Unsere Stimmen bei Nacht - Franziska Fischer

  • Produktinformation (Amazon):

    • Herausgeber ‏ : ‎ DuMont Buchverlag GmbH & Co. KG; 1. Edition (17. Mai 2023)
    • Sprache ‏ : ‎ Deutsch
    • Gebundene Ausgabe ‏ : ‎ 300 Seiten
    • ISBN-10 ‏ : ‎ 383218225X
    • ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3832182250

    Kurzbeschreibung (Verlag):

    Zusammen lebt sich’s weniger allein

    In einer Villa im Berliner Südwesten finden sich sechs Menschen zu einer ungewöhnlichen WG zusammen – aus Geldmangel, aus Einsamkeit, auf der Suche nach einer raschen Lösung. Die fünfundfünzigjährige Gloria kocht für alle – und sie kocht hervorragend –, nur ihr griesgrämiger Ehemann Herbert war von vornherein dagegen, dass sich andere Menschen in ihrem Heim einnisten. Als Erstes Chemieprofessor Gregor mit seiner Tochter Alissa, die permanent schlecht gelaunt unter der Trennung ihrer Eltern leidet. Wenigstens reißt sich Alissa zusammen, wenn sie sich in Herberts hauseigenem Antiquariat aufhält. Dann ist da noch Jay, ein Student, der sich dagegen sträubt, die Erwartungen seiner Familie zu erfüllen, und bemüht ist, Herbert den Internetversandhandel nahezubringen.

    Schließlich zieht Lou-Ann, genannt Lou, in die Villa ein. Mit Mitte dreißig hätte sie längst irgendwo ankommen müssen, doch stattdessen ist in ihrem Leben alles ungeplant und unfertig. Vielleicht ist sie gerade deshalb diejenige, die all die um sich selbst kreiselnden Gestalten zusammenbringt. Etwas verschiebt sich in dem Gefüge. Die Zweckgemeinschaft wird zur Wahlfamilie, aber das Konstrukt ist zerbrechlich.


    Zur Autorin (Verlag):

    FRANZISKA FISCHER wurde 1983 in Berlin geboren, hat einige Zeit im Ausland verbracht und ist mittlerweile aus der Stadt herausgezogen. Sie studierte Germanistik und Spanische Philologie an der Universität Potsdam und arbeitet als freiberufliche Autorin und Lektorin. Bei DuMont erschien zuletzt der SPIEGEL-Bestseller ›In den Wäldern der Biber‹.


    Meine Meinung:

    Gloria und Helmut vermieten Zimmer in ihrem zu groß gewordenen Haus, als die Kinder ausgezogen sind. Ihre Mieter könnetn unterschiedlicher nicht sein: Gregor und seine Tochter Alissa, die nach der Trennung ein neues Zuhause benötigen, Jay, der sein Studium erst im letzten Semester so richtig beginnt und zu guter Letzt Lou, deren Leben mal wieder einen Neustart braucht und die ein günstige Bleibe braucht.


    Da Gloria auch Mahlzeiten anbietet, um sich nicht komplett unnütz vorzukommen, wächst die ungewöhnliche Gemeinschaft nach und nach zusammen und ergänzt sich auf unerwartete Weise.


    Anfangs habe ich mir mit dem Buch ein wenig schwer getan, da die Perspektiven teilweise mitten im Text einfach gesprungen sind. Aber ich habe mich schnell daran gewöhnt und konnte dann gut auseinanderhalten, bei wem ich gerade bin. Anfangs sah es so aus, als würden die Bewohner der Villa einfach nur so nebeneinander her leben, aber nach und nach schält sich dann doch ein unaufgeregtes Miteinander heraus.


    Das Ende fand ich dann etwas abrupt, hier hoffe ich doch sehr, dass uns die Autorin dann doch noch mit Nachschub versorgt, was den weiteren Weg der Gruppe betrifft. Ich würde mir das auf jeden Fall wünschen.


    Alles in allem war es ein schönes Buch, dass ich gerne empfehle, allerdings sollte man sich auf eine recht ruhige dahinfließende Geschichte einstellen. Wer Action und Aufregung sucht, ist hier falsch


    9 von 10 Punkte

    ASIN/ISBN: 383218225X

  • Nachdem ich "in den Wäldern der Biber" sehr mochte, griff ich auch hier gerne zum neuen Buch der Autorin.


    Wir landen in einer Wohngemeinschaft in einer alten Villa, die für Gloria und Herbert nach dem Auszug der Kinder zu groß und vor allem zu teuer geworden ist. Herbert führt nach seiner Frühpensionierung ein Antiquariat im Haus, während Gloria nopch ihrem Job nachgeht.


