In diesem Abschnitt kann man über mangelnde Handlung ja durchaus nicht klagen.
Fritz macht Margarethe also einen Antrag. Es hat mich gewundert, daß von ihrer Mutter so gar kein Gegenwind kam. Naja Geldadel - Hauptsache Adel.
Interessant die Überlegungen zur Erziehung und deren Wert (S. 113 f). Da komme ich ins Grübeln, inwieweit das auch heute noch Gültigkeit hat - oder nicht. In hohen und höchsten Kreisen stimmt das vermutlich noch so. Aber ansonsten? Da kommen mir doch starke Zweifel. Es gilt heutzutage, so will es mir scheinen, eher die Devise „so wenig Erziehung zeigen (oder haben?) wie möglich“.
„Aber änderte sich wirklich die Gesellschaft, oder änderte sich nur die Zusammensetzung der Schichten?“ (S. 114) Darüber muß ich noch eine Weile nachdenken.
Der Preis der Hochzeit der beiden ist die Trennung von Fritz‘ Eltern. Das ganze Kapitel hindurch hat mich das beschäftigt. Bertha hat offensichtlich ihre Krankheit wirklich immer wieder als Druckmittel benutzt, und war Fritz darin ein Vorbild (wenn auch kein gutes). Die Ehe bestand wohl nur noch auf dem Papier und der Einsatz für Fritz war der Katalysator, der zur Trennung führte. Trotzdem: wären beide Eltern etwas weniger stolz und verbohrt gewesen - ob eine Versöhnung möglich gewesen wäre? Das wird wohl ein ungelöstes Rätsel bleiben.
Schon bald meldet sich Fritz‘ angeschlagene Gesundheit - kein gutes Vorzeichen.
S. 129: In der Villa Hügel wird Gas durch Elektrizität ersetzt. So früh schon? Ich entsinne mich, vor einiger Zeit ein Buch über „Anlage, Einrichtung und Betrieb der Sägewerke“ gelesen zu haben, das zuerst 1901 erschienen ist. Da mußte man, mangels eines vorhandenen Stromnetzes, den benötigten Strom selbst erzeugen. Hatte man in der Villa Hügel dann auch einen Generator oder gab es da schon irgendein Netz, aus dem man Strom beziehen konnte?
Erstaunt hat mich die, ähm, Enthaltsamkeit von Fritz. Ist für jemand, der frisch verheiratet ist, doch eher ungewöhnlich?!
Klasse fand ich die Szene, wie Margarethe dann den Hausmeister zur Räson gebracht hat.
Auf den folgenden Seiten (S. 138ff) wird Alfred Krupp etwas sympathischer. Gewundert hat mich allerdings, daß Margarethe ihn Duzte. War zu jener Zeit nicht das „Sie“ auch im engen Familienkreis üblich?
S. 149: „Wenn die Flucht anstrengender wird, als sich den Pflichten zu ergeben, wird Fritz sich seinem Schicksal fügen. So war das schon immer.“ Mit anderen Worten Fritz geht den Weg des geringsten Widerstandes - sein Vater scheint ihn trotz allem gut zu kennen. Und seine Schwiegertochter als stärker als seinen Sohn einzuschätzen.
Schließlich kommen doch noch zwei Kinder - und der stolze Vater scheint der Meinung zu sein, seine Pflicht erledigt zu haben. Irgendwie schon seltsam.
Alfred Krupp stirbt - und wieder wird deutlich, daß Margarethe die stärkere und strategisch Klügere ist. Immerhin zieht nun Bertha in die Villa Hügel, wenngleich sie wirklich schwer krank ist und bald darauf ebenfalls verstirbt. Als dann auch noch Margarethes Vater stirbt, muß sie sich ziemlich einsam und verlassen gefühlt haben. Denn von ihrem Mann, schätze ich, kann sie nicht zu viel Kraft oder Stütze erhalten. Ihre Mutter hat zwar einiges über sich erzählt, was ihr Verhalten oft in ganz anderem Licht erscheinen läßt - doch sie schickt Irene wieder weg. Was das mit ihr wohl machen muß?
S 177: über siebzig Festangestellte und zahllose Tagelöhner - was machen die den ganzen lieben langen Tag in der Villa Hügel? Staub wischen? Beeindruckend fand ich, wie Margarethe sich den Respekt des Personals sichert (S. 176f) und so nebenbei einfließen läßt, daß sie selbst das Arbeiten gewöhnt ist. Gut sicherlich auch, daß die von nun an mit der Köchin jeweils das Menü bespricht - das wird Letztere sicherlich mehr als nur "bauchpinseln".
Gewundert habe ich mich schließlich über die lange Zeit der Reise - konnte der Firmenchef denn so lange von seinem Büro wegbleiben ohne daß es im Unternehmen drunter und drüber ging? Er muß seinen Geschäftsführern und Prokuristen sehr vertraut haben.
ASIN/ISBN: 0270103694 |