Aus guter Familie - Gabriele Reuter

  • Aus guter Familie - Leidensgeschichte eines Mädchens von Gabriele Reuter


    Originalausgabe 1895 bei Fischer, Berlin

    Ich habe gelesen:

    Neuausgabe "Hoffenberg Sonderausgabe", Berlin 2016

    nach der 15. Auflage, 1908

    Taschenbuch 212 Seiten


    Buchbeschreibung (eigene Zusammenfassung)

    Agathe wächst Ende des 19. Jahrhunderts in der sogenannten "besseren" Gesellschaftsschicht auf. Weibliche Tugendhaftigkeit, Frömmigkeit und die Vorbereitung auf das Eheleben prägen ihre Erziehung. Kann sie diesem engen Korsett aus Erwartungen entfliehen?


    Die Autorin (Quelle: Wikipedia, abgerufen am 23.03.2024 Link)

    Gabriele Elise Karoline Alexandrine Reuter (* 8. Februar 1859 in Alexandria; † 16. November 1941 in Weimar) war eine deutsche Schriftstellerin.


    Die zu Lebzeiten vielgelesene Autorin wurde bekannt durch ihren Roman Aus guter Familie (1895), der die „Leidensgeschichte eines Mädchens“ (Untertitel), einer typischen „höheren Tochter“ der Wilhelminischen Ära erzählt. Das Buch verkaufte sich bis 1931 in 28 Auflagen und war der erste Bestseller, den der S. Fischer Verlag in seiner Verlagsgeschichte hatte. Weitere Bestseller waren etwa ihr Roman Ellen von der Weiden (1900), die Novellensammlung Frauenseelen (1901) oder der Roman Der Amerikaner (1907). Heute ist Gabriele Reuter nahezu vergessen.


    Meine Meinung

    Ein Klassiker, den wir in meinem Lesekreis gelesen haben. Ansonsten wäre ich wohl nie auf das Buch aufmerksam geworden, geschweige denn hätte ich mich durch den etwas schwierigen Anfang gekämpft. Dem Buch kennt man seinen Klassikerstatus in Sprache und Stil deutlich an und so brauchte es einige Zeit, bis ich mich mit den zahlreichen Adjektiven und der zeitweilig schwülstigen Sprache zurechtfand. Dazu kam die Rechtschreibung, die für meinen Nachdruck aus der Ausgabe von 1908 übernommen wurde. Für heutige Zeiten schon formal ein sehr ungewohntes Leseerlebnis.


    Doch das Durchhalten hat sich gelohnt. Das Buch gibt einen gelungenen Einblick in das (Frauen-)Leben zur Entstehungszeit Ende des 19. Jahrhunderts in der sogenannten „höheren“ Gesellschaft. Nicht romantisch verklärt, sondern wohl sehr realistisch. Natürlich wird hier das individuelle Schicksal von Agathe geschildert, doch die damalige Erziehung und die damit verbundenen Erwartungen werden für die meisten Mädchen ihrer Gesellschaftsschicht ähnlich gewesen sein. Was das anrichten kann, zeigt die Autorin in diesem Buch sehr eindringlich und auch heute noch nachvollziehbar.


    Ich finde es sehr schade, dass die Autorin (im Vergleich zu männlichen Kollegen ihrer Zeit) in der Versenkung verschwunden ist. Auch wenn wir heute in ganz anderen Zeiten aufwachsen und leben - der Einfluss von Erziehung und gesellschaftlichen Erwartungen auf das Selbstbild ist nach wie vor ein wichtiges und aktuelles Thema.


    Fazit: Ein zu Unrecht vergessener Bestseller, der auch heute noch einen interessanten Blick in das Frauenleben der wilhelminischen Zeit gibt und zum Nachdenken über heutige Verhältnisse anregt. Acht gelungene Eulenpunkte von mir (von max. zehn).


    ASIN/ISBN: 3843084513

    "Alles vergeht. Wer klug ist, weiß das von Anfang an, und er bereut nichts." Olga Tokarczuk (übersetzt von Doreen Daume), Gesang der Fledermäuse, Kampa 2021