Historische Romane - Bevorzugt ihr Realität oder Wunschvorstellung?

  • Zitat

    Original von bogart
    ansonsten will ich ja nur sagen: hallo, das ist ein forum! hier kann jeder schreiben, was er denkt - solange er nicht beleidigt. und ansonsten schaue ich hier rein zum spass und um gute tipps für interessante bücher zu bekommen! da sind die beiträge unserer autoren hier sehr gehaltvoll - nicht nur, was ihre eigenen bücher betrifft.
    für mich ist die diskussion sehr bereichernd - also weiter so!


    Schön geschrieben, Bo!! Genau so empfinde ich es auch!

  • Hey, hier sind ja auf einmal richtig spannende Diskussionen zugange *freu* :)


    Mein Senf dazu:


    Ich bin keine Historikerin. Im Gegenteil: Mit Geschichte kann man mich normalerweise jagen. Und wenn ich durch einen Roman, der mir als Roman gefällt, dann einen Einblick in die Geschichte einer bestimmten Zeit bekomme, um so besser.


    Klar ist es ideal, wenn die Fakten dann auch alle stimmen. Aber das ist viel verlangt - wenn alle historischen Fakten bis ins Kleinste recherchiert sein müssen, d.h. wenn die Stärke des Autors/der Autorin darin liegen muss, wäre er/sie dann nicht vielleicht besser Historiker/in geworden statt Romanautor/in?


    Ich kann schon verstehen, wie es den HistorikerInnen unter euch geht, wenn Fakten nicht stimmen. Wahrscheinlich würde es den IngenieurInnen hier ähnlich gehen, wenn der Romanheld Maschinenbauer wäre und ständig die falschen Schrauben drehen würde. Oder es wäre ein Roman, in dem Kochrezepte eine wichtige Rolle spielen würden, und es würde dauernd mit Salz statt Zucker gekocht. Oder ihr seid Ärztin, und in dem Roman würden ständig hanebüchene Hausrezepte empfohlen, von denen ihr wisst, dass sie eher schädlich sind. Also - nachvollziehbar ist das, und eine gewisse Gründlichkeit in der Recherche ist unabdingbar.


    Allerdings darf man's nicht übertreiben mit diesen Forderungen. Denn zu einem guten Roman gehört einfach noch mehr als Faktentreue, und wenn die Fakten alle wasserdicht sind, aber der Spannungsbogen nicht stimmt... oder das Buch von Druckfehlern trotzt... oder die Sprache langweilig ist - dann rettet auch die Faktentreue nicht.


    Umgekehrt kann ein Buch auch dann gut sein, wenn der eine oder andere Fehler drin ist, aber das Buch einfach so gut geschrieben ist, dass man es gerne liest. Ein Beispiel war für mich Bill Brysons "Mother Tongue" - ein populärwissenschaftliches Buch über die englische Sprache. Bill Bryson schreibt einfach spannend und kurzweilig, was bei einem potenziell öden Thema wie Sprachwissenschaft schon etwas heissen will. Ja, es hat Fehler drin. Nein, es stimmt nicht alles. Aber das Buch erhebt nicht den Anspruch eines Fachbuchs, und wer es liest, weiss trotz der paar Fehler nachher viiiiel mehr über die englische Sprache als vorher. Ich bin "Sprachlerin", und selbst mir hat es Spass gemacht - eben weil ich von Bill Bryson kein Fachbuch erwarte, sondern ein Buch, das sich gut liest. Umgekehrt verzeihe ich es einem Fachbuch eher, wenn es schlecht geschrieben ist, dafür aber die Fakten stimmen.


    Fazit: Als Sprachlerin suche ich in einem historischen Roman etwas anderes als die Historiker unter euch. Insofern werde ich andere Bücher gut oder schlecht finden als ihr, bzw. die Bücher nach anderen Gesichtspunkten beurteilen als ihr. Ja, die Autoren haben eine gewisse Verantwortung, mir keine groben Fehler als Realität zu verkaufen. Labels wie "populärwissenschaftlich" oder "Roman" sollten mir als LeserIn allerdings auch einen Hinweis darauf geben, welchen Qualitätsmassstab ich anlegen darf und welchen nicht. Dann kann ich "cum grano salis" trotzdem noch eine ganze Menge lernen.

