Verena Rabe – Und am Ende die Freiheit

  • Kurzbeschreibung (Quelle: Amazon)

    Eine Frau, die im falschen Leben gefangen ist – und eine Liebe, die nie sein durfte … Während Deutschland in den 50ern langsam aufblüht, fühlt sich Helene in ihrem tristen Alltag als Hamburger Vorzeige-Hausfrau wie betäubt. Erst, als sie ihrer Jugendliebe Julius wiederbegegnet, hat sie das Gefühl, endlich wieder atmen zu können. Mit ihm kehren all die Erinnerungen zurück: An eine junge Helene, die gemeinsam mit ihren Berliner Freundinnen verstaubte Konventionen aufbrach, die sich als eine der ersten Juristinnen des Landes behauptete – und die es trotz der heraufziehenden Dunkelheit wagte, den Sohn eines jüdischen Richters zu lieben. Plötzlich spürt Helene: Was damals zerbrach, kann immer noch gerettet werden. Sie muss nur mutig sein …


    Autorin (Quelle: Amazon)

    Verena Rabe studierte Geschichte und arbeitete als Journalistin, bevor sie Schriftstellerin wurde. Sie lebt mit ihrem Mann in Hamburg und schreibt und recherchiert auch in ihrer zweiten Heimat Berlin.


    Allgemeines

    Erschienen am 1. Oktober 2023 im dotbooks Verlag als E-Book mit einem Umfang entsprechend 294 Seiten

    Gliederung: Roman in 12 Kapiteln – Nachwort

    Erzählung in der dritten Person aus der Perspektive der Protagonistin Helene

    Handlungsorte und -zeit: Berlin und Hamburg, 1957 bis 1958, 1928 bis 1934


    Inhalt und Beurteilung

    Dr. Helene Andersen, geborene Frohme, lebt als Ehefrau des gutsituierten Bankbeamten Helmut und Mutter zweier erwachsener Kinder in Hamburg, doch sie fühlt sich nach dem Auszug ihrer Kinder als Hausfrau nicht ausgelastet und intellektuell unterfordert. Der Doktortitel ist nicht der ihres Mannes, sondern ihr eigener, denn sie hat in den späten Zwanziger- und frühen Dreißigerjahren Jura studiert und promoviert. Bevor sie ein Referendariat antreten konnte, kamen die Nationalsozialisten an die Macht, die deutsche Frauen als Hausfrauen und Mütter sehen wollten und ihnen die Berufstätigkeit – besonders in anspruchsvollen Berufen – erschwerten. Aufgrund der politischen Entwicklung im Land musste seinerzeit ihr jüdischer Studienfreund in die Schweiz emigrieren. Infolge dieser unglücklichen Vorgeschichte findet sich Helene 24 Jahre später als frustrierte und gelangweilte Hausfrau an der Seite eines konservativen Ehemannes, dessen Lebensentwurf sie nicht länger teilen kann. Eine Begegnung mit ihrem Jugendfreund motiviert sie, ihrem Leben mit Anfang Fünfzig eine neue Richtung zu geben…


    Wie die Autorin in ihrem sehr informativen Nachwort erläutert, hat sie die Lebensgeschichten ihre beiden Großmütter in diesem Roman verarbeitet, eine von ihnen war promovierte Mathematikerin, die letztlich ihre Lebenspläne aufgrund äußerer Umstände nicht umsetzen konnte.

    Die Protagonistin Helene, die der Leser in zwei alternierenden Handlungssträngen als junge, ambitionierte Studentin und als gutsituierte Hausfrau von 52 Jahren kennenlernt, ist in ihrem Charakter differenziert ausgestaltet und man kann sich in ihre Lebenssituation gut hineinversetzen. Sie steht zwischen den Generationen ihrer eigenen Mutter, die selbstverständlich immer Hausfrau und Mutter gewesen ist und der ihrer Tochter, die in den Fünfzigerjahren studiert und quasi selbstverständlich Anspruch auf ein unabhängiges Leben erhebt. Sie bewegt sich außerdem zwischen zwei sehr unterschiedlichen gesellschaftlichen Kreisen: der „progressiven“ Jugend der Zwanziger- und Dreißigerjahre in Berlin in Studenten- und Künstlerkreisen und der steifen, wohlhabenden Kaufmannsschicht im Hamburg der Nachkriegszeit.

    Beide Umfelder sind gut recherchiert und werden anschaulich dargestellt. Die Autorin verzichtet auf Schwarzweißmalerei und stellt auch die Position von Helenes Ehemann Helmut, der ebenfalls ein Produkt seiner Sozialisierung in einem konservativ-bürgerlichen Umfeld ist, nachvollziehbar dar.

    Es werden interessante Entwicklungen in der Rechtsprechung mit Verbesserungen für Ehefrauen und auch überholte Ideale der Kindererziehung thematisiert.

    Die Handlung des Romans wirkt größtenteils realitätsnah, lediglich die Geschwindigkeit, mit der Helene ihr Leben neu ausrichtet und der Umstand, dass dies nach 24 Jahren als Hausfrau so problemlos gelingt, scheinen nicht recht glaubwürdig zu sein.


    Fazit

    Ein unterhaltsamer Roman, der den Wandel des Frauenbildes in der deutschen Gesellschaft des 20. Jahrhunderts ansprechend thematisiert.

    8 Punkte

    ASIN/ISBN: B0C53WD6MV