Das geht mir gerade durch den Kopf

  • Mir gehen immer sehr viele Sachen durch den Kopf, aber aktuell geht mir sowas wie "Sprachsensibilität" (oder wie ich das nennen soll) durch den Kopf. Es gibt Formulierungen, die find ich einfach nicht schön, die darf man meiner Meinung auch durchaus in Frage stellen und überdenken und evtl. aus seinem Sprachgebrauch streichen, aber sehr oft passiert es, dass man mir dann sagt, ich würde alles auf die Goldwaage legen. Nein, ich lege nicht Dinge auf die Goldwaage - das Gegenüber überlegt einfach gar nicht und haut pauschal irgendwelche "anerzogene" Formulierungen hin - denke ich mir zumindest oft, sage es nur dann, wenn es bei der Person und der Situation passt (in der Arbeit habe ich nicht die Zeit, sowas zu diskutieren, im privaten Umfeld mache ich das evtl. häufiger).


    Eins davon ist das Wörtchen "muss" und viele Formulierungen, die damit zusammenhängen. Ich benutze "müssen" auch, sicher. Aber ich achte da schon auch drauf und versuche darüber nachzudenken. Ich bin auch nicht jemand, der pauschal "Ich muss nichts, außer sterben" oder sowas dann entgegnet. Ein Bekannter von mir hat quasi als "Motto" den Satz "'Nen Scheiß muss ich!" und ja, irgendwie gefällt mir das.


    Und ich beziehe mich nicht nur auf Formulierung wie "Du musst das so und so machen" oder "Du musst das machen" oder das übliche "Du musst mal ruhiger werden" (Ich wäre ruhiger, wenn alle nicht sagen würden, was ich alles muss.... :rolleyes:lache), sondern auch solche Sachen wie z.B. :

    - "Das musst du selbst wissen" - Nein, muss ich nicht. Manchmal habe ich selbst keine Ahnung, was für mich das Beste wäre. Manchmal weiß ich nicht, welche Entscheidung sinnvoll ist. Manchmal bin ich einfach nur durcheinander. Ich muss überhaupt nicht selbst wissen, verflucht! Ich lebe in einem Land, in dem ich viel selbst entscheiden darf. Ich bin in einem Alter, in dem ich das meiste selbst bestimmen darf. Aber deswegen muss ich noch lange nicht alles wissen, was mich betrifft. Zumal dieses "Das musst du selbst wissen" eh mit einem "ich finde es doof, aber mach Du mal..."-Unterton kommt.

    - "Das muss jeder für sich entscheiden." - nein, muss er/sie nicht. Das darf zum Glück jeder selbst entscheiden. Ja, manchmal lässt es sich vielleicht in der Tat nicht vermeiden, eine Entscheidung zu treffen. Aber man hat ja durchaus auch die Freiheit, andere für sich entscheiden zu lassen (was ja auch eine Entscheidung ist). "Das muss jeder selbst wissen" ist was ähnliches, vereint vielleicht die ganzen Beispielsätze.


    Ich weiß auch nicht, wann und warum ich anfing, ein sehr gespaltenes Verhältnis zu diesen Formulierungen und diesem Wort zu haben. Vielleicht ist es auch nicht das Wort "müssen", sondern die Formulierungen, in denen es verwendet wird.

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  • Gummibärchen Das sind interessante Überlegungen. Ich glaube, es hat viel damit zu tun, wie frei man sich fühlt. Viele fühlen sich vielleicht von allen Seiten bedrängt oder wollen ihr Leben mehr selbst bestimmt gestalten und können das aus bestimmten Gründen nicht.


    Wenn zu mir jemand sagt "Das musst Du selber wissen!" dann ist das für mich der Hinweis, dass es denjenigen nicht interessiert, was ich mache oder dass er sich nicht die Mühe machen möchte, mich ausführlich zu informieren.

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    Von den vielen Welten, [...] ist die Welt der Bücher die größte. (Hermann Hesse)


    :lesend Stanislaw Lem: Der Unbesiegbare / Die Jagd

  • Gummibärchen  :knuddel1


    Mit dem Wort muss, hadere ich auch oft.


    Was mir gerade im Kopf rumgeht, und dies sollte ich ändern. Ich habe jetzt die Tage einige Onlinefortbildungen gemacht die mir aufzeigen wieviel ich im Umgabg mit den Bewohnern falsch mache. Nicht das es mir nicht bewusst ist oder war, dafür bin ich reflektiert genug. Nur das noch mal so gebald aufs Brot geschmiert zu bekommen ist was anderes ;-)


    Jetzt würde ich einiges gerne ändern, ich bin nur mal leider nicht sehr geduldig und fahre daher schnell aus der Haut und wenn ich mich überfordert fühle, geht es noch schneller und eine Bewohnerin scheint etwas in mir zu trigeern, ich könnte sie regelmäig auf den Mond schiessen und kann nicht ruhig bleiben.


