Gussie , Christoph Wortberg

  • UM IHRE TÖCHTER ZU RETTEN, VERRIET SIE IHREN MANN

    Gussie

    1948. Die Frau im Bonner Johannes-Hospital weiß, dass sie nur noch wenige Tage zu leben hat. Auf dem Sterbebett lässt sie Szenen ihres Lebens an sich vorbeiziehen. Gussie Zinsser ist 24, als sie den 19 Jahre älteren Witwer Konrad Adenauer heiratet und zur Stiefmutter seiner drei Kinder wird. Sie schenkt fünf Kindern das Leben, doch ihr Erstgeborener stirbt nach nur vier Tagen. Als Frau des Kölner Oberbürgermeisters steht sie in der Öffentlichkeit und engagiert sich eigenständig sozial und politisch. Hitlers Machtübernahme verändert alles. Adenauer muss sich vor den Nazis verstecken. Alleingelassen mit ihren Kindern, versucht Gussie, das schwierige Leben im Dritten Reich zu bewältigen. Bis sie von der Gestapo vor eine unmenschliche Wahl gestellt wird.


    Meine Meinung zum Autor und Buch

    Christoph Wortberg , hat mit seinem Roman über Gussie Adenauer ihr eine große Reverenz erwiesen. Er hat sich beim Schreiben und recherchieren um große Genauigkeit bemüht. Ob Texte aus Briefauszügen, Reden, oder Radiosendungen er hat Akribisch geforscht und Enkel befragt. Adenauer kannte ich noch , da ich 1952 geboren wurde, hatte ihn immer als alten Mann in Erinnerung, das er mit Gussie verheiratet war einer starken Frau, die ihm den Rücken stärkte war mir unbekannt, schade das sie so jung mit 52 Jahren sterben musste. Sein Schreibstil ist sehr klar, kraftvoll und Bildhaft, er lässt uns tief in Gussie Leben eintauchen und alles aus ihrem Blickfeld sehen.


    Gussie ist das Lieblingskind , von Ferdinand Zinsser, einem Dermatologen. Man konnte diese Innigkeit zwischen den beiden spüren, er vergöttert seine Gussie gerade zu. Die Mutter etwas kühl, fühlt sich ausgeschlossen, von den beiden. Auf einem Empfang im Elternhaus spielt sie Geige und lernt den 20 Jahren älteren Konrad Adenauer kennen. Die Eltern mögen ihn, aber es stört sie das er Witwer ist, katholisch und drei Kinder hat. Ich konnte irgendwie die Eltern verstehen, das sie sich Sorgen um ihre Tochter machen. Aber Gussie mag ihn und lässt alle bedenken hinter sich und Heiratet diesen Mann. Es ist eine glückliche und harmonische Ehe, ihre drei Stiefkinder lieben sie, sie war für mich die treibende Feder in der Ehe , hielt Konrad den Rücken frei, Arrangierte sich Politisch und bekam noch vier Kinder mit ihm. Wir begleiten sie von ihrem Sterbebett 1948 in der Bonner Klinik aus, mit vielen Rückblicken in ihr Vergangenes Leben, das mit vielen Schicksalsschlägen durchzogenen war, Konrads und ihre Verhaftung durch die Nazis . Mit Einblicken in unsere politische dunkle Vergangenheit.


    ASIN/ISBN: 3423283866

  • Gussie liegt im Bonner Johannes-Hospital und weiß, dass ihr Leben zu Ende geht. Sie erinnert sich an die Zeit mit Konrad Adenauer. Sie lernte ihn im Haus ihrer Eltern kennen und heiratete den fast zwanzig Jahre älteren, verwitweten Kölner Bürgermeister mit drei Kindern. Mit ihm bekommt sie fünf Kinder, doch der Erstgeborene stirbt kurz nach der Geburt, was sie ein Leben lang nicht verwunden hat. Sie steht ihrem Mann zur Seite, ganz besonders in den politisch schwierigen Zeiten nach Hitlers Machtübernahme. Ihrem Mann verhilft sie zur Flucht, nachdem man ihn verhaftet hat, und dann verrät sie ihn, um ihre Kinder zu schützen.


