Gaea Schoeters - Trophäe

  • Klappentext

    Gaea Schoetersʼ preisgekrönter Roman ist von einer außerordentlichen erzählerischen Wucht. Die Tiefenschärfe, mit der sie die Geräusche und Gerüche der Natur beschreibt, lässt einen sinnlich erleben, was einen moralisch an die Grenzen zwischen Richtig und Falsch führt.
    Hunter, steinreich, Amerikaner und begeisterter Jäger, hatte schon fast alles vor dem Lauf. Endlich bietet ihm sein Freund Van Heeren ein Nashorn zum Abschuss an. Hunter reist nach Afrika, doch sein Projekt, die Big Five vollzumachen, wird jäh von Wilderern durchkreuzt. Hunter sinnt auf Rache, als ihn Van Heeren fragt, ob er schon einmal von den Big Six gehört habe. Zunächst ist Hunter geschockt, aber als er die jungen Afrikaner beim flinken Jagen beobachtet.


    Über die Autorin

    Gaea Schoeters, geboren 1976, ist eine flämische Autorin, Journalistin, Librettistin und Drehbuchautorin. 2012 hat sie den Großen Preis Jan Wauters für ihren kreativen Umgang mit Sprache gewonnen. Für Trophäe wurde sie mit dem Literaturpreis Sabam for Culture ausgezeichnet. Der Roman wurde von der niederländischen Presse sehr positiv besprochen.


    Mein persönliches Fazit

    Die Hauptfigur heißt passenderweise Hunter White. Der Name ist Klischee und Programm zugleich. Hunter stammt aus einer Familie von Jägern, ist nach einem Jäger benannt und benimmt sich mit jeder Faser seines Wesens wie ein weißer Jäger. Ob beruflich oder privat, für ihn ist alles eine Jagd. Er scheffelt eine Menge Geld mit diversen Investments um sich Lizenzen für den Abschuss seltener Wildtiere in Afrika zu kaufen. Und er beglückt mit diesen Trophäen auch seine Frau, die scheinbar ebenfalls von ausgestopften toten Tieren sehr angetan ist. So ist die aktuelle Trophäe als Geschenk zum Hochzeitstag eingeplant. (Da fragt man sich schon ein bisschen, wann der gute alte Blumenstrauß so sehr aus der Mode gekommen ist...) Und so stampft Hunter durch Afrika und stellt sich als Krone der weißen Schöpfung dar. Klüger, schneller, überlegener. Der sich gerne in inneren Monologen über die Jagd allgemein, Männlichkeit und der guten alten Zeit nachtrauen, als man noch alles wegballern konnte was einem vor die Flinte kam. Und überhaupt Afrika. Kurzum: so ein richtig schön unsympathischer Mensch.

    Blöd nur, dass sich Afrika als wesentlich komplexer darstellt, als Hunter sich das vorgestellt hat. Über Themen wie Natur- und Artenschutz, Schutz von Lebensraum für Ethnien, Vertreibung, die Auswirkungen von Kolonialisierung bis heute, Moral - da gehen dem guten Hunter dann doch ganz schön die Augen auf. Gelegentlich blitzen bei ihm Gedankengänge auf, die ihn ein bisschen weniger überheblich erscheinen lassen.


    Das Buch hat mich gleichzeitig fasziniert und schockiert. Ich fand den Stil wunderbar. Leise erzählt, ohne Hektik, aber mit sehr viel Spannung und sehr gut platzierten Details. Da gibt es z.B. eine Szene, in der ein Nashorn einfach nur an einem Strauch steht und frisst. Aus dieser an sich banalen Szene hat die Autorin etwas wunderschönes geschaffen, das innehalten lässt, dass einem direkt dieses Tier in all seinen Facetten vor Augen führt. Als betrachte man ein Gemälde. Diese sehr detaillierten Szenen sind nicht überladen und in der gesamten Geschichte genau an den richtigen Stellen positioniert. Ich finde das toll gemacht und es hat dem Buch das gewisse Etwas gegeben.

