Krähentage - Benjamin Cors

  • Benjamin Cors: Krähentage. Thriller, München 2024, dtv Verlagsgesellschaft, ISBN 978-3-423-22055-2, Klappenbroschur, 398 Seiten, Format: 2,3 x 2,9 x 19,1 cm, Buch: EUR 13,00 (D), EUR 13,40 (A), Kindle: EUR 4,99.


    „Bereits am ersten Arbeitstag steht das Ermittlerduo Jakob Krogh und Mila Weiss vor einem Rätsel. Am Rande einer Ermittlung stoßen sie auf die Leiche einer älteren Frau, die nachweislich nach ihrem Tod noch lebend gesehen wurde. Wie ist das möglich? Kurz darauf wird ein junger Student in seiner Wohnung gefunden, auch er war nach seinem Tod offenbar noch an der Uni!“ (Aus der Verlagswerbung)


    Eigentlich müsste ich’s ja besser wissen … aber wieder einmal bin ich auf die Werbung reingefallen! Der Katalog- bzw. Klappentext klang so vielversprechend: Es geht um ermordete Personen, die nach ihrem Tod angeblich noch quicklebendig gesehen wurden.


    Politik, Wissenschaft – oder doch Zombies?


    Zombies werden es wohl nicht sein, hab‘ ich gedacht, sonst würde man das Buch als „Horror-Thriller“ verkaufen. Vielleicht ist es was Politisches mit einem raffinierten Masterplan, Doppelgängern und so.


    Aber nein, nichts dergleichen! Ich habe mich bei diesem Buch total vergriffen:


    Ein begnadeter Imitator


    Doch von vorn: Von Anfang an ist klar, wer hier scheinbar wahllos Menschen ermordet, ein paar ausgehungerte Krähen bei den Toten zurücklässt und sich anschließend, als das Opfer verkleidet, für kurze Zeit unters Volk mischt. Der Täter arbeitet viel mit seiner Stimme, ist ein begnadeter Imitator und seine Verkleidungen halten immerhin einer flüchtigen Betrachtung stand. Warum er so ein krankes Zeug macht, wissen wir nicht. Wollen wir’s denn wissen?


    Gestörte Ermittler


    Irgendwie wird man das Gefühl nicht los dass die ermittelnden Beamt:innen fast genauso gestört sind wie der Täter.

    • Staatsanwalt Sattmann ist das krimiübliche unfair herumpolternde Ar***l*ch, und die zwei Kommissare, die die neu gegründete „Gruppe 4“ leiten – eine Einheit zur Aufklärung von Serienstraftaten –, sind auch ausgesprochen seltsam.
    • Kommissar Jakob Krogh, ein Mann in den Vierzigern, kommt eigens für diesen Posten nach einer längeren Auszeit zurück in den Dienst. Wie’s aussieht, war er ausgestiegen, um seinen krebskranken Vater bis zu dessen Tod zu pflegen. Jetzt pendelt er zwischen seinem Einsatzort und seinem Haus am Meer, das er mit seiner polnischen Frau Mariella und dem gemeinsamen Sohn Filip bewohnt. Das klingt denkbar unspektakulär, und trotzdem hat man den Eindruck, dass mit dem Kerl was nicht stimmt.
    • Kommissarin Mila Weiss (30+), ist aus Wien nach Deutschland gekommen, um gemeinsam mit Krogh die neue Abteilung zu leiten. Karrieretechnisch ergibt dieser Schritt wenig Sinn. Aber man darf Frau Weiss um Himmels Willen nicht darauf ansprechen! Irgendwas ist in Wien vorgefallen, doch sie will um keinen Preis darüber reden. Die Frau ist so reizbar, zickig und abweisend, dass sie mir vom ersten Augenblick an auf die Nerven ging. Wir erfahren das ganze Buch über nicht, was genau ihr Problem ist. Vielleicht soll das in einem späteren Band der Reihe enthüllt werden. Dann werde ich es leider nicht erfahren.

    Der Rest des Teams ist ganz okay. Am liebsten ist mir der Kollege aus Finnland. Der redet nicht viel.