    Surround yourself with human beings, my dear James. They are easier to fight for than principles. (Ian Fleming, Casino Royale)

  • Hallo allerseits, insbesondere Micha,


    meiner bescheidenen Meinung nach kann, darf und soll jeder das lesen, was er lesen will. Es geht hier um Bücher, und nicht um einen Glaubensstreit. Ich habe meine persönliche Meinung zu historischen Romanen, die ich niemanden aufzwingen will.
    Es ist meine Meinung und wenn eine Diskussion um historische Romane geführt wird, äußere ich sie auch.
    Für mich ist ein guter, spannend geschriebener historischer Roman mit einer hohen geschichtlichen Detailtreue nun einmal das, was ich mir persönlich wünsche. Nicht mehr und nicht weniger.
    Ich urteile bei Büchern, ob sie mir gefallen, und nicht, ob sie jetzt gut oder böse sind.


    Es muss jeder Mensch für sich entscheiden, zu welchem Buch er greift. Der Eine mag nun einmal historisch stimmige Bücher, für den anderen steht die Story im Vordergrund und er will vor allem unterhalten werden.
    Vor allem aber sollte jeder die Meinung des anderen akzeptieren.


    Gruß
    Gheron

  • seufz.... okay, jetzt muß ich doch nochmal meinen Senf dazugeben....



    Fritzi, die eine Bresche für ihre geliebte Kundschaft schlägt !!!!!!!!!!!!!!!!!

    ...der Sinn des Lebens kann nicht sein, am Ende die Wohnung aufgeräumt zu hinterlassen, oder?


    Elke Heidenreich


    BT

  • Zitat

    Original von Heaven
    Liebe Fritzi. Mach dem Historikus nur keine Vorwürfe, dennn das Zitat ist von mir. ;) :chen


    Nein nein, mir gehts ja um seine Antwort darauf:


    "Das ist leider der Standardsatz...."

    ...der Sinn des Lebens kann nicht sein, am Ende die Wohnung aufgeräumt zu hinterlassen, oder?


    Elke Heidenreich


    BT

  • Hallo MaryRead!


    Zitat

    Original von MaryRead
    Klar ist es ideal, wenn die Fakten dann auch alle stimmen. Aber das ist viel verlangt - wenn alle historischen Fakten bis ins Kleinste recherchiert sein müssen, d.h. wenn die Stärke des Autors/der Autorin darin liegen muss, wäre er/sie dann nicht vielleicht besser Historiker/in geworden statt Romanautor/in?


    Gegenfrage: Wozu sollen Historiker und deren gründliche (Vor)Arbeit gut sein, wenn sie z.B. in einem historischen Roman nicht zum Tragen kommt?
    Sollen diese Leute nur für den eigenen Elfenbeinturm forschen? Oder für Fachbücher, die man ja dann lesen kann, wenn man sich ganz intensiv für etwas interessiert?
    Wie soll das erworbene Wissen unter die Leute kommen, wenn nicht auch durch populäre Veröffentlichungen, zu denen eben auch das populärwissenschaftliche Sachbuch und der historische Roman gehören.


    Wenn geschichtliche Erkenntnisse beliebig verwendet werden können, d.h. wenn ihr Wahrheitswert für die "breite Masse" egal ist, dann müssen wir eigentlich auch keine Steuergelder für solche Wissenschaften ausgeben, da sie keine direkte Relevanz für die Gesellschaft aufweisen
    Oder?


    Cave me advocatam diaboli ... ;o]


    Zitat

    Allerdings darf man's nicht übertreiben mit diesen Forderungen. Denn zu einem guten Roman gehört einfach noch mehr als Faktentreue, und wenn die Fakten alle wasserdicht sind, aber der Spannungsbogen nicht stimmt... oder das Buch von Druckfehlern trotzt... oder die Sprache langweilig ist - dann rettet auch die Faktentreue nicht.


    Aber hallo! Warum wird gebetsmühlenartig dieser Gegensatz aufgemacht: Fiktion=spannend vs. Realität(streue)=langweilig? Das ist kompletter Unsinn!


    Wenn ich etwas lese - ganz gleich ob Sachbuch, Roman oder Zeitschriftenartikel -, das es mit der Realität(streue) nicht ernst nimmt, z.B. indem zum x-ten Mal uralte Vorurteile kolportiert werden, dann langweile oder ärgere ich mich und fühle ich mich um mein Geld betrogen.


