Das Wichtigste zuerst: Kaufen. Und das Allerwichtigste: Unbedingt lesen!
"Du legtest mir den Finger auf die Lippen, und von diesem Moment an schmeckte das Leben anders."
Sie heißen Ines und Sofia, Silke, Anna, Kim oder Andrea, Thomas, Markus, Georg, Manni und Hilde, Silke, Jo und Tina, Maria oder Marian. Manche von ihnen bleiben namenlos und alle leben, ohne viel Aufhebens von sich zu machen. Aber das bewahrt niemanden vor dem einen Augenblick, dem Schnitt, der in ein Vorher und Nachher trennt.
Der große Roman auf knapp drei, sechs oder auch einmal siebzehn Seiten? Minutenromane nennt Corinna Waffender ihre Szenen, und es ist eine Lüge, die ich gerne verzeihe: Die schlicht gezeichneten Figuren beschäftigen mich mit ihrem komplexen Innenleben deutlich länger. Das Kopfkino bekommt reichlich zu tun – und sei es bei dem Versuch, die einzelnen Schnitte in einen Film zu montieren. Es bliebe ein müßiges Experiment, doch so eigenständig die Szenen sind, so harmonisch fügen sie sich aneinander.
Dem Zusammenhalt förderlich ist auch das sehr gelungene Layout, dessen Schnitttechnik die Erzählstruktur aufgreift, ohne sie zu banalisieren.
Es wäre klug, das Buch nach jedem Abschnitt erst einmal beiseite zu legen und dem Nachhall zu lauschen. Aber ich kann nicht klug sein angesichts einem Erzählen, das so unspektakulär ist wie die gelassene Ruhe einer Seiltänzerin, die die kürzeste Entfernung zwischen zwei Turmspitzen gewählt hat.
Fazit: Es gibt Qualität, die mich neidlos macht. Corinna Waffenders "Schnitt" hat sie. Danke.
(edit ON) Der Querverlag hat eine Leseprobe online.
(edit OFF)