Historische Romane - Bevorzugt ihr Realität oder Wunschvorstellung?

  • Hallo Micha und Gheron!


    Zitat

    Original von Fdlmich
    Wenn ich daran denke, wie in unseren Schulen mit der Geschichte umgegangen wird - grauenhaft. Es gibt Lehrbücher und es gibt Lehrer, denen das vollkommen egal ist.


    Oder wie sagt mein Mann so schön: "Mittelalter? Das ist die Zeit, wo ich in der Schule nicht aufgepasst habe." ;o)


    In meiner Tochter Schule fird nahezu ausschließlich Sozial- und Wirtschaftsgeschichte unterrichtet - mit dem Resultat, dass die Kinder Berge von Kopien mit stets gleichbleibendem Informationsgehalt im Regal stapeln: arme Bauern, böse Adlige und Kleriker, aufgeklärte Stadtbewohner, fleißige Händler und Handwerker.


    Irgendwie war unser Geschichtsunterricht zwar weniger bodennah, dafür spannender.


    Wobei es sicherlich vor allem an den LehrerInnen liegt ...


    Herzliche Grüße,


    Iris

  • Zitat

    Original von Gheron
    Fakt ist, historisch genaue Bücher sind oft ein wenig staubig zu lesen, weil die VerfasserInnen zwar vom historischen Fach sind, aber eben keine BelletristikautorInnen.
    Historisch weniger genaue Romane hingegen werden von AutorInnen geschrieben, die zwar wenig von der Historie verstehen, aber eben einen flüssigen Text zu Papier bringen wissen.


    Genau.


    Zitat

    Diese LeserInnen sind nicht durch Diskussionen wie dieser hier im Forum zu gewinnen, sondern durch Überzeugungsarbeit in Form ebenso gut recherchierter, wie spannend geschriebener Romane. Wenn die Mund zu Mund-Propaganda am Spielplatz erst einmal funktioniert, wird ein Buch auch gekauft.


    Und was braucht man dazu? Geld. Ein gutes Buch zu machen ist teurer, als ein schlechtes Buch zu machen, denn man braucht nicht nur einen motivierten Autor und eine Druckerei, sondern man muss eben investieren in Recherche (= mindestens: genügend Zeit für den Autor), Lektorat und ggf. auch noch Übersetzung.


    Und spätestens da beisst sich die Katze in den Schwanz. Gute Bücher müssten dann eigentlich auch mehr Geld kosten, das aber wollen die (meisten) Leser nicht ausgeben. Die (meisten) Leser kaufen dann lieber Billigbücher; diese bringen den Verlagen das Geld (grosse Auflage und billigere Herstellung, da weniger Qualitätsbedarf bei Recherche, Lektorat, Übersetzung), also warum Geld ausgeben für die Produktion "guter" Bücher.


    Habt ihr denn Ideen, wie sich dieser Teufelskreis durchbrechen lässt, damit die Mund-zu-Mund-Propaganda auf den Spielplatz kommt?

  • @ Gheron
    sehr gut zusammengefaßt !!


    @ Iris
    ich habe mich wohl immer noch nicht schlüssig ausgedrückt... ;)
    natürlich meine ich, daß auch anspruchsvolles kurzweilig sein kann !


    mein Beispiel des Films Monster sollte doch nur zeigen, daß auch in anderen Medien eine gewisse Freiheit herrscht, trotz guter Recherche.


    mein Hinweis auf die kleinen, feinen Verlage heißt genau das, was Du jetzt geschrieben hast. Damit wollte ich Dir ja zeigen, daß es ein Lesepublikum gibt, daß auf die Angebote solcher Verlage durchaus Wert legt und keine 0815 Lektüre will ...


    Und Deine Frage, ob ich nur "on" oder "off" kenne:
    ich hatte den Eindruck, daß z.B. Du den gewissen Anspruch hast, daß man den Leuten eben keine reine Unterhaltunslektüre mehr in die Hand drücken darf, da wir ja alle ein gebildetes, gut informiertes Volk werden sollen.... :grin

    ...der Sinn des Lebens kann nicht sein, am Ende die Wohnung aufgeräumt zu hinterlassen, oder?


    Elke Heidenreich


    BT

  • Zitat

    Habt ihr denn Ideen, wie sich dieser Teufelskreis durchbrechen lässt, damit die Mund-zu-Mund-Propaganda auf den Spielplatz kommt?


    Nur den einen für uns Autoren: Nicht nach dem Stundenlohn fragen, sondern gut recherchieren und Manuskripte abliefern, die der Forderung nach historischer Stimmigkeit zumindest im populärwissenschaftlich fundierten Rahmen ebenso entsprechen wie der Forderung nach Unterhaltungswert und Spannung.
    Wir Autoren haben es in der Hand, denn die Leser sind nicht so blöd, wie die 'Buch'-Händler in den Buchsupermärkten zu glauben scheinen, und benutzen die Mund zu Mund-Propaganda im Familien-, Bekannten- und Kollegenkreis.
    Sysai (die eine Hälfte von Iny Lorentz)

  • Hi!


