Der Zeitgeist und die Bücher oder ist das Zensur?

  • Oof...

    War eigentlich gemeint, dass LGBTQ-Personen es generell lächerlich finden könnten, wenn "vor ihnen gewarnt" wird.

    Das wäre dann schon wieder weniger lächerlich als vielmehr diskriminierend.

    Aber meist wird ja nicht vor den LGBTQ-Personen gewarnt, als vor sexuellen Handlungen.

    - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - -
    Von den vielen Welten, [...] ist die Welt der Bücher die größte. (Hermann Hesse)


    :lesend U. T. Bareiss: Green Lies - Tödliche Ernte

  • Ich wiederhole hiermit meine Bitte an den Himmel.

    :chen Der Himmel erhört keine Ungläubigen ;)

    - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - -
    Von den vielen Welten, [...] ist die Welt der Bücher die größte. (Hermann Hesse)


    :lesend U. T. Bareiss: Green Lies - Tödliche Ernte

  • Wie man in den Wald hineinruft ...

    Soso.


    Ich verfasse hier umfangreiche und, wie ich finde, nicht nur dumme Abhandlungen darüber, was das Wesen dieser Vorgehensweise (Bücherbereinigung, Triggerwarnungen) anbetrifft, ich argumentiere und liefere anschauliche Beispiele, stelle dezidierte Fragen, ich rede mir den Mund fusselig, und als Antwort erhalte ich immer wieder nur Anmerkungen wie: "Ich will aber in Liebesromanen nichts über Suizide lesen, das passiert mir in letzter Zeit zu häufig", "Es löst ein Trauma(ta) aus, wenn in einem Roman ein Kind von seinem Vater verprügelt wird" oder "Wer in seiner Kindheit sexuell missbraucht wurde, wird es nicht witzig finden, in Hakan Nessers Büchern die detaillierte Schilderung eines solchen Vorgangs zu lesen". Ich habe wirklich Schwierigkeiten damit, meinen Kopf daran zu hindern, mehrfach gegen sehr massive Betonwände geschlagen zu werden. Allein, vielleicht würde es ja helfen. :bonk


    Aber, ja, ich argumentiere wohl vollständig niveaufrei.

  • Tom, aus meiner Sicht argumentierst Du aus der Sicht des Stärkeren. "Sowas weiß man doch", "Aber jeder kann doch" usw. Nein, es kann leider nicht jeder. Regeln und Warnungen werden für die Schwachen gemacht, nicht für die Starken. Mit Mitte 20 dachte ich auch, dass ich der beste Autofahrer der Welt bin und habe mich über unsinnige Tempolimits aufgeregt. Die wurden aber auch nicht für mich gemacht, sondern für die Schwächeren in der Gesellschaft.


    Und diese geänderten Neuauflagen bedeuten ja kein Verbot von älteren Ausgaben. Nur bei neueren Fassungen älterer Bücher wird ausprobiert, wie und ob sie dann noch wirken. Vielleicht kommt man dann auch zur Erkenntnis, dass diese Überarbeitungen ein Buch unlesbar und sogar missverständlich machen. Letztlich bereichern sie aber doch auch das Kulturangebot, wenn beide Ausgaben nebeneinander bestehen können. Konservative lesen die alte Ausgabe, Progressive nehmen die Neufassung. Ein Verbot einer Neufassung müsste für einige, die keine Verbote mögen, eigentlich ein Zirkelschluss sein.

  • Regeln und Warnungen werden für die Schwachen gemacht, nicht für die Starken.

    Wer bitte sind "die Schwachen" und "die Starken"? Und wer von beiden macht "Regeln und Warnungen"?


    Und seit wann bitte braucht es für Kultur (Scheiße, wir reden hier über Kultur und nicht über Tempolimits oder Waffenkäufe oder Drogen) verdammte Regeln? Kultur ist die Essenz des Umgangs miteinander. Das hat niemand zu "regeln". Niemand. Und niemand hat das Recht dazu. Das wäre dann nämlich tatsächlich und im direkten Wortsinn Zensur. Jemand entscheidet, was darf und was nicht. Edit: Oder wovor gewarnt werden muss und wovor nicht. Das ist unterm Strich dasselbe.

  • Ach Tom, Du bist heute Vormittag aber etwas unbeweglich in Deinen Gedanken. Oft hilft ein Perspektivwechsel: Runter vom hohen Pferdchen und das ganze mal aus der Sicht vom Frosch betrachten.


    Die Schwachen: Die, für die die Warnungen gemacht werden.

    Die Starken: Die, die die Warnungen nicht brauchen.

    Und wer das macht? Frag doch dazu mal in Deinem Verlag.

    Niemand hat zu regeln? Ja, aber dann hör doch damit auf. ;)

    Tempolimit = Transferleistung für die Starken. :lache

  • Tom Du argumentierst nicht niveaulos, aber schon ziemlich eingleisig.


