'Auf Tiefe - See- und Küstengeschichten' - Der Apostat

  • Dieter Neumann Natürlich ist eine Kurzgeschichte zumeist nur eine Momentaufnahme. Aber das Spekulieren darüber, wie es dazu gekommen ist und wie es wohl weitergeht, gehört für mich absolut dazu, wenn mich die Geschichte berührt hat.

    Für den Autor ist das "was hat mir gefallen und warum" oder die Kritik natürlich interessanter, aber gerade in einer Leserunde besteht für mich der Reiz auch in der Spekulation und den Diskussionen. Sonst bräuchte es für mich keine Leserunde.

    “You can find magic wherever you look. Sit back and relax all you need is a book." ― Dr. Seuss

  • Für den Autor ist das "was hat mir gefallen und warum" oder die Kritik natürlich interessanter, aber gerade in einer Leserunde besteht für mich der Reiz auch in der Spekulation und den Diskussionen. Sonst bräuchte es für mich keine Leserunde.

    Gegen Diskussionen über und Spekulationen zu den Geschichten habe ich natürlich nicht das Geringste einzuwenden - im Gegenteil. Genau deshalb stellt der Autor sein Zeug ja für eine Leserunde zur Verfügung. Und jede Spekulation zum Inhalt, zum Gehalt, zur Aussage und zur Bedeutung eines Textes ist ausdrücklich erwünscht.

    Mit meinem Beitrag oben wollte ich - abseits aller Spekulationen - lediglich auf ein Kernelement der Literaturform Kurzgeschichte aufmerksam machen, mehr nicht.

    Aber auch nicht weniger.

  • Ich bin gerade total fasziniert, wie intensiv eine Kurzgeschichte einen in ein Gedankenkarrussell reinziehen kann und was für lebendige Diskussionen daraus entstehen können. Ein herzliches Dankeschön dafür in die Runde - allen voran an Dieter Neumann ! :anbet


    Mich hat in dieser Geschichte vorallem die Frage beschäftigt was auf dem Dachboden "geschehen" ist. Was ist ihm alles durch den Kopf gegangen als er erstarrt dort stand? Hat er die Frau nur gesehen oder glaubte er gar, ihre Stimme zu hören? Dass man das als Leser nicht einfach "vorgesetzt" bekommt, finde ich großartig und lässt so viel Spielraum für seine eigenen Gedanken und Interpretationen, was für mich das Leseerlebnis noch intensiver macht.

    Vielleicht ist seine Entscheidung, sich nicht aufzuhängen die schlimmste überhaupt. Er hat sich weiter zu seinem schrecklichen Leben verurteilt.

    Selbst die Treppe scheint Mitgefühl zu haben und knarrt schwerer als sonst.

    Genauso habe ich das auch empfunden. Wenn er den Strick genommen hätte, hätte er keine Schuldgefühle mehr empfinden müssen, es hätte eine Befreiung sein können. Doch er entscheidet sich dafür, sein Kreuz weiter zu tragen.

    :gruebel Vielleicht ist da die katholische Kirche doch besser als die evangelische, denn da wird auch oder gerade von Pfarrern erwartet, dass sie zur Beichte gehen und ihr Gewissen mit Hilfe eines anderen Geistlichen erforschen. So ein intensives Gespräch wäre diesem Pastor sicher hilfreicher gewesen als sich seiner Frau anzuvertrauen, die mit dem Geständnis nicht richtig umgehen kann.

    An die heilende Wirkung der Beichte muss man aber auch glauben. Und ich befürchte, dass jemand, der so mit dem Glauben hadert wie der Protagonist, es nicht schafft, sich so tief auf das Sakrament der Beichte einlassen zu lassen. Zudem finde ich es absolut nachvollziehbar, dass ich mich in seelischer Not in erster Linie an meinen Ehepartner wende.

  • Glauben ist eine sehr intime Angelegenheit. Ich empfinde Glauben ebenso persönlich wie die Liebe zu einem Menschen. Beides taucht plötzlich auf und kann ebenso plötzlich verschwinden. Ein großes Geschenk ist, wenn man beides leben und erfahren kann.