    P.S. Ich mache auch vieles richtig ;-)

  • Wenn zu mir jemand sagt "Das musst Du selber wissen!" dann ist das für mich der Hinweis, dass es denjenigen nicht interessiert, was ich mache oder dass er sich nicht die Mühe machen möchte, mich ausführlich zu informieren.

    So negativ würde ich das überhaupt nicht sehen. Das heißt doch nur, dass der/die Gefragte nicht die Entscheidung übernimmt. Informieren, beraten (falls möglich), das Für und Wider abwägen, auch die eigene Meinung sagen - das hat doch alles nichts damit zu tun, dass letztlich immer jede/jeder selbst Verantwortung für die eigenen Entscheidungen übernehmen muss/soll/darf.


    Was von "muss"/"soll"/"darf" zutrifft, DARF (oder muss? ;)) jede/jeder natürlich wieder selbst entscheiden. Ich bin froh, gerade als Frau in einer Zeit und einem Land zu leben, wo ich tatsächlich für mich selbst entscheiden DARF! Gerade deswegen würde es mir auch nicht einfallen, meine eigenen Entscheidungen abgeben zu wollen oder für andere zu entscheiden (Extremfälle natürlich ausgenommen). Ganz sicher weiß ich nicht immer, was "das Beste" für mich ist, ganz sicher treffe ich manchmal Entscheidungen, mit denen ich hinterher nicht ganz so glücklich bin (ich mag gar nicht von "falschen" sprechen - meistens gibt es doch gar kein richtig oder falsch sondern nur verschiedene Wege, die an unterschiedliche Ziele führen), aber das ist doch bei jedem anderen, dem ich die Entscheidung überlassen würde, genauso! Und ganz ehrlich: that´s life!


    Es gibt aber auch noch eine Alternative: nicht zu entscheiden. Sondern das Leben, die Zeit, das Schicksal ... entscheiden zu lassen. Auch möglich.

    "Alles vergeht. Wer klug ist, weiß das von Anfang an, und er bereut nichts." Olga Tokarczuk (übersetzt von Doreen Daume), Gesang der Fledermäuse, Kampa 2021

  • Wenn ich beispielsweise zu einem meiner Kinder sage "das musst du selbst wissen", bedeutet das, dass ich das nicht für es entscheiden kann, aber eine Entscheidung getroffen werden muss. Weil keine Entscheidung in der Situation keine Option ist. Zum Beispiel ob sie sich für den Studiengang anmelden will. Keine Aktion ist gleichbedeutend wie ein Nein, und die Entscheidung kann und will ich ihr nicht abnehmen. Wenn sie nicht weiß, was sie essen will, bleibt sie halt hungrig, aber es gibt im Leben auch wichtige Entscheidungen, die man ab einem gewissen Alter selbst treffen muss. Auch darf, und kann, aber eben auch muss. Von daher hat für mich diese Formulierung ihre Berechtigung. Andernfalls sage ich "das kannst nur du wissen".

    “You can find magic wherever you look. Sit back and relax all you need is a book." ― Dr. Seuss

  • Wenn ich beispielsweise zu einem meiner Kinder sage "das musst du selbst wissen", bedeutet das, dass ich das nicht für es entscheiden kann, aber eine Entscheidung getroffen werden muss. Weil keine Entscheidung in der Situation keine Option ist. Zum Beispiel ob sie sich für den Studiengang anmelden will. Keine Aktion ist gleichbedeutend wie ein Nein, und die Entscheidung kann und will ich ihr nicht abnehmen. Wenn sie nicht weiß, was sie essen will, bleibt sie halt hungrig, aber es gibt im Leben auch wichtige Entscheidungen, die man ab einem gewissen Alter selbst treffen muss. Auch darf, und kann, aber eben auch muss. Von daher hat für mich diese Formulierung ihre Berechtigung. Andernfalls sage ich "das kannst nur du wissen".