    Wenn der "Spiegel" etwas Antik-archäologisches verzapft, schaue ich nur rein, weil man halt wissen muss, gegen welchen Quatsch man jetzt schon wieder anargumentieren muss. Es ist wirklich grauenhaft, was "Wissenschafts"journalisten, die es als Fachleute eigentlich besser wissen müssten, in die Welt setzen. Ebenso ist es mit vielen SachbuchautorInnen.


    Zitat

    Umgekehrt kann ein Buch auch dann gut sein, wenn der eine oder andere Fehler drin ist, aber das Buch einfach so gut geschrieben ist, dass man es gerne liest.


    Nochmal: Die Kritik richtet sich weder gegen kleine Anpassungen oder Detailfehlerchen, noch dagegen, dass man "hinzudichten" muss, weil es Lücken gibt; auch nicht dagegen, dass jedes Wort präzise so überliefert werden muss. Das wären ja bloße Nachschriften der Quellen! Auch Fachliteratur geht weit darüber hinaus.
    Die Kritik richtet sich gegen krasse Fehler und Verzerrungen, historischen Schwachsinn wie Kartoffeln und Mais im 13.Jh., meterhohen Schnee im 9./10.Jh., Hexenverfolgung im Mittelalter, die grundlegende Gesellschaftsstruktur einer Zeit (z.B. dass es im MA Frauen verwehrt gewesen sein soll, Lesen, Schreiben und Rechnen zu lernen), später erfundene "Gesetze" (z.B. das ius primae noctis, das auch und gerade aus Sachbüchern nicht auszumerzen ist!), Gladiatorenspiele in gemauerten Amphitheatern vor dem Ende der Römischen Revolution --- diese Liste könnte ich endlos fortführen.
    Vor allem geht es z.B. um diese austauschbaren "Emanzipationsstories", die bei Bedarf mal in die eine, mal in die andere "historische" Raumzeit transponiert werden, die nur deshalb so toll wirken, weil alle Welt darüber redet und Wunschvorstellungen bedient werden, die vom "Subgenre" selbst geschaffen wurden.


    Nebenbei bemerkt sitze ich auf der Seite der Buchproduktion, wo man mir u.U. erheblichen Druck macht, Fakten zu verfälschen, weil "die LeserInnen das so wollen". Wenn dieses "demokratische Prinzip" Voraussetzung dafür wird, dass etwas veröffentlicht wird, dann werde ich nichts mehr veröffentlichen. Lieber lasse ich mir die Hände abhacken! ;o)


    Zitat

    Labels wie "populärwissenschaftlich" oder "Roman" sollten mir als LeserIn allerdings auch einen Hinweis darauf geben, welchen Qualitätsmassstab ich anlegen darf und welchen nicht. Dann kann ich "cum grano salis" trotzdem noch eine ganze Menge lernen.


    Einspruch: Mir reicht das Etikett "Roman" nicht - dafür wird im Sachbuchbereich zuviel überholter Mist veröffentlicht.


    Außerdem: Warum eigentlich sollten Lug und Betrug die Menschen mehr zum Interesse reizen als Realitätstreue?


    Wie gesagt: Oben aufgetaner Gegensatz ist meiner Ansicht nach kompletter Schwachsinn, erfunden von Marketingfritzen - meine Branche! :o( -, die Profit nur dann zu machen wähnen, wenn sie die Menschen betrügen (womit ich niemanden in diesem Forum meine - ihr habt's ja schließlich nicht erfunden!).
    Der Quatsch wird auch durch die x-te Wiederholung nicht zur Wahrheit!


    Es gibt qualitative Unterschiede, sprachlicher, erzählerischer und sachlicher Natur. Solche Maßstäbe werden an alle Genres angesetzt. Zu Recht!


    Wenn wir Qualität nach rein demoskopischen Kriterien bewerten, bleibt am Ende nur das Niveau der BILD-Zeitung. ;o)


    Herzliche Grüße,


    Iris

  • He Fritzi, das Rot liest sich aber recht aggressiv. Man könnte fast meinen, dass Du mit blankgezogenem Gladius vor dem PC gesessen bist, um die Kundschaft zu verteidigen. :-)


    Ich gebe Dir allerdings in all Deinen Ausführungen recht. Allerdings stimmt es natürlich, was Historikus, Iris und die anderen der "Bruderschaft der korrekten Jahreszahl" ;) sagen, dass ein Autor soviel Eigenverantwortung mitbringen sollte, um zumindest die wichtigsten Daten und Fakten in einem, als historisch etikettierten Roman korrekt wiederzugeben. Wenn das nicht der Fall ist, dann bricht für mich zwar auch keine Literaturwelt zusammen, aber ich respektiere natürlich diese Haltung.