    Es ist ein wunderbarer Roman über eine starke Frau, der einen berührt und manchmal fassungslos macht, der mich aber auf jeden Fall gefesselt hat, obwohl ich gar nicht einmal so viel Neues erfahren habe. Der Schreibstil von Christoph Wortberg ist sehr angenehm zu lesen, er fängt die Atmosphäre jener Zeit sehr gut ein. Zu Beginn jeden Kapitels finden wir Auszüge aus der Korrespondenz zwischen Gussie und ihrem Vater.


    Auguste Zinsser kommt aus gut bürgerlichem Haus und hat ein inniges Verhältnis zu ihrem Vater. Auch wenn ihr abgeraten wird, so heiratet sie den viel älteren Konrad Adenauer. Sie liebt den verschlossenen Mann, ist seinen Kindern aus erster Ehe eine gute Mutter und muss dann unter den Politischen Verhältnissen so viel ertragen. Doch immer steht die lebensfrohe Frau zu ihrem Mann, der seine Überzeugungen hat und nicht von ihnen ablässt. Glücklicherweise haben sie Freunde, welche die gleichen Überzeugungen haben und ihnen zur Seite stehen. Aber die Nazis lassen sie nicht in Ruhe und Gussie muss eine Entscheidung treffen, die über ihre Kräfte geht.


    Ich habe diese starke Frau bewundert, die zwar manchmal innerlich zerrrissen ist und oft Angst hat, aber trotzdem zu ihrem Mann steht und für ihre Familie kämpft. Doch ihre Gegner kennen keine Skrupel und keine Menschlichkeit.


    Ein großartiger Roman, den ich nur empfehlen kann.


    10/10

  • Das Buchcover und der Klappentext erweckten mein Interesse an der Geschichte. Ich wusste vorher nicht, dass der erste Bundeskanzler zweimal verwitwet war, wohl aber vom Kinderreichtum. Konrad Adenauer heiratete 1919 seine zweite Frau Auguste, gen. Gussie, die 19 Jahre jünger als er war. Drei Kinder hatte der Oberbürgermeister von Köln, Konrad Adenauer mit seiner ersten Frau Emma So kam es, dass die Braut Gussie mit 23 Jahren Stiefmutter von 13 und 9-jährigen Jungen und einer fast sieben Jahre alten Tochter wurde. Fünf Schwangerschaften komplettierten die Kinderschar um vier gemeinsame Kinder.


    Bemerkenswert fand ich, dass Konrad Adenauer seiner Frau auf Augenhöhe begegnet ist und sie als Ratgeberin anerkannt hat. Auch die Stiefkinder nehmen die neue Frau an der Seite des Vaters gut an. Ich hatte zuvor die Befürchtung des hübschen und jungen Anhängsels, deren Persönlichkeit nicht geachtet werden würde und die den Gatten bewundert und anhimmelt.

    Glücklicherweise war es nicht so. Gussie ist das Nachbarskind, die Familien kennen sich gut, Tochter des renommierten Dermatologen Ferdinand Zinsser und verfügt daher über höhere Bildung. Sie ist zu einer selbstbewussten Tochter erzogen worden und das Werben von Konrad Adenauer wird durchaus kritisch von ihrem Elternhaus gesehen. So wird sie nicht verheiratet, sondern Gussie trifft die Entscheidung für diese Ehe. Die Eltern haben Bedenken und wie ich inzwischen nachgelesen habe, wird durch räumliche Trennung versucht, den beiden Zeit für die Entscheidung zu geben. Dies hätte der Autor gern noch etwas im Roman ausarbeiten können, denn da wird dem Verlieben kein Abschnitt gewidmet.