    Ich kenne auch einen Pfarrer, dem genau dies passiert ist, was in der Geschichte geschildert wird. In vielen Gesprächen erklärte er mir, dass er sich wie ein Lügner vorkam, wie ein Betrüger, nachdem er feststellen musste, dass sein Glaube ihm abhanden gekommen war. Er traute sich kaum, den geliebten Menschen seiner Gemeinde gegenüberzutreten, obwohl diese ja gar nichts von seinem Konflikt wussten. Jahrelang hat er seinen Schäfchen etwas gepredigt, was ihm im nachhinein absurd vorkam. Wirklich schwierig, wenn das "Geschäftsmodell" auf zwischenmenschlichen Beziehungen, auf der Auslegung des Wortes, auf einer Idee aufbaut. Er ist trotzdem bis zu seiner Pensionierung geblieben, hat seine liebe Gemeinde an all den schönen und schwierigen Momenten des Lebens begleitet. Eine sehr wertvolle und erfüllende Aufgabe, die er wirklich toll erfüllt hat.


    Ich kann also die Gefühlswelt, die beim Lesen entsteht, nachvollziehen, möchte sie aber einfach so stehen lassen.

    Das Ende ist für mich absolut offen. Das Seil liegt ja noch auf dem Dachboden. Die Entscheidung für das Leben ist eine Momentaufnahme. Das gefällt mir sehr gut.

    Die eigentliche Geschichte aber bleibt unerzählt, denn ihre wahre Sprache könnte nur die Sprachlosigkeit sein. Natascha Wodin

  • Das Ende ist für mich absolut offen. Das Seil liegt ja noch auf dem Dachboden. Die Entscheidung für das Leben ist eine Momentaufnahme. Das gefällt mir sehr gut.

    Auch hier gilt, was ich eben in einem anderen Thread schrieb:

    Es hat schon was, wenn der Autor feststellt, dass sein Zeug verstanden wird ... :freude

    Wobei ich mir allerdings bei dieser Geschichte immer selbst die Frage stelle, ob er wirklich eine bewusste Entscheidung für das Leben getroffen hat, oder ob sein Verhalten nicht der (verständlichen) Feigheit vor der Endgültigkeit des Freitods geschuldet ist. Ich wage das nicht zu beantworten.

    Muss mal den Autor fragen, aber ich fürchte, der weiß es auch nicht ... :gruebel

  • Auch der Autor muss nicht alles wissen. :lache Die Figuren haben auch ein gewisses Eigenleben.



    Er ist trotzdem bis zu seiner Pensionierung geblieben, hat seine liebe Gemeinde an all den schönen und schwierigen Momenten des Lebens begleitet. Eine sehr wertvolle und erfüllende Aufgabe, die er wirklich toll erfüllt hat.

    Also mir ist ein Pfarrer, der seine Mitmenschen liebt, sich um sie kümmert und sie in guten und schlechten Tagen begleitet, wichtig.

    Wie sein eigenes Verhältnis zu seinem Gott ist, ist mir eigentlich egal. Wobei ich den Konflikt natürlich sehe.

    Aber wichtig finde ich seinen Dienst an den Menschen und damit tut er auch Dienst an Gott, egal, ob er an ihn glaubt oder nicht.



    Ich finde es interessant, dass unser Pastor in der Kurzgeschichte darüber in keiner Sekunde nachdenkt. Eigentlich schade.

  • hm, ich habe den Pastor auch ein wenig als sehr passiv empfunden. Ihm geht der Glaube verloren und daraufhin wartet er lange Zeit, dass er wiederkommt. Er wartet auf den Geist seiner Frau, die ihm sagen soll was zu tun ist.


    Letztendlich macht er sich von anderen abhängig, erfüllt seine Aufgaben, obwohl diese ihn nicht mehr erfüllen, weil die anderen das so erwarten.

    Eigentlich würde ich erwarten, dass ein erwachsener Mensch dann auch mal in sich geht und überlegt, was er an seiner Situation ändern kann. Er hätte ja auch gehen können, woanders neu anfangen. Vielleicht hätte sein Frau das auch unterstützt.


    Das Beispiel von Regenfisch zeigt ja, dass man auch Seelsorger sein kann, wenn man nicht mehr an Gott glaubt. Vielleicht nicht unbedingt im Dienst der Kirche, aber eben auf eine andere Art und Weise.