    Vielleicht komm ich die Tage auf das Thema zurück, aber weil ich schon merke, wie mich das hier "triggert" :grin, mal dazu. Genau das meine ich - das muss dein Kind nicht selbst wissen. Es geht mir in der Tat um die Sensibilität bei dem Ausdruck und was dahinter steckt. Warum muss es das wissen? Man könnte sich über die alternative Formulierung "Das musst Du entscheiden" unterhalten, da könnte ich in der Tat weniger dagegen halten, außer dass ich hier sagen würde "warum müssen? Darf?" Ja, ja, die Qual der Wahl und vielleicht wäre das Leben oft einfacher, wenn man nicht entscheiden dürfte, aber die Vorfahren haben oft gekämpft, damit wir jetzt entscheiden dürfen (und es dann oft vielleicht müssen), aber mir geht es zum einen darum, dass man den positiven Aspekt sieht und auch sprachlich wiederspiegelt.

    Zum anderen - und evtl. ist mir das wichtiger - geht es um diese Erwartung, etwas wissen zu müssen. "Diese Entscheidung liegt (leider/zum Glück) bei Dir." "Diese Entscheidung bleibt Dir überlassen." "Was Du letztendlich machst, entscheidest Du." Warum ist das "müssen" hier notwendig? Und vor allem, woher soll man etwas wissen. Manche Dinge weiß man nicht und muss sie auch nicht wissen. Man ist dennoch dafür zuständig, diese Entscheidung zu treffen, ja. Aber mich macht die Formulierung kirre.


    Und wie gesagt, kommt evtl. auch auf den Kontext und den Ton der Person an. Aber für mich hat die Art und Weise, wie jemand spricht, auch viel damit zu tun, was die Person für eine Haltung hat.

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  • Bei einem "das musst du selbst wissen" oder "das muss jeder für sich entscheiden" ist es bei mir zu mehr als 50% davon abhängig, in welchem Ton es gesagt wird, das kann man ja bspw. spielerischer und gleichgültiger äußern und das ergibt am Ende dann für mich persönlich die Färbung in der Interpretationsart. Die Frage ist ja auch, was man damit gleichsetzt - wenn ein "das musst du selbst wissen" am Ende eine Entscheidung bedeutet, so bedeutet Entscheidung in letzter Instanz ja auch Konsequenz mindestens für die Entscheidung und ist damit ja einerseits eine "Erfahrung" und andererseits kommt es dann eben wieder auf den Kontext an (bspw. Repressalien vs. Support)...


    Ist bei mir mit einem "das darfst du entscheiden" nicht anders, das kann im schlechten Sinne ja auch durchaus negativ angehaucht werden (z. B. antifeministisch), wenn es jemand sagt. Bei "entscheide du" wäre es ähnlich...kurzum: Sprache ohne Kontext funktioniert für mich nicht.

  • Genau, der Kontext ist entscheidend. Bei "Das musst Du schon selbst wissen" im Zusammenhang mit Essensbestellungen gibt es ein Lachen dazu, geht es um Lebensentscheidungen wie den Studiengang wird es von einem "alles wird gut" Lächeln begleitet.

    Aber müssen ist für mich hier die korrekte Formulierung, denn ich will die Bestellung abschicken und nicht mehr länger warten, oder es gibt Abgabefristen die auf niemanden warten. Auch wenn es jemanden triggern könnte, aber gerade meine Große, aber auch mein Mann tun sich mit Entscheidungen schwer (ich bin von drei Waagen umzingelt) und brauchen dann manchmal einen Schubs. Alternative: Ich entscheide und warte auf die Reaktion. Dann wird nämlich meistens ganz schnell klar, ob es passt, egal ist oder doch die andere Wahl gewünscht ist. Ist vielleicht unsensibel, funktioniert aber für uns. Ich bin da pragmatisch.

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  • Was mir gerade noch eingefallen ist: Ein "das musst du selber wissen" ist (zumindest für mich) immer mit einer Entscheidung verknüpft, und da hängt dann ein unausgesprochenes wenn dran.

    Also "du musst eine Entscheidung treffen, wenn"

    - du auch etwas bestellen willst

    - du mitfahren willst

    - du diesen Studiengang absolvieren willst


    Niemand muss sich entscheiden, aber wer etwas haben will, halt schon.

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  • Zum anderen - und evtl. ist mir das wichtiger - geht es um diese Erwartung, etwas wissen zu müssen. "Diese Entscheidung liegt (leider/zum Glück) bei Dir." "Diese Entscheidung bleibt Dir überlassen." "Was Du letztendlich machst, entscheidest Du." Warum ist das "müssen" hier notwendig? Und vor allem, woher soll man etwas wissen. Manche Dinge weiß man nicht und muss sie auch nicht wissen. Man ist dennoch dafür zuständig, diese Entscheidung zu treffen, ja. Aber mich macht die Formulierung kirre.

    Ist dann die Formulierung " das ist Deine Entscheidung" dann besser für Dich?


