Jahr der Wunder – Louise Erdrich

  • Aufbau-Verlag, 2023

    464 Seiten


    Originaltitel: The Sentence

    Übersetzt von Gesine Schröder


    Kurzbeschreibung:

    Während sich in Minneapolis wütender Protest gegen rassistische Polizeigewalt formiert, wird eine kleine Buchhandlung zum Schauplatz wundersamer Ereignisse: Flora, eine treue Kundin, stirbt an Allerseelen und treibt fortan als Geist ihr Unwesen im Laden. Besonders Tookie, die dort nach einer Gefängnisstrafe arbeitet, erhält rätselhafte Zeichen. Denn die beiden Frauen verbindet mehr als ihre Liebe zur Literatur. Tookie muss sich den Geistern der Vergangenheit und ihrer indigenen Herkunft stellen. Und sich wie alle in der Stadt fragen, was sie den Lebenden und den Toten schuldet. Louise Erdrich zeigt eindrucksvoll, wie erhellend Literatur in düsteren Zeiten sein kann – und verfasst zugleich eine Liebeserklärung an Lesende, Bücher und jene, die sie verkaufen.


    Über die Autorin:

    Louise Erdrich, geboren 1954 als Tochter einer Ojibwe und eines Deutsch-Amerikaners, ist eine der erfolgreichsten amerikanischen Gegenwartsautorinnen. Für ihren Roman »Der Nachtwächter« erhielt sie 2021 den Pulitzer-Preis. Louise Erdrich lebt in Minnesota und ist Inhaberin der Buchhandlung Birchbark Books.


    Mein Eindruck:

    Louise Erdrich hat schon viele Romane geschrieben, aber Der Nachtwächter hatte mich einfach umgehauen. Und jetzt bei Jahr der Wunder, obwohl etwas kleiner angelegt, kann ich auch nur lobende Worte finden.


    Die toughe Hauptfigur Tookie arbeitet nach einer Haftstrafe mit Leidenschaft in einer Buchhandlung in Minneapolis. Louise Erdrich ist selbst Inhaberin einer Buchhandlung. Sie tritt sogar selbst einmal im Roman als Figur auf.

    Da werden die Szenen in der Buchhandlung sehr authentisch und viele Bücher und Autoren werden genannt. Dabei sind Tookie die Kunden sehr wichtig, z.B. der Unzufriedene, der eine Unmenge an literarischen Romanen kauft und nahezu unersättlich bleibt.

    Eine Kundin, Flora, aber ist verstorben und spukt nach Tookies Empfinden regelmäßig in der Buchhandlung.


    Tookie ist eine starke, sensible und empathische Figur, die den Roman trägt und die man nicht so schnell vergisst.


    Das Buch wird schließlich sehr zeitbezogen. 2020. Die Pandemie beginnt, der Mord an George Floyd, Proteste.


    Jahr der Wunder war in der Shortlist des Women's Prize for Fiction 2022. Es ist deutlich mehr als nur eine Geistergeschichte. Mein Empfinden nach ist es ein großartiges Buch!



    ASIN/ISBN: 3351039808

  • Indigene Gesellschaftsgeschichte.


    Die Schriftstellerin Louise Erdrich besticht mit ihrem Roman „Jahr der Wunder“. Sie greift die Probleme der indigenen Bevölkerung auf.

    Erst hatte ich mit der Protagonistin Tookie meine Probleme.

    Als sie dann in Louises Buchhandlung arbeitet, entfaltet sie sich. Das sie von Floras Geist verfolgt wird, ist mir bis zum Schluss nicht ganz klar, ob es sich vielleicht nur in ihrem Kopf stattfindet.


    Nach der Hälfte steckte ich in einem Sog und mochte das Buch fast nicht unterbrechen. Die Autorin schreibt angenehm flüssig und spannend.

    Witzigerweise spielte sie in dem Roman auch mal mit.

    Der Roman spielt bis in die gegenwärtige Zeit, auch der Coronavirus war akut.


