'Bergleuchten' - Kapitel 37 - Ende

  • Interessant finde ich, dass ein tropischer Wurm so viele Männer dahinraffte. Die Bedingungen im Tunnel waren für den Wurm natürlich optimal. Doch dass der Doktor in Göschenen die Erkenntnis des Turiner Arztes nach einer Obduktion einfach beiseite wischte, ist schon stark. Er hätte auch etwas früher auf dieses Farn setzen können.

    Die Gotthardbahngesellschaft wollte unbedingt verhindern, dass bekannt wurde, dass die Ursache für das Sterben ein Parasit war. Die beiden Stollen waren nur noch 400 Meter voneinander entfernt und die Gesellschaft hatte Angst, dass ihnen die Arbeiter weglaufen.

  • Jetzt konnte ich doch nicht warten und habe ausgelesen; da der heutige Tagesablauf ohnehin anderes als sonst an Sonntagen ist, ging das. Das ist jetzt übrigens das zweite Mal, daß ich meine "Leseroutine" für ein Buch ändere. Das erste Mal war für den dritten Band der Amisch-Trilogie, die Leserunde war im Dezember. Eine Zeit, in der ich gewöhnlich keine Leserunden mache und nur Weihnachtsbücher lese.


    Mehr zum Inhalt später bzw. morgen.

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Zum Schluss hin habe ich immer schneller gelesen - ich musste unbedingt wissen, wie es ausgeht.


    Peter... mein Herz blutet. ;( Aber ehrlich gesagt finde ich es gar nicht unrealistisch oder zu dramatisch, dass er ums Leben gekommen ist. Damals gab es in den Bergen so einige Berufe, bei dem Menschen ihr Leben lassen mussten. Und da ich selbst schon Lawinenabgänge erlebt habe (zum Glück aus sicherer Distanz) und auch schon Mal tagelang von der Außenwelt abgeschnitten war, weil die Straße zum Tal wegen Lawinengefahr gesperrt war, finde ich das gar nicht so abwegig.


    Der Tunneldurchbruch ist sehr spannend geschrieben. Ich habe schier den Atem angehalten, als sie die Geräusche von "drüben" hörten und nach weiteren horchten. Was muss es für ein Gefühl gewesen sein, nach all der harten Arbeit, die ich mir nur ansatzweise vorstellen kann, und all den Entbehrungen und Verlusten, dann auf die "andere Seite" zu gelangen. Das muss ein erhabener Moment gewesen sein.

    Ich fand die Story mit Luisa gut gelöst, und sie hat sich dann ja wohl auch in ihren Schwager verkuckt. Also konnte auch sie in eine gute Zukunft schauen

    Ich hatte es auch nicht so empfunden, dass zwischen Luisa und Piero die große Liebe entflammt wäre. Es war mehr so eine Zweckgemeinschaft und so war keiner allein. Umso schöner, dass Luisa dann auch noch ihr Glück gefunden hat. :)


    Für Helene freue ich mich ganz besonders. Sie hat ihr Glück mehr als verdient und Piero ist bestimmt auch ein liebevoller Vater gewesen. Und er hat dann sogar am Bau des Simplontunnels mitgewirkt. Das ist ja "unser" Eisenbahntunnel, durch den ich schon seit der Kindheit so oft durchgefahren bin. Aber eins ist sicher: Wenn ich das nächste Mal durch den Simplon fahre, werde ich das mit einem anderen Gefühl tun und an ganz bestimmte Figuren denken... :love:


    Ich muss noch was zum Titel "Bergleuchten" loswerden: Für mich gäbe es keinen perfekteren Titel. Einerseits wurde das "Bergleuchten", das ich selbst sehr liebe (und auch noch so vielen Jahren immer wieder vermisse) wunderschön beschrieben. Es erzählt aber auch vom Leuchten in den Herzen der Bergler. Diese kommen zwar mit ihren furchtbaren Gesetzen und Regeln nicht immer gut weg. Aber die meisten von ihnen sind trotz der rauen Schale Menschen mit dem Herzen am rechten Fleck.


