Krummes Holz - Julia Linhof

  • Klett Cotta , 2024

    272 Seiten


    Kurzbeschreibung:

    Es ist ein drückend schwüler Sommer, in dem Jirka an den Hof seiner Eltern im Krummen Holz zurückkehrt. Mehrfach hat er die Bitte seiner älteren Schwester Malene ignoriert, ihr gegen den Vater beizustehen. Als Jirka jetzt auf dem heruntergewirtschafteten Gutshof eintrifft, scheint keiner mehr auf ihn zu warten. Vom Vater findet sich keine Spur, und von seiner dementen Großmutter und seiner unversöhnlichen Schwester schlägt ihm eine Wand des Schweigens entgegen. Nur einer spricht mit ihm – Leander, der Sohn des letzten Verwalters. Doch obwohl die Feindseligkeit seiner Schwester kaum auszuhalten ist, lässt sich mit Leanders Nähe noch schwerer umgehen. Zu intensiv sind die Erinnerungen, die sich mit jedem neuen Tag in den Vordergrund drängen. »Krummes Holz« erzählt mit flirrender Intensität von der Kraft eines Geschwisterbandes in einer glücklosen Kindheit und darüber, wie zwischen all den enttäuschten Hoffnungen die Liebe zu finden ist.


    Über die Autorin:

    Julja Linhof, geboren 1991, wuchs in Westfalen zwischen Hellwegbörde und Arnsberger Wald auf. Von 2012 bis 2015 studierte sie in Leipzig am Deutschen Literaturinstitut. Seit sie die Stadt 2015 für ihr Illustrationsstudium verlassen hat, lebt und arbeitet sie in Hamburg.


    Mein Eindruck:

    Krummes Holz ist ein gutes Stück Literatur einer neuen Autorin. Ein Debüt, das mir sehr gefallen hat, denn die Autorin kann gut formulieren und ihre Geschichte gut aufziehen.

    Dabei bleibt es lange geheimnisvoll. Was hat die Familie für ein Problem, dass zum Konflikt zwischen den Geschwistern Jirga und Malene führte? Während Jirga nach einigen Jahren auf der Uni zurückkehrt, ist die ältere Malene auf dem Hof geblieben und hat ihn gut geführt. Doch der sture Vater will seinen Hof nur einen Sohn übergeben, obwohl der sensible Jirga weniger dafür geeignet ist.


    Wie auch die Nebenfiguren handelt es sich um gut gemachte, glaubhafte Figuren. Abwesend der Vater und Besitzer des Hofes in Südwestfalen, er ist eine latente Bedrohung. Mit Leander, der auf dem Hof arbeitet gibt es eine weitere gut gemachte Figur. Ein queeres Element entsteht durch ihn, dass auch Jirga anzieht.


    Krummes Holz ist ein überzeugendes Debüt, das viel für möglicherweise zukünftige Werke verspricht, auf die man gespannt sein darf.


    ASIN/ISBN: 3608966099

  • Es ist fünf Jahre her, seit Jirka ins Internat geschickt wurde. Seither war er nicht mehr auf dem elterlichen Hof im Krummen Holz. Obwohl seine Schwester Malene ihn mehrfach gebeten hat zurückzukommen, ist er erst jetzt wieder da. Malene findet, dass er zu spät kommt. Von seinem Vater fehlt jede Spur, die Großmutter ist dement und Malene begrüßt ihn nicht. Niemand redet mit ihm, nur Leander, der Sohn des letzten Verwalters.


    Dieser Debütroman von Julja Linhof macht es einem nicht leicht. Die Zeiten verschwimmen in dieser Geschichte und es ist nicht immer einfach, sich zu orientieren. Manches wird nur angedeutet. Das Landleben ist sehr gut und bildhaft beschrieben, aber es herrscht eine düstere und sehr bedrückende Atmosphäre.


    Jirka kommt zurück auf den heruntergekommenen Hof, wohin er nie zurückkommen wollte. Er ist wieder bei seiner Familie, in der er nur Kälte und Gewalt erlebt hat. Auch jetzt spricht niemand von der Familie mit ihm. Nur Leander redet mit ihm. Zu Leander hat er sich hingezogen gefühlt und sich geschämt, dass es so war. Die Erinnerungen kommen hoch und werden von Tag zu Tag intensiver. Doch wie verlässlich sind diese Erinnerungen?


    Der Vater wollte den Hof verkaufen, doch Malene ist dort tief verwurzelt und kann sich nicht vorstellen, irgendwo anders zu leben. Aber für den Vater gilt sie als Frau nicht viel. Jirka dagegen wäre lieber irgendwo als hier im Krummen Holz. Sie fühlt sich alleine gelassen und ist daher wütend auf ihren Bruder.


    Der Vater ist traumatisiert aus dem Krieg zurückgekommen. Das lässt er an seiner Familie aus. Es ist schwer zu ertragen, wenn Jirka sich an die vielen Gewaltausbrüche des Vaters erinnert. Wenn er im Hundezwinger eingesperrt wurde, hat ihn nur Leanders Vater wieder rausgelassen. Die Großmutter, die nach dem Tod von Jirkas Mutter auf den Hof gekommen ist, machte das Leben auch nicht leichter, denn sie war eine harte und gefühlskalte Frau.


    Erzählt wird die Geschichte aus der Perspektive Jirkas. Doch mir hat die Perspektive von den anderen Personen gefehlt. So bleibt es doch eindimensional.


    Das Ende hat mich auch nicht ganz überzeugt. Zu viel bleibt offen.

    Es ist ein bewegender Roman über eine Familie voller Kälte und die Verletzungen aus der Kindheit, die bis ins Erwachsenenalter wirken.


    6/10