    Im Haus wohnen zusätzlich Vater Gregor und Tochter Alissa, die nach der Trennung von Gregors Frau eine Bleibe suchten. Gregor ist ein zerstreuter Dozent an der Uni, der ohne Alissa wohl aufgeschmissen wäre, während sie sich wünschte, dass er sie wahrnimmt, anstatt für ihn sorgen zu müssen.


    Jay, ein Student, liebt die Musik und möchte Herbert zum Internethandel bringen, während sein Studium eher zweitranging ist. Lou, die als letzte in eins der Zimmer zieht, ist eine Art Heimatlose, die die Welt bereist und immer wieder neu anfängt und eigentlich nur bei ihrer besten Freundin eine Art zuhause hat.


    Durch die gemeinsamen Mahlzeiten enwickelt sich in den Bewohnern schließlich eine Art Zusammenhalt, der jedoch immer wieder neu gestaltet wird. Lou ist dabei der Dreh- und Angelpukt, denn erst mit ihrem Einzug scheint die WG komplett. Durch ihre Gespräche verändert sich einiges im Haus und so wird aus der Starre, in der sich alle zuvor befanden, eine Gemeinschaft, die sich auf den Weg macht, die Zukunft zu leben, statt nur auszuhalten.


    Für mich konnte diese Geschichte nicht an den Vorgänger anknüpfen, es war einfach anders. Doch anders heißt nicht unbedingt schlecht. Es war ein sehr ruhiges Buch, das oftmals die Gespräche und Gedanken der Bewohner wiedergibt. Man kann nachvollziehen, wie sich die Protagonisten entwickeln.


    Das offene Ende war für mich ziemlich abrupt, irgendwie passt es aber dazu, dass sich alle auf den Weg machen und das Ziel noch ungewiss ist.


    8 Punkte von mir.

  • Wenn aus Fremden Freunde werden.....


    "Unsere Stimmen bei Nacht" von Franziska Fischer erschien im Dumont-Verlag (HC, gebunden; 286 S., 2023) und hat mich sowohl inhaltlich als auch von der einfühlsamen und psychologisch versierten, tiefgründigen und zuweilen poetischen Erzählweise der Autorin sehr begeistert!


    Worum geht's?


    Gloria und Herbert; ein Ehepaar in den Mittfünfzigern, vermieten die Zimmer ihrer 3 Kinder, die inzwischen erwachsen sind und auszogen, in einer alten Berliner Villa: Dafür scheint es mehrere Gründe zu geben; zum Einen verbessern sich die Finanzen der beiden - und zum anderen kommt, was vorwiegend von Gloria gewünscht ist, mehr Leben ins Haus, das groß genug ist, um Lou, Mitte 30 und sehr oft umgezogen, Tänzerin; Jay, einen Studenten der Politikwisssenschaften sowie den von Frau und Sohn getrennt lebenden Gregor, einen Wissenschaftler und dessen Tochter Alissa (16) aufzunehmen. Herbert ging vorzeitig in den Ruhestand und hat sich in zwei Räumen ein kleines Antiquariat aufgebaut, das er weiterhin betreibt, auch wenn es kaum Laufkundschaft gibt....


    Meine Meinung:


    Der Roman beginnt mit dem Einzug von Lou, die mir aufgrund ihrer einfühlsamen und hilfsbereiten Art sowie ihrem Gespür für Menschen sehr sympathisch war. Sie hat eine Weile bei einer Freundin gewohnt und Gloria schien es (sie war die 34. Bewerberin für das letzte Zimmer!), dass das Zimmer und Lou zusammenpassen werden - und sie gleich einziehen konnte. Nach und nach lernt man die anderen Hausbewohner kennen; Jay, den anfangs unsicheren und scheuen, später aufgetauten und auch mal mit Lou in der Küche stehenden und kochenden Studenten, der sich durch das Angebot der Mahlzeiten gegen Aufpreis recht wohl zu fühlen scheint und auch gerne Songs schreibt und Gitarre spielt. Gregor ist der am zurückgezogensten lebende Charakter dieser Haus- und Wohngemeinschaft, Alissa wirkt eher unglücklich über die Zerfaserung der Familie, kommt aber mit dem Vater anscheinend besser zurecht als mit der dominanten Mutter, die ihr in den Ferien Nachhilfe aufbürdet und am guten Schulabschluss der Tochter mehr Interesse zeigt als an der Tochter selbst. Alissa wirkte auf mich auch in gewisser Weise überfordert, da sie ihrem Vater täglich Brote mit in die Uni gibt und somit Aufgaben verrichtet, die eigentlich nicht ihre sind.


