Andreas Izquierdo - Kein guter Mann

  • ANDREAS IZQUIERDO ist Schriftsteller und Drehbuchautor. Er veröffentlichte zahlreiche Romane, unter anderem ›Das Glücksbüro‹ (2013), den SPIEGEL-Bestseller ›Der Club der Traumtänzer‹ (2014) und ›Fräulein Hedy träumt vom Fliegen‹ (2018). Zuletzt erschienen die historischen Romane ›Schatten der Welt‹ (2020), ausgezeichnet mit dem bronzenen Homer, ›Revolution der Träume‹ (2021) und ›Labyrinth der Freiheit‹ (2022).


    "Man sollte sich bemühen, auf jeden Brief, auch den geringsten, eine besondere Sorgfalt zu verwende." (Joseph Stanislaus Zauper)

    Postbote Walter ist nicht gerade beliebt bei seinen Kollegen und Vorgesetzten. Wegen eines schwerwiegenden Vorfalls wird der 60-jährige Walter deshalb in die Christkindfiliale nach Engelskirchen verbannt. Nicht gerade eine Beschäftigung, die sich Walter für die Zeit vor seinem Ruhestand erwünscht hat. Besonders als er entdeckt, was sich die Kinder heutzutage alles vom Christkind wünschen. Allerdings entdeckt er eines Tages einen Brief an den lieben Gott. Der 10-jährige Ben fragt darin Gott, wie man einen Klempner ruft. Nach und nach entwickelt sich zwischen den beiden ein reger Brief und E-Mail Austausch, in dem er immer mehr über Ben erfährt. Nicht nur, dass der Junge keine Freunde hat, scheint seine Mutter depressiv zu sein und sich viel zu wenig um ihn zu kümmern. Dabei wird Walter an seine Familie und Probleme der eigenen Vergangenheit erinnert. Ob Walter Ben helfen kann und Ben vielleicht sogar ihm?


    Meine Meinung:

    Speziell der Klappentext hat es mir angetan und mich neugierig auf dieses Buch gemacht. Kannte ich den Autor ja schon von einem anderen Buch, welches mir gut gefallen hat. Dass mich allerdings dieses Buch zum Schmunzeln und am Ende sogar immens zu Tränen rührt, hatte ich nicht erwartet. Die Geschichte handelt vorwiegend in der Gegenwart, doch wir tauchen außerdem immer wieder in Walters Vergangenheit ein. Dadurch erfahre ich, weshalb Walter sich immer mehr vom netten Menschen zum Eigenbrötler und Fiesling entwickelt hat. Dies sind im Besonderen die Szenen, die mich am meisten berühren, genauso wie der Briefkontakt mit Ben. Im Grunde spüre ich schon recht schnell, dass Walter eigentlich ein gutes Herz hat und er sich in Bens Erzählungen ein wenig wiedererkennt. Kurzerhand schlüpft er in die Rolle Gottes und möchte so Bens Leben verbessern. Doch kann er das wirklich? Was maßt er sich an, Gott zu sein und das Leben eines Kindes in die Hand zu nehmen, wo er doch sein eigenes nicht im Griff hat? Wie schon bei seinem Buch "Fräulein Hedy träumt vom Fliegen" hat mich auch die warmherzige, teils traurige Geschichte von Walter extrem berührt. Kein Wunder, weshalb Andreas Izquierdo zu den Bestsellerautoren gehört. Weil seine Geschichten berühren, er Schicksale aufzeigt und uns das Alltägliche widerspiegelt, das jederzeit uns ebenso passieren kann. Ich hätte am liebsten Ben selbst geholfen oder Walter am Ende in den Arm genommen, so berührt hat mich dieser Plot. Besonders hervorzuheben sind die tollen Charaktere, der betroffene, eingeschüchterte Ben, der keine Freunde hat und so feinfühlig ist. Dagegen der einsame Walter, der oft nörglerisch, nervig und dickköpfig ist und derweil genauso warmherzig, mitfühlend und liebevoll erscheint. Zudem zeigt uns Walters Geschichte, wie schnell Menschen und sogar die eigene Familie einen nur durch Hörensagen verurteilen, obwohl man unschuldig ist. Gut nur, wenn dann ein kleiner Junge einem vertraut, glaubt und einen anders einschätzt. Für mich ist dieses Buch ein Highlight, welches ich gerne weiterempfehlen und 5 von 5 Sterne gebe. :thumbup::thumbup:


    ASIN/ISBN: 3832168176

    "Lebe jeden Tag so, als ob du dein ganzes Leben lang nur für diesen einen Tag gelebt hättest."

  • Kein guter Mann..............oder etwa doch?


    Walter ist pedantisch, irgendwie nervig, sehr eigenwillig und polarisierend.

    Aufgrund diverser Vorgänge, er ist Postbote, wird er in die Christkindfiliale zum Briefe beantworten versetzt. Da lernt er Ben kennen. Ben hat große Probleme und Sorgen.............und Walter beginnt einen Briefkontakt mit ihm im Namen von Gott.

    Dies alles ist sehr berührend, Walter verschlimmert das Eine oder Andere, aber er kann auch helfen. In Rückblenden wird Walters Leben beschrieben, man versteht, weshalb er so geworden ist, wie er heute ist. Das ist hochinteressant und auch emotional beschrieben.

    Wobei ich hier nicht alle Handlungen von Walter nachvollziehen oder für gut befinden konnte.

    Das hat insgesamt meine Begeisterung für das Buch etwas geschmälert.

    Trotzdem habe ich das Buch wirklich sehr gerne gelesen und wurde auch gut unterhalten. Das Cover gefällt mir sehr gut.

