Der 21. Dezember von Johanna
Der Bär und der Weihnachtsmann
„Laaangweilig, mir ist sooo langweilig“, quengelte Marianne.
Die vier Mädchen saßen wieder einmal im Wohnzimmer, genossen ihren Kakao und langweilten sich.
„Dieses Jahr ist aber auch gar nichts los. Keine Engel, kein Weihnachtsmann, die sich gemeldet haben. Dabei haben wir uns doch so an die beiden gewöhnt, daß wir sie immer kurz vor Weihnachten treffen und ein Problem lösen müssen.“ Seufzte Mathilde.
„Ich vermisse das richtig, Ihr auch?“
„Oh ja,“ stimmte ihr Madita zu. „Das wird bestimmt ein langweiliges Weihnachten so ganz ohne Treffen mit dem Weihnachtsmann. Ist Euch eigentlich mal aufgefallen, daß bisher immer er uns geholt und gerufen hat, wir aber gar nicht wissen, wie wir ihn erreichen können?“
„Na kommt, bevor wir hier noch vergehen vor Langeweile, schlage ich vor, wir gehen in den Wald und machen eine Schneeballschlacht.“ Schlug Juliana vor.
„Au ja und einen Iglu bauen wir auch“, meinte Mathilde aufgeregt. „Darüber habe ich Letzens etwas gelernt. Da soll es ganz warm drin sein, obwohl er ganz aus Schnee ist.“
Schnell waren die vier Mädchen angezogen und zogen los.
Lachend und sich mit Schneebällen bewerfend liefen sie in den Wald, bis sie eine geeignete Stelle fanden, an der sie ihren Iglu bauen wollten.
Sie hatten gerade begonnen, da ertönte plötzlich eine Stimme:“ Oh, darf ich mitmachen, das macht Spaß.“
Erschrocken hielten die Mädchen inne und blickten auf.
Mathilde und Madita stießen einen kleinen Schrei aus und Juliana stand stocksteif da und hatte auf einmal Marianne im Arm, die da vor Schreck hinein gehüpft war.
Ein paar Meter entfernt stand ein kleiner Bär.
„Oh oh, ganz langsam zurück gehen und so wenig wie möglich dabei bewegen.“ raunte Juliana.
Als sie ihren Rückzug beginnen wollten, rief der kleine Bär: „Geht nicht weg, Ihr braucht keine Angst zu haben. Ich tu Euch nix.“
Perplex fragte Mathilde: „Wieso bist du überhaupt wach, machst Du nicht eigentlich Winterschlaf? Und warum kannst Du sprechen?“
„ Ach, ich kann einfach nicht wieder einschlafen“, entgegnete der kleine Bär traurig.
„Ich hab ja alles versucht, aber es geht nicht. Und je mehr ich mich zwingen will, desto weniger geht es. Naja und da bin ich eben aufgestanden und habe geguckt, ob ich nicht etwas Abwechslung finde. Und da habe ich Euch entdeckt und mich gefreut.
Ach ja und sprechen kann doch jeder Bär, aber nur die wenigsten verstehen halt, was sie sagen.
Das können nur ganz besondere Menschen.“
„Ok“, dann darfst Du mitmachen,“ entschied Marianne , die ihre Angst ganz schnell wieder vergessen hatte.
„Kannst du denn einen Iglu bauen? Wenn Du uns hilfst, dann können wir Dir ja hinterher beim Einschlafen helfen.“
Und flugs ging es an den Iglu, den der kleine Bär doch erstaunlich gut mit errichten konnte.
Kaum fertig, machten es sich die vier Mädchen mit dem Bären darin gemütlich und Madita meinte: „Wenn wir Dir jetzt ein Schlaflied singen, müßte es doch eigentlich klappen mit dem Einschlafen, oder?“
Aber es half alles nichts, so schön sie auch im Quartett ihr Repertoire sämtlicher Schlaflieder sangen, der kleine Bär schlief einfach nicht ein.
Plötzlich erscholl ein Rauschen, Wind kam auf, die Bäume bogen sich und ließen den Schnee hinunter rieseln und schon rauschte der Weihnachtsmann auf seinem Schlitten heran.
„Oh, wie gut“, keuchte er:“ Hier finde ich Euch meine lieben Mädchen. Zu Hause habe ich Euch nicht angetroffen und da hoffte ich, Euch in Eurem schönen Wald zu finden.“
„Hallo Weihnachtmann“, rief Marianne erfreut, ihren alten Bekannten zu sehen.
