'Auf Tiefe - See- und Küstengeschichten' - Gelobtes Land

  • Die Geschichte hat mich sehr berührt, zumal ich Töchter im "passenden" Alter habe. Auch wenn das Ende klar war, konnte ich nicht anders als zu hoffen.


    Ich bin allerdings auch etwas zwiegespalten. Meine Firma hat eine Zweigstelle in Rumänien und ich habe mehrere rumänische Kolleg:innen, die mittlerweile in Deutschland leben und inzwischen auch ganz passabel Deutsch sprechen. Und einer der Teamleiter ist nach Rumänien gezogen, da er eine der rumänischen Kolleginnen geheiratet hat und dort deutlich günstiger lebt. Ich war selbst schon bei Kunden in Rumänien, und dort, wo die EU Gelder für die Entwicklung genutzt worden sind, stehen moderne Industrieanlagen und es wurden gute Arbeitsplätze geschaffen. Die Probleme liegen wie in vielen der ärmeren EU Länder in den ländlichen Bereichen. Aber insgesamt ist Rumänien auf einem guten Weg. Es werden Fachkräfte ausgebildet und Aufträge vergeben. Ich denke, dass ist ein wichtiger Schritt, um den Menschenhandel einzudämmen.

    “You can find magic wherever you look. Sit back and relax all you need is a book." ― Dr. Seuss

  • Es werden Fachkräfte ausgebildet und Aufträge vergeben. Ich denke, dass ist ein wichtiger Schritt, um den Menschenhandel einzudämmen.

    Ja, da stimme ich Dir vollkommen zu - und ich finde es gut, dass Du uns hier darauf aufmerksam machst...

    Aber ich denke, dass Rumänien hier nur als Beispiel steht (Bulgarien, z.B. viele Länder der früheren UdSSR - dies in Europa) Frauen aus Asien, aus Afrika oder vielleicht auch aus Süd- oder Mittelamerika, überall sind Menschenhändler (oder sagen wir gleich: potentielle Zuhälter) unterwegs, um Frauen mit wunderschönen Bildern zu ködern... Mir fallen dabei auch die vielen Familien ein, die ihre Kinder an potentielle Adoptiveltern "verkaufen"... Diese Menschen habe alle die große Hoffnung, dass es ihnen selbst oder ihren Kindern besser geht - deshalb würde ich am liebsten jedes Selbsthilfeprojekt in den jeweiligen Heimatländern unterstützen - aber leider bin ich keine Millionärin...

  • Sonnenschein12 Klar, das ist mir bewusst und es ist wirklich furchtbar. Da geht es mir wie dir. Es ging mir auch nur darum, dass Osteuropa wesentlich vielschichtiger ist, als viele mitbekommen. Durch meine Arbeit habe ich auch mit Ländern in Osteuropa zu tun und war manchmal selbst erstaunt, was für moderne Anlagen dort teils stehen. Und dann wieder der kleine Familienbetrieb, bei dem der Chef im Haus nebenan wohnt...


    Ich bin froh, dass wir bei uns eine Schulpflicht haben und ein Sozialsystem, dass zwar nicht alle auffängt, aber zumindest Armut soweit abpolstert, dass Eltern nicht zu derartigen Verzweiflungstaten greifen.

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  • Es ging mir auch nur darum, dass Osteuropa wesentlich vielschichtiger ist, als viele mitbekommen. Durch meine Arbeit habe ich auch mit Ländern in Osteuropa zu tun und war manchmal selbst erstaunt, was für moderne Anlagen dort teils stehen.

    Deshalb finde ich Deinen Beitrag so wichtig, so etwas vergessen wir (ich!) gern mal und urteilen ganz pauschal über einen Kamm...

    Aber es gibt eben auch noch die andere Seite, andere Länder, größere Armut...

  • Wobei ich nicht bei den Ärmsten ansetzen würde, sondern bei den Reichen, von denen das Geld für dieses schreckliche Elend kommt!

    Meine Frage war, wie man die Verbrecher nennt, die Schuld dafür sind, dass ständig neue junge, unverdorbene Mädchen und Jungen zur Verfügung gestellt werden. Man nennt sie beschönigend "Freier" - das war mal ein Begriff, der sich auf Männer bezog, die in allen Ehren und nach den jeweiligen Traditionen der Gegend um die Hand einer einzigen Frau (oder Mädchen) anhielten und vor Gott versprachen diese zu lieben und zu ehren bis das der Tod sie scheiden sollte.

    Wie pervers ist es denn, dass so gewissenlose Typen wie die, die in dieser Geschichte so verniedlichend als "Ponyreiter" bezeichnet werden, noch immer so genannt werden? :schlaeger


    Zumindest tut sich hier in Deutschland etwas in Hinsicht Freierstrafbarkeit.

    :?:

    Ein Kommentar dazu in der Zeitung Zeit

    Zitat

    Die Botschaft für die Herren Freier verbirgt sich, nach langem Vorspann, in Paragraf 232a Absatz 6, also sehr versteckt. Wer von dieser Strafvorschrift erfasst werden soll, muss sich schon wirklich sehr blöd anstellen oder einlassen. Er muss Vorsatz (mindestens: Für-Möglich-Halten und Billigen) hinsichtlich aller Tatbestandsmerkmale haben: Voraussetzungen nach Nr. 1 oder Nr. 2, Prostitution, Kenntnis Zwangslage oder Hilflosigkeit, Kenntnis "Ausnutzen". Sobald sich der Täter (Freier) auch nur bezüglich eines dieser Merkmale irrt, befindet er sich im Tatbestandsirrtum (Paragraf 16 Abs. 1 StGB) und ist straffrei. Ein echter Durchbruch also!