    Ich verfolge Eure Diskussion, weil das ein Thema ist, daß mir auch sehr am Herzen liegt.


    Zitat

    Original von Gheron
    Fakt ist, historisch genaue Bücher sind oft ein wenig staubig zu lesen, weil die VerfasserInnen zwar vom historischen Fach sind, aber eben keine BelletristikautorInnen.
    Historisch weniger genaue Romane hingegen werden von AutorInnen geschrieben, die zwar wenig von der Historie verstehen, aber eben einen flüssigen Text zu Papier bringen wissen.


    Hier muß ich energisch widersprechen, gegen das "Fakt ist". Fakt ist in der Literatur gar nichts. Es ist immer Geschmackssache.


    GSD ist es nicht so, daß man entweder gut recherchierte oder gut erzählte historische Romane findet. Sonst könnten Leser wie ich - zu den "Fanatikern" zählend - einpacken.
    Ich kenne einige Autoren, die meiner Meinung nach beides können.


    Bye,


    Grisel

  • Zitat

    Original von Gast
    Nur den einen für uns Autoren: Nicht nach dem Stundenlohn fragen, sondern gut recherchieren und Manuskripte abliefern, die der Forderung nach historischer Stimmigkeit zumindest im populärwissenschaftlich fundierten Rahmen ebenso entsprechen wie der Forderung nach Unterhaltungswert und Spannung.
    Wir Autoren haben es in der Hand, denn die Leser sind nicht so blöd, wie die 'Buch'-Händler in den Buchsupermärkten zu glauben scheinen, und benutzen die Mund zu Mund-Propaganda im Familien-, Bekannten- und Kollegenkreis.
    Sysai (die eine Hälfte von Iny Lorentz)


    Hi Sysai,


    ich wollte dir nur mal ganz schnell, völlig losgelöst vom Thema des Threads, ein herzliches Willkommen zurufen, es freut mich sehr, dich auch bei uns zu sehen. :-)

  • Hi, Wolke,


    ich war schon vorher da - denn mein Mann (Elmar/Gheron) schreibt nichts, ohne es mir zu zeigen oder mit mir über das Thema zu sprechen. So sind seine Beiträge eigentlich auch immer die meinen - nur übernimmt er die Formulierung und das Tippen, und dann darf er auch unterschreiben.
    Ich könnte unter Gheron posten, denn natürlich kenne ich das Password, aber ich wollte, dass ihr wisst, dass es auch dann wir beide sind - wie siamesische Zwillinge :knuddel1 , wenn nur Gheron darunter steht. So schreiben wir auch unsere Manuskripte . Jeder bleibt auf dem laufenden, was der andere überlegt oder schreibt, in dem wir diskutieren und immer nachlesen, was der andere gerade geschrieben/überarbeitet hat.


    Elmar recherchiert allerdings nur wesentlich mehr als ich - aber eben für die gemeinsame Arbeit


    Liebe Grüße
    Sysai

  • Hallo Sysai,


    auch von mir ein ganz herzliches Willkommen noch einmal extra an Dich... :wave


    Zitat

    Original von Sysai:
    So schreiben wir auch unsere Manuskripte . Jeder bleibt auf dem laufenden, was der andere überlegt oder schreibt, in dem wir diskutieren und immer nachlesen, was der andere gerade geschrieben/überarbeitet hat.

    Da sprichst Du was ganz interessantes an, was ich mich die letzte Zeit schon mehrmals gefragt habe: Wie macht Ihr das eigentlich, wenn Ihr zusammen ein Buch schreibt? Schreiben beide von Euch oder übernimmt das einer? Wie fügt Ihr das zusammen? Klärt Ihr vorher ab, wer welchen Teil schreibt? :gruebel

    "Nicht wer Zeit hat, liest Bücher, sondern wer Lust hat, Bücher zu lesen, der liest, ob er viel Zeit hat oder wenig."

    - Ernst Reinhold Hauschka

    Zitat

  • Hallo Fritzi!


    Zitat

    Original von Fritzi
    mein Beispiel des Films Monster sollte doch nur zeigen, daß auch in anderen Medien eine gewisse Freiheit herrscht, trotz guter Recherche.


    Keineswegs "trotz", sondern eher "wegen"!


