Töchter des Nordmeeres: Livs Weg – Ines Thorn

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    • Herausgeber ‏ : ‎ Rowohlt Taschenbuch; 1. Edition (12. September 2023)
    • Sprache ‏ : ‎ Deutsch
    • Taschenbuch ‏ : ‎ 384 Seiten
    • ISBN-10 ‏ : ‎ 3499011131
    • ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3499011139

    Kurzbeschreibung (Verlag):

    Ein historischer Roman vor eindrücklicher nordischer Kulisse: Zwei grundverschiedene Mädchen ringen darum, ihren Platz im Leben zu finden, in einer Welt, die zwischen naturverbundener Tradition und wissenschaftlicher Moderne steht.

    Norwegen, 1893: Auf Veiholmen, im Norden der Inselgruppe Smola, wachsen zwei sehr unterschiedliche junge Frauen heran, die aber untrennbar miteinander verbunden sind. Vor 15 Jahren wurden sie in der gleichen Winternacht als Säuglinge auf verschiedenen Türschwellen im Dorf abgelegt. Keiner weiß, ob Liv und Lucia Schwestern sind oder woher sie kommen. Liv ist die Fortschrittliche, Wissbegierige und Tatenhungrige, die sogar die Aufmerksamkeit des Polarreisenden Fridtjof Nansen erregt, während Lucia nach Häuslichkeit strebt, traditonell leben und heiraten möchte. Als ein junger Fremder in den Ort kommt, werden die Unterschiede zwischen den beiden Frauen spürbar, und ihre zwiespältige Freundschaft wird hart auf die Probe gestellt.


    Zur Autorin (Verlag):

    Ines Thorn wurde 1964 in Leipzig geboren. Nach einer Lehre als Buchhändlerin studierte sie Germanistik, Slawistik und Kulturphilosophie. Sie lebt und arbeitet in Nordhessen und schreibt seit langem erfolgreich historische Romane.


    Meine Meinung:

    Liv und Lucia sind Findelkinder, die auf der Insel Smøla am selben Tag aufgefunden wurden. Die eine wächst beim Pfarrer, die andere bei Fria im Guesthuset auf. Liv interessiert sich von klein auf für die Natur und untersucht alles was ihr in die Finger kommt. Lucia dagegen möchte nur eines, eine gute Ehefrau sein und eine eigene Familie gründen.


    Wir begleiten nun Liv dabei, wie sie mit Hilfe der Inselbewohner ihren eigenen Weg geht. Dank der Gemeinschaft kann sie nach Christiania gehen und dort Zoologie bei Fridtjof Nansen studieren. Doch dort muss sie sich alleine durchschlagen und gegen die Widerstände, die einer jungen Frau damals entgegenschlugen ankämpfen.


    Mir hat das Buch ausgesprochen gut gefallen. Ines Thorn gelingt es die norwegische Gesellschaft der Zeit um die Jahrhundertwende zum 20. Jahrhundert facettenreich darzustellen. Einmal ist da die Gemeinschaft auf der Insel, in der jeder seinen Platz hat und diesen auch nicht verlassen soll. Liv bricht hier mit einigen Regeln, schafft es aber durch ihre Art, dass sie trotz allem unterstützt wird und ihr der Weg zu einem Studium geebnet wird. Auf der anderen Seite ist die Gesellschaft in der Stadt, in der sehr auf Standesunterschiede geachtet wird und Menschen, die von den Inseln kommen als einfach und tölpelhaft verachtet werden. Ein Aufstieg scheint hier so gut wie unmöglich und die Rollenbilder sind teils noch starrer als auf der Insel.


    Liv und auch Lucia müssen sich hier ihren Weg erkämpfen und versuchen ihre Träume wahr werden zu lassen. Liv brennt für ihr Studium, sehnt sich aber trotzdem nach einem Partner und Familie. Dieser Spagat war damals fast komplett unmöglich. Lucia strebt zwar nach der traditionellen Rolle als Ehefrau und Mutter und muss trotzdem erkennen, dass ihre Herkunft ein Hemmschuh sein kann.