    Die Bereinigung von Büchern geht in dieselbe Richtung. Es wird vor erfundenen Gefahren geschützt, etwa davor, dass Kinder das Wort "Neger" irgendwo lesen und deshalb quasi unmittelbar zu schlimmen Rassisten werden, wenigstens aber zu Menschen, denen das schlimme N-Wort jederzeit auf der Zunge liegt, alleine, weil sie es kennen. (Dieser Gedanke ist so dumm, dass ich mich kurz zum Eimer beugen muss. (...) So, bin wieder da.) Dabei lässt sich ohne die weitere Benutzung solcher Begriffe nicht von der unglaublichen Vergangenheit erzählen, die die menschliche Zivilisation hat, als sie sich bereits "zivilisiert" nannte, und die übrigens in nicht wenigen Ländern der Welt immer noch Gegenwart ist oder wieder zu werden droht. Nur, weil ich mich in meine Blase zurückziehe, in der bitte nichts zugelassen ist als Dinge und Leute, die dem entsprechen, was ich sowieso denke oder fühle, ändere ich daran überhaupt nichts. Ganz im Gegenteil. Wenn ich mich der Auseinandersetzung mit dem Übel völlig verschließe, überlasse ich anderen diese Auseinandersetzung, und im Endeffekt kümmert sich dann keiner mehr.

    Es geht doch weniger darum, die Kinder vor dem N-Wort zu schützen, als vielmehr darum, dass die Kulturschaffenden sich darauf geeinigt haben, dass es heutzutage von Betroffenen als diskriminierend empfunden werden kann, wenn von "Negern" als Personenbeschreibung gesprochen wird. Das kann als Evolution der Kultur gesehen oder als Fortschritt der Zivilisation gewertet werden.

    - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - -
    Von den vielen Welten, [...] ist die Welt der Bücher die größte. (Hermann Hesse)


    :lesend U. T. Bareiss: Green Lies - Tödliche Ernte

    Dieser Beitrag wurde bereits 1 Mal editiert, zuletzt von Tante Li ()

  • Tom Das "Wie man in den Wald ..." war eigentlich darauf bezogen, dass mich Laharl jetzt schon so oft dumm angepflaumt hat, dass ich auf ähnlichem Niveau zurückgeschrieben habe.


    Eine Triggerwarnung vor Tschick fände ich auch unsinnig. Leider ist diese Form von häuslicher Gewalt absolut nicht ungewöhnlich, in Bayern wurde die Prügelstrafe erst 1983 abgeschafft und Prügel durch die Eltern wurden in Deutschland sogar erst 2001 verboten. Mit solchen Szenen sollte man klarkommen. Das würde ich nicht auf eine Stufe wie Vergewaltigung, Folter oder Kindesmißbrauch stellen.


    Warum Du allerdings derartig gegen Triggerwarnungen bist, verstehe ich trotz deiner ausführlichen Beiträge nicht. Niemand ist dazu gezwungen und es findet keine Zensur statt, es ist lediglich eine Gefälligkeit des Autors. Er kann es machen oder auch lassen, und daher gibt es auch keinen Katalog der dort zu erwähnenden Handlungen. Ich finde es aber gut, wenn es gemacht wird, und soviel traue ich einem Autor schon zu dass er weiß, was kritische Inhalte in seiner Story sein könnten.

    “You can find magic wherever you look. Sit back and relax all you need is a book." ― Dr. Seuss

  • Jemand entscheidet, was darf und was nicht. Edit: Oder wovor gewarnt werden muss und wovor nicht. Das ist unterm Strich dasselbe.

    Ich vermag ehrlich nicht zu verstehen, wo es dasselbe sein soll, ein Buch zu zensieren, also möglicherweise strittige Inhalte herauszuschneiden oder abzumildern, oder es in seinem ursprünglichen Zustand zu belassen, aber Warnungen hinzuzufügen, die jeder, der sie nicht zu brauchen meint, nicht einmal lesen muss. Das sind für mich zwei völlig verschiedene Vorgehensweisen.

  • Wenn das "N-Wort" zur Kultur gehört, dann bin ich dafür, dass wir wieder angebliche Hexen verbrennen dürfen.

    Man sollte die Dinge nicht aus ihrem Kontext reißen. In Mark Twains Büchern gehört es zur Kultur, da wird auch hoffentlich kein Verlag drin rumeditieren. Wenn ich in Tom Sawyer plötzlich andere Worte lesen würde, wäre ich schon stark irritiert. Das wäre, wie das Staufenberg Attentat zu verfilmen und auf Hakenkreuze zu verzichten.

    “You can find magic wherever you look. Sit back and relax all you need is a book." ― Dr. Seuss

  • Wenn das "N-Wort" zur Kultur gehört, dann bin ich dafür, dass wir wieder angebliche Hexen verbrennen dürfen.

    Gerade beim N-Wort finde ich, man sollte sich fragen, warum es da steht. Hat der Autor es ohne weitere Hintergedanken verwendet, weil es dem normalen Sprachgebrauch seiner Zeit entspricht? Oder hat er es literarischen Figuren in den Mund gelegt, um zu verdeutlichen, dass sie eben rassistische Gedankengänge haben und andere damit abwerten wollen? Sollte man es z.B. aus Wer die Nachtigall stört entfernen oder das Buch deswegen bannen, wie es in gewissen Kreisen häufig gefordert wird?


    Und du setzt die Verwendung eines zugegeben unschönen und abwertenden Wortes mit der institutionalisierten und systematischen Tötung zahlreicher Menschen gleich?