    Oh, weh... jetzt werde ich pathetisch. :yikes Aber KarinS , du hast mit deiner Geschichte tatsächlich ein wenig Heimweh in mir ausgelöst, indem du den "schweizerischen Tonfall" so gut getroffen hast. Für mich ist dieses Buch ein Highlight und diese tolle Leserunde hat zusätzlich dazu beigetragen, die Geschichte des Gotthard so lebendig zu erleben. Dafür danke ich dir sehr! :knuddel1


    Und auch allen anderen Teilnehmern der Leserunde! Mit euch macht das gemeinsame Lesen so viel Spaß! :kiss

  • Aber man spürt die Reife der beiden, die Jahre ohne den anderen, mit ihren Erfahrungen und Erlebnissen hat sie beide stärker und gefasster gemacht.

    In manchen Aspekten wohl schon; nur dass die beiden bei der ersten Gelegenheit schon wieder Sex haben und trotz der eigenen Erfahrung auch diesmal wieder nicht auf das offiziell genehmigte Brautbett warten wollen, finde ich etwas unglaubwürdig. Aber gut, da sich bei den beiden in dieser Hinsicht keinerlei Schuldbewusstsein entwickelt hat, passt das zu den so gezeichneten Charakteren.

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    Von den vielen Welten, [...] ist die Welt der Bücher die größte. (Hermann Hesse)


    :lesend U. T. Bareiss: Green Lies - Tödliche Ernte

  • ich hab das Buch dann jetzt doch noch beendet, ich wollte doch wissen wie es ausgeht.
    Peters Tod hat mich sehr berührt, und Helenes Trauer zeigt ja auch, wie sehr sie ihn gemocht hat. Er war halt doch ihr bester Freund.

    Ja, Peters Tod war schon sehr schade, aber er musste ja für Piero und das Happy End mit ihm Platz machen.

    Schön, dass Peter noch seine Träume verwirklichen konnte: Helene heiraten, einen Sohn mit ihr haben, ein Haus für seine Familie bauen und die Fuhrhalterei mit seinem Schwiegervater als Partner führen. Eigentlich hat er alles erreicht. Es hätte dann nur noch bergab mit seinem Glück gehen können, wie z.B. dass er merkt, dass Helene sich doch immer noch nach Piero sehnt. Das hätte diese harmonische Ehe dann irgendwann getrübt und Peter unglücklich gemacht. Besonders, wenn Piero wieder aufgetaucht wäre und Helene sich ihrer Leidenschaft hingegeben hätte. Über einige Kuckuckskinder wäre vielleicht sogar Peters Sanftmütigkeit marode geworden.

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  • Ergänzend dazu ist mir noch aufgefallen:


    Seite 397: Dachte sie ab und zu noch an ihn?

    Seite 423: "Einer der Tunnelarbeiter ist bei ihm im Krankenhaus gestorben

    Seite 424: Also, was schreibe ich unserer Direktion?"

    Seite 429: Der nickte und (kurz) nach und nach (danach) sangen alle am Feuer

    Seite 435: Mit einem mulmigen Gefühl im Bauch ging er ins Bossis Büro,

    Seite 449: Es gab keinen Tag in diesen fünf Jahren, in an dem ich nicht an ich ihn gedacht habe."

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  • Tragisch, wie die hygienischen Verhältnisse zusätzlich Menschen hat krepieren lassen. Traurig, dass die arme Johanna auch daran stirbt.

    Da habe ich auch gegrübelt, wie da wohl der Übertragungsweg war, denn Johanna war wohl kaum im Tunnel. Vielleicht hat sie sich doch wieder näher mit einem Mineur eingelassen und die Eier wurden durch das Küssen weitergegeben, oder in der Gastwirtschaft wurde von den Infizierten viel gehustet, so dass Johanna beim Bedienen in Kontakt kam? Oder sie hat die Toiletten reinigen müssen? :gruebel



    Schön, dass wir dann wieder in der letzten Phase, vor dem Durchbruch, im Tunnel dabei sind. Bemerkenswert, wie präzise beide Seiten gegraben und gesprengt haben, dass es nur diese kleinen Abweichungen gibt.

    Ja, das war schon eine tolle Leistung!