    :unverstanden

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    Von den vielen Welten, [...] ist die Welt der Bücher die größte. (Hermann Hesse)


    :lesend MZB: Darkover-Universum

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  • Ich bin grundsätzlich gegen eine Strafbarkeit von Prostitution, auf beiden Seiten, solange alle Teilnehmer volljährig sind und freiwillig in der Branche arbeiten.

    Ein ganz normaler Freier hat ja nichts mit Missbrauch Minderjähriger zu tun. Wobei auch nicht jeder Pädophile sich tatsächlich an Kindern vergreift.

    “You can find magic wherever you look. Sit back and relax all you need is a book." ― Dr. Seuss

  • Prostitution lässt sich nicht verbieten, aber man kann zumindest schärfer kontrollieren, wer sich da mit welchen Angeboten befriedigt.

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    Von den vielen Welten, [...] ist die Welt der Bücher die größte. (Hermann Hesse)


    :lesend MZB: Darkover-Universum

  • Zum Schluss bleibt aber immer die Hoffnung, dass einige (hoffentlich viele) dieser jungen Leben durch gute Polizeiarbeit, aufmerksame Bürger und Hilfsvereinen gerettet werden. Der Schwerpunkt in dieser Story liegt bei dem Wissen de/rs Lesenden, was diese jungen Menschen zunächst erwartet und das damit nicht ausgeschriebene Elend, von dem wir eben schon wissen. Aber trotzdem, die Hoffnung bleibt.

    Schon der weise Adifuzius sagte: "Das Leben ist wie eine Losbude, wenn Du als Niete gezogen wurdest, kannst Du kein Hauptgewinn werden.":chen

  • Ja, die Hoffnung bleibt, aber für mich überwiegt immer wieder das Entsetzen darüber, dass für unsere Welt folgende Sätze gelten:


    Keiner vermisst sie, niemand sucht nach ihnen. Es hat sie ja nie gegeben.

    Ohne Hoffnung wäre das Leben überhaupt nicht auszuhalten.

    Auch für mich gilt, was du eben woanders geschrieben hast: Ich lache gern, sehr gern sogar, aber oft genug bleibt mir das Lachen im Hals stecken. Und solche Geschichten müssen auch erzählt werden.

    Den Freundinnen und Freunden der ungebremsten Heiterkeit mag diese Geschichtensammlung allerdings etwas viel zumuten ... 8)

  • Beim Lesen hatte ich sofort wieder „Die Tote vom Kalkgrund“ vor Augen. Das Thema hat mich damals schon sehr berührt und tat es in diesem Fall auch wieder. Denn es hat sich ja nichts geändert.


    Es gibt einfach zu viele Familien, die ihre Kinder verkaufen müssen und zu viele Schleuser, die gut dran verdienen. Wie damals im Roman geschrieben, kann man leider immer nur einzelnen helfen. Die Dunkelziffer wird damals wie heute weiterhin immens hoch sein.


    Mir tun diese Jungs und Mädchen so leid, die anfangs immer noch glauben, sie kommen in ein besseres Leben und Land. Und am Ende, wie du schreibst, landen sie irgendwo drogensüchtig, prostituiert auf der Straße. Der Traum des besseren Lebens innerhalb von Stunden zerplatzt. Zerbrochene Seelen. Es tut weh.


    Es macht mich so wütend und traurig. Es ist schlimm, dass man den organisierten Menschenhändlern nicht das Handwerk legen kann. Zu mächtig, zu gut organisiert. Aber trotzdem ist es gut, auch die kleinen Fische zu kriegen. Denn jedes gerettet Kind ist es wert.


    Man sollte sich tatsächlich immer wieder vor Augen führen, wie gut es uns hier in Deutschland im Großen und Ganzen geht.


    Hier muss ich auch wie damals wieder etwas länger verdauen.

    :lesend Sven Koch - Dünensturm

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    Hörbuch: Jean-Luc Bannalec - Bretonische Idylle

    Hörbuch: Judith Lennox - Die Jahre unserer Freundschaft

    SuB: 321

  • Bei mir war diese und die letzte Geschichte im Buch noch ausständig und ich habe mir schon vor Wochen vorgenommen, sie demnächst zu lesen. Nach ein paar Sätzen hatte ich aber die (berechtigte) Befürchtung, dass es eine "schwierige" Geschichte wird und das Buch deshalb (bis heute) zur Seite gelegt.


    Ja, es ist eine sehr traurige Geschichte. Ja, ich stimme euch zu: es ist unendlich wichtig, auch solche Geschichten zu erzählen, um Mädchen und Jungen wie Oana und Sorina zumindest eine Stimme zu geben. Gerne gelesen habe ich sie trotzdem nicht und eigentlich will ich gar nicht viel mehr dazu schreiben. Ein sehr niederdrückendes Gefühl der Macht- und Hilfslosigkeit macht sich da bei mir breit.


    Deshalb mehr zum Aufbau: der unerwartete Dialog inmitten der Erzählung hat mich irritiert. Natürlich brauchen wir ihn als Leser, um zu wissen, was Oana erwartet. Aber stilistisch passt er so gar nicht dazu. Auch konnte ich ihn nicht so recht in die Geschichte einordnen: ist das jetzt ein Telefonat - warum hören wir dann aber beide Gesprächspartner? Das hat mich auch emotional von Oana weggebracht, andernfalls wäre ich sicher von ihrem Schicksal noch mehr gefangen gewesen (wobei fraglich ist, ob das hier wirklich so wünschenswert ist).

    "Alles vergeht. Wer klug ist, weiß das von Anfang an, und er bereut nichts." Olga Tokarczuk (übersetzt von Doreen Daume), Gesang der Fledermäuse, Kampa 2021