Lindy Girls, von Anne Stern

  • Lindy Girls, von Anne Stern


    Cover:

    Das Cover passt sehr gut zum Buch und gefällt mir.


    Inhalt und meine Meinung:

    Es geht nach Berlin in die Roaring Twenties, eine sehr zwiegespaltene Zeit. Auf der einen Seite noch viel Hunger und Not nach dem Krieg, auf der anderen Seite aber ein aufbäumen und die unbändige Lust sich zu amüsieren. Dazu gehört auch der Tanz und die Musik. Swing, Jazz und Charleston schwappten von Amerika zu uns herüber.

    In dieser Zeit gründet die Choreographin Wally eine Frauentanzgruppe.

    Sie weicht von dem gängigen Muster ab. Ihre „Mädchen“ sollen individuell bleiben und doch eine Einheit bilden. Außerdem engagiert sie die Frauen von der Straße weg.

    Es ist schwer für Wally in dieser männerdominierten Welt ein Engagement zu bekommen und Fuß zu fassen.

    Erst als sie sich mit ihrem ehemaligen Liebhaber Toni zusammentut klappt der Einstig.

    Doch dies bringt wieder neue Probleme mit sich.


    Die Geschichte ist interessant, aber nicht herausragend.

    Erst vor einem Jahr habe ich ein Buch gelesen mit der gleichen Geschichte.

    Der Schreibstil ist jetzt auch nicht besonderes spektakulär. Zum Beispiel habe ich die acht Tänzerinnen nie auf Anhieb auseinanderhalten können.

    Auch die angesprochenen Probleme wie Armut, Gleichberechtigung, Sexualität und Antisemitismus, wurden nur oberflächlich behandelt und da wurde zu viel Potential vergeben.,


    Autorin:

    Anne Stern, geboren 1982, ist Historikerin, promovierte Germanistin und Schriftstellerin. Sie lebt mit ihrer Familie in Berlin.


    Mein Fazit:

    Ein Buch für Zwischendurch über die Roaring Twenties in Berlin, aber es fehlt der Tiefgang und das gewisse Etwas.

    Von mir 3 Sterne.

    ASIN/ISBN: 3746640008



  • Die Reihe um Fräulein Gold, aus der Feder von Anne Stern, mag ich sehr gern – auch wenn ich mir nach dem sechsten Band die Frage stelle, ob es nun nicht besser ist, die Serie bald schreibend zu beenden. Ich weiß, dass Anne Stern neben ihrer Erfolgsserie schon viele andere historische Romane geschrieben hat. Die Lindy Girls waren nun mein kleiner Ausflug in ihre andere Schreibwerkstatt. Wobei, die Stadt Berlin und der Zeitgeist der Weimarer Republik, auch in diesem Einzelband Hauptrollen spielen.

    Das Buchcover gefällt mir ausgesprochen gut, Swinging Girls, die Haptik der Schriftzüge, der Lackschriftzug des Autorennamens in rosa Versalien, Lindy in Gold und Girls als Schreibschrift, ist ein Hingucker. Die Schriftgröße im Buch ist sehr lesefreundlich – sonst hätte das Buch womöglich auch nur 250 Seiten. Der im Buch abgedruckte QR-Code führt zu einer Playliste mit 18 Songs der Zeit. Das gefällt mir gut – ist doch nett, die passende Zeitgeistmusik nebenbei hören zu können. Die Tonqualität hundert Jahre alter Lieder ist erfahrungsgemäß recht schrill und auch blechernd.


    Ich habe jahrelang getanzt, ich weiß, wie es sich anfühlt in einer Gruppe etwas einzustudieren und aufzuführen. Der Lindy Hop hat es erst in den letzten Jahren wieder auf die Bühnenbretter geschafft – nach Jahrzehnten Dornröschenschlaf.


    In diesem Roman wird von vier Frauen und ihren Träumen erzählt. Es ist die Zeit des Aufbruchs und der zarten Emanzipation, die wenige Jahre später ganz abrupt gestoppt werden wird. Die eine, Tochter aus gutem Haus, verlässt dieses und wird für die Lindy Girls engagiert. Eine andere, arbeitet in der Fabrik und trainiert auch in der Tanzgruppe mit. Sie muss Geld verdienen, damit Miete und Essen für sich und ihren Bruder gesichert ist. Eine andere junge Frau träumt davon, eigene Texte zu schreiben und unabhängig von Männern zu sein. Wally ist die Tanzschulchefin, eine starke Frau, die das Ziel verfolgt ihre rein weibliche Tanzgruppe auf den Bühnen unterzubringen.


    Hinzukommen die Namen der anderen Tänzerinnen und einer Handvoll männlicher Vornamen, die in der Handlung auftauchen. Und so hatte ich tatsächlich Probleme die Personen und Namen während des Lesens schnell zuzuordnen. Wie geht es dann jemandem, der das Buch nicht in wenigen Tagen liest und öfter zur Seite legt? So wäre ein Personenverzeichnis wohl ratsam gewesen. Weil das Buch in viele kurze Kapitel unterteilt ist, gibt es häufige Perspektivwechsel und damit Einstellen auf eine andere Person.