  • Bittersüße Weihnachtsgeschichte

    Mit "Kein guter Mann" hat Andreas Izquierdo einen bittersüßen Weihnachtsroman geschrieben, der Liebhaber von happy ends verstören dürfte. Gleichwohl passt die melancholische Note. Der Buchtitel geht allerdings ein wenig unfair mit Titelfigur Walther um, spiegelt er doch nur den äußeren Blick auf ihn wider.

    Tatsächlich erscheint der 60 Jahre alte Briefträger zunächst einmal wenig liebenswert: miesepetrig, überkorrekt, seine Fehden mit Kollegen, Vorgesetzten, Kunden pflegend. Ein einsamer, freud- und freundloser Mann, dem das Leben, wie sich bald zeigen wird, übel mitgespielt hat. Gleich mehrfach hat Walther die für ihn wichtigsten Menschen verloren. Nun ist seine Tochter die einzige, die noch an Kontakt mit ihm bemüht ist.

    Als Walther zum Christkindel-Postamt abgeordnet wird, ist das eigentlich eine Strafversetzung. Doch einer der Briefe rüttelt Walther auf: der zehnjährige Ben will kein neues Handy, er benötigt Lebenshilfe - und beschwert sich, als "Gott" bzw Walther eine recht beliebige Antwort schickt. Walther beginnt einen Briefwechsel mit dem einsamen Jungen, der sich nach Freunden sehnt und dessen alleinerziehende Mutter schwer depressiv ist.

    Mit seinen Versuchen, Bens Probleme zu lösen, schafft Walther noch ein paar zusätzliche Verwicklungen. Die Brieffreundschaft, die er vor seiner Vorgesetzten geheim halten muss, bricht ein wenig den Panzer auf, den Walther in den vergangenen Jahren entwickelt hat, um die Außenwelt auf Distanz zu halten. In Rückblenden wird erzählt, wie es zur großen Entfremdung von der Familie kam, welche Träume Walther eigentlich hatte und welche Schuldgefühle ihn seit Jahrzehnten begleiten.

    Ist ein Neuanfang möglich? Wie verhärtet sind die verletzten Gefühle und Vorwürfe der Vergangenheit? Bekommt Walther eine zweite Chance? Izquierdo schafft es, die Handlung nicht in Weihnachtskitsch abgleiten zu lassen. Der brummige Walther darf sich bewähren, doch Glück ist etwas Trügerisches. Und nicht jedes Weihnachtsmärchen endet mit "und sie lebten glücklich bis ans Ende ihrer Tage".

  • Ist nicht meine Schuld

    Kein guter Mann, Roman von Andreas Izquierdo, EBook erschienen im Dumont Buchverlag
    Ein Mann der aus Versehen Gott spielt.
    Ausgelöst hat die Sache mit Leyendecker, den Ablauf der Verwicklungen. Walter ist ein Postbote, ein Mann kurz vor dem 60. Lebensjahr, ein Eigenbrötler und sehr streitbar, denn das Leben war nicht immer gut zu ihm. Nachdem er sich einen ausführlichen Kleinkrieg mit diesem Kunden der Post liefert, wird er in die Weihnachtspostabteilung strafversetzt. Dort erhält er eines Tages den Brief des zehnjährigen Ben, der sich Unterstützung von Gott verspricht. Walter beginnt einen Briefwechsel mit dem Jungen und versucht zu helfen.
    Es ist ein Vergnügen dieses Buch zu lesen, in zwei Erzählebenen über 67 Kapitel, erzählt Izquierdo unterhaltsam, flüssig, mit Situationskomik und im auktorialen Erzählstil. Die munteren Dialoge, die in frischer und frecher Sprache gehalten sind haben mich nur so durchs Buch fliegen lassen, verschiedene Schriftarten in Briefen, einem Email-Verkehr, eine Botschaft auf einem Lottoschein heben sich vom Fließtext ab und beleben das Schriftbild.
    Dieses Buch ist mir direkt ans Herz gegangen, hat mich zutiefst berührt. So schön, anfangs einfach nur lustig, doch zusehends immer emotionaler und trauriger. Je weiter die Geschichte erzählt wird, erfährt der Leser, in Rückblicken, wie es Walter ergangen ist. Sein Leben begann vielversprechend, selbst nach dem frühen Tod der Mutter hat er viel Glück erlebt. Doch plötzlich wendete sich sein Schicksal und ohne, dass Walter daran Schuld hatte, oder etwas daran ändern konnte, hat es sich ins Gegenteil verkehrt. Der kauzige ältere Herr versucht zu helfen, doch das Leben mit seinen Ungerechtigkeiten holt ihn wieder ein. Ich habe Walter liebgewonnen und so sehr bedauert.
    Es geht hier um Vorurteile um die Verbreitung von Gerüchten, vor allem im Internet. Üble Nachrede gegen die man sich nicht wehren kann, Neid und Liebe die zerbricht wenn man das Vertrauen verliert. Oberflächlichkeit und fehlendes Einfühlungsvermögen. Dieser Roman ist viel mehr als eine Geschichte über einen verbitterten älteren Herrn.
    Meine Lieblingsperson natürlich Walter, ich wünschte ich könnte ihn persönlich kennenlernen. Allzeit ehrlich und aufrecht und doch missverstanden, auch Ben der sich in seiner schweren Lage vertrauensvoll an Gott wendet, habe ich liebgewonnen. Diese Geschichte würde ich gerne als Weihnachtsfilm sehen, Parallelen zu Ove sind vorhanden.
    Gerne hätte ich am Ende gesehen, wie Walter Gerechtigkeit widerfahren wäre. Wer den Roman „Ein Mann namens Ove“ genossen hat wird dieses Buch lieben, eine Leseempfehlung von mir und volle Punktzahl 10 Punkte.