Deutsch: mangelhaft

  • http://www.spiegel.de/spiegel/0,1518,379946,00.html


    Ok zweiter Versuch... :lache


    Bo hatte diesen Artikel schon mal zur Diskussion gestellt, leider sind wir da ein wenig abgedriftet (Threaddrifting???)
    Ich finde das Thema aber trotzdem interessant genug, um es noch einmal zu probieren.


    Ich schieb hier einfach mal meine Äußerung zum Thema in leicht abgewandelter Form hier ein:


    Was ist so schlimm an kleinen sprachlichen Schnitzern? Eine gute Story, ein fesselnder Plott, faszinierende Figuren, da lese ich gerne über ein zwei holpernde Sätze hinweg. (Wohlgemerkt, mehr dürften es dann schon nicht sein) Und einen hohen literarischen Anspruch, kann ein solches Werk aus meiner Sicht dann auch nicht für sich beanspruchen. (hihi eine Wortdoppelung...)


    Bei meinem letzten Leserundenbuch hatte ich sehr oft dieses holperige Gefühl. "Laß mich deine Pizza sein" wurde von einer Schweizerin geschrieben und wenn ich mich recht erinner von einer Deutschen lektoriert. Da gab es so viele Stellen, wo ich dachte, das können die jetzt nicht wirklich ernst meinen, da fand einfach eine Vermischung von Deutsch und Schweizerdeutsch statt, das tat teilweise ziemlich weh in den Augen. Aber gelesen hab ich das Buch dennoch sehr gerne.


    Außerdem acker ich mich zur Zeit ja durch die SZ-Bibliothek. Grundsätzlich sind die Bücher alle sehr gut gesetzt und auch in guter Qualität gedruckt. Bei "Fräulein Smilla" aber zum Beispiel tauchten massig Rechtschreibfehler auf und auf zwei Seiten stand mitten im Text eine Emailadresse... ich frag mich, wie die dahin kommt.... ????
    Solche Schnitzer finde ich viel ärgerlicher und ich denke, es zeugt von wesentlich größerer Schlamperei, als ein paar kleine sprachliche Holperer.


    Ich sag schließlich auch immer ICH HAB KALT und nicht MIR IST KALT, eben weil das in Aachen so üblich ist.


    :kiss

  • Kleinere sprachliche Schnitzer akzeptiere ich. Was mich allerdings nervt, sind sprachliche Abenteuerreisen. Oftmals wird gerade bei Übersetzungen mit der Sprache Schindluder getrieben.
    Nur finde ich es verwunderlich, dass man "gehobener" Literatur so gut wie keine sprachlichen Veitstänze findet. Mag es daran liegen, dass diese Autoren die Sprache wirklich beherrschen und sie nicht nur gedankenlos benutzen?
    Ein hochinteressantes Thema. Danke BJ, dass du das nochmal ausgegraben hast.

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Hiho,


    ich schreibe etwas dazu, wenn ich etwas mehr Zeit habe. Muss jetzt dringend wieder arbeiten :write


    Viele Grüße :wave
    Heike

    Der Bernsteinbund - Historischer Roman - Juni 2010 im Aufbau-Verlag
    Die Tote im Nebel - Historischer Kriminalroman - März 2013 im Gmeiner-Verlag

    Rabenerbe/ Rabenbund - DSA-Fantasyromane - 2017/2018 bei Ulisses

  • Zitat

    Original von Heike
    Muss jetzt dringend wieder arbeiten :write


    Das würde mir jetzt aber wirklich stinken! :lache :lache :lache :wave

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Zitat

    Ich sag schließlich auch immer ICH HAB KALT


    Wenn ich sowas in Deinen Texten lese, Jane, schreibe ich:
    ICH MACHSCH DISCH KALT!



    Nein, im Ernst; ich will mal mein Statement auch im Überblick rübernehmen:
    Ich bin da vielleicht etwas dünnhäutiger. Nicht bei Satzfehlern oder so was. Das ist - in Maßen genossen - nicht so störend. Aber wer als Autor sein Handwerk, sprich die Sprache, nicht beherrscht, hat verloren. Damit meine ich zum Beispiel verunglückte Bilder, verstolperte Konstruktionen, flache Spielhöhe im Text, nicht stimmige Sprachwelten. Ich halte einem Bildhauer, der mit Hammer, Meißel und Schlagbohrwerk nicht umgehen kann und nur kleine Brösel fabriziert, auch nicht zu Gute, dass die Skulpturen, die bei ihm im Kopf entstehen, so schön sind.

  • @ Columbo
    Keine Angst, ich hab das im Griff... *lach*
    Ich wurde hier in Köln schon mehrmals schief deshalb angeguckt, bis dato war mir aber gar nicht bewußt, daß ich da was falsch mache. Eben weil es in und um Aachen total normaler Sprachgebrauch ist.

  • @ BJ und Columbo:


    Zitat

    ICH HAB KALT


    Zitat

    ICH MACHSCH DISCH KALT!


