Benjamin Stevenson - Die mörderischen Cunninghams: Irgendwen haben wir doch alle auf dem Gewissen

    • Herausgeber ‏ : ‎ List Hardcover; 1. Edition (26. Oktober 2023)
    • Sprache ‏ : ‎ Deutsch
    • Broschiert ‏ : ‎ 384 Seiten
    • ISBN-10 ‏ : ‎ 3471360573
    • ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3471360576
    • Originaltitel ‏ : ‎ Everyone in My Family Has Killed Someone

    ASIN/ISBN: 3471360573



    Über den Autor:

    Benjamin Stevenson wuchs in Canberra, Australien, auf, wo er bis nach dem Studium wohnte. Heute ist er preisgekrönter Stand-up-Comedian und füllt gemeinsam mit seinem Zwillingsbruder ganze Hallen. Seine schlimmste Eigenschaft: Bereits am Anfang von Büchern und Filmen lautstark über das Ende zu spekulieren. Er lebt und arbeitet in Sidney.



    Inhaltsangabe:

    Mord gibt es in den besten Familien: Knives Out meets Agatha Christie und den Donnerstagsmordclub

    Eine mörderisch nette Familie: Ernie Cunningham, passionierter Krimi-Liebhaber, nimmt nur widerwillig am ersten Familientreffen seit Jahren teil. Seit er seinen Bruder Michael wegen Mordes angezeigt hat, hängt der Haussegen schief. Dass dann ausgerechnet am Vorabend von Michaels Ankunft auch prompt eine Leiche in dem isoliert liegenden Skiressort auftaucht, macht die Stimmung bei den eingeschneiten Cunninghams nicht unbedingt besser. Da von der Außenwelt keine Hilfe zu erwarten ist, stürzt sich Ernie Kraft seines geballten Kriminalwissens in die Ermittlungen, um weitere Todesfälle zu verhindern. Doch wem kann man trauen, wenn buchstäblich jeder mindestens eine Leiche im Keller hat?

    »Clever, unerwartet – unbedingt lesen!« Karin Slaughter

    In dieser rasanten Hommage an den klassischen Detektivroman (inklusive Showdown in der Bibliothek!) kommen Sie auf ihre Kosten, wenn Sie gerne miträtseln und von dem Ermittler mitgenommen werden wollen. Aber Achtung: Von all den unerwarteten Wendungen kann einem schnell schwindelig werden, wenn man nicht aufpasst!



    Meine Kritik:

    Autor und Krimi-Fan Ernie Cunningham wird zu einem Familientreffen in den Bergen eingeladen. Obwohl er wenig Lust auf seine Familie verspürt, nimmt Ernie daran teil. Oben angekommen, wird alles noch unangenehmer. Unweit des Hauses wird eine Leiche im Schnee gefunden. Doch der Mann ist nicht erfroren, sondern zeigt Anzeichen dafür, in einem Feuer umgekommen zu sein. Doch weit und breit gab es keinen einzigen Brand. Ernie versucht zu ermitteln, wird dabei aber ständig von seiner verrückten Familie unterbrochen. Noch kurioser wird es, als sein frisch aus dem Knast entlassener Bruder Michael in den Bergen auftaucht …

    Bei Benjamin Stevensons „Die mörderischen Cunninghams“ ist der Name Programm. Scheinbar jeder aus der Familie Cunningham war schon mal in einen ungewöhnlichen Todesfall verwickelt. Entsprechend wenig ist die Familie an einer Zusammenarbeit mit der Polizei interessiert. Auch sonst ist es ein ziemlich kurioser Haufen und es gibt ständig böses Blut. Über all diese Dinge berichtet Benjamin Stevensons in seiner Geschichte und ist sich auch nicht zu fein, ständig dafür die eigentliche Handlung zu unterbrechen. Das ist anfangs amüsant, später weniger, weil durch dieses Geschwafel die Geschichte immer wieder ins Stocken gerät. Das macht es schwer, am Ball zu bleiben. Amüsant sind hingegen die Zwischenkapitel, in denen der Autor selbst resümiert, was einem an dieser Stelle in einem herkömmlichen Krimi erwarten würde, was für Sachen er geschildert und was er dem Leser noch vorenthalten hat. Das Romankonzept an sich (»Knives Out meets Agatha Christie« und den »Donnerstagsmordclub«) ist daher durchaus interessant. Lediglich in der Umsetzung läuft es noch nicht ganz rund.