    Wenn ich gefragt werde, "was soll ich essen" kommt von mir eher ein "das weiss ich doch nicht.."


    Meine Tochter fragt auch immer mal wieder, was wir denn meinen, was sie evtl. studieren soll. Da sag ich auch immer nur, mach was, was sich gut für dich anfühlt. An der Stelle wird das aber auch nicht in einem Satz abgehandelt, sondern eben in einem ausführlichen Gespräch.


    Wenn mich jemand um Mithilfe bei einer Entscheidung bitten kann ich ihm ja nur meine Sicht der Dinge vermitteln. die Entscheidung kann ich aber nicht für ihn treffen. Denn wenn ich das tue, trage ich am Ende auch die Verantwortung dafür....


    Deswegen nervt mich die Antwort "Was leckeres" auf die Frage " was essen wir heute" gerne mal.... wenn ich dann was mache, was ich lecker finde, heißt das ja nicht, dass es den anderen auch schmeckt....

  • Oh ja, die gute "was wollt ihr heute essen" Frage :lache

    Wenn man "das musst du selber wissen" als "das kannst nur du wissen" interpretiert, wird es vielleicht klarer. So ist es bei mir jedenfalls normalerweise gemeint.

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  • Wenn zu mir jemand sagt "Das musst Du selber wissen!" dann ist das für mich der Hinweis, dass es denjenigen nicht interessiert, was ich mache oder dass er sich nicht die Mühe machen möchte, mich ausführlich zu informieren.

    Für mich ist das nur der Hinweis darauf, dass ich dem jenigen nicht die Entscheidung abnehmen kann, weil ich auch nicht die entsprechenden Konsequenzen zu tragen habe,


    Oft fällt so ein Satz, wenn man gemeinsam das Für und Wider einer Frage oder eines Problems diskutiert hat. Dann kennt der andere alle möglichen Standpunkte. Die Entscheidung kann aber keiner abnehmen... und die Folgen meist auch nicht.


    Ignoranz hört sich für mich ganz anders an.


    Aber da ich selbst ein dickes Fell habe und auch nur sehr selten Worte auf die Goldwaage lege, springe ich da bestimmt beim einen oder anderen mit meinem Vokabular ab und an in den Fettnapf, ohne es zu bemerken. :gruebel


    In so einem Fall würde ich mir dann wünschen, darauf aufmerksam gemacht oder hinterfragt zu werden.

    Lieben Gruß,


    Batcat


    Ein Buch ist wie ein Garten, den man in der Tasche trägt (aus Arabien)

  • In so einem Fall würde ich mir dann wünschen, darauf aufmerksam gemacht oder hinterfragt zu werden.

    Es lohnt sich generell (das habe ich mir inzwischen in Riesenlettern ausgedruckt und über den Schreibtisch gehängt, außerdem ist es auf alle wichtigen Körperoberflächen tätowiert), zuweilen zu prüfen, ob die eigenen Befindlichkeiten einem da nicht einen Streich spielen - und man sich, schlicht gesagt, nicht zu wichtig nimmt. Kommunikation ist kompliziert und heikel und mit unfassbarer Konnotation versehen, außerdem nutzt sie ein höchstens mittelhalbgutes Werkzeug (weil unsere Sprache ein Kompromiss ist), es gibt tonnenweise Kontexte, die sich nicht immer überschneiden, und manch eine oder einer macht sich halt nicht bei jedem Wörtchen umfassende Gedanken, ohne das irgendwie auch nur ansatzweise böse zu meinen. Wenn man dann harsch reagiert, weil einem bestimmte Termini oder Formulierungen nicht gefallen (oder weil man meint, das müsse so sein, weil man anderswo gehört hat, dass es so wäre), entstehen Aggressionen, wo sie überhaupt nicht hingehören. Wir sind alle ein bisschen hypersensibel geworden in den letzten Jahren.


    Aber, generell gilt: Der Trick ist, zu reden. Man kann tatsächlich über fast alles mit fast jedem reden.

  • Aber, generell gilt: Der Trick ist, zu reden. Man kann tatsächlich über fast alles mit fast jedem reden.

    Ganz genau.


    Ich kannte mal jemand, der sehr sensibel auf jegliches Wording reagiert hat - andererseits aber auch niemandem seinen Ärger mitteilte. Irgendwann hatte man es dann, ohne es zu ahnen, bei dieser Person verschissen. Sowas finde ich doof. Natürlich muß man dann vielleicht auch mal Unterhaltungen führen, die man eigentlich nicht möchte. Aber wie heißt es so schön: "Gewitter reinigen die Luft". Ich finde, das gehört auch bei zwischenmenschlichen Beziehungen ab und an dazu.