    Es gibt ein wirklich gutes Argument, warum AutorInnen gründlich recherchieren sollten: Wenn man sich erst mal in seinem Metier bewegen kann wie ein Schlafwandler, ohne ständig irgendwo anzuecken, wird auch die Entwicklung lebendiger Figuren und interessanter Handlungen, bei denen zwar das Ende absehbar ist, aber nicht der nächste Schritt, wesentlich leichter.
    Die meisten mittelmäßig oder schlecht recherchierten Roman, die ich gelesen habe, - ganz gleich welches Genre! - wiesen Mängel in diesen Dingen auf oder zeigten die Welt als schwarz-weiße Tuscheskizze. :o)


    Zitat

    Damit wollte ich Dir ja zeigen, daß es ein Lesepublikum gibt, daß auf die Angebote solcher Verlage durchaus Wert legt und keine 0815 Lektüre will ...


    Wenn ich die Arbeit meiner Lektorin so beobachte, denke ich, dass man das auch in den großen Verlagen weiß, aber der "Sachzwang" ...


    Im Management der Medienkonzerne sitzen gehäuft Leute, die abgesehen von juristischen oder wirtschaftswissenschaftlichen Lehrbüchern nichts Gebundenes oder Geleimtes anfassen. Das ist die Tragik der Konzernbildungen.


    Zitat

    ich hatte den Eindruck, daß z.B. Du den gewissen Anspruch hast, daß man den Leuten eben keine reine Unterhaltunslektüre mehr in die Hand drücken darf, da wir ja alle ein gebildetes, gut informiertes Volk werden sollen.... :grin


    Sollen wir auch. Mit "Verdummten" ist kein Staat zu machen. ;o)
    Aber es kann natürlich nicht die Aufgabe der BuchhändlerInnen sein, ihren KundInnen gegen deren Wunsch und Interessen anspruchsvolle Lektüre auf's Auge zu drücken.


    Obwohl ... mit der nötigen Überzeugungskraft ... ohne Druck ... und wenn ein Buch gut lesbar ist ... da kann man viel machen. Bücher sind schließlich so was wie Bonbons, und wenn man den LeserInnen den Anspruch nicht dick auf's Auge drückt ... :o)


    Optimistische Grüße,


    Iris

  • Hallo Grisel! :o)


    Zitat

    Original von Gast Grisel
    GSD ist es nicht so, daß man entweder gut recherchierte oder gut erzählte historische Romane findet. Sonst könnten Leser wie ich - zu den "Fanatikern" zählend - einpacken.


    Denke ich auch - und Elmar/Gheron ist durchaus dieser Ansicht.
    Eigentlich versuchen wir hier genau für diese AutorInnen eine Lanze zu brechen. :o)


    Liebe Grüße nach Wien!


    Iris

  • Hallo Iny/Sysai!


    Zitat

    Original von Gast
    Elmar recherchiert allerdings nur wesentlich mehr als ich - aber eben für die gemeinsame Arbeit.


    Kann mir vorstellen, dass er dann gelegentlich mal zu dir sagt: "Hmmm ... naa, so kenna mia des net macha ... Miaß ma no anoi drüba nachdengga ..." :o)


    Liebe Grüße nach München!


    Iris

  • Zitat

    Original von Iris
    Denke ich auch - und Elmar/Gheron ist durchaus dieser Ansicht.
    Eigentlich versuchen wir hier genau für diese AutorInnen eine Lanze zu brechen. :o)


    Das beruhigt mich, aber dann hat er es etwas unglücklich ausgedrückt. Ich hatte mich schon darüber gewundert, daß ausgerechnet ein Autor historischer Romane so etwas behauptet!

  • Zitat

    Original von Iris
    Denke ich auch - und Elmar/Gheron ist durchaus dieser Ansicht.
    Eigentlich versuchen wir hier genau für diese AutorInnen eine Lanze zu brechen. :o)


    Das beruhigt mich, aber dann hat er es etwas unglücklich ausgedrückt. Ich hatte mich schon darüber gewundert, daß ausgerechnet ein Autor historischer Romane so etwas behauptet!


    Bye,


    Grisel

  • Ups, bitte 1000 Mal um Vergebung. Da ich gesehen habe, daß ich vergessen habe, meinen Namen drunter zu schreiben, dachte ich, ich kann das Absenden noch stoppen. Offenbar nicht. Sorry!!!


    Bye,


    Grisel

  • Zitat

    Original von Gast
    Das beruhigt mich, aber dann hat er es etwas unglücklich ausgedrückt. Ich hatte mich schon darüber gewundert, daß ausgerechnet ein Autor historischer Romane so etwas behauptet!


    Hi Grisel!
    Ich habe beim "Tribun" und bei der "Wanderhure" den Eindruck, dass da eine Menge Recherche hintersteckt. :-)
    Am Anfang des Threads haben wir schon eine ganze Liste zusammengestellt. Sooo wenige sind es ja gar nicht! :chen


    Grüßlis!

  • Hi!


