Vom Leben und anderen Zumutungen – Giovanni di Lorenzo

  • Gespräche mit Zeitgenossen


    Kiepenheuer, 2023


    Kurzbeschreibung:

    Wir erfahren, warum Daniel Cohn-Bendit kurz nach seinem fünfundsiebzigsten Geburtstag erstmals seine jüdische Familiengeschichte erzählt. Staunen, dass Telekomchef Timotheus Höttges für das bedingungslose Grundeinkommen plädiert und Udo Jürgens sich nach umjubelten Konzerten manchmal wie ein Nichts fühlte. Nehmen Anteil an den Glaubenszweifeln von Papst Franziskus; spüren die Angst, die ein Despot wie Recep Erdoğan verbreitet. Durch die Intensität der Begegnungen entstehen spannungsreiche Portraits, die zugleich ein Spiegelbild der großen politischen und gesellschaftlichen Themen des vergangenen Jahrzehnts sind – Flüchtlingskrise, Pandemie, Krieg, Fremdenfeindlichkeit oder Cancel-Culture-Debatten.


    Lesend tauchen wir ein in die Überzeugungen und Biografien von Menschen, die auf unterschiedliche Weise die Gegenwart geprägt haben. Giovanni di Lorenzo schafft dabei eine Atmosphäre seltener Nähe und Offenheit, scheut aber nie die Konfrontation. Und entlockt so auch ausgebufften Medienprofis Dinge, die sie vorher öffentlich nicht gesagt haben.


    Über den Autor:

    Giovanni di Lorenzo, geboren 1959 in Stockholm. Nach dem Studium in München Redakteur bei der Süddeutschen Zeitung. Ab 1999 Chefredakteur beim Berliner Tagesspiegel, seit 2004 Chefredakteur der ZEIT. Seit 1989 Moderator bei »3nach9« (Radio Bremen). Seit 2021 betreibt er mit Florian Illies den Kunst-Podcast »Augen zu«. Weitere Titel bei Kiepenheuer & Witsch: »Wofür stehst du« mit Axel Hacke (2010); »Auf eine Zigarette mit Helmut Schmidt« (2011) und »Verstehen Sie das, Herr Schmidt?« (2012), beide mit Helmut Schmidt, der Interviewband »Vom Aufstieg und anderen Niederlagen« (2014) und »Erklär mir Italien« mit Roberto Saviano (2017).


    Mein Eindruck:

    Giovanni di Lorenzo ist jemand, der fähig ist mit auch schwierigen Leuten ein Interview zu führen. Der Untertitel Gespräche mit Zeitgenossen sagt noch nicht aus, um was für problematische Zeitgenossen es sich handelt. Z.B. Erdogan oder Viktor Orban.

    Zunächst ist aber schon das Vorwort interessant. Die Interviews sind innerhalb der letzten 10 Jahre entstanden und anscheinend wird es immer schwieriger Interviews zu führen. Mit den Autokraten sowieso und nur unter erschwerten Bedingungen, doch auch mit anderen kann es schwierig werden.

    Der italienische Schriftsteller Umberto Eco z.B. war beim Interview 2015 gereizt, allerdings war er auch erkrankt und starb 7 Monate später. Immerhin hat Eco bei diesem Gespräch klare Worte über die italienische Gesellschaft gefunden.

    Ein Interview mit dem Papst zu bekommen, war nicht einfach, aber 2017 klappte es. Und es gibt einige interessante Details, über Deutschland wie über Italien und über Populismus.

    Das Erdogan-Interview verlief in eher feindseliger Atmosphäre. Das lag aber vor allen an dem sich verschlechternden Verhältnis zwischen Deutschland und Türkei. Gut fand ich, das Lorenzo dagegenhielt.

    Zu manchen Interviews hatte ich wenig Bezug, aber die Interviews mit Merkel und Habeck hatten mich interessiert.

    Man merkt auch überrascht, das es nicht damit zusammenhängt, ob man den Gesprächspartner sympathisch findet, damit es ein spannendes Gespräch wird.


    Es ist schon eine Menge, was dieses Interviewbuch zu bieten hat, da es manchmal mehr als nur Interviews, ja fast schon Porträts werden.



    ASIN/ISBN: 3462006185