    Dass er am Ende den Strick nicht nutzt, ist die erste aktive Handlung, vielleicht auch der erste Schritt in en anderes Leben

  • :write Das finde ich auch!

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    Von den vielen Welten, [...] ist die Welt der Bücher die größte. (Hermann Hesse)


    :lesend Stanislaw Lem: Der Unbesiegbare / Die Jagd

  • Wieder eine eher tragische Geschichte. Ein Pastor verliert seinen Glauben und unternimmt nichts. Er macht seinen Job weiter, aber nicht mehr mit Überzeugung. Er hat den Verlust seiner Frau offenbart, aber von ihren Problemen hat er nichts gemerkt, weil er in Selbstmitleid zergeht. Vergeblich sucht er Rettung im Alkohol, aber auch seine Gemeinde bleibt passiv. Sie deckt ihn, aber sonst kommt auch nichts.

    Das Ende hat mich überrascht, weil er die Treppe wieder heruntergeht. Liegt es vielleicht an einem letzten Rest vom Glauben.

    :lesend James Lee Burke - Die Tote im Eisblock

    hörend: Hanna von Feilitzsch - Bittersüße Mandeln

  • Das Ende ist für mich absolut offen. Das Seil liegt ja noch auf dem Dachboden. Die Entscheidung für das Leben ist eine Momentaufnahme. Das gefällt mir sehr gut.

    Mir kommt es gar nicht wie eine Entscheidung für das Leben vor. Dieser vorletzte Satz, das eine Wort "Geschlagen" nimmt für mich alles Positive aus dieser Entscheidung gegen den Strick, mir scheint es eher so, als sei dem Pastor selbst dieser letzte Ausweg verwehrt

  • Für mich ist in dieser Geschichte Kirche, Glaube und Religion ehrlich gesagt etwas nebensächlich, sondern ein Vehikel, um auf die gestörte Kommunikation in der Ehe sowie die Einsamkeit und Schuldgefühle hinzuweisen. Als Bild ist der Pastor und die Religion gut gewählt und erzählt, und es ist sicherlich ein Bild, das viele nachvollziehen können, aber auf die Grundproblematik hätten auch viele andere Bilder hinweisen können. Ich hoffe, ich sehe das jetzt nicht ganz anders als du es vorhattest Dieter Neumann , aber zentral ist für mich die Isolation, Schuldgefühle und falsche Kommunikation in einer Ehe.

  • Eure bisherige Diskussion habe ich gerade sehr interessiert gelesen. :thumbup:Da kamen sehr viele unterschiedliche Sichtweisen zusammen - dafür schon mal vielen Dank! :knuddel1


    Ich habe mit dieser Kurzgeschichte ein Problem: anders als bei den vorherigen Geschichten, wo ich genau wusste/fühlte, warum die Charaktere genau so handeln, wie sie es tun (auch wenn sie andere Möglichkeiten gehabt hätten), hatte ich dieses Gefühl hier nicht. Der Pastor und seine Passivität bleiben mir fremd und dadurch bleibe ich ratlos zurück. Ich weiß, Depressionen sind für Außenstehende nicht nachvollziehbar, aber dass es sich bei der Glaubenskrise um eine Depression handeln könnte, konnte ich so nicht herauslesen (sondern erst durch eure Beiträge).

    Eigentlich würde ich erwarten, dass ein erwachsener Mensch dann auch mal in sich geht und überlegt, was er an seiner Situation ändern kann. Er hätte ja auch gehen können, woanders neu anfangen.

    :write Für mich ist er wesentlich weniger in seiner Heimat verwurzelt als die Protagonisten in den vorhergehenden Geschichten. Auch das ist ein Grund, warum ich sein Bleiben - über Jahrzehnte hinweg - nicht verstehen kann.

    Für mich ist in dieser Geschichte Kirche, Glaube und Religion ehrlich gesagt etwas nebensächlich, sondern ein Vehikel, um auf die gestörte Kommunikation in der Ehe sowie die Einsamkeit und Schuldgefühle hinzuweisen.

    :writeErgänzend dazu der (nicht vorhandene) Umgang mit einer existenzbedrohenden Lebenskrise.

    Irgendwie ist der Pastor ein Seelenbruder des unglücklichen Tjark.