    Gussies Geschichte wird ausgehend von ihrem Sterbebett rückblendend erzählt und sie endet, wie es sich gehört, mit ihrer Todesanzeige. Adenauers politischen Neubeginn als betagter CDU Kanzler hat sie nicht mehr miterlebt, denn sie stirbt mit 52 Jahren bereits 1948.


    Der Roman unterteilt sich in sehr viele Kapitel, allen vorausgestellt sind mündl. überlieferte Zitate aus Briefwechseln zw. Gussie und ihrem Vater, bzw. Konrad. Schöner wäre natürlich, wenn sie aus original Briefen stammen würden.


    Gefehlt hat mir im Buch ein Familienstammbaum, denn ich war immer mal wieder am Rechnen, wie alt das jeweilige Kind gerade ist, um auch nachzuvollziehen, dass die älteren Kinder längst nicht mehr zuhause wohnten, als die Gestapo Adenauer aus dem Dienst nahm und später inhaftierte. Damals wurden viele kurzzeitig abgeführt, verhört und inhaftiert. Auch meine Großeltern väterlicherseits wurden aufgrund von Protesten immer mal wieder kurzzeitig in Haft genommen. Auch grübelte ich, als von Koko die Rede ist, es war der Kosename vom Sohn Konrad.


    Ich fand es interessant diese Geschichte zu erfahren. Die knapp 290 Seiten sind schnell gelesen. Sehr gut gefällt mir das Buchcover und der Abdruck von Konrad Adenauers Lieblingsgemälde seiner Gussie auf Vor- und Nachsatzblatt. Es macht die Buchausstattung wertig.

    Manche Bücher müssen gekostet werden, manche verschlingt man, und nur einige wenige kaut man und verdaut sie ganz.
    (Tintenherz - Cornelia Funke)

  • Christoph Wortbergs mit einem originellen, passenden und schönen Cover versehener, 288 Seiten umfassender (historischer) Roman "Gussie" hat mir nicht nur ausnehmend gut gefallen, sondern mich auch tief berührt und mein Wissen über Lebensweise und Politik in der ersten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts mittels eines gut lesbaren Schreibstils erweitert.

    Er erscheint unter der ISBN 978-3-423-28386-1 am 18.04.2024 bei dtv.

    Das mit einem Lesebändchen ausgestattete Buch beginnt mit zwei geistreichen Zitaten und endet mit einer "Anmerkung des Autors" sowie einer Danksagung.

    Die dazwischen liegenden 45 Kapitel sind bis auf das letzte jeweils mit datierten Briefauszügen überschrieben.

    Beginnend im Jahr 1948 lernen wir Auguste "Gussie" Adenauer geb. Zinsser kennen, die 2. Frau des in seiner ersten Ehe verwitweten ehemaligen Kölner Oberbürgermeisters Konrad Adenauer.

    Ein Jahr nach dem Ende des ersten Weltkrieges heiratet sie den 19 Jahre älteren Mann, der 3 kleine Kinder mit in die Ehe bringt und wird Mutter von 5 weiteren Kindern, von denen eines kurz nach der Geburt verstirbt.

    1948 liegt sie selbst sterbend im Krankenhaus und lässt gedanklich ihre glückliche Jugend und ihre nicht immer einfache 29-jährige Ehe Revue passieren.

    Fazit:

    Uneingeschränkte Leseempfehlung!

  • Gussie - ich hatte noch nie von der zweiten Frau von Konrad Adenauer gehört.

    Durch das interessante Cover und eine sehr positive Rezension zu dem Buch bin ich auf die Geschichte aufmerksam und neugierig geworden.


    Christoph Wortberg hat mich mit seinem Schreibstil sofort überzeugt und gefesselt.

    Was für schöne Sätze und was für eine gelungene Wortwahl.


    Und was für ein Leben.