    Vielleicht können wir uns ja darauf einigen, dass die Verlage schuld sind: Etikettenschwindel (Historie statt Fantasy), Erpressung und zu geringe Entlohnung der Autoren, die damit zu wenig Zeit für fundierte Recherche haben (siehe dazu auch den Thread "Nachforschungen" ).


    Gruss,


    Doc, schon mal das Pilum aus dem Spind rauskramend (nachdem Iris ja was gegen Schusswaffen hat :-) )

  • Auch zum Thema passend, stand heute in unserer Tageszeitung eine Buchkritik zu "Endstufe" von Thor Kunkel (Eichborn Verlag).
    Interessanterweise lag dem Kritiker sehr viel daran festzustellen, dass der Autor sehr viele Nachlässigkeiten begangen hat und viele Begriffe in seinem Roman verwendet, die zu Zeiten des 3. Reiches nicht gebräuchlich waren. Auch einige Fehler in der Bezeichnung landestypischer Dinge, stossen dem Kritiker erheblich auf und er lässt dabei auch die zuständigen Lektoren und Redakteure eine gehörige Portion Anteil daran haben.


    Ich finde das insofern bemerkenswert, da ja Historikus eher der Meinung ist, dass ein Grossteil der Leser eben ausschliesslich konsumiert und nicht gross darüber nachdenken möchte, was einem da vorgesetzt wird. Immerhin wird also auch von Redakteuren des Feuilletonteils auf sowas geachtet. Es besteht also noch Hoffnung.


    Achja, das Buch kam übrigens nicht allzu gut weg. Nicht wegen seiner offensichtlichen Fehler (die der Kritiker dem Autor noch so halbwegs nachsehen wollte), sondern wegen eines extrem hohen Anteils pornografischer Szenen, die anscheinend soviele sind, dass es selbst Hartgesottenen irgendwann nur noch das Gähnen ins Gesicht treibt.


    Gruss,


    Doc

  • Fritzi :


    Zitat

    Also, ich arbeite jetzt seit zig Jahren im Buchhandel und ich kann nur immer wieder betonen: LeserInnen sind realistischer, als Du denkst !!! Sie können sehr wohl zwischen gut gemachter kurzweiliger Unterhaltung und "anspruchsvollerer, faktengetreuer " Unterhaltung unterscheiden !!!!!!!!!


    Wenn du das meinst, gut. Ich akzeptiere auch deine Erfahrung. Aber Mensch, ich habe schon soviele Sachen erlebt, wie Menschen argumentieren, Dinge aus Büchern ohne Kritik übernehmen etc. Es ist leider unnmöglich, alle großen Fehler zu erkennen.


    Jedenfalls entstand zB in der "päpstin" ein falsches Bild von der Frau. Was daran schlimm ist? Nun, viele Leser verwenden solche Bücher als spätere Diskussionsbasis. Ihre Argumentationsweise, ihre Sichtweise, ihre Weltordnung wird in ihren kleinsten Bruchteilen verfälscht und beschädigt. Und da viele kleine Bruchteile tausende Ansichten sind, und da schlechte Bücher wie die "Päpstin" leider nicht selten sind, ist unsere Gesellschaft leider immer mehr jenen Lügen verfallen, da genau jene sensationsgeilen Bücher gekauft und konsumiert werden. Das ist ist die eigentliche Gefahr.


    Wir sollten schon beim kleinsten Bruchteil anfangen, uns zu wehren. Sonst ist es zu spät. ;-)


    Iris :


    Zitat

    Wenn geschichtliche Erkenntnisse beliebig verwendet werden können, d.h. wenn ihr Wahrheitswert für die "breite Masse" egal ist,


    Das ist für mich der entscheidende Satz. Wenn wir weiterhin den Wahrheitsgehalt nicht genauer beachten, nur mehr Unterhaltung zählt, dann sind unsere demokratischen Werte in Gefahr. Irgendwann sind wir dann völlig willen- und kritiklos, wir lassen uns unsere Meinung von den Medien vorkauen, und glauben alles. Diese Vorgangsweise ist mittlerweile schon voll in Gang; und ich sehe ehrlich gesagt schwarz für die Zukunft.


