg und die Widerstandsbewegung in den einzelnen Ländern zu haben. Und jetzt muss ich feststellen, dass es da durchaus noch weiße Flecken auf meiner Wissens-Landkarte gibt, denn von Hannie Schaft habe ich bisher noch nie etwas gelesen. Und daher bin ich Buzzy Jackson unheimlich dankbar, dass sie die Geschichte dieser außergewöhnlichen Frau aufgeschrieben und für die Nachwelt erhalten hat.


    Mich hat das Buch sehr aufgewühlt. Die Autorin hat es wirklich gut verstanden, die gegensätzlichen Gefühle in Hannie darzustellen. Die junge Frau im Studium, klug und zupackend, loyal, aber sozial ein wenig unbeholfen. Man hat manchmal den Eindruck, es bereite ihr Probleme ihren Platz in der Welt zu finden. Dagegen steht eine junge und entschlossene Frau, die sich dem bewaffneten Widerstand anschließt und nach einer kurzen Ausbildung mit noch mehr Entschlossenheit auftritt. Dem Wunsch, sich zu beweisen und mutig zu sein. Der Zusammenhalt und das gemeinsame Ziel mit den anderen Kämpfern spielt hier eine nicht unwesentliche Rolle. Man spürt förmlich, wie Hannie in dieser Zeit über sich hinaus wächst.

    Die Ambivalenz ihrer Gefühle ist für mich absolut nachvollziehbar. Sie führt ein Leben im permanenten Ausnahmezustand. Einerseits ist da die permanente Angst entdeckt und verhaftet zu werden. Die Angst um die eigene Familie, die sie mit ihrer Arbeit in Gefahr bringt und das Wissen darum. Gleichzeitig hat sich so viel Hass auf die Besatzer angestaut. Ich kann den Gedanken nach Rache schon nachvollziehen.


    Man könnte an dieser Stelle ggf. argumentieren, dass Hannie sich durch die Attentate auf die gleiche Stufe begibt wie die Nazis. Ein Leben für ein Leben. Ich finde diese Frage äußerst schwierig zu beantworten. Zumal ich, die über 70 Jahre nach Kriegsende in Deutschland Geborene, noch nie mit einer auch nur ansatzweise vergleichen Situation konfrontiert war. Und es hoffentlich auch nie sein werde. Es steht mir genau genommen gar nicht zu, an dieser Stelle ein Urteil darüber zu bilden. Und an dieser Stelle finde ich, hat die Autorin genug Raum für die eigenen Gedanken gelassen.


    Die Geschichte wird nicht übertrieben reißerisch erzählt, sondern eher ruhig und sich langsam aufbauend. Mir hat das sehr gefallen, dadurch entwickelte die ganze Handlung einen unheimlichen Sog. Dadurch wirkten die Szenen, in denen wirkliche Gewalt beschrieben wurde, umso drastischer. Auch hier wieder ein respektvoller Umgang, dramatisch, aber nicht reißerisch.


    Ein sehr berührendes, aufwühlendes, nachdenklich machendes und auch informatives Buch, dem ich ganz ganz viele Leser wünsche.


    ASIN/ISBN: 3351042280

  • Ich habe ihnen nichts gegeben

    Wir waren nur Mädchen, Romanbiografie von Buzzy Jackson, 553 Seiten, Aufbau-Verlag.
    Roman nach der wahren Geschichte einer mutigen Frau.


    Hannie Schaft, ist Jurastudentin aus Amsterdam. Es ist Krieg, Hannie bricht ihr Studium ab und schließt sich dem Widerstand an. Zwei jüdischen Freundinnen bringt sie in ihrem Elternhaus unter. Zusammen mit ihren Kameraden Jan Bonekamp den Oveersteegen-Schwestern Truus und Freddie, leistet sie bewaffneten Widerstand. Sie wurde zur meistgesuchtesten Frau in den Niederlanden, kurz vor Kriegsende wurde sie verhaftet, gefoltert und am 17.04.45 erschossen. Ihr Vermächtnis wurde nicht vergessen und in den Niederlanden ist das „Mädchen mit den roten Haaren“ noch immer ein Begriff. Hier ihre Geschichte mit belletristischen Mitteln erzählt. Aus den Erinnerungen ihrer Freunde und Familie.


