Valentinstag – Richard Ford

  • Hanser-Verlag, 2023

    384 Seiten

    Übersetzt von Frank Heibert


    Kurzbeschreibung:

    Richard Fords berühmteste Figur, Frank Bascombe, ist zurück. Und nun, mit 74, wird seine unangefochtene Meisterschaft, auf lässige Weise den Frieden mit sich und dem Leben zu machen, noch einmal extrem gefordert. Sein Sohn Paul, 47, ist krank, ihm bleibt nicht viel Zeit. Eng waren beide nie, doch jetzt verbindet sie die Bereitschaft, sich mit ungelenker Liebe auf das Kommende einzulassen, und ihr Blick für die Komik des Abseitigen. Für ein letztes Abenteuer mieten sie ein Wohnmobil, einmal von Minnesota bis zum Mount Rushmore – der Weg ist das Ziel.


    Über den Autor:

    Richard Ford wurde 1944 in Jackson, Mississippi, geboren und lebt heute in Maine. 1996 erhielt er für Unabhängigkeitstag den Pulitzer Prize und den PEN/Faulkner Award, 2019 den Library of Congress Prize for American Fiction.


    Mein Eindruck:

    Die Frank Bascombe-Bücher von Pulitzer-Preisträger Richard Ford gehören vielleicht wirklich zu seinen stärksten Werken. Valentinstag schießt sich da sofort an.

    Frank Badcombe ist der Erzähler, der neben der aktuellen Situation auch viele Erinnerungen an Teile seines Lebens reflektiert. Und manches davon kann man als stellvertretend für die US-Amerikanische Mittelschicht sehen.


    Frank ist mit seinem todkranken Sohn unterwegs. Eine letzte Reise.


    Trotz diesem tragischen Aspekt behält Frank durchgehend seine Gelassenheit, gemischt mit einem lakonisch gehaltenen Humor. Eine Form, die mich anspricht. Die Lakonie ist auch in den Dialogen spürbar.


    ASIN/ISBN: 3446277323

  • Abschied


    Richard Ford ist ein bekannter Schriftsteller aus Amerika. Sein Roman Valentinstag ist wieder ein berührender Roman.
    Es geht wieder um Frank Bascombe.
    Dieses Mal ist es ein noch ernstes Thema. Er ist 74 Jahre alt und sein 47jähriger Sohn Paul ist todkrank. Frank begleitet ihn 10 Monate lang.Das kostet ihm viel Kraft, körperlich und emotional.
    Wenn der in der Klinik zur Therapie ist, lässt Frank seine Gedanken spazieren gehen.


    Die schwere Zeit lässt der Autor detailliert und authentisch Mit seiner brillante und großartiger Sprache
    Zieht er den Leser in seinen Bann.
    Das Buch ist ein gelungenes Werk.

  • Sehr würdiger (vorläufiger?) Abschluss


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    Im Jahr 1986 erschien mit „Der Sportreporter“ der erste Roman von Richard Ford, in dessen Mittelpunkt die Figur Frank Bascombe stand. Später folgten „Unabhängigkeitstag“ und „Die Lage des Landes“. Mit „Valentinstag“ (Originaltitel: „Be mine“) endet die Reihe um den etwas eigenbrötlerischen, klugen, eloquenten Mann (zumindest vorläufig), der außerdem ein exzellenter Beobachter ist, der allerdings sein eigenes Lebensglück nie so richtig auf die Kette bekommen hat, dem es aber immer gut ging.