    Gussie heiratet den wesentlich älteren und verwitweten Konrad Adenauer und damit beginnt ihr schicksalhafter Weg.

    Sie geht diesen jedoch jederzeit aus Überzeugung und Liebe.

    Schöne Zeiten wechseln sich mit tragischen Erlebnissen ab.

    Immer präsent ist ihr Vater, zu dem sie eine besondere Verbindung hat.

    Als sie schon fast gegen Ende des zweiten Weltkriegs eine Entscheidung treffen muss, die unmenschlich ist, prägt diese ihr restliches Leben.

    Welches nicht mehr lange andauern wird.


    Ich habe Gussie und Konrad Adenauer durch dieses Buch als ein sehr besonderes Paar kennengelernt.

    Menschen wie sie schreiben und gestalten Geschichte.

  • Ich kenne Konrad Adenauer noch aus meiner Kindheit, ich habe ihn immer als Alten Mann in Erinnerung.

  • „Gussie“, die zweite Ehefrau von Konrad Adenauer, ist die Protagonistin dieses Romans. Spannende Person, allerdings war sie mir kaum bekannt. Um knapp 20 Jahre jünger als der demokratische Politiker, heiraten die beiden 1919. Der Witwer mit drei Kindern und die junge Musikerin gehen gemeinsam durch dick und dünn. Sie stärkt ihm den Rücken und gemeinsam bekommen sie noch fünf weitere Kinder.


    Der Roman wird in Zeitsprüngen erzählt, was ich anstrengend fand, da ich immer mich wieder neu orientieren musste, wo wir gerade sind im Zeitstrahl. Kurz vor Gussies Tod, in der Kennlernzeit oder der Nazizeit? Mir hätte eine chronologische Erzählweise besser gefallen. Wenn man es allerdings so betrachtet, als würde eine Frau im Sterbebett einen Rückblick auf Episoden aus ihrem Leben ziehen, wäre der auch eher sprunghaft und dann doch irgendwie passend.


    Durch viele kurze Kapitel erhalten wir aber insgesamt einen guten Blick auf die Frau an der Seite des ersten Bundeskanzlers, wir erfahren von ihrer tiefen Verbundenheit zu ihrem Vater, der Distanz zu ihrer Mutter und dem besonderen Verhältnis zu ihren Stiefkindern. Ganz besonders hat sie ihr soziales Engagement und ihr Mut ausgezeichnet, für ihre Überzeugung einzustehen und den Mund aufzumachen, auch wenn es unbequem war.


    Ebenso wird Adenauer gut beschrieben, was er durchstehen musste durch Verfolgung und Verhaftung. Dass er auch in der Familie eher steif gewesen sein muss, stets das Gesicht wahrend, bis auf die Momente der Trauer und der Sorge vor der Zukunft,


    Interessante Biografie, meine Meinung durch die Zeitsprünge nicht nebenbei zu lesen, doch lohnenswert, diese starke Frau aus der Vergessenheit zu holen.


    Von mir 8 Punkte

  • Christoph Wortberg: Gussie. Roman, München 2024, dtv Verlagsgesellschaft, ISBN 978-3-423-28386-1, Hardcover mit Schutzumschlag und Lesebändchen, 287 Seiten, Format: 13,2 x 3,5 x 20,9 cm, Buch: EUR 24,00 (D), EUR 24,70 (A), Kindle: EUR 19,99, auch als Hörbuch lieferbar.


    „Dieses merkwürdige Verhältnis zwischen dem, was man sagt und dem, was man tut. Und wenn es darauf ankommt, zuckt man zurück. Die Bedenken fressen den Mut auf. Das galt ja auch für sie selbst. Was sie tat, gefährdete andere. Ihre Familie, ihre Kinder. Hatte sie wirklich das Recht dazu?“ (Seite 91)


    Auguste Adenauer: Erinnerungen auf dem Sterbebett


    Christoph Wortbergs Roman ist spannend und berührend, aber er ist keine leichte Kost.