    Zitat

    Die Kritik richtet sich gegen krasse Fehler und Verzerrungen, historischen Schwachsinn wie Kartoffeln und Mais im 13.Jh., meterhohen Schnee im 9./10.Jh., Hexenverfolgung im Mittelalter, die grundlegende Gesellschaftsstruktur einer Zeit (z.B. dass es im MA Frauen verwehrt gewesen sein soll, Lesen, Schreiben und Rechnen zu lernen), später erfundene "Gesetze" (z.B. das ius primae noctis, das auch und gerade aus Sachbüchern nicht auszumerzen ist!), Gladiatorenspiele in gemauerten Amphitheatern vor dem Ende der Römischen Revolution --- diese Liste könnte ich endlos fortführen.


    Dies unterstreiche ich völlig. Es geht nicht um kleine, sondern große Fehler, die sich in den angeblich tollen Büchern nur so tummeln.


    @Doc: Danke für das schöne Beispiel.


    mfg

  • Hallo Doc!


    Zitat

    Original von Doc Hollywood
    Interessanterweise lag dem Kritiker sehr viel daran festzustellen, dass der Autor sehr viele Nachlässigkeiten begangen hat und viele Begriffe in seinem Roman verwendet, die zu Zeiten des 3. Reiches nicht gebräuchlich waren. Auch einige Fehler in der Bezeichnung landestypischer Dinge, stossen dem Kritiker erheblich auf und er lässt dabei auch die zuständigen Lektoren und Redakteure eine gehörige Portion Anteil daran haben.


    Thor Kunkel steht derzeit im Rampenlicht der Feuilletons. Kein Wunder, wenn man einen Roman gleich so hoch hängt. Und besonders aufmerksam nach möglichen Fehlern und Ungenauigkeiten sucht. Geht es doch schließlich um eine ganz besondere Epoche, die uns als Deutsche direkt betrifft.


    Ich kann nicht sagen, wie das Buch als Ganzes ist, aber reinschnuppern hat mir wirklich gereicht.
    In Adam Thirlwells Strategie hat Sex ja noch einen ... naja, Sinn eben. Er geht davon aus, dass die "westliche Industriegesellschaft" hochgradig sexualisiert ist und ihr Heil allein darin sucht. Dass das vergeblich ist, formt er halt an seinen drei Hauptfiguren und deren verzweifelten Bemühungen heraus. Ob man das gelungen findet, ist Geschmackssache.
    Bei Kunkel wird unentwegt - frank und frei gesprochen - billig gefickt. Gerade nachdem ich Monster gesehen habe, kann ich bloß noch den Kopf schütteln über diese (männliche) Naivität bezüglich Pornographie und Prostitution.
    Und nach den Interviews, die ich so mitbekommen habe, drängt sich wirklich der Eindruck auf, dass man bei Thor Kunkel mit einem Wirrkopf zu tun hat.


    Naja, Eichborn-Berlin wird damit Umsatz machen. Was soll's.
    Achselzuckende Grüße,


    Iris

  • Zitat

    Original von bogart
    aber ich kaufe lieber ihr buch als das vom Thor Kunkel! :)


    bo , der olle schleimer :]


    Na vielleicht wird ja bei Iris hinterher noch ein Skandal aufgedeckt: sie hat in "Gladiator" neben Russel Crowe mitgespielt und war für eine historisch vollkommen irrwitzige Szene massgeblich verantwortlich. Wenn das rauskommt, dann geht ihr Buch ab, wie eine Rakete! :-)


    Gruss,


    Doc

  • Liebe Fritzi,


    es ist nicht die Anzahl der Ausrufezeichen dahinter, die einem Argument kraft verleiht, ;o)


    Zitat

    Original von Fritzi
    Also, ich arbeite jetzt seit zig Jahren im Buchhandel und ich kann nur immer wieder betonen: LeserInnen sind realistischer, als Du denkst !!! Sie können sehr wohl zwischen gut gemachter kurzweiliger Unterhaltung und "anspruchsvollerer, faktengetreuer " Unterhaltung unterscheiden !!!!!!!!!