    Es kommt zu weiteren Mordfällen und wir kriegen alle ekligen Einzelheiten mit.


    Gibt’s denn kein Muster bei den Morden?


    Die Ermittler suchen verzweifelt nach einem Muster. Irgendwas müssen die Opfer doch gemeinsam haben! Oder geht da ein Irrer rum, der wahllos irgendwelche Leute tötet?


    Ja, und irgendwann wird der Serienmörder größenwahnsinnig und legt sich direkt mit Jakob Krogh an. Ab da wird die Geschichte immer kränker und abstruser, bis es zu einem dramatischen Showdown kommt. Und da staunt der Leser!


    Spannend und mit ekligen Details


    Spannend war der Thriller schon. Man will ja wissen, warum die Leute das tun, was sie hier tun. Aber ich bin einfach kein Fan dieses Genres. Über die unappetitlichen Details habe ich nur quer hinweggelesen. Es gibt sie, das kann ich versichern. Und wer sowas mag, der wird hier fündig. Alle anderen sind jetzt gewarnt! 😉


    Auch wenn Benjamin Cors ein gefeierter Bestsellerautor ist: Aus dieser Reihe – und es sieht ganz so aus, als sollte es eine werden – bin ich definitiv raus!


    Der Autor


    Benjamin Cors ist politischer Fernsehjournalist und hat viele Jahre für die „ARD Tagesschau“, die „ARD Tagesthemen“ und den „Weltspiegel“ berichtet. Heute arbeitet er für den SWR. Er ist Deutsch-Franzose und hat die Sommer seiner Kindheit in der Normandie verbracht. Seine Krimireihe um den charismatischen Personenschützer Nicolas Guerlain hat eine große Fangemeinde, seine Bücher landen regelmäßig auf der Bestsellerliste.


    ASIN/ISBN: 3423220554

    Und was die Autofahrer denken,
    das würd’ die Marder furchtbar kränken.
    Ingo Baumgartner

  • Schon mit der Normandie-Reihe um den Personenschützer Nicolas Guerlain konnte mich der Autor Benjamin Cors überzeugen. Daher wollte ich natürlich auch „Krähentage“ lesen und ich wurde nicht enttäuscht.


    Eine neue Ermittlergruppe, die „Gruppe 4“, wurde ins Leben gerufen, um Serien-Straftaten aufzuklären. Dazu gehören Mila Weiß und Jakob Krogh und die bekommen es gleich am ersten Arbeitstag mit einem rätselhaften Fall zu tun. Während einer Ermittlung stoßen sie zufällig auf die Leiche einer alten Frau, doch die Tote wurde nach dem Zeitpunkt ihres Todes noch lebend gesehen. Wenig später wird ein Student tot aufgefunden, der aber nach dem Tod wohl noch in der Uni war. Wie kann das sein? Und was bedeuten die Krähen, die sich ausgehungert an den Tatorten befanden und mit unheilvollen Botschaften versehen waren?


    Die Atmosphäre bei diesem Thriller ist düster und bedrohlich. Die Krähen sind das Sinnbild für ein unheilvolles Geschehen, was sich dann auch immer wieder bestätigt. Der Schreibstil lässt sich gut und flüssig lesen und ist packend.


    Die Charaktere gefallen mir gut. Das Team hat gerade erst ihre gemeinsame Zusammenarbeit begonnen, daher benötigen sie wohl ein wenig, bis sie eingespielt sind. Jakob Krogh hatte gerade eine Auszeit hinter sich, doch über die Gründe schweigt er sich aus. Er war mir gleich sympathisch, was ich von Mila Weiss nicht unbedingt sagen konnte. Sie hat wohl auch ihre Geheimnisse. Aber auch die anderen Mitarbeiter ergänzen das Team mit ihren speziellen Fähigkeiten sehr gut.


    Aber auch der Täter ist sehr speziell und man fragt sich lange, was ihn zu seinen perfiden Taten antreibt. Er ist rücksichtslos und intelligent und den Ermittlern immer ein Stück voraus.