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  • Ich hätte so geglaubt, dass Helenes Mutter diesen Fakt auch anerkennt und da Helene nun einmal Witwe ist, er dann ihr willkommen wäre. Ist das die Angst vor dem Abschied von Tochter und Enkeln? Bestimmt auch, da sie sich denken sollte, dass Piero nicht mit den Schwiegereltern unter einen Dach/ auf einem Grundstück leben wollen wird.

    Das spielt wahrscheinlich auch mit rein, aber ich denke, Anna misstraut generell der Männertreue, weil Franz anscheinend nicht treu sein konnte, und fürchtet, dass Piero auch Helene unglücklich machen könnte.

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  • Ich bin gerade sehr schockiert und frage mich, ob es überhaupt ein Korrektorat gegeben hat. Bei Aufbau findet das übrlicherweise nach der Fahnenkontrolle durch mich statt und ich habe in den Fahnen schon ziemlich viele Fehler ausgebessert. Ich hoffe wirklich, dass im Falle einer 2. Auflage die Fehler korrigiert werden.

    :/ Keine Ahnung, ob das im Verlagswesen üblich ist, aber kann nicht gleich eine 2. Auflage vereinbart werden, wenn die erste so mangelhaft ausgeführt wurde?


    Bei anderen Produkten gibt es Rückrufaktionen bei offensichtlichen Mängeln und manche Bücher wurden wohl auch schon eingestampft, wenn irgendwelche betroffenen Erben gegen die Erscheinung geklagt haben.:gruebel

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  • Auch Luisa, Pieros Geliebte, handelt überirdisch gut - für meine Begriffe. Da hat sie jahrelang ein Verhältnis mit ihrem Mieter, die beiden wohnen und leben zusammen, hat sie da nicht die Vorstellung einer neuen Ehe entwickelt? Sie lässt ihn so leicht ziehen!

    Mir geht das bisschen zu glatt ab.

    Ich finde das schon einleuchtend. Luisa hat von Anfang an gewusst, dass Piero nur auf der Durchreise ist und sein Herz an einer anderen hängt. Eine Ehe hatte sie ja schon hinter sich und hat da vielleicht auch nicht nur gute Erfahrungen gesammelt, so dass sie nicht so scharf auf eine Hochzeit mit einem Mann ist, der sie nicht liebt.

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  • Die Gotthardbahngesellschaft wollte unbedingt verhindern, dass bekannt wurde, dass die Ursache für das Sterben ein Parasit war. Die beiden Stollen waren nur noch 400 Meter voneinander entfernt und die Gesellschaft hatte Angst, dass ihnen die Arbeiter weglaufen.

    Finde ich etwas seltsam, wo sie doch vorher so leichtfertig mit den Leben der Arbeiter umgegangen war und anscheinend unendlich Nachschub auf der Matte stand, um wegbrechende Arbeiter zu ersetzen.

    Aber vielleicht hatten sie Angst, dass sie nie wieder eine solche große Tunnelidee verwirklichen können, wenn sich das unerklärliche Sterben herumspricht.

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  • Peter... mein Herz blutet. Aber ehrlich gesagt finde ich es gar nicht unrealistisch oder zu dramatisch, dass er ums Leben gekommen ist. Damals gab es in den Bergen so einige Berufe, bei dem Menschen ihr Leben lassen mussten.

    Ja, damals war das Leben auch in Europa einfach noch viel gefährlicher. Und der Natur kommst Du auch heute nicht aus. Kein Wunder, dass Büroberufe damals schon hoch angesehen waren, da war die Chance umzukommen einfach geringer und besser bezahlt waren die Jobs auch.



    Aber gut, da sich bei den beiden in dieser Hinsicht keinerlei Schuldbewusstsein entwickelt hat, passt das zu den so gezeichneten Charakteren.

    Warum muss man sich schuldig fühlen, wenn man einvernehmlichen Sex hat? Für sich haben die beiden nichts falsch gemacht. Sie haben halt gegen gesellschaftliche Gepflogenheiten und Regeln verstoßen.


    Davon abgesehen haben die beiden sich seit Jahren nicht gesehen und sich nacheinander gesehnt. Da kann ich schon verstehen, dass die Leidenschaft dann übernimmt.

  • Warum muss man sich schuldig fühlen, wenn man einvernehmlichen Sex hat? Für sich haben die beiden nichts falsch gemacht. Sie haben halt gegen gesellschaftliche Gepflogenheiten und Regeln verstoßen.