    Errrr ... Also "gut gemachte Unterhaltung" ist "kurzweilig" und "anspruchsvolles, faktengetreues" nicht?
    Wieder was gelernt! :learn


    Zitat

    Da gebe ich Dir Recht, aber den Leuten steht es immer noch frei, sich durch das Lesen auch die Zeit verschönern zu lassen!


    Nochmal: Es geht beides. ;o)
    Hinters Licht führen macht nur denjenigen mehr Spaß als ehrlich sein, die ohnehin link oder wurstig sind.


    Zitat

    Und was ist eigentlich mit Filmen ???? Hat jemand hier z.B. sich schonmal gefragt, ob die Figur der Mörderin in "Monster" alles im realen Leben genauso gesagt und getan hat wie im Film gezeigt wird ???


    Gutes Beispiel. Patty Jenkins' Recherche war nämlich besipielhaft! Das lässt sich wunderbar überprüfen.
    Ich wiederhole nochmal: :bruell Es geht nicht um jedes einzelne Wort, es geht um die grundlegenden Fakten und Hintergründe!


    Zitat

    Meiner Meinung nach fällt das bei so weit zurückliegenden Geschehenissen insofern nicht so arg ins Gewicht, weil wir alle in der Schule waren, etwas gelernt haben und wissen, daß man Fakten und Fiktion unterscheiden muß.


    Und wer entscheidet, was lange genug zurück liegt, dass nach Herzenslust gemauschelt werden darf? Die Kultusministerkonferenz? Der Bundeskanzler? Die Lektoren? Und nach welchem Kriterium? Etwa dem der Verkaufszahlen --- z.B. wenn der erste Roman auf dem Markt ist, in dem aus Ausschwitz eine Ferienanlage wird? ;o)


    Zitat

    Wer glaubt denn heute noch einer TV-Berichterstattung alles, oder einem Zeitungsartikel ??? Die können doch auch alles technisch und inhaltlich so drehen und wenden, wie sie wollen.....


    Es hat dieselben Ursachen, Fritzi: Scheißegal, ob das Gesendete/Gedruckte stimmt oder nicht - Hauptsache, die Quote stimmt!


    Zitat

    Nicht umsonst gibt es sowohl eine Belletristik wie auch eine Sachbuch-Liste !!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!! Dann lies doch in Zukunft entweder nur die Sachbücher oder ignoriere die meistverkauftesten Bücher Deutschlands einfach....


    Als ob es etwas mit der Unterscheidung "fiction"/"non-fiction" zu tun hätte. Als ob in "Sachbüchern" nicht ebenso oft gequirlter Mist als Tatsachen kolportiert würde. :bonk


    Zitat

    Fritzi, die eine Bresche für ihre geliebte Kundschaft schlägt !!!!!!!!!!!!!!!!!


    Tja, das Argument des "mündigen Konsumenten", der das Recht hat, sich nach Herzenslust übern Löffel balbieren zu lassen, wenn er sich nur wohlfühlt dabei.
    Und weil niemand gerne schlecht rasiert dasteht, wird der Löffel kurzerhand als perfekte Klinge deklariert und vehement als schöner, besser, wahrer verteidigt.


    So funktioniert Werbung. ;o)


    Herzliche Grüße,


    Iris

  • Zitat

    Original von Doc Hollywood
    Na vielleicht wird ja bei Iris hinterher noch ein Skandal aufgedeckt: sie hat in "Gladiator" neben Russel Crowe mitgespielt und war für eine historisch vollkommen irrwitzige Szene massgeblich verantwortlich. Wenn das rauskommt, dann geht ihr Buch ab, wie eine Rakete! :-)


    Geniale Idee - mein Agent wird sich sicher bald mit dir in Verbindung setzen. Zwecks Honorar!
    Danke! ;o)


    Iris

  • Also da muß ich irgendwo Iris Recht geben. Das Kriterium "meistverkauft" ist wirklich mit Vorsicht zu genießen. Wenn es danach ginge, dann müßten solche Affen wie Dieter Bohlen oder Boris Becker noch den Pulitzerpreis bekommen. Und das würde die Welt wohl erst richtig auf den Kopf stellen.
    Ich kann mir zwar nicht vorstellen, daß es Menschen gibt, die sich so ein Machwerk freiwillig antun, aber die Verkaufszahlen scheinen ja das Gegenteil zu belegen. Offenbar ist die deutsche Leserschaft nicht sonderlich anspruchsvoll, man könnte fast meinen, Sonderschulniveaugeprägt.