    Bonn, 1948: Auguste „Gussie“ Adenauer, 52, (Stief-)Mutter von sieben Kindern, erinnert sich auf dem Sterbebett an Episoden aus ihrem wechselvollen Leben. Es war nicht immer leicht. Vor allem zwei Ereignisse waren für sie traumatisierend: Der frühe Tod ihres Erstgeborenen, Ferdinand, und die Tatsache, dass sie 1944 ihren Mann an die Gestapo verraten hat, um das Leben ihrer Töchter zu retten. Aber was hätte sie in dieser Situation tun sollen? Hätte sie sich anders entschieden, wäre es ebenso richtig oder falsch gewesen. Das belastet ihr Gewissen bis zum psychischen Zusammenbruch, der in einen Suizidversuch mündet. Nur durch Zufall wird sie rechtzeitig gefunden und gerettet.


    Dass man sie vor diese unmenschliche Wahl gestellt hat – Mann oder Kinder – ist nicht ihre Schuld, dass sie unter immensem Druck eine Entscheidung treffen musste, auch nicht. Doch das, was sie getan hat, quält sie für den Rest ihres Lebens.


    Was wir tun, hat Konsequenzen


    „Mein Vater hat mich gelehrt, dass alles, was wir tun, Konsequenzen hat, und dass wir uns diesen Konsequenzen stellen müssen. Er nannte das Verantwortung.“ (Seite 93)


    Immer wieder rückt ihr damaliger Verrat ins Zentrum ihrer Erinnerungen. Diese Erinnerungen erfolgen selektiv und assoziativ und nicht chronologisch, was zwar nachvollziehbar ist, aber uns Leser:innen die zeitliche Orientierung ein wenig erschwert. Die (fiktiven) Briefauszüge am Anfang eines jeden Kapitels sind dankenswerterweise datiert und helfen uns ein bisschen, uns in Gussies Lebensgeschichte zurechtzufinden.


    Der Autor erzählt Gussies Lebensweg so fesselnd, dass man wie gebannt dranbleibt, egal, ob man die Biographie der Adenauers sicherheitshalber nochmals schnell gegoogelt hat oder ob man sich anhand ihrer Erinnerungsschnipsel kreuz und quer durch die Jahrzehnte treiben lässt.


    Nur eine nette Nachbarstochter


    Konrad Adenauer und seine erste Frau Emma kannten die Arzttochter Auguste „Gussie“ Zinsser schon als junges Mädchen. In Köln waren sie Nachbarn, unterhielten sich über den Gartenzaun hinweg, besuchten einander und musizierten zusammen. Emma spielte Klavier, Gussie war eine begabte Violinistin, die insgeheim von einer Musikerinnen-Karriere träumte. Von einem romantischen Interesse zwischen Gussie und dem Juristen und Familienvater Adenauer ist zu der Zeit noch nichts zu spüren.



    Witwer mit drei Kindern? Gussie sagt „ja“


    Als Konrad Adenauer, damals schon Oberbürgermeister von Köln, nach dem Tod seiner ersten Frau um Gussie wirbt, nimmt sie seinen Antrag an, obwohl er fast 20 Jahre älter ist als sie, drei kleine Kinder hat und sie, die Protestantin, für eine Ehe mit ihm zum Katholizismus übertreten muss. Ihrer Familie passt das nicht, und auch ihr Pastor hat zu ihrer Entscheidung eine Meinung, die er sehr unverblümt äußert. Doch Gussie lässt sich nicht beirren.


    „Gattin“ und Mutter über Nacht


    Der Rollenwechsel von Papas intellektuell gefördertem Liebling zu einer distinguierten Oberbürgermeistergattin geht auch nicht reibungslos vonstatten. Die neue Frau Adenauer ist vielen Leuten zu fröhlich, selbstbewusst und frech. Und zu engagiert.


