Klappentext:
Dunkle Kräfte sind am Werk - und
THE STRANGER TIMES
geht ihnen auf den Grund. Die Wochenzeitung ist Großbritanniens erste Adresse für Unerklärtes und Unerklärliches. Zumindest ist das ihre Eigenwerbung ...
Gleich in Hannah Willis' erster Arbeitswoche bei der Zeitung tritt eine Tragödie ein, und
THE STRANGER TIMES
ist gezwungen, tatsächlich investigativen Journalismus zu betreiben. Hannah und ihre Kollegen kommen zu einer schockierenden Erkenntnis: Einige der Geschichten, die sie zuvor selbst als Unsinn abgetan hatten, sind furchtbar real.
Meine Meinung:
Ein herrlich skurriles Buch!
Neben den immer wieder eingeflochtenen abstrusen Zeitungsartikeln ("Hausaufgaben fressen Hund!", "Toilette vom Teufel besessen!") haben mir besonders die Figuren gefallen. Hannah Willis hat nach der Trennung von ihrem fremdgehenden Ehemann als ehemalige Dame der High Society lediglich ein abgebrochenes Studium vorzuweisen, lässt sich dadurch aber nicht davon abhalten, ihr eigenes Geld verdienen zu wollen, anstatt Unterhalt einzuklagen.
Mr. Banecroft, der Chefredakteur der Stranger Times, ist ein Arschloch wie es im Buche steht, der sich über Hannahs Karriere als Vollzeitehefrau lustig macht, den chinesischen Mitarbeiter der Zeitung als "der Chinese" betitelt statt seinen Namen zu verwenden, und flucht wie ein Bierkutscher, doch man erfährt am Rande, dass er erst seit dem Tod seiner Ehefrau angefangen hat zu trinken.
Außerdem hat er ein Mädchen, das in das Gebäude der Stranger Times eingebrochen ist, eingestellt, anstatt die Polizei zu rufen - allerdings behauptet das Mädchen, dass sie, hätte sie gewusst, in was für einer Irrenanstalt sie da gelandet ist, das Gefängnis vorgezogen hätte. (Eine Aussage, deren Wahrheitsgehalt man angesichts der aktuellen Haftbedingungen in britischen Gefängnissen wohl getrost bezweifeln darf.)
Dann ist da Grace, die Sekretärin, eine gottesfürchtige Frau, die Mr. Banecroft dazu gebracht hat, einen Vertrag zu unterschreiben, der ihm maximal drei gotteslästerliche Flüche am Tag erlaubt. (Ansonsten droht sie mit Kündigung.)
Nachdem ein Obdachloser unter mysteriösen Umständen verstirbt, tritt D.I. Sturgess auf den Plan. Ich liebe Sturgess. Man lernt ihn zuerst durch die Augen seiner Kollegen kennen, die ihn nicht sonderlich mögen, weil er arrogant ist und sie faul nennt .. aber sie sind faul, und wälzen den mysteriösen Todesfall auf ihn ab, weil die Aufklärung ungewiss ist und sie lieber Ruhm einheimsen wollen indem sie einen einfacheren Fall lösen.
Im Gegensatz zu einigen anderen Autoren gelingt es McDonnell, den Typ des "kleinkarierten Perfektionisten der keinen Spaß versteht, aber insgeheim ein Herz aus Gold hat" richtig zu treffen - weder lässt er Sturgess selbstherrlich aus Eigennutz gegen die Regeln verstoßen (das geht bei diesem Charaktertypus gar nicht) noch weicht er ihn auf, um ihn sympathischer zu machen (Sturgess weist den hoffnungsfrohen jungen Mann, der sich mit einem gelungenen Interview bei der Stranger Times als Journalist bewerben will, brüsk ab und gibt ihm nur das allgemeine Polizeistatement das er auch der seriösen Presse gegeben hat.)
Ich hoffe, das bleibt auch in den Fortsetzungen so.
Allgemein gelingt es CK McDonnell weit besser, seine eigene Akzeptanz unterschiedlicher Lebensentwürfe und Persönlichkeiten (oder zumindest die Fähigkeit sich in diese hineinzuversetzen) zu demonstrieren als so manchem Autoren, der einen im Plot mit der Diversitäts-Moralkeule geradezu erschlägt. (Zugegeben, er hat auch so seine Momente, wie als sich Ox unter dem Tisch versteckt, und man Hannah versichert, es sei okay, dass er ihr unter den Rock schauen kann, weil er ja schwul ist, woraufhin sie zögerlich "okay" sagt, und von ihm sarkastisch vorgehalten kriegt, dass sie ihre Zustimmung zu seiner Orientierung geäußert hätte. Oder die Schläger, deretwegen er sich unter dem Tisch versteckt, und die politisch korrekt versichern, dass sie ihn ja nur zusammenschlagen wollen, weil er ihrem Boss Geld schuldet, und nicht etwa, weil er schwul ist. Politisch korrekte Schlägertypen finde ich dann doch etwas unplausibel. Mag ja sein, dass seine Orientierung ihnen sonstwo vorbeigeht, allein, dass sie es für nötig halten, dies zu versichern, war etwas viel des Guten.)