Krokodil im Nacken - Klaus Kordon

  • Zum Autor:


    Klaus Kordon
    Klaus Kordon, geboren 1943 in Berlin, studierte Volkswirtschaft und kam 1973 nach einjähriger politischer Haft aus der DDR in die Bundesrepublik. Seit 1980 freiberuflicher Schriftsteller. Zahlreiche seiner Veröffentlichungen wurden in verschiedene Sprachen übersetzt und mit nationalen und internationalen Preisen ausgezeichnet. Für sein Gesamtwerk erhielt er den Alex-Wedding-Preis der Akademie der Künste zu Berlin und Brandenburg. Klaus Kordon lebt in Berlin.




    Klappentext:


    Die deutsche Geschichte des 20. Jahrhunderts ist der brisante Stoff, aus dem Klaus Kordons Meisterwerke sind: In seinem neuen Roman erzählt er die bewegende Lebensgeschichte des Manfred Lenz, der nach einem missglückten Fluchtversuch aus der DDR ein Jahr in Stasi-Gefängnissen verbringt. Lenz - das Alter Ego des Autors - erinnert sich an seine Kindheit, seine Jugend und die Verzweiflung, die ihn mit seiner Familie zur Flucht in den Westen zwingt.



    Eine spannenden Lebensbeschreibung des DDR-Bürgers Manfred Lenz, der nach einem gescheiterten Fluchtversuch, getrennt von Frau und Kind, in Stasieinzelhaft genommen wird.
    Es beginnt mit der Reise nach Bulgarien, wo gleich nach dem Ausstieg aus dem Zug die Familie in Haft genommen wird. Groß ihre Verwunderung, denn NOCH hatten sie die Flucht nicht angetreten, die organisierten Pässe zur Ausreise nicht in den Händen. Woher wussten die das schon? wer hat sie verraten?
    Zeitgleich mit seinen Erlebnissen im Gefängnis in Bulgarien und Berlin erzählt er seine Lebensgeschichte. Wie er als Nachkriegskind aufwächst, die damalige Berliner Kneipenszene mit all ihren Menschen, gebrochen, verarmt, runtergekommen, kämpfend, resignierend, schachernd....
    Die Familie bricht auseinander, der tägliche Kampf ums gefühlsmässige Überleben, sein Leben in Kinder- und Jugendheimen, die Gründung des neues sozialistischen Staates, erkennen des steten Selbstbetrug der Regierung und seines Volkes, der Kampf um die Erhaltung des eigenen Rückgrats.....




    Für mich ein sehr interessantes Buch, da es keines der üblichen "Abrechnungsgeschichten" mit dem alten System ist, keine Rachegefühle hervorstechen, sondern sachlich und doch emotional die Geschichte eines Menschen erzählt wird, der in diese schwere Zeit hineingeboren wurde, die Entstehung und den Aufbau der geteilten deutschen Staaten erzählt, wie man entwerder lernen musste mit den Lügen zu leben oder gegen zu halten und die Kosequenzen schnell spürte, entweder mit den Wölfen teilweise heulte, aber doch nicht dahin kam wo man hin wollte.
    Besonders interessant war für mich die Tatsache, dass meine Eltern genau in seinem Alter sind, ähnliche Geschichten erzählten und ich sie dort wiederfand, meine Mutter in der gleichen Gegend aufwuchs, ich viele Orte und Gegebenheiten aus dem eigenen Leben kannte. Auch diesen Stasi-Knast (der heute frei zugängliche Gedenkstätte ist) an dem ich als Kind nur mit grausen vorbei kam, obwohl mir da noch nicht klar war was sich dahinter verbarg.


    Dieses Buch wurde mit dem Jugendpreis 2003 ausgezeichnet und ist meiner Meinung nach ein gutes Buch um ein Stück deutscher Geschichte zu erzählen, ungeschminkt, von jeglichem politischen Meinungsdruck befreit.

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    Grüßle, Heaven


    Auch aus Steinen, die einem in den Weg gelegt werden, kann man Schönes bauen. (Goethe) ;-)

    Dieser Beitrag wurde bereits 1 Mal editiert, zuletzt von Heaven ()

  • Ein faszinierendes Buch. Sollte Pflichtlektüre in den Schulen sein wenn um unsere jüngste Geschichte geht. Man lernt dort sicher mehr, als durch trockene Unterrichtsvorträge.

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Ich hab Klaus Kordon als Kind wahnsinnig gern gelesen! Und dieses Buch hört sich wirklich sehr, sehr interessant an. Und da es eben von Klaus Kordon ist, kann ich es bedenkenlos kaufen.


    Danke für die Rezi, Heaven! :-)



    Zum Glück gibt es "Krokodil im Nacken" auch als TB-Ausgabe:

  • Andere Bücher von Kordon habe ich noch nicht gelesen. Was schreibt er denn sonst so?


