Peter Prange - Die Rebellin
Kurzbeschreibung (Quelle: Verlagsseite)
Ein Traum aus Kristall und Stahl: Peter Pranges mitreißender Bestseller über Fortschritt und Aufbruchsstimmung im viktorianischen London.
London, 1851. Emily ist die engste Mitarbeiterin ihres Vaters Joseph Paxton. Gemeinsam bauen sie einen Traum aus Licht, Glas und Stahl: den gigantischen Kristallpalast für die Weltausstellung. Emily ist erfüllt vom Glauben an den Fortschritt. Doch dann trifft sie Victor wieder, den Freund aus Kindertagen. Die beiden verlieben sich – und Victor zeigt ihr seine Welt. Erschüttert sieht sie Hunger, Armut, Krankheit und Tod mitten in London. Emily muss sich entscheiden: für ihrem bewunderten Vater oder für den Mann, den sie liebt.
Autor (Quelle: Verlagsseite)
Peter Prange ist als Autor international erfolgreich. Seine Werke haben eine Gesamtauflage von über zweieinhalb Millionen erreicht und wurden in 24 Sprachen übersetzt. Mehrere Bücher, etwa sein Bestseller ›Das Bernstein-Amulett‹, wurden verfilmt. Nach seinem Erfolgsroman ›Unsere wunderbaren Jahre‹ folgt nun der große Roman in zwei Bänden, ›Eine Familie in Deutschland‹. Der Autor lebt mit seiner Frau in Tübingen.
Allgemeines
Erstveröffentlichung 2005 unter dem Titel „Miss Emily Paxton“
Erscheinungstermin der Neuauflage: 23. 01. 2019 im Fischer Verlag als TB mit 560 Seiten
Gliederung: Prolog – Fünf Bücher mit jeweils ab 1 nummerierten Kapiteln – Epilog – Dichtung und Wahrheit – Danksagung
Erzählung in der dritten Person aus wechselnden Perspektiven
Handlungsorte und -zeit: Chatsworth und London, 1837 (Prolog), 1849 bis 1851 (Hauptteil), 1936 Epilog
Inhalt
Im Mittelpunkt des Romans steht die Errichtung des Londoner Kristallpalasts, in dem von Mai bis Oktober 1851 die Erste Weltausstellung (Great Exhibition) stattfindet, in der für Besucher aus diversen Ländern Exponate aus aller Welt – mit besonderem Augenmerk auf neuen technischen Erfindungen und Fortschritten - gezeigt werden. Schon der Ausstellungsort, der Kristallpalast, stellt eine Sensation dar.
Zwei Männer sind maßgeblich am Bau des Kristallpalasts und der Organisation der Ausstellung beteiligt: Joseph Paxton als Architekt des gläsernen Wunderwerks und Henry Cole als Initiator der Great Exhibition. Paxton hat sich aus einfachen Verhältnissen emporgearbeitet, über eine Tätigkeit als Landschaftsgärtner für den Herzog von Devonshire und den Entwurf von Gewächshäusern für tropische Pflanzen wird er zum Architekten, der die Pläne für den Kristallpalast entwirft. Seine Tochter Emily, naturwissenschaftlich interessiert wie ihr bewunderter Vater und zeichnerisch begabt, unterstützt ihn, wo sie kann. In ihren Augen sind der Kristallpalast und die Erste Weltausstellung ein „Paradies des Fortschritts“. Durch ihren Jugendfreund Victor Springfield, den sie in London wiedertrifft, werden ihr jedoch die Augen für die Lebensumstände der meisten Menschen in London geöffnet; diese Menschen erarbeiten den Wohlstand für die privilegierten Klassen und vegetieren selbst am Existenzminimum dahin. Emily begreift, dass auch ihr ehrgeiziger Vater Geschäfte auf dem Rücken der Arbeiterklasse macht. Je mehr sie sich mit der Sozialen Frage beschäftigt, desto mehr entfremdet sie sich von ihrer Familie…
Beurteilung
Der hervorragend recherchierte Roman, in dem Victor als einzige fiktive Romanfigur unter lauter historischen Persönlichkeiten auftritt, schildert nicht nur konkret die Planung und Organisation der berühmten Ersten Weltausstellung, sondern gibt auch einen äußerst eindrücklichen Einblick in den Alltag der viktorianischen Gesellschaft um die Mitte des 19. Jahrhunderts. Diese ist in die „Kuchenesser“ (privilegierte Oberschicht) und die „Steckrübenesser“ (arme Arbeiterschicht) unterteilt, die Arbeiter leben und arbeiten unter unbeschreiblichen Bedingungen, nur sehr zögerlich werden Gesetze zur Verbesserung ihrer Situation, wie z.B. die Reduzierung der täglichen Arbeitszeit auf „nur“ zehn Stunden, verabschiedet. In diesem Zusammenhang werden auch die Bestrebungen der Chartisten und erste Ansätze zum Widerstand der Arbeiter in Form von Streik thematisiert.
Die Schilderung dieser Missstände ist sehr anschaulich und für den Leser – ebenso wie für die wohlbehütete Protagonistin Emily – nicht immer leicht zu ertragen. Dennoch fällt es aufgrund des fesselnden Erzählstils schwer, das Buch aus der Hand zu legen.
Der Autor hat die Charaktere seiner Romanfiguren facettenreich ausgestaltet, wobei die Wandlung von Emily vielleicht ein wenig zu drastisch dargestellt wird, um ganz glaubwürdig zu sein. Einige ihrer Handlungen sind nicht leicht nachzuvollziehen.
Es handelt sich bei „Die Rebellin“ keineswegs um einen Liebesroman, sondern um die Schilderung einer wenig romantischen und von großen realen Problemen geprägten Beziehung zwischen zwei Menschen ganz unterschiedlicher sozialer Herkunft.
Das ausführliche Autorennachwort „Dichtung und Wahrheit“ gibt detaillierte Informationen zu den im Roman auftretenden Persönlichkeiten und thematisierten Ereignissen.
Fazit
Ein hervorragend recherchierter Roman über die Organisation und Durchführung der Ersten Weltausstellung vor dem Hintergrund der viktorianischen Gesellschaft mit ihren gravierenden sozialen Gegensätzen zwischen Fortschritt und sozialem Elend, sehr lesenswert!
9 Punkte