    Demosthenes :write
    Aus dem Klang eines Gefäßes kann man entnehmen, ob es einen Riß hat oder nicht. Genauso erweist sich aus den Reden der Menschen, ob sie weise oder dumm sind.

  • Zitat

    Original von Demosthenes
    Also da muß ich irgendwo Iris Recht geben. Das Kriterium "meistverkauft" ist wirklich mit Vorsicht zu genießen. Wenn es danach ginge, dann müßten solche Affen wie Dieter Bohlen oder Boris Becker noch den Pulitzerpreis bekommen. Und das würde die Welt wohl erst richtig auf den Kopf stellen.
    Ich kann mir zwar nicht vorstellen, daß es Menschen gibt, die sich so ein Machwerk freiwillig antun, aber die Verkaufszahlen scheinen ja das Gegenteil zu belegen. Offenbar ist die deutsche Leserschaft nicht sonderlich anspruchsvoll, man könnte fast meinen, Sonderschulniveaugeprägt.


    Hi Demo,
    da kann ich dir gleich mal etwas zu sagen. Ca. 90 % der Leute, die ein Bohlen Buch bei uns im Laden gekauft haben, haben wir vorher noch nie gesehen, es sind die sogenannten "Bildzeitungsleser", die vorher schon häppchenweise von der genannten Zeitung angefüttert wurden. Ansonsten schauen diese speziellen Leser nicht in Bücher. Die anderen 10 % sind Kunden, die allesmögliche lesen und sich auch mal einen Bohlen mitnehmen, wobei einige sich das Buch unter dem Kassentisch in eine Tüte haben packen lassen, damit es ja niemand sieht. Nicht zu vergessen die, die das Buch sowieso nur verschenken wollen und auf gar keinen Fall für sich kaufen würden. :chen :chen :chen

  • Hallihallo! :hop


    Ich war gestern zu drei Bewerbungsgesprächen in München und habe nebenher DEN TEST gemacht.
    Welchen Test? Na, ich bin in jede Buchhandlung marschiert, die auf meinen Wegen lag und habe nach "gut recherchierten und spannenden historischen Romanen" gefragt.


    Empfohlen wurden mir zuallererst eigentlich überall dieselben Bücher: Donna Cross' "Die Päpstin", Diana Gabaldons Highland-Saga, Jean Auels Ayla-Saga, Donna Gillespies "Mondfeuer" und "Mondschatten", Marion Z. Bradley "Die Feuer von Troja" und "Die Wälder von Albion".
    Ich habe dann gefragt, warum ausgerechnet die. Antwort: "Unsere Kundinnen lieben diese Bücher."
    Erst auf Nachfrage rückten sie dann mit ein paar männlichen Autoren wie Dan Brown, Ken Follett, Robert Harris und Noah Gordon raus. Ich habs wissen wollen warum und erfuhr, dass Frauen eben Bücher von und über Frauen lesen. ICH ABER NICHT! Warum werde ich nicht erst gefragt??? Eine Verkäuferin im Klamottengeschäft fragt doch auch erst nach der Größe und irgendwelchen Vorlieben.
    Nach deutschen Autoren musste ich übrigens nochmal extra fragen! Und dann kam das Übliche: Tanja Kinkel, Rebecca Gable, Wolfgang Hohlbein ... Spätestens dann wurde ich vor dem Regal alleine gelassen. ?(


    Verkaufen Buchhändler von sich aus denn nur Bücher, die sowieso jeder kennt und die sich eigentlich von alleine verkaufen. So eine Beratung braucht kein Mensch! Alles, was nicht Bestseller ist, muss man wohl als Leser schon kennen, oder wirklich haben wollen.


    Wolke, Fritzi, bitte sagt mir, dass das bei euch anders ist und ihr nicht bloß diese Sachen empfehlt!!!


    Wenigstens hab ich mir die "Markgräfin" gekauft. In einem winzig kleinen Buchladen mit einem hutzeligen Buchhändler, der mir außerdem "Die Wanderhure", "Das Lächeln der Fortuna", den "Tribun" und Berlings "Franziskus" und sämtliche Ecos empfohlen hat.


    Grüßlis!