    Konrads Kinder akzeptieren sie erstaunlich schnell, nur der Gatte selbst bleibt reserviert wie eh und je. Nur in wenigen Momenten lässt er die Familie hinter seine Fassade schauen. Er muss sich schon früh im Leben diesen Panzer der Unnahbarkeit zugelegt haben.


    Konrad und Gussie bekommen fünf gemeinsame Kinder. Er steht in der Öffentlichkeit und verdient das Geld, sie kümmert sich um die Familie und spielt die Rolle der repräsentierenden Gattin. Sie liest seine Reden gegen und peppt sie ein bisschen auf, aber das ist ihr nicht genug. Mit Billigung ihres Mannes engagiert sie sich politisch und sozial, auch wenn man sich fragt, wie sie, selbst mit Personal, die Zeit dafür gefunden hat.


    Alles gut – bis die Nazis kommen


    Alles läuft in geregelten Bahnen – bis die Nazis an die Macht kommen. Dass sie mit denen nichts am Hut haben, daraus haben die Adenauers nie ein Hehl gemacht. Jetzt haben die neuen Machthaber sie auf dem Kieker und Konrad ist ruckzuck seinen Posten los. Umzug, Rückzug aus der Öffentlichkeit, Verstecken oder Untertauchen: Nichts hilft auf Dauer. Ein Vorwand genügt, und die Eheleute werden verhaftet …


    Es ist ein bisschen wie bei der Titanic-Verfilmung: Man weiß, wie die Geschichte ausgeht und kommt trotzdem nicht davon los. Unwillkürlich stellt man sich selbst Gussies Lebensfragen: Was macht ein gelungenes Leben aus? – Wär’s besser oder schlechter gelaufen, wenn man sich an diesem oder jenem Scheidepunkt anders entschieden hätte? Oder ist die Frage müßig, weil man sie gar nicht beantworten kann? – Ist man bereit, die Verantwortung zu übernehmen für das, was man tut und für das, was man unterlässt? Kann man die Konsequenzen aushalten? Oder verlässt einen der Mut, den man zu haben glaubte, wenn es unangenehm oder gar gefährlich wird?


    Privat statt „staatstragend“


    Es ist sehr interessant, bei Personen der (Zeit-)Geschichte hinter die Kulissen zu blicken und sie nicht nur „staatstragend“ zu erleben sondern auch mal privat, im Kreis ihrer Familie. Und auch die Menschen in der zweiten Reihe, die den Wichtigen und Mächtigen den Rücken freihalten, sind einen Blick wert. Das geschieht hier alles sehr respektvoll und sorgfältig recherchiert. Adenauers Enkel:innen sowie die Stiftung Bundeskanzler-Adenauer-Haus haben den Autor bei diesem Projekt unterstützt. Und wie’s aussieht sind die, die mit Gussie Adenauers Leben und Persönlichkeit vertraut sind, mit dem Resultat zufrieden.


    Geschichte(n) erzählen kann er!


    Ich habe den Autor vor mehr als 35 Jahren als Schauspieler kennengelernt. Zwar wusste ich, dass er seit rund 25 Jahren Drehbücher und Romane schreibt, bin aber nie dazu gekommen, ein Buch von ihm zu lesen. Mit GUSSIE habe ich das jetzt nachgeholt. Und ich stelle zufrieden fest: Auch Geschichte(n) erzählen kann er!


    Der Autor


    Christoph Wortberg studierte Philosophie, Germanistik und Geschichte und ist ausgebildeter Schauspieler. Verschiedene Rollen am Theater und im Fernsehen, daneben Hörbuchsprecher. Seit vielen Jahren Drehbuchautor, u.a. für den Kölner »Tatort«, sowie Autor von Jugendromanen. Christoph Wortberg lebt in Köln.


    ASIN/ISBN: 3423283866

    Und was die Autofahrer denken,
    das würd’ die Marder furchtbar kränken.
    Ingo Baumgartner