    "Alles vergeht. Wer klug ist, weiß das von Anfang an, und er bereut nichts." Olga Tokarczuk (übersetzt von Doreen Daume), Gesang der Fledermäuse, Kampa 2021

  • Der Pastor und seine Passivität bleiben mir fremd und dadurch bleibe ich ratlos zurück. Ich weiß, Depressionen sind für Außenstehende nicht nachvollziehbar, aber dass es sich bei der Glaubenskrise um eine Depression handeln könnte, konnte ich so nicht herauslesen (sondern erst durch eure Beiträge).

    Es ist wirklich aufregend für den Autor, eure höchst unterschiedlichen Interpretationen gerade zu dieser Geschichte zu lesen. Natürlich habe ich diese nicht zu bewerten, aber ich frage mich schon, wie man auf das Krankheitsbild "Depression", bezogen auf diesen Mann, kommen kann. Insofern stehe ich dem ebenso zweifelnd gegenüber wie du, Lese-rina.


    Aber ich mag auch deinen Begriff "Passivität" nicht teilen, denn passiv ist der Mann keineswegs. Tatsächlich ist er äußerst aktiv, zwingt sich ein Vierteljahrhundert dazu, genau das zu tun, wofür er sich am meisten verachtet: Pastor zu spielen, ohne selbst glauben zu können.


    Kann sich irgendjemand vorstellen, was das für ihn bedeutet? Welch ein wahnsinniges Leben das ist? Und dann noch erkennen zu müssen, dass er zu feige ist, diesem unwürdigen Tun endlich ein Ende zu setzen, wie es seine Frau ja scheinbar verlangt (was offenkundig nichts anderes ist als seine eigene Projektion).


    Was mich an diesem Schicksal fasziniert, ist die unbeschreibliche Pein, das jahrzehntelange Leid dieses Menschen, der daran verzweifelt, dass er zu schwach, dass er "kein Mensch für Antworten" ist, wie es im Text heißt.

  • Eure bisherige Diskussion habe ich gerade sehr interessiert gelesen. :thumbup:Da kamen sehr viele unterschiedliche Sichtweisen zusammen - dafür schon mal vielen Dank! :knuddel1


    Ich habe mit dieser Kurzgeschichte ein Problem: anders als bei den vorherigen Geschichten, wo ich genau wusste/fühlte, warum die Charaktere genau so handeln, wie sie es tun (auch wenn sie andere Möglichkeiten gehabt hätten), hatte ich dieses Gefühl hier nicht. Der Pastor und seine Passivität bleiben mir fremd und dadurch bleibe ich ratlos zurück. Ich weiß, Depressionen sind für Außenstehende nicht nachvollziehbar, aber dass es sich bei der Glaubenskrise um eine Depression handeln könnte, konnte ich so nicht herauslesen (sondern erst durch eure Beiträge).

    :/ Ist hier nicht eher der Ehefrau eine Depression diagnostiziert worden, weil sie sich umgebracht hat?

    Das scheint wohl so üblich zu sein, bei Suiziden, bei denen kein offensichtlicher oder ausreichender anderer Grund erkennbar ist.

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    Von den vielen Welten, [...] ist die Welt der Bücher die größte. (Hermann Hesse)


    :lesend Stanislaw Lem: Der Unbesiegbare / Die Jagd

  • Ja, so lange etwas zu tun, an das man nicht glaubt, ist natürlich anstrengend. Aber wie du selbst sagst auch feige. Warum ändert er sein Leben nicht? Es ist sein Leben, nur er dafür verantwortlich. Er muss nicht um sein Leben fürchten, wenn er beschließt, etwas anderes zu machen. Wer weiß, vielleicht hätte ihn seine Frau unterstützt.


    Was mich an solchen Menschen stört ist, dass sie die Verantwortung für ihr Leben an andere abgeben.

    Wenn ihn sein Job nicht mehr erfüllt, sollte er etwas anders machen. Es ist doch niemanden geholfen, sich selbst und allen anderen was vorzuspielen.


    Und mal ganz hart gesagt, nach all den Jahren Selbstmord zu begehen ist eigentlich dann auch der leichte Weg.

  • Ich oute mich als jemand, der viel Verständnis für den Pastor hat. :schuechtern

    Aber ich mag auch deinen Begriff "Passivität" nicht teilen, denn passiv ist der Mann keineswegs. Tatsächlich ist er äußerst aktiv, zwingt sich ein Vierteljahrhundert dazu, genau das zu tun, wofür er sich am meisten verachtet: Pastor zu spielen, ohne selbst glauben zu können.