    Davon abgesehen haben die beiden sich seit Jahren nicht gesehen und sich nacheinander gesehnt. Da kann ich schon verstehen, dass die Leidenschaft dann übernimmt.

    Heutzutage muss sich natürlich niemand mehr schuldig fühlen, aber damals wurde das noch ganz anders gesehen, sonst hätte es diese strengen Regeln und Gesetze nicht gegeben. Diese freizügige Haltung passt einfach nicht in die damalige Zeit und diese Gesellschaft. Und woher sollte Helene die Idee haben, dass sie sich nicht an die üblichen Anstandsregeln halten braucht? Sie hat dafür keine Vorbilder. Sie scheint noch nicht einmal darüber nachzudenken.

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    Von den vielen Welten, [...] ist die Welt der Bücher die größte. (Hermann Hesse)


    :lesend U. T. Bareiss: Green Lies - Tödliche Ernte

  • Ausgelesen. Dieser letzte Abschnitt hat mir insofern mit am besten gefallen, weil es hier mehr oder weniger gerade auf das Ende zu geht. Nicht wegen des Buchendes, sondern wegen des direkten Handlungsverlaufs.


    Was ich dauernd vergessen habe zu schreiben: bei „Manchesterhose“ kamen direkt Erinnerungen an meine Kindheit hoch. Mein Vater hat zur Arbeit (soweit ich mich erinnern kann) praktisch immer eine „Manchesterhose“ getragen, manchmal sogar in Form einer Knickerbocker.


    Piero kommt also als Ingenieur zurück. Spätestens jetzt konnte man sich denken, daß Peter etwas passieren wird, damit der Weg für ihn und Helene frei wird. Fragt sich nur noch wie.


    Woran die Arbeiter sterben, hat mich auch vor ein Rätsel gestellt. Von diesem „Tunnelwurm“ hatte ich noch nie gehört. Dieses Abstreiten seitens der Bahngesellschaft ist aber auch heute noch typisch: so lange es geht, werden manche Dinge geleugnet - bis es schließlich nicht mehr zu leugnen ist. Auch heute noch. So bald irgendetwas passiert, heißt es, für die Bevölkerung bestand zu keinem Zeitpunkt Gefahr. Ehrlich? Ich habe schon lange den Glauben an diese Aussage verloren - wenn Gefahr bestünde, würde die genauso verschleiert wie damals. (Und nein, ich bin kein Verschwörungstheoretiker.)


    Auch nicht viel hat sich daran geändert, daß man immer die billigste Lösung sucht - niemals die beste (die in direkten Kosten oft eben nicht die billigste ist, vgl. S. 413).


    Peter fällt also einer Lawine zum Opfer und Helene ist Witwe. Durch Paula wird schließlich der Kontakt zu Piero vermittelt, und beide tasten sich vorsichtig an den anderen heran. Das fand ich sehr gut beschrieben, denn ein „Hallo, hier bin ich, wir machen sofort weiter wie früher“ wäre zum Einen unglaubwürdig und zum Anderen würde es nicht zu den Figuren passen. So kommt es zum guten Schluß also doch noch zum Happy End für die beiden, und ihre Eltern (vor allem die Mutter) muß sich drein fügen.


    Alles in allem bin ich nun etwas zwiegespalten: einerseits hat mir das Buch gefallen, andererseits war mir der Dramafaktor eindeutig deutlich zu hoch. Bei all dem Elend der Arbeiter hätte ich keine so schwierige Liebesgeschichte wie zwischen Piero und Helene gebraucht, als „Ausgleich“ hätte ich mir die etwas glatter gewünscht. Ohne daß ich einen solchen „glatten Verlauf“ hier jetzt entwerfen muß - ich bin ja kein Autor. ;-) Im Hinblick auf die damaligen Zeitumstände wäre ein glatter Verlauf möglicherweise schwierig zu konstruieren gewesen, das ist mir auch bewußt. Dennoch hat die viele Dramatik deutlich an meinen Nerven gezehrt. (Wobei mir bewußt ist, daß ich bisweilen eine sehr eigene Art der Rezeption von Büchern habe. Bei manchen Themen vertrage ich ziemlich viel Leid in einem Roman, bei anderen eher nicht.)


