Louise Kennedy, Übertretung

  • ASIN/ISBN: 3969992591


    Klappentext:


    Jeden Tag, während Cushla Lavery ihrer alkoholkranken Mutter das Frühstück macht, sich im Garten mit dem Nachbarn unterhält, ihre Grundschüler unterrichtet oder in der Bar ihrer Familie aushilft, werden die Toten und die Verletzten gezählt. Es ist 1975, und in Belfast eskaliert der Bürgerkrieg. Die katholischen Laverys betreiben ihren Pub in einer überwiegend protestantischen Vorstadt. Sie müssen vorsichtig sein – ein falsches Wort, schon findet man sich auf einer Todesliste wieder. In diesem »Höllenloch« gibt es vieles, was man besser nicht tut. Sich in einen verheirateten Mann verlieben, der nicht nur ein wohlhabender, angesehener Prozessanwalt ist, sondern auch noch Protestant. Sich einmischen, wenn ein Schüler schikaniert und sein Vater fast totgeprügelt wird. Gegen jede Vernunft beginnt Cushla eine leidenschaftliche Affäre mit dem deutlich älteren Michael Agnew, gegen jede Vernunft setzt sie sich für den kleinen Davy ein – und bezahlt einen hohen Preis. Louise Kennedys international gefeierter Roman erzählt von einer tief gespaltenen Gesellschaft, von einem Konflikt, dessen Wunden bis heute nicht geheilt sind, von Menschen, die versuchen, inmitten täglich stattfindender Gewalt ein normales Leben zu führen. Ein herzzerreißendes, bittersüßes, unvergessliches Buch.


    Mein Lese-Eindruck:


    Eine Welt voller Hass und Gewalt im Irland der 70er Jahre öffnet sich in diesem Buch. Der Leser erlebt die irischen troubles aus der privaten Sicht von Cushla Laverty, einer jungen Lehrerin in Belfast. Trotz der Waffenruhe ist das tägliche Leben von Bombenattentaten, gewalttätigen und grausamen Übergriffen, Überwachung und von Polizeiwillkür gepägt. Cushla und ihre Familie gehören zur katholischen Minderheit in einem durchwegs protestantisch bewohnten Viertel. Sie wohnt noch bei ihrer Mutter, einer Alkoholikerin, und abends hilft sie ihrem Bruder in dessen Pub aus. Hier lernt sie den protestantischen Anwalt Michael kennen, mit dem sie schließlich eine leidenschaftliche Affäre beginnt.


    Damit sind bereits einige „Übertretungen“ Cushlas benannt. Das ist zum einem die Tatsache, dass sie als junge Katholikin eine unmoralische Affäre hat und damit, jedenfalls nach Ansicht ihrer Familie, ihre Heiratschancen mindert. Zum anderen ist es der Umstand, dass Michael verheiratet ist, und, last not least, er ist Protestant. Die Beziehung wird daher von Geheimhaltung, von Verstellung und auch von Lügen begleitet.


    Eine weitere Übertretung besteht darin, dass Cushla sich eines kleinen Schülers annimmt, dessen Vater katholisch, die Mutter aber protestantisch ist. Die Familie ist täglichen Schikanen und auch tätlichen Übergriffen seitens ihrer protestantischen Nachbarn ausgesetzt. Die Angriffe gehen so weit, dass der Vater grausam verletzt und arbeitsunfähig wird. Cushla übertritt hier die Aufgaben, die ihr als Lehrerin zugewiesen sind, und kümmert sich um die Familie, die unter dem äußeren Druck zerbricht.


    Cushla sieht sich wegen dieser Übertretungen großem privaten Druck ausgesetzt, und zwar sowohl, von offizieller Seite durch den Schulleiter und den fanatisierten Priester, als auch im privaten Bereich durch Mutter und Bruder, die „tugendhaftes“ Verhalten einfordern. Auch hier übertritt Cushla tradierte Grenzen und verweigert das Nachleben von patriarchalischen Rollenvorstellungen. Sie wehrt sich gegen die Bevormundungen und damit auch gegen die traditionelle Abwertung der Frauen.


    Damit vermischt die Autorin das Thema der Emanzipation mit den politischen-konfessionellen und auch sozialen Konflikten, die Irland viele Jahre polarisiert haben. Diese Vermischung gelingt ihr ohne jede Verwerfung, und es ist beklemmend zu lesen, wie die Zeitgeschichte im privaten Leben Cushlas zur Tragödie wird.


    Fazit: lesenswert!!


    09/10 Pkt.

  • Übertretung – Louise Kennedy


    Mein Eindruck:

    Ein sehr überzeugender Roman über eine bestimmte Zeit: 1975 in Nordirland.

    Im Mittelpunkt steht die engagierte, junge Lehrerin Cushla. Als Katholikin lebt sie in einem Vorort, in denen überwiegend Protestanten leben. Ihr Bruder betreibt da eine Kneipe und sie hilft manchmal aus. Ihre Mutter ist Alkoholikerin.


    Louise Kennedy schafft mit Cushla eine großartige, lebensnahe und lebendige Hauptfigur und man kann nachvollziehen, wie sie in Konflikte gerät, als sie sich für einen Jungen einsetzt, der gemobbt wird, weil seine Eltern verschiedenen Religionen angehören

    .

    Außerdem ist da die heimliche Liebe zwischen ihr und einem protestantischen Juristen.

    Eine gefährliche Beziehung in dieser brisanten Zeit.


    Es ist ein fesselndes Buch, das einen als Leser nicht kalt lässt. Ein absolut lesenswerter Roman!