    Ich habe das Buch ausgesprochen gerne gelesen. Der Schreibstil ist bildhaft und löst Emotionen auf. Was habe ich mich teilweise über die verlogenen Moralvorstellungen geärgert, die Männer alles durchgehen lassen und alle Schuld den Frauen anlastet. Ich habe mit gefiebert, mit gelitten und mich gefreut. Die Charaktere wachsen einem ans Herz, besonders die Inselbewohner, die Livs Rückgrat bilden und ihr die Kraft geben auch bei Hindernissen nicht aufzugeben und an sich zu glauben.


    Jetzt bin ich gespannt, ob es noch einen zweiten Band geben wird, der sich näher mit Lucia beschäftigt. Ihr Schicksal wird in diesem Buch ja durchaus mit erzählt, ist aber doch noch recht offen.


    Auf jeden Fall kann ich das Buch empfehlen. Mir hat es richtig gut gefallen.


    9 von 10 Punkte

    ASIN/ISBN: 3499011131

  • Mein Eindruck und meine Gedanken beziehen sich sowohl auf das Buch als auch auf das Hörbuch.


    Darum geht‘s

    Gegen Ende des 19. Jahrhunderts werden auf der Norwegischen Inselgruppe Smola in einer Winternacht zwei Babys vor zwei unterschiedliche Türschwellen gelegt. Niemand weiß, woher die beiden Mädchen stammen. Fria, die Wirtin des Guesthuset, und die Familie des Dorfpfarrers nehmen die Findlinge auf. Die beiden wachsen dennoch wie zwei Schwestern auf, könnten jedoch nicht unterschiedlicher sein. Während Lucia sich ein Leben als Ehefrau und Mutter wünscht, träumt Liv von einem Schulabschluss und einem anschließenden Studium beim berühmten Polarreisenden Fridtjof Nansen. Als ein junger Wissenschaftler auf die Insel kommt, wird die Freundschaft der Mädchen auf die Probe gestellt und beide müssen einiges auf sich nehmen, um ihren Weg zu finden.


    So fand ich‘s

    Ines Thorn erzählt hier in erster Linie die spannende Geschichte von zwei sehr unterschiedlichen Frauen, die ihr Glück suchen. Sie zeigt aber auch auf eindrückliche Weise wie die damalige Gesellschaft tickte und vor allem, was für eine Stellung von den Frauen anfangs des 20. Jahrhunderts erwartet wurde. Beide Frauen verfolgen ihre eigenen Träume und nehmen auf unterschiedliche Weise ihre Schicksale in die Hand.


    Es ist die Geschichte von zwei sehr starken Frauen. Besonders Liv, die was die Frauenrolle betrifft der Zeit um einiges voraus war, beeindruckte mich mit ihrer zielstrebigen und freigeistlichen Art sehr. Trotz vieler Steine, die ihr von der Gesellschaft in den Weg gelegt werden, verfolgt sie unbeirrt ihre Ziele und muss auch mit Rückschlägen zurechtkommen. Doch ich habe auch mit Lucia mitgefiebert. Denn auch ihr wird vom Schicksal nichts geschenkt. Da Liv etwas mehr im Fokus steht, fühlte ich mich ihr allerdings ein wenig näher. Da es möglicherweise einen zweiten Band geben wird, könnte ich mir vorstellen, dass wir Leser dann Lucia etwas intensiver begleiten können.


    Besonders gut gefallen hat mir auch die Atmosphäre, die die Autorin den Leser sehr anschaulich und lebendig spüren lässt – seien es zum Beispiel die wetterbedingt schwierigen Verhältnisse auf der Insel oder auch das Leben in der Stadt, das vor allem von den damaligen gesellschaftlichen Konventionen geprägt ist.

