Angelika Godau: Herbstgezwitscher. Roman (Bd. 4), Zweibrücken 2022, Independently published, ISBN 979-836269900-0, Softcover, 280 Seiten, Format: 12,7 x 1,68 x 20,32 cm, Buch: EUR 10,95, Kindle: EUR 4,99.
Noch leiden Inge Berger (78) und ihre turbulente Patchwork-Familie unter den Nachwirkungen von Enkelin Laras letzten Eskapaden. Die Vierzehnjährige ist ja generell nicht ohne: pampig, egoistisch, rücksichts- und respektlos, doch da hat sie sich was geleistet, das sie und ihre quasi-Stiefschwester in Lebensgefahr gebracht hat!
War’s wirklich eine gute Idee, Lara dafür nicht zu bestrafen und sie stattdessen mit einem Mutter-Tochter-Wellness-Wochenende zu „belohnen“? Diese schräge Idee stammt von Stefan Ruttig, dem Lebensgefährten von Laras Mutter. Da fragt man sich doch, ob der Kerl spinnt.
Doch tatsächlich kommen sich Mutter Sarah und Tochter Lara, die einander in Sachen Egozentrik und Unfairness in nichts nachstehen, an diesem Wochenende wieder ein bisschen näher.
Eifersüchtig auf den Hund?
So friedlich bleibt’s nicht lange. Bei Inge und ihrem Lebenspartner Jonathan Brinkmann (66) gerät der Haussegen in Schieflage. Jonathan fühlt sich vernachlässigt, weil sich bei Inge auf einmal alles um Hund Georg dreht. Inge findet das lustig. Wie kann ein intelligenter, vernünftiger Erwachsener nur eifersüchtig auf ein Haustier sein? Natürlich braucht ein tierischer Neuzugang erst einmal viel Aufmerksamkeit! Aber vielleicht sollte sie ihr Verhalten doch mal hinterfragen. Wenn sie nur dazu käme! Denn die nächste Katastrophe lässt nicht lange auf sich warten.
Tochter Sarah, die jetzt mit Stefan Ruttig endlich mal einen Partner an ihrer Seite hat, der ihr guttut, schmiedet Zukunftspläne und treibt die Scheidung von ihrem Noch-Ehemann Alex voran. Zur Erinnerung: Alex hatte sie wegen einer Jüngeren verlassen. Jetzt ist die aktuelle „Bitch“, wie Teenie Lara die Freundinnen ihres Vaters zu nennen pflegt, weg. Alex kommt wieder bei Sarah angekrochen und verlangt, dass sie ihn zurücknimmt. Wenn’s nur nach ihr ginge, würde sie ihren Noch-Ehemann in hohem Bogen rausschmeißen. Aber er wanzt sich bei den Kindern an und versucht, Sarah ein schlechtes Gewissen zu machen. Sie könne Lars und Lara doch nicht den Vater vorenthalten!
Ein Ex mit einem fiesen Plan …
Sohn Lars ist noch jung genug, um den angeblichen Sinneswandel des Vaters für bare Münze zu nehmen, doch der ausgeschlafenen Lara kann er nichts vormachen. Alex hat sich doch sonst nie für die Familie interessiert. Wieso jetzt auf einmal? Und wirklich: Der Mann hat Hintergedanken - und bekanntlich wenig Skrupel, wenn es darum geht, seinen Willen durchzusetzen …
Und dann wird auch noch die gute Seele des Hauses Brinkmann/Berger schwer krank: Haushälterin Else, die mit ihrer patenten und pragmatischen Art das häusliche und familiäre Chaos stets zuverlässig in Schach hält. Wer wird sich jetzt um Jonathan und Inge kümmern und um Sarah, Lara und Lars, die derzeit bei den beiden wohnen? Und vor allem: Wer kümmert sich um Else? Sie gehört ja fast zur Familie!
… und eine Frau mit Geheimnissen
Doch jetzt stellt sich heraus, dass Jonathan und Inge eigentlich gar nichts über ihre Angestellte wissen.
Verheiratet ist sie ja wohl. Aber lebt sie noch mit ihrem Mann zusammen? Er ist nie in Erscheinung getreten und sie erwähnt ihn auch nicht. Gut möglich, dass Else jetzt allein daheim im Bett liegt und keinerlei Hilfe hat. Jonathan und Inge müssen erst ihren Arbeitsvertrag herauskramen um ihre Adresse zu finden.
Inge ist überaus schockiert von dem, was sie bei ihrem Krankenbesuch vorfindet. Nein, so hat sie sich Elses Privatleben nicht vorgestellt! Wie ist sie nur in diese Situation geraten?
Aus welchem Grund wehrt sie sich so verzweifelt gegen eine Einweisung ins Krankenhaus? Und warum nennt der Hausarzt sie „Frau Siebert“? Sie heißt doch Richter? Irgendwas stimmt hier ganz und gar nicht!
