Prosaische Passionen - Die weibliche Moderne in 101 Short Stories herausgegeben von Sandra Kegel

  • Auf dieses Buch bin ich durch Lesungen von drei der Shortstories in SWR2 "Fortsetzung folgt" im April dieses Jahres aufmerksam geworden.

    Ich finde das Projekt so interessant, dass ich mir das Buch gekauft habe:


    ASIN/ISBN: 3717525468


    Ausschnitt aus der Beschreibung bei Amazon:


    "Diese erste globale Prosasammlung weiblichen Schreibens um und nach 1900 zeigt: Die literarische Moderne war ganz wesentlich weiblich! Nicht nur in Europa, überall auf der Welt veränderte sich das künstlerische Selbstverständnis von Frauen von Grund auf. Sie eroberten sich kreative Freiräume, machten weibliches Denken und Fühlen literaturfähig, vor allem aber schufen sie große Erzählkunst und behaupteten sich so auf dem Feld der Hochliteratur, die bis dahin als exklusive Männerdomäne galt. Ab 1900 ist Weltliteratur nicht mehr bloß ein Gruppenbild mit Dame.

    Sandra Kegel, renommierte Literaturkennerin und -liebhaberin, hat für diesen einzigartigen Band moderne Kurzprosa aus aller Frauen Ländern zusammengetragen – Klassikerinnen, deren Rang unbestritten ist, neben solchen, die erst noch entdeckt werden wollen. Ein längst überfälliges Panorama weiblicher Erzählkunst!"


    In dieser Anthologie werden Kurzgeschichten von Frauen aus mehr als 50 Ländern vorgestellt, viele hier zum ersten Mal übersetzt und völlig unbekannt. Die Autorinnen sind zwischen 1850 und 1921 geboren, mit ganz wenigen Ausnahmen. Schon bei dieser Beschränkung ist ein richtig dicker Wälzer entstanden.

    Ganz dringend empfehle ich, vor der ersten Kurzgeschichte das informative Nachwort von Horst Lauinger vom Manesse Verlag zu lesen.


    Ich werde immer mal wieder eine mir interessant oder ungewöhnlich erscheinende Kurzgeschichte hier vorstellen.

  • Gleich die zweite Geschichte spricht mich an:

    Kate Chopin - Die Geschichte einer Stunde


    Kate Chopin wurde 1850 in St. Louis geboren. Ihren Mann, drei Geschwister und ihren Vater verlor sie früh und sie musste immer mit Schulden kämpfen.

    Sie hat recht viel geschrieben, hatte als Lyrikerin Erfolge und veröffentlichte Romane und Bände mit Kurzgeschichten.

    Sie starb mit 52 Jahren und war lange Zeit vergessen. Erst 1969 wurden ihre Werke wiederentdeckt.


    "Die Geschichte einer Stunde" beschreibt eine Frau, die die Nachricht erhält, ihr Mann sei bei einer Eisenbahnkatastrophe ums Leben gekommen.

    Sie wirkt so modern, dass ich kaum glauben mag, dass sie schon 1894 erstmals veröffentlicht wurde.


    Übrigens werden im Nachwort sämtliche Autorinnen kurz vorgestellt.

  • Eine kolumbianische Autorin: Adela Zamudio, geboren 1854 in Cochabamba (klingt wie aus einem Songtext) stammt aus einer Oberschichtfamilie, erhielt eine Ausbildung in einer Klosterschule und begann früh zu schreiben. Mit 15 veröffentlichte sie ihr erstes Gedicht.

    Sie schrieb neben Lyrik auch Dramen; Märchen und Kurzgeschichten.

    1895 wurde sie Direktorin des Liceo de Senoritas.


    Sie kritisierte die Zurücksetzung der Frauen in Gesellschaft und der katholischen Kirche und plädierte für eine Trennung von Kirche und Staat.

    Ihr Geburtstag, der 11. Oktober ist bis heute in Bolivien der "Dia de la Mujer Boliviana", der Tag der Frau.