    Inzwischen ist Bascombe 74 Jahre alt, arbeitet noch Teilzeit in jenem Immobilienbüro, das er schon vor Jahren an einen ehemaligen Partner verkauft hat. Er ist wieder solo, was irgendwie in Ordnung ist – es gelingt ihm anscheinend nie, der Ehemann zu sein, den seine Ehefrauen von ihm erwarten. Im Spätherbst 2020 erhält Bascombe die Nachricht, dass sein Sohn Paul, mit dem das Verhältnis nie einfach war, an ALS erkrankt ist, und dann auch noch an der aggressiven, schnell voranschreitenden Form der degenerativen neuronalen Erkrankung. Frank zieht mit dem erwachsenen Paul – er ist inzwischen 47 Jahre alt – deshalb kurze Zeit später nach Rochester in Minnesota, um dort an der legendären Mayo Clinic die bestmögliche Behandlung zu erhalten. Dass es dabei höchstens um minimale Verbesserungen der Lebensqualität und um geringfügige Verlängerung der Lebenserwartung gehen kann, ist allen klar. ALS ist kaum therapierbar, und heilbar auch nicht.


    Quasi eine Tradition von Frank und seinem Sohn sind etwas eigenwillige Ausflüge rund um irgendwelche Feiertage; vor gut dreißig Jahren, am Unabhängigkeitstag (Roman #2), führte das allerdings zu einem folgenschweren Unfall. Trotzdem will Frank noch ein letztes Mal mit Paul auf einen Roadtrip gehen, dieses Mal zum Mount Rushmore, wo die knapp zwanzig Meter hohen Portraits der vier vermeintlich bedeutendsten US-Präsidenten in den Stein geschlagen sind (auch dieser Bascombe-Roman ist sehr politisch, zeitlich angesiedelt zwischen den zwei Trump-Präsidentschaften). Es ist allerdings tiefster Winter, zuweilen herrschen zwanzig Grad minus, und Pauls Bewegungsfähigkeit nimmt täglich ab. Die Tour wird also nicht ganz einfach werden, auch wenn das gemietete, allerdings etwas in die Jahre gekommene Wohnmobil „Warmer Wind“ heißt. Natürlich geht es nur am Rand darum, irgendeine Sehenswürdigkeit mitzunehmen (die aus der Nähe betrachtet ohnehin weit weniger majestätisch ist, als man sich vorgestellt hatte). Es geht darum, diese letzte oder vorletzte Zeit gemeinsam zu verbringen, alte Wunden zu heilen, das Verhältnis zu klären, sich gegenseitig zu helfen, und einfach Vater und Sohn zu sein – also einander zu haben. Wenn das bei diesen beiden überhaupt geht, denn sie befinden sich in Sachen Bindungsunfähigkeit sozusagen auf Augenhöhe. Das ist – neben dem nahenden Tod, dem Sterben allgemein – auch das Hauptthema dieses Romans, der vielleicht der kurzweiligste aus der Bascombe-Reihe ist.


    Obwohl sich Frank aufopfernd um Paul kümmert, ist der Umgang von Vater und Sohn schnarrig, von starker Lakonie geprägt, aber auch vom gegenseitigen Belauern, und es ist nicht immer gut zu erkennen, ob etwas ein Scherz oder wirklich so gemeint oder beides ist. Die über die Jahre gewachsenen, durchaus auch liebenswürdigen Rituale bewegen sich hier auf einen Höhepunkt zu, während die Distanz zwischen den beiden stagniert, echte Nähe nie entstanden ist. Das ist schmerzhaft und amüsant zugleich, ergänzt darum, dass der brillante Beobachter Frank manchmal Schlüsse zieht, die sich als falsch erweisen, und das eine ums andere Mal besser beraten gewesen wäre, hätte er seine tiefgreifenden Gedanken geäußert, statt sie für sich zu behalten.


    „Valentinstag“ ist – natürlich – stilistisch vom Allerfeinsten, und obwohl oder gerade weil nicht alles rund läuft, manch ein Motiv auf der Strecke bleibt und unterm Strich sehr wenig geschieht, ist das ein fast perfekter Text, ein literarischer Genuss und eine bewegende Geschichte über das, was am Ende bevorsteht. Der Roman, der auch eine Milieustudie über die gegenwärtigen U.S. of A. ist, ist nicht ganz so geschwätzig wie seine Vorgänger, die das natürlich im besten Sinne waren, und, wenn es denn so kommt, ein mehr als würdiger Abschluss der Reihe.