  • Mordsstimmung beim Familientreffen

    "Die mörderischen Cunninghams" von Benjamin Stevenson mag in Australien spielen, aber dieser Familienkrimi trieft vor britischem Humor und angelsächsischem Understatement. Mit seinen leicht exzentrischen Protagonisten erinnert es mich an die detektivische Altenheim Gang von Richard Osmans Donnerstags-Mordklub. Allerdings stehen die Cunninghams, so verrät Ich-Erzähler Ernest Cunningham gleich im ersten Kapitel, mehr auf dem Grundsatz: Irgendwen haben wir doch alle auf dem Gewissen. Inwieweit das zutrifft, wird dann mit Augenzwinkern und nicht ganz ohne Dramatik auf einem mordsmäßigen Familientreffen in einem eingeschneiten Skihotel ausgeführt.

    Ernest, mäßig erfolgreicher Autor eines Lehrbuchs zum Verfassen von Detektivromanen, ist so etwas wie das schwarze Schaf der Cunninghams, jahrelang zeigte ihm die Familie die kalte Schulter. Schließlich hat Ernest getan, was keinem Cunningham einfallen sollte: Er hat seinen großen Bruder bei der Polizei verraten und dafür gesorgt, dass dieser jahrelang im Gefängnis saß wegen des Tod eines Mannes, den er erst überfuhr und dann obendrein erwürgte, nachdem er Ernest überredet hatte, die angebliche Leiche zu entsorgen. Wie gut, dass Stiefpapa Carlos, ein mit allen Wassern gewaschener Anwalt, die Mordanklage gerade noch abschmettern konnte!

    Dennoch, die Familie hat Ernie nicht verziehen. Zur Homecoming Party seines Bruders darf er dann aber doch erscheinen. Zur Stunde der Abrechnung? Doch noch ehe der sich dem Familientreffen anschließt, wird eine Leiche im Schnee gefunden. Ernest fragt sich: Hat jemand aus der Sippschaft damit zu tun? und wird nicht jeder Ermittler, der sich durch den Schnee kämpft, genau dies annehmen, weil die Cunninghams eben die Cunninghams sind?

    Es wird nicht die einzige Leiche bleiben und Ernest muss immer wieder die goldenen Regeln des klassischen britischen Kriminalromans zitieren, während er als allwissender Erzähler die Ereignisse sowohl beschreibt wie kommentiert. Komplizierte Beziehungen innerhalb des Familienverbands, Eifersüchteleien, jede Menge Geheimnisse - Stevenson hat offensichtlich Spaß daran, seinen Lesern so manchen "red herring" vorzuwerfen und Hinweise zu streuen, die wichtig sein können oder eben einmal mehr in die Irre führen.

    Klassische Zutaten wie bei Hitchcock oder Agatha Christie - das isolierte Hotel, das plötzlich von der Außenwelt abgeschnitten ist - werden hier mit Humor und einem Hauch Exzentrik gewürzt. Insgesamt ein sehr unterhaltsamer Kriminalroman mit einer mörderisch komplizierten Familie.

  • Warum Ernie Cunningham der Einladung zum Familientreffen in einem Ski-Ressort folgt, weiß er selber nicht so genau. Nachdem er vor einigen Jahren seinen Bruder Michael mit seiner Aussage in den Knast gebracht hat, soll dieser bei dem Treffen Willkommen geheißen werden, denn er wurde endlich entlassen. Pikant an der Sache ist, dass Michael inzwischen mit Erin zusammen ist, Ernies Exfrau. Umso unverständlicher für uns als Lesende, dass Ernie sich in das drohende Unwetter, im doppelten Sinne des Wortes, begibt. Aber da Ernie zugleich als Erzähler auftritt, startet er für sich und uns einige Erklärungsversuche.


    Als in dem Ressort plötzlich eine Leiche auftaucht, ist das schon mal ein schlechter Beginn, denn natürlich sagt der Name „Cunningham“ den Ermittlern etwas. Die ganze Familie ist polizeibekannt und so ziemlich jeder hat mehr oder weniger Dreck am Stecken.

    Bei einer Leiche wird es nicht bleiben und Ernie nimmt uns mit auf seine eigenen Untersuchungen zu den Fällen.


    Da er beruflich mäßig erfolgreich Tipps zum Schreiben von Kriminalromanen gibt, erklärt er uns gern, welche Stilmittel in welchem Augenblick passend wären und setzt sie teilweise auch ein. Er ist sehr gesprächig und manchmal möchte man ihm sagen, er solle sich doch mehr auf den Fall konzentrieren, doch man verzeiht ihm dann wieder, denn man bekommt eine spannende Story geboten, die gut gemacht ist und bei der man gern am Ball bleibt, weil man das Ende erfahren möchte.