    Auch ich habe vor dieser Lektüre, noch nie von Hannie Schaft gehört, ich bin jedoch sehr froh auf diesem Wege von ihr erfahren zu haben. Ihr Leben und heldenhafter Tod verlangt mir höchsten Respekt ab.
    Das Buch erzählt die Geschichte von Hannie, in 46 Kapiteln die in vier Teile gegliedert sind. Die Teile sind mit Datum und mit einer zusammenfassenden Überschrift versehen. Der Beginn informiert schnell über das nötige Vorwissen und Lesefluss stellt sich unmittelbar ein. Die Geschichte erscheint im Ich-Stil aus der Sicht der Protagonistin. Dadurch ist das Innenleben, das Denken und Handeln von Hannie gut dargestellt, auf diese Weise kommt der Leser ihr sehr nahe, kann sich mit ihr identifizieren, ihr Handeln nachvollziehen. Die holländischen Ausdrücke und Phrasen sind kursiv gedruckt, das macht das Geschehen lebendig. Diese Phrasen werden sofort übersetzt, somit ist klar was gesprochen wird, ich fand die holländischen Sätze reizvoll, sie gaben ein Gefühl, mittendrin und dabei zu sein.
    Ich durfte eine faszinierende junge Frau kennenlernen, eine Heldin, die Entwicklung wie sich aus der naiven Studentin, eine kaltblütige Kämpferin entwickelt hat, mutig, bereit zu töten, die der Folter widerstand, haben mich zutiefst berührt. Hannie Schaft werde ich wohl niemals vergessen. Ich an ihrer Selle hätte damit gehadert, dass meine Taten zum Tod von vielen Menschen, schuldig und auch unschuldig, geführt haben, doch Hannie geht mutig ihren Weg. Ihre weiblichen Reize machten es möglich, dass sie ihren Opfern nahe kommen konnte. Die Lektüre verlangt vom Leser sehr viel, die Vergeltungsmaßnahmen, die im Gegenzug zu den Widerstandsaktionen durchgeführt wurden, die Grausamkeiten der deutschen Wehrmachtssoldaten und ganz besonders am Ende die Beschreibung der Folter, waren fast unerträglich für mich zu lesen. Hier nimmt die Autorin keine Rücksicht auf die Leserschaft. Hannie bei ihren Aktionen zu begleiten war spannend, ich habe andauernd mitgefiebert. Die Seiten sind nur so dahingeflogen. Im Nachwort bekommt der Leser, die Information, was wirklich geschah und wie das Leben der überlebenden Mitglieder der RVV weiter verlief.

    Ein sehr informatives, anspruchsvolles und spannendes Buch. Dieses Debüt ist gelungen, es ist gut recherchiert und ausgeführt. Wer sich für den Widerstand, für historisches aus WK II, oder speziell für das kurze Leben von Schaft interessiert, ist hier richtig. Eine deutliche Leseempfehlung.

  • Johanna Schaft, genannt Hannie, ist eine eher schüchterne junge Frau. Sie studiert Jura in Amsterdam und lernt während des Studiums Philine und Sonja kennen. Sie freunden sich an. Doch ihre Zukunftspläne werden durch den Krieg zunichte gemacht. Die Jüdinnen Philine und Sonja dürfen nicht weiter studieren. Um ihren Freundinnen zu helfen, schließt sich Hannie dem Widerstand an. Zunächst übernimmt sie einfache Aufgaben, doch zunehmend wird ihre Arbeit gefährlicher. Aber sie kämpft weiter bis zum bitteren Ende.

    Hannie Schaft ist eine mutige junge Frau, die alles riskierte und die Konsequenzen in Kauf nahm. Man fragt sich unwillkürlich, was man selbst in so einer Situation getan hätte.

    Die Autorin Buzzy Jackson erzählt die Geschichte von Hannie Schaft aus der Ich-Perspektive, so dass man sehr nahe an der Protagonistin dran ist. Der Anfang zieht sich meiner Meinung nach etwas, doch dann nimmt die Geschichte Fahrt auf und wird spannender, aber auch grausamer. Die Anmerkungen der Autorin sowie das Nachwort liefern weitere Informationen über das Geschehen in den Niederlanden in jener Zeit.