    Auf der anderen Seite hat mich das Buch dermaßen gefesselt, daß ich sogar an einem Sonntag ausgelesen habe - das kommt äußerst selten vor. Auf jeden Fall empfand ich den Roman aus außerordentlich gut recherchiert. Ich habe schon öfters (allerdings Sachbücher) über Eisenbahnbau gelesen, da wird dann eben erwähnt, daß ein Tunnel von dann bis dann gebaut wurde und diese und jene Probleme aufgetaucht sind, die so und so gelöst wurden. Hier wurde der Bau sehr lebendig und ich habe nun eine Vorstellung davon - das nächste Sachbuch zum Eisenbahnbau lese ich gewißlich völlig anders!


    Und bevor ich es vergesse, schon jetzt herzlichen Dank an die KarinS für die sehr engagierte (das ist nicht immer so!) Begleitung der Leserunde und die vielen Zusatzinformationen. :wave Wenn wieder ein Buch von Dir hier als Leserunde kommt, bin ich (wenn der Termin paßt) bestimmt wieder dabei.


    PS: Ach so, ganz vergessen. Die für mich emotionalste Stelle im ganzen Roman war für mich übrigens der Tunneldurchbruch (S. 428f).



    Seite 404, 6. Zeile von unten: es soll wohl „alle alten Göschener Familien“ heißen.

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Ich muss noch was zum Titel "Bergleuchten" loswerden: Für mich gäbe es keinen perfekteren Titel. Einerseits wurde das "Bergleuchten", das ich selbst sehr liebe (und auch noch so vielen Jahren immer wieder vermisse) wunderschön beschrieben. Es erzählt aber auch vom Leuchten in den Herzen der Bergler. Diese kommen zwar mit ihren furchtbaren Gesetzen und Regeln nicht immer gut weg. Aber die meisten von ihnen sind trotz der rauen Schale Menschen mit dem Herzen am rechten Fleck.

    Das hast du toll ausgedrückt.


    Das "Bergleuchten" haben wir einmal erlebt. 2003 sind wir am 31.7. abends aus der Toskana losgefahren und nicht durch den Tunnel, sondern über den Pass. Da waren wir dann kurz vor 24:00. Schon auf der Passhöhe haben wie die ersten Feuer gesehen, und auf der Fahrt nach Göschenen hinunter brannten überall Feuer. Das war sehr beeindruckend. Dass der 1.8. der Schweizer Nationalfeiertag ist, haben wir dann hinterher erfahren.

  • Ausgelesen. Dieser letzte Abschnitt hat mir insofern mit am besten gefallen, weil es hier mehr oder weniger gerade auf das Ende zu geht. Nicht wegen des Buchendes, sondern wegen des direkten Handlungsverlaufs.

    Ich freue mich, dass dir das Ende gefallen hat, und dass die Geschichte dich trotz der Dramatik gefesselt hat.


    Wenn du ein gutes, wenn auch sehr eigenwilliges fast Sachbuch über diesen Tunnelbau lesen möchtest, empfehle ich Felix Möschlin "Wir durchbohren den Gotthard". Es ist von 1947 und man bekommt es nur noch gebraucht.

    Ein besonderes Buch. Ich musste mich an den Stil erst gewöhnen, aber dann hat es mir sehr gut gefallen. Er schreibt unterhaltsam und wenn er "wir" meint, schreibt er auch im "wir". "Wir", das sind mal die Bankiers um Alfred Escher, mal die Mineure oder auch die Aktionäre. Er schreibt aus ihrer Sicht oder adressiert sie auch mal an. Er ist für die seine Zeit (er lebte von 1880 - 1969) sehr kritisch gegenüber Favre und der Gotthardbahnsgesellschaft.

  • Bei den Amisch hat sich gezeigt, dass sowas halt auch in die Hose gehen kann, die haben sich gar nicht gut verkauft, ich hoffe sehr, es läuft mit diesem Buch besser.