    Lieben Gruß,


    Batcat


    Ein Buch ist wie ein Garten, den man in der Tasche trägt (aus Arabien)

  • Aber, generell gilt: Der Trick ist, zu reden. Man kann tatsächlich über fast alles mit fast jedem reden.

    Das versuche ich mir selbst auch immer wieder zu sagen und lebe so gut es geht ein "Kommunikation ist keine Einbahnstraße" in meinem Umfeld vor...


    Kommunikation ist kompliziert und heikel und mit unfassbarer Konnotation versehen, außerdem nutzt sie ein höchstens mittelhalbgutes Werkzeug (weil unsere Sprache ein Kompromiss ist), es gibt tonnenweise Kontexte, die sich nicht immer überschneiden, und manch eine oder einer macht sich halt nicht bei jedem Wörtchen umfassende Gedanken, ohne das irgendwie auch nur ansatzweise böse zu meinen.


    Das, was du zu den eigenen Befindlichkeiten schreibst, verstehe ich genau. Mir fällt das zuweilen sehr schwer, aber ich hinterfrage mich dahingehend mittlerweile immer mehr. Es ist schon sehr viel Selbstbewusstsein gefragt in dieser immer wacheren Sprachwelt, um da nicht häufiger umgerissen zu werden, ist das, was ich beobachte...dennoch kann sich ja niemand von seinen Grundmechanismen (Rationalität, Emotionalität) und Vergangenheiten frei machen, wo Erfahrungen ja auch nicht zur Vereinfachung des Bildes der Kommunikation führen...


    Dein Beitrag kam für mich gerade aber in einer genau richtigen Zeit und ich fühle mich von deinen Worten sehr geerdet und gerade bestärkt, dass ich in einer aktuellen Situation jetzt auf dem richtigen Weg bin - kommunikativ...


    :danke

  • Das Thema Kommunikation treibt mich im Job auch grad um…. Allerdings fehlte mir vor dem Urlaub tatsächlich die Kraft das auch dann noch zu tun. Ich hoffe sehr, dass wir ab September einen besseren Ton miteinander finde, wenn wir alle mal im Urlaub waren und eine neue Kollegin ins Team kommt.- Zeit um nochmal an Teamregeln zu erinner, in denen dann auch dran erinnert wird, miteinander statt übereinander zu reden….

  • Bei einem "das musst du selbst wissen" oder "das muss jeder für sich entscheiden" ist es bei mir zu mehr als 50% davon abhängig, in welchem Ton es gesagt wird, das kann man ja bspw. spielerischer und gleichgültiger äußern und das ergibt am Ende dann für mich persönlich die Färbung in der Interpretationsart. Die Frage ist ja auch, was man damit gleichsetzt - wenn ein "das musst du selbst wissen" am Ende eine Entscheidung bedeutet, so bedeutet Entscheidung in letzter Instanz ja auch Konsequenz mindestens für die Entscheidung und ist damit ja einerseits eine "Erfahrung" und andererseits kommt es dann eben wieder auf den Kontext an (bspw. Repressalien vs. Support)...


    Ist bei mir mit einem "das darfst du entscheiden" nicht anders, das kann im schlechten Sinne ja auch durchaus negativ angehaucht werden (z. B. antifeministisch), wenn es jemand sagt. Bei "entscheide du" wäre es ähnlich...kurzum: Sprache ohne Kontext funktioniert für mich nicht.

    Sprache ist immer im Kontext und in Verbindung mit der nonverbalen Kommunikation zu sehen. Deswegen funktioniert ausschließlich schriftliche Kommunikation z. B. in socialmedia ja so schlecht, vor allem, wenn es stark verkürzt oder aus dem Zusammenhang gerissen ist.


    Danke für den Hinweis Hati , dass auch das freundlich klingende "das darfst du entscheiden" Probleme bereitet oder zumindest bereiten kann. Das könnte tatsächlich sehr gönnerhaft rüberkommen. So hatte ich das gar nicht auf den Schirm, aber es lohnt sich, selbst auf den ersten Blick freundliche Aussage zu hinterdenken.


    Gummibärchen Wenn du dich für Sprache interessiert: bist du mal auf das Kommunikationsviereck von Schulz von Thun gestoßen? Das hat in meiner Ausbildung einen richtigen AHA-Effekt hervorgerufen und mich nachhaltig geprägt. Ist zwar schon ein Weilchen her und es gibt bestimmt moderneres, aber die Regeln von Kommunikation sind ja nach wie vor die gleichen.

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