    Hannie will Ihren Freundinnen helfen und bringt sie bei ihren Eltern unter. Doch um sie zu schützen, benötigt sie die Unterstützung des Widerstands und übernimmt daher recht einfache Aufgaben. Dann aber wird sie weiter ausgebildet und ist bereit, auch zu töten. Die Männer ließen sich von dem „Mädchen mit den roten Haaren“ bereitwillig einwickeln. Einerseits gefällt mir diese Entwicklung nicht so, aber ich kann auch verstehen, dass sich Hannie radikalisiert, denn Nichtstun ändert ja nichts und die Menschen leiden unter der Besatzung.

    Dieser oft sehr bedrückende Roman ist keine leichte Kost, dennoch hat er mich bewegt und ich habe ihn sehr gerne gelesen.


    10/10

  • Wenn Unrecht zu Recht wird, wird Widerstand zur Pflicht! (B. Brecht)

    Mit „Wir waren nur Mädchen“ nahm ich mich des Schicksals Hannie Schaft an, von der ich – ich muss gestehen – bis dato noch nie gehört hatte. Ich habe schon viele Bücher zum Thema Widerstand während des Zweiten Weltkriegs gelesen aber, dass dieser in solch einem doch gewaltigen Ausmaß auch in den Niederlanden stattfand, war mir neu. Auch dass es so viele Anhänger des Nazi Regimes dort gab, überraschte mich. Ich stelle mir vor, dass die arme Hannie nicht minder überrascht war, als auch für sie selbst alles anders wurde und sie ihre Träume für die Zukunft begraben musste. So sucht sie dann auch bald nach einer Möglichkeit Gerechtigkeit zu finden und schließt sich dem Widerstand an, der mit einer Vehemenz und auch Grausamkeit gehen die braune Brut vorgeht, die mir manchmal beim Hören Schauer über den Rücken jagte. Es gehörte damals viel Mut und zugleich eine unterschwellige Wut dazu, die Aktionen durchzuführen, bei denen auch vor Mord nicht halt gemacht wurde. Während ich die Truppe durchaus bewundere, ging mir doch auch immer wieder die Frage durch den Kopf, ob diese Art von Selbstjustiz wirklich gerechtfertigt ist oder ob im Krieg alles erlaubt ist? Eine schwierige Frage, die mir wohl so niemand beantworten kann, der nicht selbst damals betroffen war. Ich ziehe meinen Hut und danke der Autorin Buzzy Jackson, dass sie es mir ermöglicht hat, eine Wissenslücke in meinem Geschichtswissen zu schließen. Ich vergebe wohlverdiente 4,5 von 5 Sternen.

  • Die Nazizeit finde ich sehr spannend und als ich las, dass es sich um eine Geschichte handelt, die in den Niederlanden spielt und eine reale Geschichte dahinter steht, war ich schon begeistert.


    Hannie Schaft, als junge Frau eher schüchtern, lernt bei einer Party zwei junge Frauen kennen, die ihre Freundschaft suchen und schötzen, was für Hannie ganz ungewohnt ist. Als sich herausstellt, dass die beiden Jüdinnen sind, wird die Freundschaft noch enger und Hannie hilft ihnen, wo sie kann. Das bemerkt auch ihre Vorgesetzte, Schwester Dekker. Als das Hilfsbüro, in dem Hannie arbeitet, durchsucht und geschlossen wird, schickt Schwester Dekker sie zu einer anderen Adresse und so wird Hannie Teil des niederländischen Widerstands.


    Die Grundidee der Story ist spannend, zumal es sich eben um reale Personen und Ereignisse handelt. Trotzdem konnte mich die Geschichte nicht mitreißen. Für mich hatte sie Längen und ich wurde mit Hannie nicht so recht warm. Ich weiß leider nicht so recht, woran es lag, denn andere sind von diesem Buch sehr begeistert gewesen. Ich fand es schon spannend und gerade zum Ende hin auch ans Herz gehend, doch irgendwie bin ich nicht recht zufrieden.


    Was mir gefallen hat, war dass sowohl der Widerstand als auch die Gegenseite, nämlich das Mitläufertum, aber auch die Täterschaft der Niederländer ein Thema ist.


    Von mir 7 Punkte