    Die Figuren sind durchwegs lebendig und versatil gezeichnet. Auch meine eigenen Emotionen kamen beim Lesen nicht zu kurz – genauso wie ich es mag. Ich konnte mich jederzeit in die Figuren reinversetzen oder mich über die eine oder andere so richtig aufregen. ;-)


    Ich habe parallel zum Lesen auch das Hörbuch gehört, so dass ich auch z.B. beim Haushalt nie den Faden verloren habe und ohne größere Unterbrechungen weiter in die Geschichte eintauchen konnte. Und die Sprecherin Verena Wolfien ist meiner Meinung nach perfekt für dieses Buch und hat immer den richtigen Tonfall für die jeweilige Figur getroffen. Das war für mich das Tüpfelchen auf dem "i" dieses Lese- und Hörerlebnisses. :-)


    Ich muss bestimmt nicht mehr explizit betonen, dass ich das Buch sehr gerne gelesen habe. Jedenfalls spreche ich gerne und begeistert eine absolute Leseempfehlung aus für alle, die gerne historische Romane lesen.

    Lesen ist ein grosses Wunder

    Marie Freifrau von Ebner-Eschenbach

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  • Norwegen, 1893: Auf Veiholmen, im Norden der Inselgruppe Smøla, werden zwei Säuglinge vor unterschiedlichen Türen abgelegt. Das eine Kind liegt vor Frias Gästehaus und das andere vor der Tür von Pfarrer Fenris und seiner Frau Runi. Alle im Ort gehen davon aus, dass es Zwillinge sein müssen, denn es ist ja unwahrscheinlich, dass zwei Mütter ihre Kinder gleichzeitig weggeben. Außerdem deuten die Fußspuren zum Strand darauf hin, dass es ein Paar war.


    Mir diesem Roman hat mich die Autorin Ines Thorn wieder packen können. Der Schreibstil ist angenehm und sehr flüssig zu lesen. Die Handlungsorte sind sehr bildhaft beschrieben, so dass ich mir alles gut vorstellen konnte.


    Auch die Charaktere sind lebendig und authentisch dargestellt. Liv und Lucia sind zwei starke und sympathische junge Frauen. Die naturliebende, wissbegierige und ehrgeizige Liv ist mir dabei aber näher gewesen als ihr Schwester Lucia, die sich nach einer Familie sehnt. Toll fand ich es auch, wie Fria sich um ihre Ziehtochter kümmert. Sie unterstützt Liv, auch wenn sie manchmal Bedenken hat. Aber auch der geheimnisvolle Same, der in Frias Gästehaus die Küche führt, kümmert sich rührend um Liv. Lucia muss die Liebe ihrer Zieheltern mit ihren Brüdern teilen und hat es daher nicht so leicht wie Liv. Als Liv sich entschließt das Examen zu machen und bei Fridtjof Nansen zu studieren, kann sie sich auf die Hilfe von vielen – wie den Bürgermeister Bjarni, den Lehrer Arni, Fischer Chrisander und natürlich ihrer Schwester – verlassen. Dennoch wird es nicht leicht für sie, denn sie muss gegen viele Widerstände kämpfen. Aber sie lernt sich durchzusetzen. Auch Lucia muss Enttäuschungen wegstecken, zum Glück aber kann sie auf Livs Unterstützung bauen.


    Die Männer jener Zeit tun sich schwer mit Frauen, die mehr wollen als nur Hausfrau und Mutter sein. Auch Liv sehnt sich nach einer Beziehung, aber sie will auch ihren Weg gehen und forschen. Ob es ihr gelingt, ihr Leben nach ihren Vorstellungen zu gestalten?


    Mir hat dieser interessante und spannende historische Roman sehr gut gefallen und ich bin gespannt, wie es weitergeht auf Smøla.


    10/10

  • Mein Leseeindruck:



    Gleich zuerst, ein tolles Buch. Ich war ja etwas skeptisch, da ich vor Jahren ein Buch der Autorin ziemlich trocken fand vom Erzählstil her, aber dieses Urteil kann gut in die Mottenkiste.

    Töchter des Nordmeeres hat mich von der ersten bis zur letzen Seite fasziniert und ich konnte wirklich nicht aufhören zu lesen.