    Mein Leseempfinden war, dass sich der Roman ein wenig wie ein Kaugummi gezogen hat. Wäre er nicht von Anne Stern gewesen, hätte ich nicht die Geduld gehabt, die 350 Seiten fertig zu lesen. Im Vergleich zu dem direkt davor gelesenen sechsten Band von Fräulein Gold, verliert er bei mir sehr. Es ist gut, dass er als Einzelband konzipiert ist – aber schade, dass er meine Leseunterhaltungserwartung nicht erfüllen konnte.

    Manche Bücher müssen gekostet werden, manche verschlingt man, und nur einige wenige kaut man und verdaut sie ganz.
    (Tintenherz - Cornelia Funke)

  • In den Zwanziger Jahren kommt eine neue Musik aus Amerika nach Berlin. Die junge Choreografin Wally ist begeistert vom Swing, Jazz und Charleston und gründet eine Tanzgruppe, die „Lindy-Girls“. Doch der Erfolg bleibt den Frauen verwehrt, denn in den Tanzpalästen und Varietés im Berlin der haben die Männer das Sagen. Doch die Frauen geben nicht auf.


    Ich habe schon eine ganze Reihe Bücher der Autorin Anne Stern gelesen und immer wieder kann sie mich mit ihren Geschichten packen. Ihr Schreibstil lässt sich sehr angenehm lesen. Die wechselnden Perspektiven lassen einen nahe am Geschehen sein. Die Handlungsorte sind sehr schön und atmosphärisch beschrieben, so dass man sich alles gut vorstellen konnte. Auch spürt man schon die Veränderungen, welche die politischen Verhältnisse dann mit sich bringen.


    Die Charaktere sind gut und authentisch dargestellt. Wally und die anderen Tänzerinnen sind selbstbewusste junge Frauen, die ihr Recht haben wollen und neben ihrem Job schwer dafür arbeiten. Sie kommen aus unterschiedlichen Verhältnissen, jede hat ihre eigene Geschichte, aber die Liebe zum Tanz bringt sie zusammen. Die Entscheider in den Tanzpalästen aber wollen lieber am Bewährten festhalten. Doch die Frauen lassen sich nicht unterkriegen. Doch als die Liebe dazwischenfunkt, könnte sich alles ändern.


    Eine tolle Geschichte, die uns das Lebensgefühl der damaligen Zeit und den Rhythmus der Musik spüren lässt. Mir hat es Spaß gemacht, diesen historischen Roman zu lesen.


    10/10

  • Wenn ihr ein Faible für historische Romane mit starken, in jeglicher Hinsicht interessanten, authentisch gezeichneten Protagonistinnen habt, kann ich euch dieses unterhaltsame, vor Esprit und Zeitgeist sprühende Werk aus der Feder von Bestsellerautorin Anne Stern wärmstens empfehlen.


    Ich tanze für mein Leben gerne und liebe - als alte Berliner Pflanze - zudem Geschichten, die in meiner einstigen Heimat spielen. Klar, dass "Lindy Girls" bei mir einziehen musste!


    Zu Beginn erforderten die vielen wechselnden Perspektiven meine volle Konzentration, doch schnell war ich in der Story um Gila, Wally, Alice und Thea (plus diverse Nebenfiguren) angekommen. Die Ladys könnten in puncto Background und Charakter kaum unterschiedlicher sein; jede von ihnen kämpft auf ihre Weise darum, ihren Alltag zu meistern bzw. diesem zu entfliehen. Damals wurden die meisten Lebensbereiche nun mal von Männern dominiert - Gott sei Lob und Dank, dass wir im Hier und Jetzt leben dürfen! Natürlich ist es immer wichtig, die eigenen Träume zu verfolgen, aber gerade wenn ich von Schicksalen lese, die sich diesbezüglich gegen besonders viel Gegenwind behaupten mussten und dennoch an ihren Idealen festgehalten haben, nötigt mir das immens viel Respekt ab. Für meinen Geschmack hätte ich lieber auf ein, zwei Nebenfiguren wie Jo und/oder Toni verzichtet und dafür einer bedeutenderen Person mehr Tiefe verliehen, aber das ist natürlich Geschmackssache.


    Elemente, die mir (neben der gelungenen Ausarbeitung der Figuren) besonders gut gefallen haben:


    ❏ der Aspekt rund ums Tanzen (die Shows, die Etablissements, die Tänze, …),


    ❏ die ungeschönte, realistische Darstellung des einzigartigen Lebensgefühls der Goldenen Zwanziger - auf der einen Seite Aufbruchsstimmung im Hinblick auf Wirtschaft und Kultur, auf der anderen Seite die bitteren Nachwehen des Ersten Weltkrieges und die ersten Vorboten der bevorstehenden Nazi-Herrschaft.


    𝗙𝗮𝘇𝗶𝘁:

    Neben inspirierender Frauen-Power und ansteckender Tanzbegeisterung wartet diese mitreißend erzählte Story zudem mit einer Vielzahl an Perspektiven und einem Blick hinter die Kulissen der nur vermeintlich 'goldenen' Jahre auf - Glamour, Feierlaune und glitzernde Kleider gehören ebenso zur damaligen Zeit wie bittere Armut (Hunger, Arbeitslosigkeit), Drogenkonsum und Kriegstraumata. Ich würde mich über eine Fortsetzung - idealerweise mit weniger Perspektiven - freuen!