    Kann sich irgendjemand vorstellen, was das für ihn bedeutet? Welch ein wahnsinniges Leben das ist? Und dann noch erkennen zu müssen, dass er zu feige ist, diesem unwürdigen Tun endlich ein Ende zu setzen, wie es seine Frau ja scheinbar verlangt (was offenkundig nichts anderes ist als seine eigene Projektion).

    Ich sehe den Pastor weder als passiv noch als schwach und erst recht nicht als feige. Jeder Tag ist für ihn ein Kampf und trotzdem steht er auf, nimmt den Kampf auf und erledigt die ungeliebten Pflichten. Um das so durchzustehen braucht es sehr viel Kraft.

    Und mal ganz hart gesagt, nach all den Jahren Selbstmord zu begehen ist eigentlich dann auch der leichte Weg.

    Das ist für mich in der Tat zu hart ausgedrückt. Ich glaube nicht, dass man einfach so und ganz leicht Selbstmord begeht. Das ist bis zuletzt ein innerer Kampf und wie groß muss der Leidensdruck sein, um diesen Weg schlussendlich zu gehen.

  • Aber ich mag auch deinen Begriff "Passivität" nicht teilen, denn passiv ist der Mann keineswegs. Tatsächlich ist er äußerst aktiv, zwingt sich ein Vierteljahrhundert dazu, genau das zu tun, wofür er sich am meisten verachtet: Pastor zu spielen, ohne selbst glauben zu können.

    Passivität bedeutet doch nicht unbedingt, nichts zu tun. In diesem Fall bedeutet es, nichts an der für ihn unbefriedigenden Situation zu ändern. Wenn er ein paar Jahre mit der Hoffnung verbringt, dass er seinen Glauben "von selbst" wiederfindet, ist das ja okay, aber 25 Jahre? Wenn das keine Passivität ist, was dann?

    An den bestehenden Abläufen und Strukturen festzuhalten, obwohl man damit unzufrieden ist, ist einfacher, als etwas zu ändern. Die Angst vor Veränderung ist oft größer als die Unzufriedenheit. Deshalb bleiben ja so viele Menschen in lieblosen Ehen, oder machen im Job nur noch Dienst nach Vorschrift.


    Er hält sich für feige, und im Grunde ist er das auch. Aber er sollte nicht den Mut finden, es mit dem Strick zu beenden, sondern die Situation zu beenden indem er Hilfe sucht oder einen Neuanfang wagt.


    Und auch wenn bei seiner Frau die Depression diagnostiziert wurde (wurde sie das überhaupt?): Er macht auch den Eindruck. Was ja auch nicht verwunderlich ist.

    “You can find magic wherever you look. Sit back and relax all you need is a book." ― Dr. Seuss

  • und erledigt die ungeliebten Pflichten. Um das so durchzustehen braucht es sehr viel Kraft.

    Ich frage mich die ganze Zeit, ob er seine Pflichten wirklich nicht geliebt hat.

    Um sich um die Gemeinde kümmern zu können, braucht es keinen Glauben an Gott.

    Liebe deinen Nächsten wie dich selbst - das ist nach der Liebe zu Gott die Kernforderung des Glaubens.

    Aber vielleicht konnte er das dann auch nicht mehr.


    Vielleicht ist es auch völlig anders, wenn man wie ich so gar nicht gläubig ist.

  • Das ist eine sehr gute und berechtigte Frage. Ich kann mir vorstellen, dass die Betreuung der Menschen ihm nicht schwer gefallen ist. Aber möglicherweise die Gottesdienste. Wenn man selbst mit dem Glauben hadert, stelle ich es mir schwierig vor, den Menschen eben diesen Glauben näher zu bringen oder gar zu erklären. Wie schwer müssen ihm da z.B. Predigten gefallen sein und die Sakramente zu erteilen. Und doch hat er es durchgezogen und ich glaube zu verstehen, dass die Gemeinde nichts von seinem Zweifel gemerkt hat. So gesehen hat er seine Gemeinde nicht im Stich gelassen, was ihn sicher viel Kraft gekostet hat.