    Mir hat dieser sehr spannende, allerdings auch ziemlich grausame Thriller gut gefallen. Ich bin schon gespannt auf den nächsten Band dieser Reihe.


    10/10

  • Die ehrgeizigen Polizisten Jakob Krogh und Mila Weiss stellen in einer Stadt im Norden Deutschlands eine neue Ermittlungseinheit zusammen, um besonders knifflige Fälle zu untersuchen. Dabei ist durchaus Eile geboten, denn in der Stadt treibt offenbar ein besonders perfider Serienmörder sein Unwesen. Am rätselhaftesten daran ist, dass Zeugen behaupten, die Verstorbenen nach ihrer Ermordung noch gesehen zu haben. Und was hat es mit den Krähen auf sich, die an den Tatorten gefunden werden? Das Team beginnt zu ermitteln und sucht verzweifelt nach Verbindungen zwischen den Opfern. Die Zeit sitzt ihnen im Nacken, weil es jederzeit einen weiteren Todesfall geben könnte …

    Benjamin Cors „Krähentage“ ist spannend erzählt und bedient sich der genretypischen Hilfsmittel. Etliches entwickelte sich genauso, wie man es aus anderen Serienmörderthrillern dieser Art kennt. Dadurch, dass sich ein Großteil der Handlung mit den Fallermittlungen befasst, fiel es mir etwas schwer, mit den vielen verschiedenen Persönlichkeiten in Jakobs und Milas Team warm zu werden. Auch die zwei Hauptpersonen waren mir nicht von Anfang an sympathisch. Positiv fand ich, dass die Geschichte vom Anfang an auch aus der Sicht des Täters geschildert wird und man so seine Sicht der Dinge gleichermaßen mitverfolgen konnte.

    Am bemerkenswertesten fand ich das Ende, weil ich damit definitiv nicht gerechnet hatte. Es ist schön, dass mich der Roman da überraschen konnte. Das tröstet darüber hinweg, dass meiner Meinung nach zum Schluss nicht sämtliche Fragen vollumfänglich geklärt wurden. Aber vielleicht hebt sich Benjamin Cors das ja auch für den Nachfolgeband auf.

  • Politik, Wissenschaft – oder doch Zombies?


    Zombies werden es wohl nicht sein, hab‘ ich gedacht, sonst würde man das Buch als „Horror-Thriller“ verkaufen. Vielleicht ist es was Politisches mit einem raffinierten Masterplan, Doppelgängern und so.


    Ehrlich gesagt hatte mich auch dieser Fakt am meisten angesprochen und ich hatte mir ebenfalls eine Ermittlung in diese Richtung erhofft. Wahrscheinlich wäre das die interessantere Geschichte gewesen.

  • Wow, das war mal ein Thriller!

    Die Ermittler, die aus unterschiedlichen Gebieten der Polizei und sogar aus unterschiedlichen Gebieten oder Städten zusammengezogen werden, Deutschland, Österreich, Finnland sind eigentlich eine Errungenschaft der EU. Ohne sie würde es das nicht geben. Danke EU, sonst hätte Benjamin Cors seinen Thriller umschreiben müssen. Ob er dann auch so spannend gewesen wäre?

    Als wiederholt Vergewaltigungen mit Todesfolge geschehen, ist die Sonderermittlungsgruppe heilfroh, dass ein Opfer überlebt hat. Aber es stellt sich heraus, dass im Hintergrund noch ein anderer Serienkiller operiert. Und das ist das Makabre an diesem Mörder: er sperrt Krähen mit seinen Opfern ein, lässt sie da verhungern, bis sie sich über die noch lebenden, aber gefesselten Opfer hermachen.

    Krähen sind mir persönlich sympathisch: hochintelligent, aufmerksam auf ihre Umwelt, zu sozialem Leben fähig, mit der Gabe des Vorausdenkens und hervorragenden Auffassungsvermögens versehen, ist ihre Rolle leider im Buch eine tragische. OK, dass sie zur Gattung der Singvögel gehören halte ich für ein Gerücht. Ich rechne es Benjamin Cors hoch an, dass er im Verlauf des Buches immer wieder betont, dass Krähen sich eigentlich nie an Menschen vergreifen, dass sie selbst auch Opfer des Mörders sind.