    Ich fand es bis zur letzten Seite wirklich interessant. Viel Spaß beim lesen. :wave

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    Grüßle, Heaven


    Auch aus Steinen, die einem in den Weg gelegt werden, kann man Schönes bauen. (Goethe) ;-)

  • Zitat

    Original von Heaven
    Andere Bücher von Kordon habe ich noch nicht gelesen. Was schreibt er denn sonst so?



    Ich hab damals z.B. dieses hier gelesen. Sogar mehrmals, weil ich es wirklich gut fand!

  • dieses Krokodil verfolgt mich.... es geht nicht mehr lange gut, dann frisst es mich, wenn ich es nicht vorher verschlinge...! ;-) mir wird nichts anderes übrig bleiben, als es mir nächstens endlich zuzulegen


    ich hab grad bei Amazon geguckt - was Ronja gerade verlinkt hat, ist der zweite Teil einer Trilogie, der erste Teil ist der hier

    Surround yourself with human beings, my dear James. They are easier to fight for than principles. (Ian Fleming, Casino Royale)

  • Zitat

    Original von MaryRead


    ich hab grad bei Amazon geguckt - was Ronja gerade verlinkt hat, ist der zweite Teil einer Trilogie, der erste Teil ist der hier



    Oh! Wusste ich gar nicht. Zumindest kann man es anscheinend auch lesen, ohne, dass man den ersten Teil kennt. :-)


    Vielleicht kaufe ich mir den ersten Teil noch. Den zweiten hab ich damals für meine kleine Schwester bei meinen Eltern gelassen. Ich hoffe, da ist er noch!


    Danke für den Hinweis, MaryRead! :-)

  • Habe ich auch eben gesehen.
    Komisch, denn das "krokodil" las sich doch wirklich als abgeschlossene Sache. Es beginnt mit dem kleinen Manfred und endet, als er in die Heimat zurückkehrt. :wow Wo setzt das dann an oder geht weiter?
    Muss ich wohl doch noch was von lesen. ;-)


    @Piratin


    :lache

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  • *lach*, wo hast du denn den genialen Smiley her, Himmelchen! :lache


    aber warte - das Krokodil ist ja nicht Teil der Trilogie... nicht dass du da vor lauter Piratinnenhunger was durcheinanderbringst ;-)

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  • Klaus Kordon kann man uneingeschränkt empfehlen. Seine Bücher lassen zeitgeschichtliche Ereignisse und Abläufe sehr gut nachempfinden. Wirklich sehr, sehr lesenswert.

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    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Ich war letztes WE am Originalschauplatz aus dem Buch. Dem Stasiknast in Hohenschönhausen. Da fand ich 100% Bestätigung. Ob jetzt die Einrichtung oder die Aussagen eines ebenfalls ehemaligen Häftlings. War sehr interessant!

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    Grüßle, Heaven


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  • Zitat

    Original von Heaven
    Na Rosenholz und Piratin! Inzwischen gelesen? ;-) erinner


    Nee, aber immerhin schon gekauft! :grin
    (Mann, ist das dick, Mann :wow )
    Ich steck immer noch im Leseloch - momentan geht da gar nix. :rolleyes

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  • Klasse, das Buch. Und sehr erschreckend. Ich war als Kind und zum Teil noch als Jugendliche recht oft in der DDR auf Verwandtenbesuch, und immer wurde ich ermahnt, ja nichts Falsches zu sagen, weil man nie wusste, wer wo mithört. Ich fand das spannend und beängstigend zugleich. Nachdem ich das Buch gelesen habe, bin ich noch erschrockener, was dort jenseits der Grenze stattfand - was man im Westen nur als Horrorgeschichte kannte, die auch sowas wie eine Faszination hatte.


    Wenn man das Nachwort liest, scheint das Buch kein Roman, sondern ein Tatsachenbericht zu sein? Weiss wer da was? Auf jeden Fall muss Klaus Kordon seeeehr gründlich recherchiert haben, um so ein Buch - vor allem, was die Haftbedingungen, Vernehmungen, Verhandlungen und Ausreiseverfahren betrifft - so schreiben zu können.


    Aber nicht nur die Haft, auch Kindheit, Jugend und Berufsleben von Manfred Lenz sind hervorragend gezeichnet und sehr mitreissend beschrieben.


    Zwei winzige Kritikpunkte: Im Vergleich zu manchen anderen Begebenheiten, die sehr ausführlich beschrieben werden, kommt mir der Prozess, wie Hannah und Manfred zu ihrer Fluchtentscheidung gelangen, etwas zu kurz. Da hätte ich mir eine etwas andere Balance gewünscht.


    Und etwas völlig Banales: Das Wort "vergattern" habe ich noch nirgends anders so oft verwendet gesehen. :grin Ansonsten ist das Buch auch sprachlich gelungen. An ein ganz paar Stellen hat der Lektor nicht aufgepasst, da gibt's noch Wiederholungen und sowas. Aber wirklich minimal.


    Danke für die Empfehlung, Heaven - ich gebe sie uneingeschränkt weiter!

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