    Die Handlung selbst ist schockierend. Die Aussagen und auch Reaktionen von Hunter sind schockierend, selbiges von seinem Jagdveranstalter. Es verschlägt einem oft einfach nur die Sprache und manchmal musste ich Stellen nochmals lesen, weil ich mir nicht sicher war, ob das wirklich so geschrieben stand, wie ich es gelesen habe. Obwohl das Buch nicht sonderlich umfangreich ist, ist es doch komplexer als man es auf den ersten Blick vermutet.

    Mir hat das Buch unheimlich gut gefallen, weil es so viele unterschiedliche Themen behandelt und auch, weil es zu Abwechslung mal einen Hauptcharakter hat, den man so wirklich aus tiefster Seele verabscheuen kann.


    ASIN/ISBN: 3552073884

  • Das große Halali

    Der Roman ist eine Wucht. Die Handlung hat mich sofort mitgenommen. Zuerst war ich empört über den superreichen Ami, der ein Rhinozeros schießen will, um seine Sammlung der Big Five komplett zu machen. Doch dann folgte die Erklärung, weshalb dieses alte Tier entfernt werden musste und ich dachte an die deutschen Wälder, wo Jäger und Förster regelmäßig Rotwild und Wildschweine schießen müssen, um den Wald zu schützen. Das Reh im Bayerischen Wald oder das alternde Nashorn in der Savanne Afrikas. Wo ist der Unterschied?

    Und dann nimmt die Geschichte eine unerwartete Wendung. Wilderer töten das ausgesuchte Nashorn und der Jäger bekommt ein anderes Angebot. Es wird ihm dergestalt angeboten, dass er es annimmt. Um dem Dorf etwas Gutes zu tun, um einem anderen Afrikaner ein Studium in den USA zu ermöglichen. Vorwände und Gründe gibt es viele. der Jäger stimmt zu und ab jetzt hält sich meine Sympathie mit ihm in Grenzen. Doch lassen wir meine Gefühle außen vor.

    Für den Jäger wird diese zweite Jagd auch ein Gang zu sich selbst und zurück in seine Kindheit, zu seinem übergroßen und omnipräsenten Großvater, zu seinem Vater, liebevoll und viel zu früh tragisch verstorben auf einer Bärenjagd. Vater und Großvater waren auch passionierte Jäger, Hunter hat das Jagen von klein auf erlernt und nun ist er auch ein leidenschaftlicher Jäger. “Bei jeder Jagd gibt es den Moment, in dem das Risiko zu seiner eigenen Belohnung wird, die Angst vor dem Löwen dem Töten des Löwen weicht. In diesem Moment, in dem der Mensch klein und verwundbar, sich über das mächtige Raubtier stellt, weicht das Mysterium der Meisterschaft und Können und Präzision ermöglichen es dem Jäger seine Beute zu erlegen, die ihm in Kraft und Geschwindigkeit überlegen ist. Die Umkehr der natürlichen Ordnung ist die Essenz des Jagens: Jeder tödliche Schuss untermauert den Sieg des Menschen über die Natur.” (S. 193 - 194) Dieses ist Hunters Motivation zum Jagen, sein Credo. “Die Verschmelzung von Todesangst und Dominanz schenkt dem Jäger einen nahezu erotischen Genuß” (S. 194).

    Warum er zugestimmt hat, Nummer sechs von den Big Five zu jagen und erlegen, werde ich nie verstehen. Die Beute “der Hirschjunge”,oder “Gämsbock” war ihm nie eine ebenbürtige Beute, wie ein Löwe oder ein Nashorn oder ein wütender Büffel.

