Danke, wird ausprobiert!
Der Zeitgeist und die Bücher oder ist das Zensur?
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Ich bin ja auch in der IT und bei uns läuft das eher unter Unterstützung und Sicherheit. Wenn der NC-Programmierer eine eingeschränkte Auswahl bekommt, ist das nicht nur schneller, sondern auch sicherer. Mir ist wohler, wenn der Anwender möglichst wenig Fehler machen kann. Schließlich geht es meistens um sauteure Bauteile und später sitzen Menschen in dem Flugzeug. Denken ist gut, Kontrolle ist besser ... (Nur in diesem Fall natürlich!)
Tja, ich denke da kommt es eben auch immer darauf an, was der Anwender mit dem Tool macht. Bei uns ist es schwierig, wen der Ingenieur nicht merkt, dass der Plan, den er freigibt, falsch gezeichnet ist. Wenn das dann erst auf der Baustelle auffällt, wird meistens ganz viel Geld dabei vernichtet....
Man sieht, ein Computer ist auch kein Allheilmittel. Vor allem wenn man denkt der wüsste schon, dass man sich heute beim Mausklick was anderes gedacht hat als gestern, schließlich hat man ja heute grüne Socken und nicht rote wie gestern an
Das ist halt nicht immer so einfach. Der Buchhändler hat das Buch nicht unbedingt gelesen, und Rezensionen und Klappentext sollten nicht spoilern. Woher soll die Information dann kommen? Vor allem, wenn ich im Laden stehe und nicht noch lange googlen will? Ich bin immer noch der Meinung, dass eine Triggerwarnung am Ende mit Hinweis am Anfang niemandem schadet, aber ein paar Lesern nützt.
Das ist mir klar und ich hätte vielleicht das Wort Ich Fett machen sollen Mir ist schon klar, dass sich andere Menschen damit schwerer tun als ich, auch weil sie auf mehr Dinge anspringen als ich es tue.... Wie gesagt für mich persönlich sind Triggerwarnungen eher unnötig, sie stören mich aber auch nicht im Buch. Und wenn es anderen hilft.....
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Wie gesagt für mich persönlich sind Triggerwarnungen eher unnötig, sie stören mich aber auch nicht im Buch. Und wenn es anderen hilft.....
Ganz deiner Meinung.
Was ich die ganze Zeit versuche zu verstehen: warum soll es keine (spoilerfreien) Triggerwarnungen zum Inhalt eines Buches geben dürfen? Egal ob sie jetzt am Anfang oder sonstwo im Buch zu finden sind.
Wer sie nicht braucht, der zuckt nach dem Lesen mit den Schultern, andere sind vielleicht dankbar dafür.
Was stört denn daran so ungemein?
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Worüber dann die ganze Aufregung?
Ganz einfach: meine von Dir zitierte Bemerkung zielt auf neu veröffentlichte Bücher; also wenn z. B. Tom ein Manuskript an den Aufbau-Verlag schickt und Autor und Verlag sich dann an die Herausgabe des Buches machen. Dann wird das Buch ja so veröffentlicht, wie Autor und Verlag es am Ende beide "abgesegnet" haben (normalerweise jedenfalls).
Meine Eingangsfrage bezieht sich jedoch auf Bücher, die vor (mehr oder weniger) vielen Jahren bereits veröffentlicht wurden (also i. d. R. damals im Einklang Autor - Verlag) und nun auf aktuelle Befindlichkeiten "umgeschrieben" werden sollen.
Ganz provokativ könnte ich das auf die Spitze treiben: wem es nicht paßt, daß Bücher nicht den heutigen Vorstellungen entsprechen, sollte die nicht lesen, sondern sich auf solche beschränken, die eben diesen heutigen Vorstellungen entsprechen - also neu so veröffentlicht wurden. Und bevor der Kommentar kommt "dann tu das doch": ich richte meine Lesegewohnheiten seit Längerem weitestgehend danach. ich habe sogar mal bei einem großen Verlag, dessen Newsletter ich bekomme, angefragt, ob ein bestimmtes Buch, welches mich interessiert hat, gegendert ist oder nicht (das ging aus der Werbung für mich nicht eindeutig hervor und die Leseprobe konnte ich auf meinem PC nicht öffnen). Der Verlag hat freundlich geantwortet (und ich das Buch dann übrigens auch gelesen).
