Der Kartograf des Vergessens – Mia Couto

  • Unionsverlag, 2023

    300 Seiten


    OT: O Mapeador de Ausências

    Übersetzung: Karin von Schweder-Schreiner


    Kurzbeschreibung:

    Der Dichter Diogo Santiago kehrt in seine Heimatstadt Beira zurück. Alle verehren ihn, doch als er Einsicht erhält in alte Akten der Geheimpolizei, gerät seine Welt ins Wanken.
    Während der Zyklon Idai drohend über Beira aufzieht, stürzen neue Wahrheiten auf ihn ein. Sein Vater, auch ein Poet, versuchte, im Geheimen die Verbrechen der Kolonialtruppen zu dokumentieren. Sein Cousin, der eines Tages plötzlich verschwand, war nie der, für den ihn alle hielten. Und was steckt hinter der tragischen Legende des schwarzen Jungen und des weißen Mädchens, die den Tod wählten, weil ihre Liebe verboten war?
    Die junge Frau, mit der sich Diogo rätselhaft verbunden fühlt, scheint Teil dieser Geschichten zu sein. Gemeinsam gehen sie auf die Suche nach Antworten, die unter dem Tosen des hereinbrechenden Sturms alle Gewissheiten vernichten.


    Über den Autor:

    Mia Couto, geboren 1955 als Sohn portugiesischer Einwanderer in Beira, Mosambik, gehört zu den herausragenden Schriftstellern des portugiesischsprachigen Afrika. Mehrere Jahre war er als Journalist und Chefredakteur der Zeitungen Tempo und Notícias de Maputo tätig. Seit 1983 veröffentlicht er Romane, Erzählungen und Gedichte. Für sein Werk wurde Couto mehrfach ausgezeichnet, u. a. 2013 mit dem Prémio Camões, 2014 mit dem renommierten Neustadt-Literaturpreis und 2020 mit dem Jan-Michalski-Preis. Mia Couto lebt in Maputo.


    Über die Übersetzerin:

    Karin von Schweder-Schreiner, geboren 1943 in Posen, hat in Deutschland und Portugal studiert und mehrere Jahre in Brasilien gelebt. Zu den von ihr übersetzten Autoren aus dem portugiesischen Sprachraum zählen Jorge Amado, Chico Buarque, Antonio Callado, Bernardo Carvalho, Mia Couto, Rubem Fonseca, Lídia Jorge und Moacyr Scliar. Ihre Arbeit wurde mehrfach ausgezeichnet, u. a. mit dem Internationalen Übersetzerpreis des brasilianischen Kulturministeriums (1994) und dem Albatros-Preis der Günter-Grass-Stiftung Bremen (2006).


    Mein Eindruck:

    Mia Couto hatte ich dieses Jahr in Köln gesehen, wo er dieses interessante Buch vorstellte Jetzt habe ich es endlich gelesen..

    Es ist ein geschickt gemachtes, aber kein einfaches Buch und vielleicht sogar etwas trockener als Coutos andere, großartige und sprachgewaltige Bücher, Das Geständnis der Löwin, Unter dem Frangipanibaum und Imani.


    Dieser Eindruck ergibt sich aus der Form der Chronik. Diogo Santiago, ein Dichter aus Mosambik kehrt 2019 in seine Heimatstadt Beira zurück und forscht in verschiedenen Dokumenten (Briefe, Berichte, Tagebücher) über seine Familie und die Rolle seiner Familie im Konflikt gegen die Kolonialherrschaft. Der Vater wurde von der PIDE verhaftet. 1973 verschwand der Cousin von Diogo spurlos.


    Eine wichtige Rolle in dem Gegenwartspart nimmt Liana ein, die Enkelin des ehemaligen Geheimdienst-Chefs der PIDE in Beira,Auch sie ist eine suchende. Diogo tut sich mit ihr zusammen. Auf einer gemeinsamen Reise kommt noch Benedito hinzu, der als Junge für Diogos Vater arbeitete.


    Das Wechseln von der Gegenwart 2019 und die Rückblicke durch die Briefe 1973 gibt dem Buch eine eigentümliche Atmosphäre. Es verhindert aber auch einen richtigen Lesefluss. Aber wenn man sich darauf einlässt und sich ein wenig eingelesen hat, funktioniert es und man kann schließlich aus der Stimmenvielfalt Verbindungen erkennen.


    Manche Passagen haben mich von der Stimmung,und inhaltlich an Romane von Antonio Lobo Antunes erinnert.

    Mia Couto berichtet in diesem Buch von der Last der Erinnerung, der Sehnsucht nach Vergessen, aber auch, dass die Vergangenheit nie ganz weg ist.


    ASIN/ISBN: 3293006116