Walter Moers - Die Insel der Tausend Leuchttürme

  • Hildegunst von Mythenmetz hätte gewarnt sein müssen. Schon auf der Überfahrt zur Insel Eydernorn, wo er seine Bücherstauballergie kurieren will, entgeht er nur knapp dem Tod. Doch im Hotel erwartet ihn ein musikalisches Hummdudel, seine Prominenz verhilft ihm zum Rang eines Patienten erster Klasse, und hilfreiche Küstengnome bieten ihm ihre Dienste an. Neugierig erforscht er die bizarre Fauna und Flora der Insel und widmet sich den hundertelf Leuchttürmen, die in der Nacht funkeln wie tausend. Alles könnte so erholsam sein, wären da nur nicht die immer bedrohlicher werdenden Begegnungen mit der Natur Eydernorns: hungrigen Belphegatoren und aufdringlichen Strandlöpern, monströsen Frostfratten, schaurigen Wolkenspinnen und dem gefährlichsten Dämon aus der Tiefe des zamonischen Ozeans, dem sagenumwobenen Quaquappa.


    Der Lindwurm Hildegunst von Mythenmetz ist der bedeutendste Großschriftsteller Zamoniens.

    Sein Schöpfer Walter Moers hat sich mit seinen fantastischen Romanen weit über die Grenzen des deutschen Sprachraums hinaus in die Herzen der Leser und Kritiker geschrieben.


    Meine Meinung


    Wenn jemand Walter-Moers- bzw. Zamonien-Fan werden und in eine andere Welt voll Ideenvielfalt entführt werden möchte, dann mit diesem wortgewandten Buch. Allerdings muss/sollte man Hildegunsts Hang zum Fabulieren und ausschweifenden, detailreichen Erklären mögen, und das tu' ich.


    Hildegunst von Mythenmetz nimmt seine Leser mit auf eine von der ersten bis zur letzten Seite unglaublich spannende, von Wesen und Wetterbedingungen strotzende Welt, die es nur auf Eydernorn gibt.

    Ich habe ganz selten ein Buch diesen Umfangs gelesen, das keine Längen hat, bei dem ich jede einzelne Seite "genossen" habe, begeistert von den unfassbar kreativen, fantasievollen Einfällen, die zu einer sinnvollen Geschichte verwoben wurden, die dann auch noch einen so sensationell guten Abschluss hatte. Auch der Humor von Hildegunst gefiel mir außerordentlich gut.


    Hiledgunst passiert das alles, ohne dass er es vorhatte, er wird immer weiter hineingezogen in Eydernorn, bis er quasi einer von ihnen ist, und das, obwohl er doch als der Hypochonder, der er ist, nur eine entspannte Kur dort machen wollte, natürlich mit "Kulturprogramm", z. B. das Erlernen des Kraakenfiekens (obwohl er ja unsportlich ist und dann doch mehr Klööper kauft, als er vorhatte), das Erforschen der Leuchttürme, das Essen inclusive der Erlebnisse dabei im "Fackelfisch", das Kennenlernen der Vorzüge des Orkanbrots, und soll er nun die Stadt ohne Türen aufsuchen oder nicht, vor deren Besuch er gewarnt wird. Wer oder was ist die wogende Wolke, die es auch nur hier gibt? Selbst die Straßenlaternen sind interessant. Welchen Sinn haben die unzähligen nervenden Strandlöper, die aber immerhin auf Souvenirs gut Geld bringen? All diese Wesen sind dann auch noch toll illustriert.

    Und Hildegunst wäre nicht Hildegunst, wenn die medizinischen Anwendungen ihn nicht oft an den Rand des Ertragbaren bringen würden.


    Das Finale hat es definitv in sich, es hat mich begeistert und emotional ziemlich mitgenommen. Hier fanden alle Vorkomnisse und Ereignisse ihre Erklärung, hier liefen die Fäden zusammen.


    Das Buch ist für mich ein Jahreshighlight.