In der Tat! Die unprätentiöse und geradlinige Else erweist sich als eine Frau mit düsteren Geheimnissen. Die Sache wächst sich zu einem veritablen Krimi aus. Ex-Polizist Jonathan und sein noch aktiver Kollege Stefan lassen nicht locker. Für wen das gut und für wen das schlecht ist, wird sich zeigen …
Friedvolle Weihnachten? Eher nicht!
In all diesem Durcheinander träumt „Oma Inge“ von einer gemütlichen traditionellen Weihnachtsfeier mit der gesamten Großfamilie: Jonathan und sie, ihr Sohn mit Frau und Kindern, Tochter Sarah mit Lara und Lars, ihr Partner Stefan mit seinen Töchtern. Und seine Schwester kann Stefan auch noch mitbringen. Else ist bis dahin hoffentlich wieder fit und hat ihre Probleme im Griff.
Klingt super, sieht aber nicht so aus, als könne das Realität werden. Selbst wenn Inge alle an einen Tisch brächte, würde doch Lara, der Teenager aus der Hölle, aus purer Bosheit den ganzen Abend stänkern und sich aufführen wie der Rotz am Ärmel, nur um allen anderen Weihnachten zu vermiesen.
Ein Biest kriegt Gegenwind
Wird diesem kleinen Biest denn niemand Herr? Anscheinend nicht, auch wenn Else, Jonathan und Stefan es immer wieder versuchen.
Ihren Freund Arne hat Lara mit ihren Launen und ihrer egoistischen Art schon vergrault, jetzt ist sie gerade dabei, es sich mit ihrer besten Freundin Lisa zu verscherzen. Die hat stets akzeptiert, dass sich alles nur um Lara dreht und hat sich brav deren Tiraden angehört. Doch jetzt platzt Lisa der Kragen. Jetzt hat nämlich sieernsthafte Probleme, was Lara jedoch nicht im Geringsten interessiert. Zuhören? Verständnis? Anteilnahme? Hilfsbereitschaft? Fehlanzeige!
Lisa macht ihr klar, was für eine beschissene Freundin sie ist. Das bringt Lara doch ein wenig ins Grübeln …
Lara mault und zickt, Papa Alex spinnt Intrigen, Mama Sarah sitzt zwischen zwei Stühlen und Haushälterin Else steckt immer noch bis zum Hals im Schlamassel. Die stimmungsvolle Weihnachtsfeier im Kreise ihrer Lieben wird Inge sich wohl abschminken können. Oder?
Das Familienchaos geht weiter!
Ha! Es gibt noch einen fünften Teil der Reihe! Und wenn alles so kommt, wie ich vermute, dann wird das Lara mächtig stinken. Das geschieht ihr recht! Ich freu mich schon darauf! Aber vielleicht lernt sie ja noch dazu und wird ein bisschen umgänglicher. Sicher: Aus einem Ochs‘ wird kein Esel, aber ein Pubertier wird ja irgendwann mal erwachsen und verliert dann hoffentlich ein bisschen was von seiner rücksichtslosen Egozentrik.
Und bei Haushälterin Else hatte ich den richtigen Riecher. 😉 Ich dachte immer, die wird doch fast wie ein Familienmitglied beschrieben und behandelt, kennt jedermanns Sorgen und hilft, wo sie nur kann, aber sie selbst ist überhaupt nicht greifbar. Irgendwie erschien mir das seltsam. Tja …
Ich verfolge die „Herbst“-Reihe um Oma Inge und ihre nervenaufreibende Sippe vom ersten Band an und habe mich jedes Mal bestens unterhalten gefühlt – auch, oder vielleicht gerade weil ich „die zwei Weiber“, Sarah und Lara, oft am liebsten an die Wand klatschen würde. Ohne die zwei wär’s nur halb so interessant. (Für die Älteren unter uns: DALLAS ohne JR? Undenkbar!)
Jetzt sehne ich den fünften und letzten Band herbei, weil ich wissen will „wie’s ausgeht“. Gleichzeitig tut’s mir jetzt schon leid, mich von Inge & Co. verabschieden zu müssen. So ist das eben mit Serienfiguren, die einem mit der Zeit ans Herz wachsen: Man lässt sie ungern gehen.
Die Autorin
Angelika Godau, geboren in Oberbayern, hat in verschiedenen Regionen Deutschlands gelebt und fast 10 Jahre lang in der Türkei. Sie hat als Journalistin gearbeitet, Psychologie studiert und in Mannheim eine eigene Praxis betrieben. Heute lebt sie mit ihrem Mann, zwei Hunden und einer Katze in Zweibrücken, schreibt Bücher und engagiert sich im Tierschutz.
ASIN/ISBN: B0BMT436N1 |