    Wenn ich so etwas lese oder höre, läuft es mir kalt den Rücken herunter! :knuddel1


    Wir Norddeutschen müssen uns da sehr im Zaum halten. :lache


    Aber zum eigentlichen Thema:
    z. Zt. lese ich "Drop City" von Boyle (siehe auch Leserunde).
    Kaum hatte hier jemand den Link zum Spiegel-Artikel gesetzt, fand ich in diesem Werk einen Fehler nach dem anderen. Von der Rechtschreibung mal ganz abgesehen.


    Ich zitiere mal ein Beispiel: "Bosky stieß ein paar ekelhafte Kommentare aus - er brüllte, stinkwütend im Griff von drei Männern: Drohungen, Anschuldigungen und Prophezeihungen, und immerhin gab es hier oben keine Gesetzeshüter, es sei denn, man ließ den Sheriff aus Fairbanks einfliegen, damit er sich die Leiche ansah -, die Sess ebenso lautstark erwiderte."


    So in Drop City von T.C.Boyle Seite 109 dtv September 2005


    Nun frage ich mich, kann man (frau) eine Leiche erwidern? Oder bezog sich das letzte "die" auf Gesetzeshüter wegen des Gedankenstrichs?
    Gemeint waren letztlich wohl die Drohungen, Anschuldigungen und Prophezeihungen.
    Vorweg, ich bin nicht kleinkariert und kein Literaturwissenschaftler, Germanist oder Komparatist, aber in diesem Buch stehen die Fehler Schlange. Von sonderlichem Respekt gegenüber dem Leser zeugt das jedenfalls nicht.


    Noch habe ich das Buch nicht zu Ende gelesen. Für den Fall, dass noch mehr Fehler auftreten, werde ich dem Verlag einen Brief mit konstruktiver Kritik schreiben.

  • Was mich stört, sind nicht regionale Einsprengsel in einem Text. Die Besammlung (Achtung, Helvetizsmus!) für diesen Kreuzzug findet ohne mich statt.
    Allerdings scheint es mir so, als fiele den Schreibenden wie den Lektorierenden es zunehmend schwer, zu unterscheiden, was mundartlich Gefärbtes ist und was einfach schlechtes Deutsch.


    Schöne Grüße von blaustrumpf

    Wer einmal aus dem Schrank ist, passt nicht mehr in eine Schublade.
    Aber mein Krimi passt überall: Inge Lütt, Eine Bratsche geht flöten. ISBN: 978-3-89656-212-8. Erschienen im Querverlag

  • Zitat

    Original von Salonlöwin
    Ich zitiere mal ein Beispiel: "Bosky stieß ein paar ekelhafte Kommentare aus - er brüllte, stinkwütend im Griff von drei Männern: Drohungen, Anschuldigungen und Prophezeihungen, und immerhin gab es hier oben keine Gesetzeshüter, es sei denn, man ließ den Sheriff aus Fairbanks einfliegen, damit er sich die Leiche ansah -, die Sess ebenso lautstark erwiderte."


    So in Drop City von T.C.Boyle Seite 109 dtv September 2005


    Nun frage ich mich, kann man (frau) eine Leiche erwidern? Oder bezog sich das letzte "die" auf Gesetzeshüter wegen des Gedankenstrichs?
    Gemeint waren letztlich wohl die Drohungen, Anschuldigungen und Prophezeihungen.


    Salonlöwin
    Da ist (ausnahmsweise?) aber alles richtig. Der Satz hat ja zwei Gedankenstriche; alles, was dazwischen steht, ist ein Einschub, der nicht zum Rest des Satzes gehört. Man kann ihn weglassen. Wenn du das tust, merkst du, was zusammengehört:


    "Bosky stieß ein paar ekelhafte Kommentare aus[- .... -], die Sess ebenso lautstark erwiderte."


    ach so, edit: Ob der Satz nicht nur richtig, sondern auch wohlklingend und "richtig übersetzt" (Achtung, Anführungszeichen!) ist, darüber lässt sich streiten. ;-) Dazu müsste man aber auch das Original hinzuziehen.

    Surround yourself with human beings, my dear James. They are easier to fight for than principles. (Ian Fleming, Casino Royale)

    Dieser Beitrag wurde bereits 1 Mal editiert, zuletzt von MaryRead ()

  • Was mich sehr stört ist das man zu einer Person "Es" sagt! In Saarbrücken ist es ständig in Gebrauch. Teilweise schreiben die das auch. Wie kann man nur sagen: "Es kommt heut zum essen."
    Für was gibt es Namen bzw. er, sie, die, der.
    Gibt doch genug davon!

  • Okay Mary, verstanden :knuddel1


    Und bei diesem Satz: "Dafür rächen sich die Eulen dann in der Nacht, wenn die hilflos sind, wußtest du das?" Seite 71


    In diesem Fall hätte sich "die" meines Erachtens auf "Nacht" bezogen. Jedenfalls hört es sich nicht brilliant an, kann aber sicherlich mit der Begründung gerechtfertigt werden, dass das gesprochene Wort eines Protagonisten wiedergegeben wird.