    Von mir gibt es 5 Sterne plus




    ASIN/ISBN: 332860006X

    Irrlicht und Hexe (7. Hexenregel: Unterschätze nie die Kraft des Wortes - es hat eine besondere Kraft, es kann befreien, anstoßen und verändern, aber auch verletzen und zerstören)

  • Heute schon gefiekt?


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    Eigentlich wollte ich keine umfangreiche Rezension schreiben. Das, was Walter Moers da tut, lässt sich ohnehin nicht mit normalen Maßstäben messen oder mit anderen Büchern vergleichen.


    Wenn man die zweiundvierzig Euro Kaufpreis verdaut hat, kann man damit anfangen, sich über ein großes, prächtig wirkendes Buch zu freuen, allerdings hätte die stolze Investition auch ein paar Tupfer Farbe verdient gehabt. Um nicht missverstanden zu werden - die mächtige Schwarte ist hinreißend ausgestattet und gestaltet, und es lohnt sich allein für die mehr als hundert fantastischen Zeichnungen darin, aber wenn man schon eine so magische Summe abdrückt, darf man erwarten, dass auch die Leistung in der Kür stimmt. Andererseits kommt der zamonische Charme in Schwarzweiß möglicherweise sehr viel besser rüber als in tausenden (oder wenigstens: hundertzwölf) von Farbtönen.


    Das Buch ist ein Briefroman - es enthält in der Hauptsache neunzehn Briefe, die der legendäre zamonische Schriftsteller Hildegunst von Mythenmetz an seinen Freund Hachmed Ben Kibitzer geschrieben, aber nie abgeschickt hat. Sie erzählen vom, äh, Aufenthalt auf der legendären Insel Eydernorn (ein nicht sehr schwer zu lösendes Anagramm), die Mythenmetz besucht hatte, um seine eingebildeten Atemwegserkrankungen therapieren zu lassen. Aus diesem von Anfang an abenteuerlichen Trip in eine mehr als originelle Teilwelt Zamoniens wird nach und nach eine handfeste und ausgewachsene, spektakulär endende Heldenreise. Der Weg dorthin ist gespickt, nein, überflutet mit unglaublichen Einfällen, in denen es um die eydernornische Kultur geht, um Flora und Fauna, um die Kunst, um Mythen und Geschichte, um das Essen und die merkwürdigen Bewohner der eigenartigen Großinsel. Vor allem aber geht es um die plusminus einhundertelf sensationellen Leuchttürme, die mit ihren schratigen und geheimnisvollen Wärtern den Kern des Geheimnisses der Insel bilden, das sich von Mythenmetz nach und nach offenbart.


    Es ist im besten Sinn komplett irre, was sich Moers da alles ausgedacht hat, dessen beeindruckende Fantasie hier wieder einmal alles in den Schatten stellt, was es an vergleichbarem gäbe, gäbe es Vergleichbares. Gibt es eher nicht. Aber all das Ausgedachte ist außerdem jederzeit Satire und Anspielung und Liebeserklärung und alles zugleich, was man auch getrost ignorieren kann, und dann liest man halt "einfach" ein unfassbares All-Ager-Märchenbuch mit einem Helden, der keiner sein will, es aber eigentlich jederzeit total schick findet, einer zu sein.


    Allerdings. Die hohe Schlagzahl an atemberaubenden Einfällen kann nicht ganz wettmachen, dass der Spannungsbogen der Geschichte eher ein recht willkürlicher Polygonzug ist, vor allem aber, dass es so richtig spannend eigentlich nie wirklich wird. Das ist eigenartig, weil echt eine Menge passiert, doch irgendwie bleibt eine gewisse Distanz, fehlt es an Mitreißendem. "Die Insel der Tausend Leuchttürme" ist, um einen nichtliterarischen Vergleich zu wählen, ein Mammutbauwerk wie die "Sagrada Familia", aber genau wie diese scheint das Buch hauptsächlich aus einer (aus Mythenmetschen Abschweifungen mühselig gebauten) riesigen Fassade zu bestehen. Das ist ganz seltsam, aber so ist mein Eindruck. Die Geschichte zündet irgendwie nicht, und das ist leider sehr schade. Die Lektüre ist trotzdem meistens ein großer Spaß.