    Zaghaft nähern sich die ProtagonistInnen, die allesamt diverse Geheimnisse mit sich herumschleppen, einander an; so lernen wir Lou als sehr extrovertiert kennen; sie will dieses Mal "die Lücke besetzen, in die sie sich - vielleicht längerfristig? - einfinden kann"; ihr Lachen ist ansteckend, was dem schüchternen Jay zugute kommt und beide sich bald gut verstehen. Lou erkennt auch, dass Alissa Unterstützung braucht, das Interieur ihres Zimmers betreffend und schenkt ihr kurzerhand eine Sternendecke, die es gemütlicher macht (Alissa ist eher introvertiert und verunsichert, da eine Freundin sich von ihr abwandte, die jetzt zu den wirklich "Coolen" gehört). Gloria ist erleichtert, als sie bemerkt, dass sie durch Jay und Lou Hilfe beim Kochen erhält, ihr Mann Herbert braucht etwas länger, sich auf die häuslichen "Veränderungen" einzustellen: Er ist der konservativste Charakter, der Rituale mag und jeden Tag sein Klappschild für das Antiquariat auf die Straße stellt. Bis Jay ihm erklärt, dass er mehr Bücher verkaufen würde, wenn er auch einen online-shop hätte.


    Eine sehr interessante und vielschichtige, wie auch sympathische Figur ist Gloria, die Neuem gegenüber offen ist und eine alte Bürde mit sich trägt. Beim Ausmisten kommen sich Lou und Gloria im Dialog näher und eine Überraschung wartet auch auf den Leser, die ich mir sehr gut als eine Fortsetzung dieses Beziehungsromans mit feinen und leisen Untertönen vorstellen könnte! Die Themen sind sehr vielschichtig und es machte mir Freude, stets 'zwischen den Zeilen' lesen zu können; das Ankommen Lou's zu verfolgen, die Tatsache, dass die anfängliche Fremdheit einer permanenten Annäherung der ProtagonistInnen folgen sollte, gefiel mir sehr. Da ich selbst einen Teil meines (jungen) Lebens in WG's lebte, hatte ich auch einen direkten - und sehr positiven - Bezug zum Thema Zusammenwohnen.


    Fazit:


    Ein wunderschöner Roman, in dem es der Autorin mit Bravour, auf berührende Weise und stellenweise tiefpoetisch gelingt, zu beschreiben, wie es den WG'lerInnen gelingt, sich gegenseitig zu helfen; Altes, Verkrustetes mehr und mehr aufzubrechen, sich Mut zuzusprechen und auch Hoffnung zu geben. Allen, die tiefgründige und sehr niveauvolle Unterhaltung, gewürzt mit Empathie und psychologischem Feingefühl lieben, kann ich eine absolute Empfehlung aussprechen. Auch könnte es ein Roman sein, der SeniorInnen Hoffnung gibt, MitbewohnerInnen zu finden, die leerstehenden Zimmern in viel zu groß gewordenen Häusern - und damit auch ihrem eigenen Leben - womöglich wieder neues, mitmenschliches Leben einhauchen könnten. Zu wünschen wäre dies sehr!

    Ich vergebe mit einem dankeschön an Franziska Fischer und an den Dumont-Verlag für schöne Lesestunden 5*.


    10 von 10 Punkten / 5*****

  • Ein ruhiges Buch über eine ungewöhnliche Wohngemeinschaft.


    Aus Kostengründen vermieten Gloria und Herbert die Zimmer ihrer mittlerweile ausgezogenen Kinder. Gloria macht sich viel Mühe bei der Auswahl der neuen Mitbewohner und die Geschichte beginnt mit dem Einzug von Lou. Weitere Mitbewohner sind die musikliebende Student Jay und Vater Gregor und Tochter Alissa.

    Herbert betreibt ein Antiquariat, liebt seine Bücher, hat aber wenig Interesse am Verkaufen und erhält nach und nach Unterstützung von Jay.

    Gloria bietet auch gemeinsame Mahlzeiten an, wodurch die Hausgemeinschaft zusammenfindet und sich besser kennenlernt.

    Ich habe die ungewöhnliche WG gern begleitet, auch wenn letztlich nicht viel passiert und die Geschichte ruhig vor sich hin plätschert. Nur das Ende kam mir zu plötzlich und hat nicht wirklich zum Rest gepasst.

  • Ich fand das Buch ganz schön eigentlich, aber der Klappentext führte meiner Meinung nach in die Irre. Es klang dort ein Konflikt an, zumindest Konfliktpotential, wie es bei jeder WG mit so unterschiedlichen Bewohnern zwangsläufig auftritt. Aber dann war doch nur alles eitel Sonnenschein und blieb mir einfach zu sehr an der Oberfläche. Also: Für mich war es ein netter Schmöker mit einer grundsätzlich schönen Idee, aber mehr auch nicht. Dafür bekamen die Charaktere mir zu wenig Raum.