    So, jetzt habt Ihr mich gefangen. Was macht schon ein Forum mehr? :-)


    Zitat

    Original von Antiope
    Ich habe beim "Tribun" und bei der "Wanderhure" den Eindruck, dass da eine Menge Recherche hintersteckt. :-)
    Am Anfang des Threads haben wir schon eine ganze Liste zusammengestellt. Sooo wenige sind es ja gar nicht! :chen


    "Der Tribun" habe ich gelesen, und würde ich auch unter diese Liste einfügen. Offensichtlich gut recherchiert, und sehr unterhaltsam.


    Anfügen kann ich noch:
    -Hanny Alders: speziell "Die Geliebte des Ketzers" bzw. "Die Rebellin von Carcassonne/Avignon"
    -Berling wurde ja schon erwähnt, aber was habt Ihr gegen "Die Ketzerin"?
    -Edith Pargeter: ganz besonders "The brothers of Gwynedd", aber auch ihre "Baumeister"-Trilogie
    -Jan Guillou: "Götaland"-Trilogie
    -Sharon Kay Penman: Walisische Trilogie - leider auch nur Englisch
    -Dorothy Dunnett: alles historische von ihr - leider ebenfalls größtenteils nur Englisch
    -R.M. Bordihn: "Der Falke von Palermo"


    ...


    und wahrscheinlich noch eine Menge andere die mir jetzt spontan nicht einfallen.


    Darum fand ich die Aussage, daß gut recherchierte Bücher oft erzählerisch schwächer sind, etwas irritierend. Denn GSD gibt es eine Menge, wo beides stimmt. Und Iris' Buch läßt darauf hoffen, daß es mehr werden.


    Bye,


    Grisel

  • wer kommt hier eigentlich noch mit?
    ich nicht!



    was war mit berling?
    ich will mir die bücher von ihm kaufen.



    und ich hab keine lust hier denn ganzen thread durchzuforsten das ich es find. das könnte ja überall stehen. da wird man eher verrückt..



    *kommt hier überhaupt nicht mit, was sie sehr schade findet*


  • Mir geht es ehrlich gesagt genau so, ich verliere hier auch den überblick :help


    gruß orquidea

  • Hallo allerseits,


    die Diskussion artet ja aus!


    als Erstes entschuldige mich, weil ich mich etwas unklar ausgedrückt habe. Natürlich gibt es auch viele gut recherchierte und ausgezeichnet geschriebene Romane. Ich habe aber auch sehr viele staubtrockene Romane kennen gelernt, die mich durchaus interessiert hätten, aber durch ihre Sachbuchatmosphäre kaum zu lesen waren.
    Ebenso kenne ich etliche locker von Hocker geschriebene "Fantasyromane" im historischen Gewand, die sich als Geschichte ganz gut anließen, mir aber wegen der recht freizügigen Auslegung historischer Daten ebenfalls Zahnschmerzen bereiteten. Meistens hätte bereits ein kurzer Blick der AutorInnen in ein Konversationslexikon geholfen, um die größten Böcke zu vermeiden.
    Aber im Endeffekt muss das jede Autorin und jeder Autor mit sich selbst ausmachen. Außerdem kommt sehr viel auf die LektorInnen im Verlag an. Unsere Knaurlektorin ist hier sehr auf dem Qui vive und scheut sich auch nicht, uns auf Fehler, die sie zu sehen glaubt, hinzuweisen.


    Die LeserInnen können nur mit (ich sage hier extra nicht Qualität) gut geschriebenen und fachlich fundierten Romanen erreicht werden. Die Mundpropaganda auf dem Spielplatz habe ich ja schon erwähnt. Sie ist wirklich eine Macht, denn ein Buch, das hier empfohlen wird, macht die Runde, denn jede dieser Frauen hat ihren eigenen Bekanntenkreis und wirkt daher als Katalysator.



    Hallo Morgana,


    Informationen über unsere Arbeitsweise gehören meines Erachtens nicht in diese Diskussion. Ich werde hier bei der Wanderhure ein paar Worte dazu schreiben.


    Liebe Grüße
    Gheron

  • Hi!


    Zunächst mal bitte ich um Vergebung, daß ich hier einfach so reingeplatzt bin.


    Zitat

    Original von RATTENTOD
    was war mit berling?
    ich will mir die bücher von ihm kaufen.


    Gute Idee! Ich bete Peter Berling an, er ist mein Lieblingsautor. Seine historischen Romane sind - bezogen auf dieses Thema - für mich das Idealbild. In seinen Romanen steckt ein immenses Wissen über die Zeit über die er schreibt, und er verknüpft die überlieferte Geschichte mit seiner eigenen so perfekt, daß zumindest ich viel Nachforschung brauchte, um es zu "entflechten". Und gleichzeitig sind seine Romane spannend, unterhaltsam und liefern einem wunderbare Figuren. Also, zumindest für mich, extrem untrocken. :]


    Bye,


    Grisel