    Liv ist eine wunderbar beschriebene und vom Charakter her eine zielstrebige und starke Frau, die ihrer Zeit weit voraus ist. Als Findelkind auf einer norwegischen Fischerinsel aufgewachsen, von skurilen Gestalten aufgezogen, allen voran die Frau, die ihr ein unbeschwertes Aufwachsen ermöglicht hat. Fria, die Wirtin des Gasthauses und natürlich der Same, der ihre Liebe zur Natur, den Raben und zum Meer unterstützt.

    Sie ist klug, die Liv, wie auch ihre Schwester Lucia, die zeitgleich mit ihr gefunden wurde, aber in der Pfarrersfamilie aufwuchs.

    Sie erfüllt sich den Wunsch zu heiraten und Kinder zu bekommen, nun ja, erstmal eines, wird aber in dieser Ehe nicht glücklich.

    Ganz anders als Liv, die sich ihr Studium und den Respekt ihres Professors erarbeitet, hier in Gestalt des Entdeckers und Forschers Frithjof Nansen, der sehr sympatisch geschildert wird und sie auch unterstützt.

    Trotzdem trifft auch sie unerwartet ihre große Liebe. Aber was wäre ein guter Roman, wenn es ohne Kompliktionen ablaufen würde.

    Ich kann das Buch allen wärmstens ans Herz legen. Die Zeit um 1900, als Frauen nicht mehr einfach nur am Herd stehen und Kinder hüten wollten, sondern studieren und einen Beruf ergreifen ist hier wirklichkeitstreu geschildert. Ich bin schon sehr gespannt auf den zweiten Band, in dem wir dann Lucias Weg erfahren.

  • Das Buch " Töchter des Nordmeeres- Livs Weg" von Ines Thorn hat mir ausgesprochen gut gefallen.

    Das Leben in Norwegen Ende des 19. Jahrhunderts wird wunderbar atmosphärisch eingefangen, sei es die Beschreibung der rauen Natur oder das Leben in der Stadt Christiania, man hat die Bilder genau im Kopf und reist in seinen Gedanken durch Zeit und Raum.

    Die Charaktere sind sehr gut ausgearbeitet, es entstehen Sympathien und Antipathien und selbst die Nebenfiguren werden durch die Beschreibung der Autorin lebendig.

    Gerade die Inselbewohner habe ich regelrecht ins Herz geschlossen. Das Hauptaugenmerk liegt natürlich auf Liv und Lucia, wobei Liv in diesem Buch einen größeren Raum einnimmt.

    So unterschiedlich die beiden sind, so verbunden sind sie dennoch miteinander.

    Ein Hauch Mystik um die Herkunft der beiden, rundet die Geschichte dabei noch ab. Besonders hervorheben möchte ich noch die detaillierte Auseinandersetzung der Autorin mit der Lebenswelt der Raben, die eine große Rolle in Livs Leben spielen.

    Man erkennt im gesamten Roman eine akribische Recherchearbeit, natürlich auch im Hinblick auf die historischen Gegebenheiten, aber auch die beschriebene Lebensweise der Raben zeugt von viel Wissen der Autorin in diesem Gebiet.

    Die Liebesgeschichten rund um Liv und Lucia nehmen für mich keinen zu übergroßen Rahmen ein, was ich genau so völlig ausreichend fand. Es war das Tüpfelchen auf dem I, hat einen mitfiebern lassen, aber nicht dominiert.

    Viel mehr stand die Entwicklung und der Weg von Liv und teilweise auch Lucia im Vordergrund.

    Ich bin gespannt, wie dieser sich in Teil 2, der Lucia mehr in den Fokus rücken wird, weiterentwickeln wird.

    Das Buch habe ich vom Rowohlt Taschenbuch Verlag als Rezensionsexemplar erhalten, dafür herzlichen Dank. Dies beeinflusst meine Rezension in keinster Weise.


    Fazit: Norwegen Ende des 19. Jahrhunderts, zwei faszinierende Frauen, herrlich kauzige Nebencharaktere und einfach eine wunderschöne, atmosphärische Geschichte!