    Der Roman ist auf jeden Fall lesenswert. Ich wurde gut unterhalten.

  • Schauplatz Minneapolis

    Durch die Hauptfigur Tookie lernt der Leser das Leben der indogenen Bevölkerung in Amerika kennen. Es ist ein Roman, der aufmerksam macht auf die Entwurzelung, Ausgrenzungen, Benachteiligungen und auch deren Spiritualität. Tookie findet nach einem Gefängnisaufenthalt einen Job in einer Buchhandlung. Man lernt verschiedene Kunden kennen und als die Stammkundin Flora verstirbt, geistert sie weiterhin durch die Regale. Aktualität bekommt die Geschichte durch das Einflechten von Corona sowie der George-Floyd-Demos und damit die Themen Rassismus und Polizeigewalt.


    Der Schreibstil der Autorin hat mich schon in anderen Romanen begeistert, so auch hier. Sie schreibt flüssig, nimmt den Leser mit in das Leben und die fremde Kultur der indogenen Bevölkerung. Eine echte Bereicherung für mich. Die toughe Tookie als Hauptfigur und alle anderen Personen waren mir sympathisch, vor allem natürlich ihre Liebe zu Büchern. Deshalb gefielen mir die Beschreibung der Buchhandlung, der eingeflochtenen Buchtitel samt Autoren und natürlich nicht zu vergessen die Kuckucksbücher, sehr gut. Eine echte Inspiration, die die eigene Wunschliste wachsen läßt.


    Einige Romane von dieser tollen Gegenwartsautorin liegen hier noch ungelesen, aber das wird sich nach diesem Erlebnis bald ändern. Von mir erhält das Buch eine Leseempfehlung!

  • Sollte Louise Erdrich tatsächlich einen seichten Buchhandlungsroman geschrieben haben? Nach dem Lesen des Klappentextes war ich unsicher, was bei der Lektüre des Buches auf mich warten würde, aber natürlich hat mich die Autorin wieder einmal nicht enttäuscht. Dieses wundervolle Buch hat nichts mit dem aktuellen Mainstream zu tun.


    Die Autorin ist selber Inhaberin einer Buchhandlung und vielleicht deshalb wirkt die Atmosphäre, in der kleinen Buchhandlung, in der ihre Hauptfigur Tookie arbeitet, so stimmig. Sich selbst hat sich auch eine kleine Nebenrolle gegeben; ein netter und amüsanter Einfall.


    Tookie, die aufgrund einer Intrige Jahre im Gefängnis saß, arbeitet in der Buchhandlung und genießt zusammen mit ihrem Mann, dem Polizisten, der sie damals festnahm, ihr neues Leben. Es könnte alles so schön sein, doch in dem besagten Jahr der Wunder stürmen unglaublich viele Dinge auf Tookie und ihre Lieben ein.

    Es beginnt mit dem Spuk von Flora, einer langjährigen Kundin, die nach ihrem Tod den Laden heimsucht, geht weiter mit den Unruhen nach dem Mord an George Perry Floyd und dann ist da auch noch die Pandemie, die zu massiven Veränderungen führt und immer wieder muss sich Tookie mit ihrer indigenen Vergangenheit auseinandersetzen…


    Tookie ist eine unglaublich liebenswerte und emotionale Person. Sie wächst einem beim Lesen ans Herz. Ihre Art, die Welt zu sehen, ist komisch und tragisch zugleich, denn das, was sie in ihrem Leben schon erfahren musste, reicht aus für mehrere Personen. Ich will nicht zu viel verraten über diesen wundervollen Roman, doch er war bisher eines meiner Lesehighlights des Jahres. Daumen hoch und eine begeisterte Leseempfehlung.

  • The Sentence / La Sentence / Jahr der Wunder wurde heute in Paris, in französischer Übersetzung von Sarah Gurcel Vermande, mit dem prix Femina du roman étranger (Buchpreis Femina für den besten ausländischen Roman) ausgezeichnet.

    ASIN/ISBN: 2226474900