„Diesmal haben wir ein kleines Problem“, ließ sich Madita vernehmen.
„Unser neuer Freund hier, der kleine Bär, kann nicht schlafen.“
„Du siehst aber auch sehr besorgt aus,“ merkte Juliana an, die das gramgebeugte Gesicht des Weihnachtmannes sah.
„Oh, das ist erstaunlich, sollte er doch eigentlich im tiefsten Winterschlaf stecken“, sagte der Weihnachtsmann verwirrt und strich sich über den Bart.
„Nun gut, das Problem werden wir dann eben auch noch lösen. Aber jetzt brauche ich dann doch noch einmal Eure Hilfe.
Etwas schreckliches ist passiert. Paul, mein Wichtel ist von einem Troll entführt worden.
Der verlangt nun, daß ich ihm sämtliche Geschenke die eigentlich für die Kinder gedacht sind, herausgebe, wenn ich Paul wiedersehen möchte.“
„Ne, das ist ja mal richtig gemein,“ schimpfte Madita: „ Da müssen wir sofort überlegen, wohin der böse Troll den kleinen Paul entführt hat und ihn retten. Das geht ja mal gar nicht, daß der die ganzen Geschenke bekommen soll. “
„Eben deswegen brauche ich Eure Hilfe. Damit wir gemeinsam überlegen, wo ein geeigneter Platz zum verstecken wäre, wie stark er bewacht wird und wie wir Paul aus den Fängen des Trolls retten können:“
Resümierte der Weihnachtsmann.
„Ohh, bitte, bitte, laßt mich mitmachen. Ich bin auch gar nicht mehr müde. So ein aufregendes Abenteuer hatte ich lange nicht mehr.“ Bettelte der kleine Bär: „Ich helfe Euch, den Troll aufzuspüren, das kann ich bestimmt.“
„Hmm“ brummte der Weihnachtsmann: “Warum nicht, ich kenn mich zwar nicht so gut mit Bären aus, da sie normalerweise schlafen, wenn ich unterwegs bin - soviel aber weiß ich doch, daß sie hervorragende Spürnasen sind und Du uns vielleicht wirklich helfen kannst, den Troll zu finden“.
Also kurzerhand alle auf den Schlitten und los ging es, nachdem sie überlegt hatten, zuerst den gesamten Wald zu überfliegen und zu gucken, wo sich ein geheimer Unterschlupf des Trolls befinden könnte.
Der kleine Bär, ganz in seinem Element, streckte die Nase immer in den Wind und schnüffelte in der Hoffnung, den Geruch des Wichtels Pauls aufzunehmen, nachdem der Weihnachtsmann ihm dessen Mütze zum schnuppern unter die Nase gehalten hatte.
Plötzlich meinte Marianne: „ Ich muß mal, können wir mal kurz anhalten und da unten in
dem Café aufs Klo gehen?“
„Na gut, aber beeil Dich.“ Madita schloß sich gleich an und die beiden Mädchen hüpften schnell auf das Café zu und verschwanden.
Als nach 10 Minuten noch keine der beiden zurück gekehrt war, machten sich die andern langsam Sorgen.
„Ich geh mal nachgucken“, bot sich Mathilde an.
Auch das dauerte dann wieder mindestens 10 Minuten, so daß sich die anderen noch ernstlichere Sorgen machten.
Auf einmal kamen dann die drei kleinen Damen angerannt, ganz aufgelöst und aufgeregt.
„Die Tür ging nicht mehr auf und wir waren gefangen“, rief Marianne atemlos.
„Mathilde ist dann über die Türe geklettert und hat uns gerettet“, ergänzte Madita
„Das war bestimmt der Troll der weiß, daß wir ihm auf der Spur sind und da hat er die Tür einfach zugezaubert.“ Meinte Marianne, froh wieder draußen zu sein.
„Könnte aber auch sein, daß ihr in der Aufregung einfach den Schlüssel in die falsche Richtung gedreht habt“, murmelte Juliana fast unhörbar in Mathildes Ohr. Die grinste nur.
„Aber“, sagte Mathilde dann: „Das Ganze hatte auch etwas Gutes. Als ich da herum geklettert bin, um über die Tür in die Kabine zu kommen, habe ich durch das Fenster etwas entdeckt. Hinter dem Café liegt in einiger Entfernung ein kleiner Schuppen der kaum zu erkennen ist, da er total unter Tannenzweigen und Gestrüpp verborgen ist.