Edit, Tippfehler berichtigt
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Eine Randbemerkung noch zu "Triggerwarnungen" und der (leider überwiegend sehr laienhaften) Vorstellung, wie Trigger in der Psyche funktionieren und wie so genannte Retraumatisierungen ausgelöst werden. Ich kann jedem nur empfehlen, hierzu mal das Gespräch mit Menschen zu suchen, die sich damit auskennen. Ich habe das getan, und es ist mitnichten so, dass jeder - ggf. sogar ein geringfügiger - Kontakt mit dem Sujet des Traumas bei Betroffenen den sofortigen Rückfall ins Trauma, also die Retraumatisierung auslöst. Das ist so in der Realität nicht gegeben, viel differenzierter und persönlicher und intensiver, und die Argumentation, die diese vermeintliche Kausalität nutzt, um für Triggerwarnungen einzutreten, geht nahezu vollständig ins Leere. Die Behauptung, Triggerwarnungen könnten Menschen aktiv schützen, die eine entsprechende Vorgeschichte haben, ist widerlegt worden, und nicht wenige Fachleute argumentieren sogar, dass diese Warnungen eine Verstärkung der Ängste auslösen und eine stärkere Identitätsfixierung in Verbindung mit der Störung bzw. ihren Ursachen bewirken können. Sie sind in solchen Fällen also sehr wahrscheinlich sogar kontraproduktiv. Oder, einfacher gesagt, Bullshit.
Wie ich angemerkt hatte und hier auch unterstrichen wurde: Dafür sind Triggerwarnungen eigentlich auch nicht da, denn sie sind Mogelpackungen. Sie sollen in erster Linie die Produktionsbuden, die Verlage und die Redaktionen schützen, und zwar vor Attacken durch Leute, die glauben, die Welt wäre besser, wenn es bestimmte Themen überhaupt nicht gäbe. Einen fachlichen Hintergrund aus psychiatrischer oder psychotherapeutischer Sicht haben sie nicht. Betroffene sind durch Verhaltenstherapien und vergleichbare Maßnahmen sehr viel besser und effektiver geschützt. Vor allem aber funktioniert der Retraumatisierungsmechanismus nicht so, wie viele zu denken scheinen. Der Begriff "Trigger" suggeriert das allerdings.
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Aha!
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Ich hatte Phasen, in denen ich gewisse Themen sehr ungern gelesen habe. Ich war nicht traumatisiert, aber habe diese Themen in Büchern und Filmen so gut es ging vermieden. Und ähnlich dürfte es anderen Menschen gehen. Deshalb finde ich Warnungen zu schwierigen Themen nicht verkehrt, ob man das nun Triggerwarnung, Content Note (so heißt es bei Catalina Cudd) oder anderweitig nennt. Die Absicht dahinter ändert nichts an der Nützlichkeit.
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Eine Motivation dürften auch betriebswirtschaftliche Abwägungen sein. Gibt es im potenziellen Käuferkreis mehr Toms und SiColliers oder mehr andere Leute? Verlage wollen verkaufen und optimieren daraufhin ihr Angebot. Ja, und potenzielle Klagen und Shitstorms dürften da auch eine Rolle spielen. Wohlwollend interpretiert ist das also auch Kundenfreundlichkeit und ein verbessertes Dienstleistungsangebot. Verlage machen Bücher für Leser und nicht für Autoren.
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Ich finde das Thema wirklich sehr interessant und auch diskussionswürdig und habe alle Beiträge gelesen.
Tatsächlich habe ich mir bis jetzt über Triggerwarnungen sehr wenige Gedanken gemacht, sie nur für mich als relativ unwichtig eingestuft. Wie immer bei Diskussionen gibt es aber verschiedene Blickwinkel und Meinungen zu dem Thema
Den letzten Beitrag von Tom finde ich sehr interessant.
Für mich gibt es noch einiges zu durchdenken bei dem Thema.
Habe eben den Beitrag zu Triggerwarnungen auf Wikipedia gelesen.
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Wohlwollend interpretiert ist das also auch Kundenfreundlichkeit und ein verbessertes Dienstleistungsangebot.
Das ist sehr wohlwollend interpretiert. Weniger wohlwollend interpretiert wird das künstlerische Angebot weichgespült, damit es keine Konflikte mit Leuten gibt, die bei sich entweder ein (niemals erteiltes) Mandat bestimmter Gruppen sehen oder/und die der zeitgeistlichen Aufregungskultur folgen und nach Möglichkeiten suchen, sich entsprechend zu betätigen.