    Ihre Kurzgeschichte "Die erste Eisenbahn" erinnert mich an Bert Brecht und thematisiert die Frage, wem wohl der technische Fortschritt helfen wird.

  • Eigentlich könnte ich fast alle Autorinnen hier nennen, das mache ich aber eher nicht. :grin


    Unbedingt nennen möchte ich Tekahionwake - Eine Heidin in St. Paul's Cathedral


    Tekahionwake wurde 1861 als Tochter eines Mohawk Häuplings und einer Engländerin im Indianerreservat Six Nations of the Grank River geboren.

    Aufgrund ihrer Erziehung kannte sie beide Welten, die indigene Kultur und die englische Lebensweise. Sie begann ihre Schriftstellerkarriere als Lyrikerin und wurde im ganzen Land und in Großbritannien bekannt.

    Sie engagierte sich für die indigenen Völker Kanadas. Sie starb 1912.


    In ihrer Kurzgeschichte beschreibt sie ihre Eindrücke von London, dem Parlament und der St. Paul's Cathedral. Immer gegenwärtig ihre indianische Identität, die Stammesrituale, die sie zu den englischen Sitten in Beziehung setzt.

    Beeindruckend.

  • Hier habe ich jetzt endlich eine bedeutende deutsche Schriftstellerin kennengelernt, von der ich bisher so gut wie nichts wusste, die auch in der Schule völlig vernachlässigt wurde.

    Ricarda Huch, 1864 - 1947, eine der ersten Frauen, die in Deutschland promovierte.(1891).

    Sie veröffentlichte zahlreiche Erzählungen, Romane und etliche Sachbücher.


    In dieser Anthologie wird ihre Erzählung "Die Maiwiese" gedruckt, eine der längeren Erzählungen hier und sie hat etwas eindeutig märchenhaftes.

    Für mich ein Grund, das ein oder andere Buch von ihr einmal zu lesen.

  • Die Kurzgeschichten beschäftigen mich immer noch, auch wenn ich nur unregelmäßig in dem dicken Buch lese.


    Ich habe gerade zwei Kurzgeschichten von japanischen Autorinnen gelesen, Higuchi Ichiyo (1872-1896) und Yosano Akiko (1878-1942) gelesen. Zwei Frauen mit sehr unterschiedlichen Lebensgeschichten, was sich auch in den Themen der Beiträge zeigt.

  • Die Kurzgeschichten beschäftigen mich immer noch, auch wenn ich nur unregelmäßig in dem dicken Buch lese.


    Ich habe gerade zwei Kurzgeschichten von japanischen Autorinnen gelesen, Higuchi Ichiyo (1872-1896) und Yosano Akiko (1878-1942) gelesen. Zwei Frauen mit sehr unterschiedlichen Lebensgeschichten, was sich auch in den Themen der Beiträge zeigt.

    Rumpelstilzchen :

    Leider gewährt der Verlag keinen Einblick ins Inhaltsverzeichnis, so dass ich nur den Titel "Laientheater" von Yosano Akiko herausgefunden habe.

    Interessant dazu sind auch die Ausführungen im Blog Kaffeehaussitzer: https://kaffeehaussitzer.de/sa…gel-prosaische-passionen/

    Verrätst Du mir den Titel der Geschichte von Higuchi Ichiyo?

    Ich würde dann bei Aozora, die japanische Webseite lässt sich mit dem deutschen Gutenberg Projekt vergleichen, in die Originalgeschichten hineinschauen (und wahrscheinlich aufgrund des Sprachniveaus und Alters der Geschichten zurückschrecken).

  • Higuchi Ichiyo: : Mond überm Dachfirst.

    Die Geschichte wurde erstmals im April 1895 veröffentlicht, in einer Tokioter Tageszeitung. Es soll eine deutsche Übersetzung in einem Sammelband geben.



    Jetzt hatte ich auch Zeit, den Link zu lesen. Danke Salonlöwin , dem Leseprojekt werde ich folgen, es ist schön, die eigenen Eindrücke damit vergleichen zu können. :)