    Vielleicht lag es an der psychotischen Situation am Lagerfeuer inmitten des Dorfes, vielleicht wollte er seine eigenen Grenzen testen, vielleicht hat seine Neugier die Oberhand gewonnen. Tatsache ist, Hunter willigt ein, und das Schicksal nimmt seinen unerbittlichen Lauf. Im Augenblick des Todes erkennt Hunter im Blick seiner Beute das Leben, dass die Beute nie führen wird, all die verpassten Chancen und Gelegenheiten eines erfüllten Lebens.. Und jetzt endlich, nachdem Hunter abgedrückt hat und seine Beute tödlich getroffen hat, verwandelt sich die Beute in Hunters Augen. Es sit nicht mehr der Gamsbock, nicht mehr der Hirschjunge, sondern das, was er von Anfang an war und warum ich kein Verständnis für Hunter aufbringen kann.

    Das Buch ist spannend von der ersten Seite an. Ob es sich um die gegenwärtige Safari handelt, um Jagdszenen aus Hunters Kindheit und Jugend oder um Hunters letzte Jagd. Die Naturbeschreibungen, sei es vom Wald, wie wir ihn kennen, oder von der Savanne sind zum dahin beamen schön. Die Verfolgung des Nashorns hat mich in seinen Bann gezogen. Dramatisch fand ich die nächtliche Schlacht zwischen den Löwen, Hyänen und Schakalen rings um Hunters und Dawids Lagerfeuer. Wie durch ein Wunder gelingt es Hunter mit seinem Guide und der Beute, die Nacht zu überleben. Zurück im Dorf muss sich Hunter seiner Nemesis stellen, ein Schicksal mit dem ich für Hunter einverstanden bin.

  • Mit der Hauptfigur kann man so seine Probleme haben, doch das spricht ja noch nicht gegen das Buch. Hunter White, ein reicher amerikanischer Händler und Jäger aus Leidenschaft. Als Weißer ein Störfaktor in Afrika, doch er glaubt an sein Recht auf die Jagd.

    Die Autorin schafft es, die Beweggründe und Motive des Jägers zu verdeutlichen. Sein Ziel ist das töten und die Trophäe. Dafür soll ein Nashorn sterben und schließlich lässt er sich leicht überzeugen, das es ein noch interessantes Wild gibt, einen Menschen. !Ngate soll die Beute sein.

    Zusammen mit Dawid einem Jungen, der sein Führer durch den Busch wird, beginnt die Jagd und ein psychologisches Duell zwischen Jäger und Beute.

    Der Einfluss von Heart of Darkness ist spürbar.

    Von diesem Plot kann man sich als Leser kaum einen Moment lösen.

    Die Beschreibungen sind beeindruckend plastisch.

    Ein Roman, der an die Grenze geht.

  • Ich habe das Buch nun auch gelesen.

    Nyx Rezension kann ich nur wenig hinzufügen, dort ist alles perfekt ausgedrückt.


    Die Geschichte eignet sich sehr für Diskussionen, denn es wurden Gedanken aufgeworfen, die ich sehr gerne mit anderen besprochen hätte. Dass Moral und Ethik etwas ist, was man sich leisten können muss. Dass unsere westlichen Vorstellungen von Tier- und Landschaftsschutz nicht zwingend auf andere Gesellschaften und Kontinente übertragbar sind. Dass "Afrika" nicht selten eine Inszenierung ist, die für Touristen entworfen wurde. Und noch viel anderes mehr.


    Während ich die erste Hälfte ziemlich atemlos und fasziniert verschlungen habe, zog sich die zweite Hälfte etwas hin, denn ich konnte Hunters Motivation für den letzten der "Big Six" nicht ganz nachvollziehen. Er hatte ja schon bei der Büffeljagd festgestellt, dass ihm eine Jagd ohne Trophäe nicht den Kick bringt, den er sonst fühlt. Warum lässt er sich also darauf ein? Wegen dem Geld, das dem Stamm versprochen ist? So viel Altruismus traue ich Hunter dann doch nicht zu.


    Spannend fand ich den Gegensatz zur westlichen Großwildjagd und der traditionellen Stammesjagd.


    Das Ende war aber doch schlüssig und brachte die Geschichte gut zu Ende. Insgesamt würde ich das Buch empfehlen, besonders für Lesekreise. Man hat nach der Lektüre einen anderen Blick und eine andere Aufmerksamkeit für diesen Kontinent.