Die Weichspül- und Konfliktmeidungstheorie stützt übrigens ein weiterer Mechanismus, der in diesem Zusammenhang zu nennen ist, und der von immer mehr Produktionsfirmen, Redaktionen und Verlagen vorgeschaltet wird, um lange vor der Finalisierung des Werks dafür zu sorgen, dass es nirgends aneckt und nach der Produktion keine Probleme macht. Die Rede ist vom "Sensitivity Reading", bei dem ein Text oder eine Produktionsvorlage auf Aggressions- und Diskriminierungspotentiale untersucht (bis hinunter auf die Mikroebene) und entsprechend bereinigt wird. Sensitivity Reader sind nicht im Auftrag der Autorinnen und Autoren unterwegs, die ja sehenden Auges verfasst haben, was Vertragsgegenstand war, sondern quasi als literarische Justitiare, die einen Vorgang noch einmal abklopfen, damit er ja niemandem wehtut. Sozusagen selbstgemachte Zensur. Tatsächlich ist es allerdings so, dass zumindest bei literarischen Werken jederzeit die Autoren das letzte Wort haben und Verlage in Texte nicht ohne ihre Genehmigung eingreifen dürfen (weshalb Lektoren auch keine eigenmächtigen Änderungen vornehmen, wie viele glauben, sondern nur Vorschläge machen). Oft bestünde aber im Konfliktfall die Alternative dann darin, dass ein Buch nicht erscheint.
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Da bin ich bei dir, Sensitivität Reading finde ich auch schwierig, vor allem, wenn es vom Verlag kommt. Das ist ja, als würde man dem Autor sagen hey, du schreibst wie die Axt im Walde, das geht so nicht. Wobei ich mich frage, warum nehme ich nen Autor unter Vertrag, das heisst ja, dass ich seine Art zu schreiben grundsätzlich erst einmal wertschätze und das veröffentlichen möchte. Und dann geh ich her und spüle den Schreibstil nochmal weich. Damit verändere ich den Ton des Autoren, der ja auch vom Leser geschätzt wird.
Ja, der Autor muss nicht zustimmen, aber wie du sagst, wenn der Verlag dann sagt, entweder du machst das oder das Buch kommt nicht, oder andere Konsequenzen daraus entstehen, dann überlegt der ein oder andere sicher schon, ob er nicht mitmacht, auch wenn es ihm eigentlich nicht passt.
Ich weiß aber auch, dass es wohl Autorinnen (hier absichtlich nicht gegendert, von Autoren hab ich das noch nicht mitbekommen) die schon während des Schreibprozesses Sensitivität Reader einbeziehen und deren Vorschläge mit einarbeiten. Da würde ich das nicht ganz so kritisch sehen, sondern eher die Möglichkeit für den Autor tatsächlich manche Dinge anders zu betrachten und einzubauen.
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streifi : Es gibt noch wenig belastbare Aussagen dazu, wann das sensitivity reading hierzulande von wem eingesetzt wird, aber der PEN Berlin hat dazu im vergangenen Herbst eine Umfrage unter seinen Mitgliedern durchgeführt, auf deren Ergebnis ich sehr gespannt bin. Aber, ja, es gibt Autoren und -innen, die das ihrerseits beauftragen, meines Wissens aber vor allem Leute, die im Selfpublishing unterwegs sind.
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Meinen ersten Kontakt mit dem Thema 'Triggerwarnungen' hatte ich vor gut 30 Jahren in Form eines niederländischen Cartoons: Der Protagonist des Cartoons steht dort in einer Buchhandlung und fragt den Buchhändler (ich zitiere aus meiner Erinnerung, die 30 Jahre alt ist und übersetze dabei... Leider habe ich den Cartoon nicht mehr. War bestimmt ganz anders...):
"Haben Sie auch Bücher in denen kein Mord, Totschlag, Gewalt, missgünstige Menschen, Neid, Boshaftigkeit, Konflikte vorkommen?"
"Ja"
"Sind die sehr viel teurer als die anderen?"
Und natürlich war mein Gedanke dabei: Sie sind vor allem eines: Langweiliger.
Tatsächlich habe ich dann später festgestellt, dass es durchaus eine Herausforderung ist, ein nicht-langweiliges Buch zu kaufen, in dem z.B. kein Krebs vorkommt, wenn man es jemanden im Krankenhaus als Ablenkung schenken möchte.