    Das tut mir sehr leid zu lesen. Denn für mich sind das immer noch die besten Amisch-Bücher, die ich je gelesen habe. Allerdings gibt es da ein klitzekleines Problem: ich bin nicht der typische Amischbuch-Leser. Die meisten wollen die Welt der Amisch nämlich schöngefärbt und gut christlich unterlegt. Deine Bücher sind gerade nicht schöngefärbt, sondern für meine Begriffe ziemlich realistisch - damit scheiden viele an christlichen Romanen interessierte Leser aus (während sie mir deswegen besonders gut gefallen haben). Und im säkularen Buchhandel hat fast alles, was irgendwie mit Religion zu tun hat, einen schweren bis sehr schweren Stand - wenn überhaupt einen. Ausnahme vielleicht manche Bestseller - aber die sind dann eher Richtung "reißerisch", das dürfte sich seit meinen Außendienstzeiten bis heute nur wenig geändert haben. Auch beobachte ich schon seit längerer Zeit (einigen Jahren), daß auf Deutsch kaum noch Amischbücher erscheinen (in Amerika schon) - und selbst von Autoren, die früher häufig übersetzt wurden, nur noch wenig bis gar nichts auf Deutsch kommt.


    Insofern hat mich die Ankündigung eines "Amisch Films" etwas verwundert; allerdings wurden von der Autorin (Miralee Ferrell) schon vier Bücher verfilmt, die alle auch in Deutschland veröffentlicht wurden (die Filme, nicht die Bücher).

    ASIN/ISBN: B0C7G92MP1


    Allerdings, ich vermute mal, mit der Toskana-Reihe ging das ähnlich. Ich hab noch in keiner Buchhandlung Bücher von Dir gesehen.

    Die habe ich nach der letzten Amisch-Runde meiner Bibliothek hinzugefügt. Wie es sich für einen Büchersammler gehört, natürlich ( ;-) ) noch nicht gelesen. Aber das kommt auch noch.



    Wir warten geduldig und freuen uns auf dein nächstes Buch.

    :write


    In manchen Aspekten wohl schon; nur dass die beiden bei der ersten Gelegenheit schon wieder Sex haben und trotz der eigenen Erfahrung auch diesmal wieder nicht auf das offiziell genehmigte Brautbett warten wollen, finde ich etwas unglaubwürdig.

    Normalerweise mag ich es nicht sonderlich, wenn Figuren (auch in Filmen) "gleich ins Bett geschickt werden" und es fällt mir oft unangenehm auf. Hier fand ich jedoch, daß es zu den Figuren paßte. Immerhin hatten sie schon ein Kind miteinander.



    Besonders, wenn Piero wieder aufgetaucht wäre und Helene sich ihrer Leidenschaft hingegeben hätte.

    Das wäre meiner Meinung nach eher nicht passiert, da Piero ihr ja aus dem Weg gegangen wäre und sie nicht der Typ war, der den Ehepartner betrügen würde.


    Da habe ich auch gegrübelt, wie da wohl der Übertragungsweg war, denn Johanna war wohl kaum im Tunnel.

    Das war mir eigentlich auch nicht ganz klar. Aber es hieß ja, daß die Eier über den Kot ausgeschieden wurden - da könnte der Abtritt eine Ansteckungsmöglichkeit gewesen sein.



    Diese freizügige Haltung passt einfach nicht in die damalige Zeit und diese Gesellschaft.

    Hm, ich weiß nicht so recht. Wir sehen die frühere Zeit von unserem heutigen Standpunkt aus, Filme gab es nicht, Social Media auch nicht. Augenzeugen gibt es von damals auch nicht. Wir können heute nur wissen, was irgendwie "offiziell" festgehalten wurde - und das waren sicherlich nicht die Dinge, die nicht so ganz den gültigen Regeln entsprachen. Selbst bei gut dokumentierten technischen Dingen gibt es Unklarheiten: als ich mich vor längerer Zeit mit der Farbgebung von Dampfloks in der Länderbahnzeit (in Deutschland 1835 - 1920) beschäftig habe, fand ich u. a., daß man das nicht so genau weiß. Genauere Aufzeichnungen gibt es nicht, und Farbfotos auch nicht. Was heute als Farbgebung gilt, ist teilweise wohl eher Vermutung. So dürfte es mit vielem aus der Vergangenheit sein. Wir waren schließlich nicht dabei.

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")