    Die bunte EU-Truppe des Sonderdezernats arbeitet genial. Sie haben unterschiedliche Gebiete, in denen sie brillieren und unterstützen sich gegenseitig. Dabei erfahren wir auch, was für Abgründe in ihnen stecken. Ich bin richtig gespannt auf eventuelle Folgekrimis.

  • Spannend und zugleich verstörend


    Buchmeinung zu Benjamin Cors – »Krähentage«


    »Krähentage« ist ein Kriminalroman von Benjamin Cors, der 2024 bei dtv erschienen ist.


    Zum Autor:

    Benjamin Cors ist politischer Fernsehjournalist und hat viele Jahre für die ›ARD Tagesschau‹, die ›ARD Tagesthemen‹ und den ›Weltspiegel‹ berichtet. Heute arbeitet er für den ›SWR‹. Er ist Deutsch-Franzose und hat die Sommer seiner Kindheit in der Normandie verbracht.


    Zum Inhalt:

    Die neugeschaffene Gruppe 4 ist eine Spezialeinheit zur Bekämpfung von Serienstraftaten in einer nicht benannten deutschen Stadt. Die sechsköpfige Gruppe ermittelt gegen einen Serienvergewaltiger und gegen einen Mörder, der seine Opfer nach ihrem Tod noch kurzzeitig weiterleben lässt. Zudem finden sich an den Tatorten ausgehungerte und gequälte Krähen.


    Meine Meinung:

    Die Ermittler wirken durch die Bank mehr oder weniger angeschlagen und für einige ist Gruppe 4 eine letzte Chance. Jakob Krogh und Mila Weiss leiten gemeinsam die Gruppe, deren Mitarbeiter aber ausschließlich Jakob Krogh ausgewählt hat. Die Figuren sind meist mit vielen Ecken und Kanten gezeichnet, wirken aber sympathisch und sind mit vollem Einsatz bei der Sache. Jede der Figuren hat unterschiedliche Stärken, aber auch Schwächen im Repertoire. Schien mir zu Beginn Jakob Krogh der normalste der Ermittler zu sein, weil er ohne Geheimnis aus der Vergangenheit unterwegs ist, so änderte sich diese Einschätzung gründlich. Das Team bekommt es mit verstörenden Fällen zu tun und auch der Leser wird mit verstörenden Bildern konfrontiert. Der Roman wird mit härter, blutiger und spannender beworben und dies ist tatsächlich so.

    Die Geschichte wird aus verschiedenen Perspektiven erzählt und seltsamerweise sind die Szenen um den Serienvergewaltiger mit die ruhigsten Momente. Die Szenen aus der Sicht des Mörders empfand ich als besonders eindringlich, aber auch als belastend. Der Roman überzeugt mit vielen überraschenden Wendungen, aber die Anzahl der belastenden Bilder und detaillierten Beschreibungen war mir zu hoch. Es zeigt sich, dass auch Jakob Krogh ein dunkles Geheimnis hütet und Züge eines Psychopathen zeigt. Ruhige Phasen mit „langweiliger“ Standardpolizeiarbeit wechseln sich mit hochspannenden Sequenzen von Tatortbegehungen und Verfolgungsjagden ab. Das Tempo zieht gegen Ende deutlich an und die aufgedeckten Geheimnisse sind schon heftig. Die Auflösung ist aber vollständig und nachvollziehbar. Der Cliffhanger am Schluss passt irgendwie zum Buch.


    Fazit:

    Ein Buch der dunklen Töne mit reichlich Gewalt und verstörenden Szenen. Es ist spannend geschrieben und steckt voller Überraschungen. Meine Bewertung lautet vier von fünf Sternen (80 von 100 Punkten). Empfehlen kann ich das Buch aber nur Lesern, die mit den belastenden Szenen zurecht kommen.


    ASIN/ISBN: dp/B0CLL8G9KQ

    :lesend James Lee Burke - Die Tote im Eisblock

    hörend: Hanna von Feilitzsch - Bittersüße Mandeln