    Ich habe dieses Buch sehr gerne gelesen. Wer die Krimiklassiker liebt, bei denen es um Treffen in abgelegenen Häusern oder Gegenden geht und bei denen man genau weiß, dass dort nicht alle lebendig wieder heraus kommen, der wird diesen Kriminalroman lieben. Ich freue mich schon auf das nächste Buch des Autors, das auch wieder auf eine klassische Story anspielt.

  • " Mein Name ist Ernest, und ich sage die Wahrheit. "


    „Liebe Leser, ich habe selbstverständlich Arthur Conan Doyle gelesen, aber formal betrachtet gehört er nicht in das, was wir das Das Goldene Zeitalter der Kriminalliteratur nennen. Also habe ich darauf verzichtet, über ihn zu schreiben, obwohl meine Ermittlungen sich an seiner Methode orientieren.“


    Benjamin Stevensons „Die mörderischen Cunninghams. Irgendwen haben wir doch alle auf dem Gewissen“ wollte ich unbedingt lesen. Der Verlag verspricht, der Krimi sei eine Mischung aus ‚Knives Out‘, dem ‚Donnerstagsmordclub‘ und den murder mysteries von Agatha Christie. Als großer Fan von von Hercule Poirot (Die Serienadaption „Agatha Christie’s Poirot“ mit dem großartigen David Suchet gehört übrigens zur besten Fernsehunterhaltung ever!) war ich sofort angefixt. Mit Beginn der Lektüre war ich dann angenehm überrascht, da ich Metafiktion liebe. Außerdem gibt es im Roman patchworkartige Anteile, was mir gut gefiel.


    Worum geht’s?


    Der Ich – Erzähler Ernest “Ernie“ Cunningham führt durch das Geschehen (diese Erzählperspektive mag ich tatsächlich am liebsten). Äußerst ungern nimmt er an einem Familientreffen teil, hatte er doch seinen Bruder Michael wegen Mordes angezeigt und „gesungen.“ Seine Familie sieht in dem Autor, der Anleitungen zum Krimischreiben verfasst, einen Nestbeschmutzer. Blut ist dicker als Wasser? Der berühmt - berüchtigte Cunninghamclan hat sozusagen Leichen im Keller, als jedoch bei einem Meeting in einem eingeschneiten Skiressort eine echte Leiche gefunden wird, sieht Ernest seine Chance gekommen. Kann er den Fall lösen und so seinen Ruf retten?


    Der Roman ist mehr als ein Krimi, es handelt sich wie gesagt um Metafiktion mit literaturhistorischen und literaturtheoretischen Hinweisen, ist es gar Satire, eine Persiflage? Bestenfalls eine humorvolle Hommage an große Vorbilder? Manche Passagen ließen mich schmunzeln:


    „‚Andernfalls müssen wir ihn mit einem ihrer Hardcover-Bücher erschlagen.‘ ‚Es sind E-Books,‘ sagte ich kläglich. ‚Ich bin Self-Publisher.‘“ (S.151).


    Das Whodunit mit dem kammerspielartigen Setting ist ebenso altmodisch wie modern – schon die Tatsache, dass der Held betont, ein zuverlässiger Erzähler zu sein, wirkt schwer verdächtig. Der Protagonist spricht den Leser oder die Leserin nicht selten direkt an, auf manche Rezipienten mag das geschwätzig wirken, ich aber mochte das Stilmittel, allerdings muss ich sagen, dass der hauptberufliche Komiker Benjamin Stevenson nicht ganz an einen Anthony Horowitz heranreicht (auch Horowitz hat eine sehr vergnügliche Krimireihe publiziert, in der ein Autor - Horowitz himself - mittendrin statt nur dabei ist; allerdings ist sein Protagonist kein Sachbuch-Schriftsteller wie Ernest Cunningham). Bis der Fall gelöst ist, muss Ernest richtig ackern, es gibt Wendungen und Twists, und die zahlreichen Handlungsstränge werden am Ende (mehr oder weniger zufriedenstellend) zusammengeführt. Ich denke aber, dass sich der Roman im englischen Roman noch besser liest. Auf den zweiten Band der Reihe bin ich schon gespannt!

    "Literatur ist die Verteidigung gegen die Angriffe des Lebens."


    "...if you don't know who I am - then maybe your best course would be to tread lightly."