Birobidschan
Tomer Dotan-Dreyfus
Verlag Voland&Quist
ISBN: 978-3863913472
320 Seiten, 24 Euro
Amazon-Kurzbeschreibung: Sibirien, 1908. Ein Knall erschüttert den sibirischen Wald Tunguska. Zwei Jahrzehnte später plant Stalin eine jüdisch-sozialistische Autonomie an der Grenze zu China: Birobidschan. Was als stalinistisches Experiment der 1930er Jahre scheitert, wird in Tomer Dotan-Dreyfus’ Debütroman zum Dreh- und Angelpunkt einer funkensprühenden Geschichte: Da sind Alex und Rachel, verliebt seit Kindertagen. Boris Klayn, Fischer und Ur-Birobidschaner. Gregory und Sascha, enge Freunde, einer hat Depressionen, der andere nimmt ihn mit auf einen Roadtrip gen Tunguska. Dmitrij, der Angst vor Wölfen hat. Das Leben in Birobidschan geht seinen Gang, die kleinen und großen Sorgen der Bewohner drehen sich fern allen Weltgeschehens – bis sich die Ereignisse überschlagen: Zwei fremde Männer und ein stummes Mädchen bringen die idyllische Gemeinschaft zum Bersten. In Birobidschan erzählt Tomer Dotan-Dreyfus die so unwahrscheinliche wie charmante Geschichte eines jüdisch-sozialistischen Schtetls in Sibirien und knüpft damit an die jiddische Erzähltradition und den magischen Realismus an. Ein gewitzter Debütroman, eigenwillig und voller Fabulierlust.
Dieses Buch stand auf der Longlist des deutschen Buchpreises 2023 und schon das ungewöhnliche Cover hat mich neugierig gemacht. Nicht nur das Cover, sondern auch die Geschichte hebt sich wohltuend aus dem Mainstream heraus und ich bin froh, dass ich meiner Neugier nachgegeben und dieses Buch gelesen habe.
Birobidschan klingt wie ein kleines Paradies; ein beschaulicher Ort, in dem es alles gibt, wunderbare Landschaft, Arbeit und eine offene Gemeinschaft überwiegend jüdischer Siedler, die von Stalin dorthin geschickt wurden. Bis der kleine Ort aber tatsächlich so paradiesisch wurde, wie auf den Werbeplakaten dargestellt, mussten viele Menschen hart arbeiten.
Der Autor hat die Geschichte von Birobidschan nicht chronologisch aufgeschrieben und das fiktive Birobidschan wird mit dem tatsächlich existierenden Ort wenig gemein haben. Es geht in der Hauptsache nicht um die kleine Stadt, sondern um seine Menschen, die entweder hier geboren wurden, oder die hier angesiedelt wurden. Stellvertretend für alle, werden einige Schicksale und Lebensgeschichten erzählt und das nicht in einer Zeitlinie, doch das ist letztlich egal. Es ist die Erzählweise, die mich so fasziniert hat. Die Figuren wirken in all ihrer Verletzlichkeit, mit ihren Stärken, aber auch mit ihren Ängsten sehr authentisch. Das, was sie erleben, ist teilweise mit etwas schwarzem Humor und immer auch ein wenig märchenhaft-magisch geschildert und macht einfach Spaß beim Lesen.
Das Buch bietet ein außergewöhnliches und sehr unterhaltsames Leseerlebnis und hat die Nominierung, meiner Meinung nach, hoch verdient.
![]() |
ASIN/ISBN: 3863913477 |
Edit: ISBN10 eingesetzt, damit das Cover angezeigt wird. Gruß Herr Palomar