  • Zitat

    Original von Salonlöwin
    Und bei diesem Satz: "Dafür rächen sich die Eulen dann in der Nacht, wenn die hilflos sind, wußtest du das?" Seite 71


    In diesem Fall hätte sich "die" meines Erachtens auf "Nacht" bezogen.


    Das kann ja nicht, weil dann "ist" stehen müsste. Das Argument mit der gesprochenen Sprache ist wohl richtig; vor allem aber würde ich hier noch das Vorangegangene angucken wollen, um zu sehen, wo der Bezug des "die" steht.

    Surround yourself with human beings, my dear James. They are easier to fight for than principles. (Ian Fleming, Casino Royale)

  • Mir schmerzen Bücher, deren Handlung von Logikfehlern nur so strotzen, viel mehr als ein paar Rechtschreibfehler. ;-)


    Freundliche Grüße
    Perseus

    Die Geschichte lehrt die Menschen, daß die Geschichte die Menschen nichts lehrt.


    Mahatma Gandhi, indischer Freiheitskämpfer

  • Rechtschreibfehler kann ich ziemlich leicht verzeihen. Wenn ich im Lesefluß bin und wissen will, wie es weitergeht, dann fallen sie mir auch nicht wirklich auf, außer es sind wirklich gravierende Schnitzer dabei.


    Wichtig ist für mich der Sprachfluß. Wenn der Satzbau holprig ist, bin ich schnell draußen aus dem Lesefluß und das stört mich dann.

  • Ich frage mich gerade, ob man vielleicht den *großen Meistern* Schnitzer in der Formulierung eher verzeiht, als den kleinen Lichtern.


    Ich quäle mich ja nebenbei immer noch durch Onetti :-( und ich muß sagen, Himmel das ist ein sprachliches Fiasko aus meiner Sicht... trotzdem wird er gerade aufgrund seiner Art und Weise zu schreiben hier und dort in den Himmel gelobt. :wow

  • Wenn ich ein Buch lese und die Rechtschreibfehler häufen sich, ärgere ich mich über die schlampige Arbeit des Verlags (auch sehr ärgerlich für den Autoren, der so verlegt wird, finde ich).


    Wenn ich ein Buch lese und es enthält schiefe Bilder, Ungereimtheiten (egal ob diese sich aus der Handlung oder einem falschen Sprachgebrauch ergeben) und stilistische Unsicherheiten, mindert das für mich die Qualität der Lektüre. Ist die Geschichte auch noch so gut, sie schneidet in meinem Urteil automatisch schlechter ab.


    So geht es mir übrigens auch, wenn ich die Geschichten vom Eulen-Schreibwettbewerb lese und bewerte. Manche strotzen so vor Schreib-, Grammatik- und Ausdrucksfehlern, dass sie bei mir gar nicht mehr in die Punktewertung gelangen können.


    Für mich gehört zu einer guten Geschichte, dass sie auch gut erzählt wird.

  • Zitat

    "Dafür rächen sich die Eulen dann in der Nacht, wenn die hilflos sind, wußtest du das?"


    Zitat

    In diesem Fall hätte sich "die" meines Erachtens auf "Nacht" bezogen. Jedenfalls hört es sich nicht brilliant an, kann aber sicherlich mit der Begründung gerechtfertigt werden, dass das gesprochene Wort eines Protagonisten wiedergegeben wird.


    Aufklärung zu diesem Problem gibt es in diesem Link:
    Uni Essen

  • Zitat

    Original von Babyjane
    Ich frage mich gerade, ob man vielleicht den *großen Meistern* Schnitzer in der Formulierung eher verzeiht, als den kleinen Lichtern.


    Ich hab im Urlaub die erste Hälfte von "Arc de Triomphe" von E.M. Remarque gelesen und war erschrocken, wie unidiomatisch das Deutsch manchmal war. Und das war nicht nur deshalb, weil er das gebrochene Französisch von Deutschen, Russen etc. darstellen wollte - die Vermutung kam mir irgendwann zwischendurch, bestätigte sich aber nicht, denn die Schnitzer kamen nicht nur in Dialogen. Dass die sprachlichen Ungereimtheiten jeweils "Kunst" sein sollten, wollte sich mir auch nicht erschliessen. Mich hat das einigermassen verunsichert, denn Remarque, das ist doch nun wirklich "richtige Literatur" und auch kein Produkt einer jüngeren Entwicklung zur Schludrigkeit. Aber eben: es hat mich verunsichert, ich mag das Buch nicht in der Luft zerreissen, wie ich es bei einem "no name" an vergleichbarer Stelle getan hätte.

    Surround yourself with human beings, my dear James. They are easier to fight for than principles. (Ian Fleming, Casino Royale)