Wetten, daß das ein Versteck ist. Und sicher sogar das Versteck des Trolls.“
„Na, worauf warten wir“, rief Juliana. „Hin und nachsehen. Aber vorher schnell einen Befreiungsplan machen.“
Wieder auf dem Schlitten, lenkten sie ihn in die Richtung des Schuppens, während der kleine Bär bereits den Kopf hob und schnüffelte. „Jaa, da ist der Wichtel, ich kann ihn riechen. Aber da ist noch etwas, etwas sehr unangenehmes, das kann nur der Troll sein.“
Jetzt konnten sie den versteckten Schuppen auch erkennen. Ein kleines Holzgebäude, das vorne eine Brettertür besaß und nach hinten hinaus ein kleines Fenster.
Madita schlich sich kurz von hinten an das Fenster, sah hinein und kam schnell zurück. Ganz aufgeregt berichtete sie, daß im hinteren Raum mit dem Fenster, der kleine Wichtel gefesselt auf einem Stuhl sitzt.
„Ok, dann machen wir es so“, instruierte Juliana: „ Der Weihnachtsmann und der Bär gehen mit Rudolph vor, klopfen an die Tür und wenn der Troll dort ist, müßt Ihr ihn in Schach halten, während wir uns von hinten anschleichen und schnell durchs Fenster klettern um Paul herauszuholen.
Alles klar? Dann los“, flüsterte sie.
Und los ging es. Als der Weihnachtsmann an die Tür klopfte und der Troll diese öffnete, streckte sich der kleine Bär ganz lang um größer zu wirken, funkelte und brummte den Troll böse an, zugleich röhrte Rudolph laut und der Troll blieb wie erstarrt stehen, unfähig, sich zu rühren.
„Tut mir nix, bitte bitte, ich bin nur ein armer lieber Troll, der nix böses gemacht hat.“ Jammerte dieser.
Währenddessen kletterten die Mädels hinten durchs Fenster, gingen auf den kleinen Wichtel zu.
„Du bist Paul, stimmt’s“ fragte Mathilde das kleine Männlein.
„Woher weißt Du das?“
„Ich weiß sowas eben und hab Dich sofort erkannt.“
„Wir befreien Dich jetzt“, erläuterte Juliana, wobei sich schon daran machte, die Fesseln des Wichtels zu lösen. „Dann schnell ab durchs Fenster und sofort zum Schlitten. Schaffst Du das? „
„Ja, ich bin ja so froh, wenn ich hier wegkomme. Der Troll ist so furchterregend.“
Schnell flüchteten sie aus dem Fenster, rannten zum Schlitten und da kamen auch schon Rudolph, der kleine Bär und er Weihnachtsmann und los ging es mit dem Schlitten.
Die Begrüßung zwischen Paul und dem Weihnachtsmann war sehr herzlich. „Endlich habe ich Dich wieder, mein Paul. Nun geht’s ab nach Hause, damit Du Dich von Deinem Schrecken erholen kannst.“
Nach einiger Entfernung meldete sich Marianne: „Ich will auch mal den Schlitten fahren“, bettelte sie.
Und da der Weihnachtsmann ihr nicht widerstehen konnte, durfte sie die Zügel übernehmen und ab ging es in atemberaubender Geschwindigkeit, so daß alle in ihre Sitze zurückgeworfen wurden.
Durch Mariannes wilde Fahrt hindurch, hörten sie alle auf einmal ein leises brummendes Geräusch.
Madita sah sich um und lachte: „Nun ist der kleine Bär tatsächlich doch noch eingeschlafen und das bei Mariannes Fahrkünsten.“
„Na, dann laßt uns den kleine Bären doch noch schnell in seine Höhle bringen, damit er seinen weiteren Winterschlaf genießen kann“, meinte der Weihnachtsmann.
Das taten sie und anschließend setzte der Weihnachtsmann die vier Mädchen zu Hause ab.
Am nächsten Abend, Heiligabend, kamen sie ins Weihnachtszimmer und bewundernden den Baum mit den Geschenken darunter und dachten an ihr erneutes Weihnachtsabenteuer.
Ganz oben auf den Geschenken saß ein kleiner Teddybär und den Mädchen erschien es fast so, als zwinkere er ihnen zu.