Triggerwarnungen sind für mich, wenn es sie denn tatsächlich gibt, zuweilen der aussagekräftigere Klappentext (wobei ich ohnehin Klappentexte genau deswegen meist erst gar nicht lese, sondern den Anfang eines Buches aufschlage). Bei vielen Autoren, die ich lese, wäre es einfach völlig absurd welche davor zu setzen (wie sähe wohl die Liste der Triggerwarnungen bei einem Richard Morgan aus, das wäre ein eigener Roman... Oder bei einem George R. R. Martin, um einen bekannteren Autor zu nennen... Verirrt sich jemand versehentlich in 'American Psycho'?).
Aber es gibt schon Bücher, die Triggerwarnungen verdient hätten: (z.B. 'Conni, die mit der Sch***' im Haar). Aber stimmt schon, das erkenne ich auch so... -
wie sähe wohl die Liste der Triggerwarnungen bei einem Richard Morgan aus
Jup. Bin schon gespannt auf die nächste Staffel "The Boys" - und darauf, was Amazon da alles drüberknallt. Wenn sie ehrlich sind, müssen die Triggerwarnungen so lang wie die Folge selbst sein, vorausgesetzt, die Serie wird nicht (auch) inzwischen weichgespült.
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Natürlich wird 'The boys' nicht weichgespült. (Gab's da nicht auch mal 'ne Folge wo die Triggerwarnungen im Star-Wars-Stil über die Leinwand liefen?)
Und Roald Dahl gibt es neben der bereinigten Version jetzt auch in der 'classic collection':
https://www.penguin.co.uk/arti…rs-classic-texts-in-print
Solange wir nicht in einer Autokratie leben, entscheidet der kommerzielle Erfolg. Die, die Triggerwarnungen wollen, orientieren sich an Bücher mit Triggerwarnungen. Und die, die das nicht interessiert, orientieren sich an anderem. Und freuen sich über den 'The boys'-Vorspann.
Und die Gefahr irgendwann in einer Autokratie leben zu müssen, kommt derzeit dann doch eher nicht aus der woken Ecke, sondern aus einer anderen. Und da helfen dann leider auch keine Triggerwarnungen. -
Und die Gefahr irgendwann in einer Autokratie leben zu müssen, kommt derzeit dann doch eher nicht aus der woken Ecke, sondern aus einer anderen.
An den Enden sind die Ecken schwer zu unterscheiden.
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Meine Eingangsfrage bezieht sich jedoch auf Bücher, die vor (mehr oder weniger) vielen Jahren bereits veröffentlicht wurden (also i. d. R. damals im Einklang Autor - Verlag) und nun auf aktuelle Befindlichkeiten "umgeschrieben" werden sollen.
So ein Buch habe ich noch nie gelesen, ...
... außer vielleicht die Bibel - da wurde jahrhundertelang an den Übersetzungen herumgeändert, um sie für die jeweils aktuelle Bevölkerung verständlich zu machen.
Eine gegenderte Version habe ich allerdings auch noch nicht davon gesehen
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An den Enden sind die Ecken schwer zu unterscheiden.
Wenn's konkret um ein Kreuzchen auf einem Wahlzettel geht, sind die vermutlich ganz gut zu unterscheiden.
Und derzeit ist zumindest mir keine Demokratie bekannt, in der aus der 'woken' (wenn ich die mal nach links verorte) Ecke Parteien gewählt werden, die autokratische Bestrebungen haben und eine relevante Größenordnung besitzen.
Aus der anderen Ecke hingegen... -
So ein Buch habe ich noch nie gelesen, ...
Das geschieht mit Kinder- und Jugendbüchern. Es ist mit "Pippi Langstrumpf" gemacht worden und derzeit mit "Jim Knopf" in der Mache.
... außer vielleicht die Bibel
Du hast die Bibel gelesen? Das bringen nicht viele fertig. (Ich hab's tatsächlich auch getan, ist aber 'ne Weile her und ich würde es nicht noch einmal tun.)
Die Bibel ist schon vor den diversen Übersetzungen mehrfach kanonisiert worden. Dabei sind nicht nur die legendären "Apokryphen" auf der Strecke geblieben, sondern über die Jahrhunderte hinweg auch viele Inhalte angepasst, geändert oder gestrichen worden. Aber die Bibel ist ja auch kein künstlerisch-belletristisches Werk, sondern die "heilige" Schrift einer Glaubensgemeinschaft, die dafür Sorge getragen hat, dass ihr geschriebenes Gotteswort immer auch in die Zeit passte.
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... außer vielleicht die Bibel - da wurde jahrhundertelang an den Übersetzungen herumgeändert, um sie für die jeweils aktuelle Bevölkerung verständlich zu machen.
Naja die alte Bibel ist ja auch faktisch menschenfeindlich geschrieben